Spazieren am
Greenfield
Die grosse Eroberung Europas gehört für Amon Amarth seit
Ende letzten Jahres der Vergangenheit an, erste
CH-Termine 2020 stehen aber bereits wieder auf dem
Programm. Aus diesem Grund lassen wir mit Tieftöner Ted
Lundström das alte Jahr ein wenig Revue passieren und
hören, was die Truppe sonst noch beschäftigt und
umtreibt. Trotz stressigem „meet & greet“ und nach
hinten verschobenem Interviewtermin (mordsmässiger Stau)
stand mir ein tiefenentspannter Bassist Rede und
Antwort.
MF: Mit euren letzten beiden Alben habt
ihr es in die CH-Charts geschafft. Das ist doch ziemlich
beeindruckend wenn man bedenkt, dass ihr melodischen
Death Metal spielt. Was ist das Geheimnis von Amon
Amarth?
Ted: Ich denke, dass es mit den
starken Melodien zu tun hat. Die Leute können gepflegt
Metal hören und auch Johan's Vocals tragen zur Qualität
bei. Unsere Songs sind auch von den Texten und Melodien
her für die Fans mitsingbar. Ich denke, dass dies alles
Dinge sind die helfen, einer breiteren Masse zu
gefallen. Ich glaube, dass es ganz viele kleine Details
sind, die ein Ganzes ergeben.
MF: Ihr habt letzten Sommer auf vielen
Festivals gespielt – eines davon war das Greenfield
Festival in der Schweiz. Hast du daran noch irgendwelche
Erinnerungen?
Ted: Oh ja..., das ist das
Festival in der wunderschönen Umgebung. Während der
Wartezeit habe ich einen langen Spaziergang am Fluss
entlang gemacht. Als Band ist es extrem cool, dort
spielen zu dürfen, mit dieser tollen Aussicht.
Normalerweise hat man einfach ein grosses Feld und das
ist es dann auch, aber eingerahmt von all diesen Bergen...,
das ist schon was anderes. Es hat auch Spass gemacht vor
Slipknot zu spielen. Es war eine tolle Show.
MF: Fühlte es sich ein wenig an wie zu Hause?
Ted: Ja genau..., die Umgebung und die Fans. Wie eine
grosse Familie. Sogar das Wandern war dabei (lacht).
MF: Was macht für dich der Unterschied zwischen
Festival- und Clubshow aus?
Ted: Ich mag
beides. Natürlich ist es komplett verschieden. Bei den
Clubshows ist es dunkel und du bist viel näher an den
Fans dran, was extrem cool ist. An einem Festival sind
natürlich die Menschenmassen beeindruckend, die einem
zuschauen und zuhören. Während des Sommers, zumindest
wenn das Wetter gut ist, macht es enorm viel Spass
draussen zu stehen und zu performen. Es ist wirklich
beides toll und ich möchte auch nicht zwischen den
beiden wählen müssen. Ich glaube, dass die Abwechslung
aus beiden das Salz in der Suppe ist.
MF: Wie ist es denn jetzt für euch mit Bands zu spielen,
die einen ähnlichen Status innehaben wie ihr?
Ted: Oh, das macht uns immer sehr glücklich, denn wenn
ich an die Anfänge unserer Karriere zurück denke, war es
nicht immer einfach ein gutes Tourpackage
zusammen zu stellen. Da es mittlerweile viele Bands wie
uns gibt und wir uns ebenfalls auf ein Level
hochgearbeitet haben, dass uns auch für diese Bands
interessant macht, ist das eine tolle Sache. Für uns ist
es aber eigentlich egal, ob wir mit „grösseren“ oder
„kleineren“ Acts touren. Wenn die Chemie auf Tour
stimmt, dann ist dies schon die halbe Miete. Ein Vorteil
für uns ist es natürlich schon, dass wir mittlerweile
ein bisschen „aussuchen“ können, mit wem wir touren.
Oftmals können unsere Support-Bandwünsche berücksichtigt
werden. Das ist für uns natürlich traumhaft.
MF: Die letzte Tour mit Arch Enemy und Hypocrisy war
für jeden Fan ein echter Leckerbissen.
Ted: Absolut! Auch für uns! Gerade Hypocrisy sind Death
Metal-Legenden und wir kennen Peter (Tägtgren) schon
lange, seit über zwanzig Jahren. Wir haben bei unserem ersten
Album mit ihm zusammengearbeitet. Wir wurden von Fans zu
Freunden (lacht).
MF: Ted, einmal angenommen du könntest
dein eigenes Festival zusammenstellen. Welche Bands
würdest du verpflichten?
Ted:
(Gelächter)..., oh das ist knifflig. Wie viele grosse Bands
kann ich haben (lacht)? Rammstein müssten da schon
auftreten mit ihrer riesigen Live-Show und natürlich
Iron Maiden. Iron Maiden gehören bis heute zu meinen
absoluten Favoriten. Ich denke, dass das Festival aus
vielen Bands bestehen würde, die ich selber auch gerne
höre. Ein guter Mix sollte aber immer noch gegeben sein,
denn genau das mag ich an Festivals, dass nicht nur ein
Typ Musik gespielt wird.
MF: Seit euren musikalischen Anfängen
hat sich aus technologischer Sicht vieles verändert.
Wird das Touren dadurch teilweise einfacher?
Ted: Definitiv! Es ist alles einfacher geworden. Ich
kann mich noch gut an die erste Tour in Amerika
erinnern. Da gab es noch kein Internet und keine Handys.
Wenn ich einmal die Woche zu Hause anrufen wollte, hat
mich dies beinahe ruiniert. Wir haben Geld gesammelt für
die Münztelefone und manchmal war die Verbindung so
schlecht, dass man kaum ein Wort verstanden hat. Falls
man doch einmal viel zu sagen hatte, vergass man
bestimmt die Münzen nachzuschieben und die Verbindung
brach ab. Auch mit dem Musikhören war das so eine Sache.
Jeder brachte seinen tragbaren CD-Player und etwa zehn
Alben mit. Wir haben uns teilweise noch abgesprochen,
damit wir nicht alles doppelt oder dreifach dabei
hatten. Man musste weise wählen. Jetzt haben wir Spotify
oder eine monströse Festplatte, auf der alle unsere
Musik abgespeichert ist. Auch mit den Büchern ist es
nicht mehr so eine Sache. Von jedem Ort auf der Welt
kann ich mir Bücher auf meinen e-Reader laden. Das ist
schon praktisch.
MF: Das macht es
wirklich komfortabler...
Ted: Ja, richtig. Das ist wirklich ein Teil der
Technologie, der auch etwas bringt und einem den Alltag
auf Tour erheblich erleichtert.
MF: Du hast soeben das Lesen
angesprochen. Ich habe vernommen, dass du immer mal
gerne ein Buch mit dir rumschleppst. Ist da was dran?
Ted: (lacht) ja, das stimmt schon. Es kommt
aber ganz auf die Tour drauf an. Bei manchen Touren lese
ich mehr, bei anderen weniger. Ich habe mir schon eine
kleine Bibliothek angelegt, denn wir verbringen so viel
Zeit mit warten bei den Locations, an Flughäfen oder
einfach im Bus. Das hilft da schon.
MF: Wenn du dir die Zeit fürs Lesen
nimmst, welche Art von Büchern liest du gerne?
Ted: Ich lese eigentlich viel Verschiedenes. Jedoch mag
ich Biografien und Fantasy-Zeugs sehr gerne. Ich habe
mich allerdings nicht auf ein spezielles Genre
festgelegt. Es ist auch kein Problem für mich,
Langweiliges auf die Seite zu legen. Ich kann kein Buch
fertig lesen, das mich nicht fesselt.
MF: Zurück zu euren Auftritten. Habt ihr
bei Amon Amarth gewisse Rituale, die ihr vor einem Gig
durchführt?
Ted: Nicht wirklich! Jeder
wärmt sich vor der Show eigentlich selber auf und...,
(Pause) ..., doch, warte. Oft trinken wir einen „Underberg“
zusammen (lacht). Ich weiss, dass viele Bands so ein
Ritual haben, bevor sie die Bühne betreten, aber ich merke
gerade, dass wir so etwas nicht wirklich haben. Wenn
nicht der Band, dann hilft es wenigstens dem eigenen
Bauch (Gelächter).
MF: Ihr wart ja auf
grosser «Berserker»-Tour durch Europa. Wo liegt für dich
der grösste Unterschied zwischen dem neuen Album und dem
Vorgänger «Jomsviking»?
Ted:
«Jomsviking» war ein reines Konzeptalbum, das eine
Geschichte über die gesamte Plattenlänge erzählt hat.
Bei «Berserker» ist jeder Song unabhängig vom anderen
entstanden. Jeder Titel hat eine andere Geschichte zu
erzählen. Das ist sicher der grösste Unterschied,
zumindest inhaltlich. Andererseits haben wir bei der
Produktion grossen Wert darauf gelegt, noch härter zu
klingen als bisher. Wir haben dafür ein neues Studio
ausgesucht und den Weg nach Los Angeles in Kauf
genommen. Der neue Produzent (Jay Ruston) hat sicher
auch seinen Beitrag zum Sound geleistet. Er hat uns
aufgefordert, Neues zu probieren, an das wir vielleicht
gar nicht gedacht hätten. Bei den Gitarren zum Beispiel
haben wir darauf geachtet, dass sie wirklich mehr nach
Heavy Metal klingen und dennoch der Death Metal Sound
als Ganzes nicht verloren geht. Auch beim Schlagzeug
haben wir einen riesigen Raum zur Verfügung gehabt, der
die Beats härter und satter hat erklingen lassen. Das sind
vermutlich schon die markantesten Unterschiede.
Ansonsten klingen wir meiner Meinung nach, wie Amon
Amarth klingen soll.
MF: Wie war das Feedback der Fans auf
eure «Berserker»-Bühnenshow?
Ted: Toll!
Besonders die neuen „Guardians of Asgaard“ kamen gut an.
Auch die Pyro-Elemente machten wohl die Mehrheit
glücklich. Allerdings konnten wir diese
brandschutztechnisch nicht überall einsetzen, was zwar
schade war, aber anderweitig kompensiert werden konnte...,
mit Licht und Rauch. Da lässt sich viel heraus holen. Wir
haben grundsätzlich immer die gleiche Basis der Show,
wechseln aber darin gerne die verschiedenen Elemente
aus. Für uns ist aber zentral, dass immer etwas passiert
auf der Bühne und es auch fürs Auge nie langweilig wird,
wenn man unsere hässlichen Gesichter betrachten muss
(grosses Gelächter).
MF: Das waren jetzt
klar deine Worte! Gibt es noch etwas, das du der
Metal-Community auf den Weg geben möchtest?
Ted: Unterstützt weiterhin die Metal-Szene! Wir sind wie
eine grosse Familie, und ich hoffe Euch auch in Zukunft
wieder sehen zu können.
Jemand brüllt
im Gang: „Ted, time to eat!“
MF: Das war
dein Stichwort! (Gelächter) - Danke für deine Zeit und
guten Appetit!
Ted: Ich danke dir.
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