Kein "Clean-" Gesang
mit Alissa.
Während der „Berserker-Tour“ mit Amon Amarth und
Hypocrisy machten die Schweden von Arch Enemy auch in
der Samsung Hall in Dübendorf Halt. Nach dem offiziellen
„Meet & Greet“ nahm sich Gitarrist und Songschreiber
Michael Amott kurz Zeit, um meine Fragen für Metal
Factory zu beantworten. Das Gespräch startete eher
verhalten, mit einem schüchtern wirkenden Musiker, der
sich aber im Verlauf des Interviews immer mehr zu einem
lustigen Zeitgenossen entwickelte.
MF: Michael,
ihr seid nun am Beginn der Europatour mit Amon Amarth.
Wie läuft es bis jetzt?
Michael: Sehr
gut. Wir haben jetzt fünf Shows von insgesamt 24
gespielt. Zuvor waren wir auch schon mit Amon Amarth auf
Amerika-Tour. Dazwischen hatten wir knapp zwei Wochen
Pause zu Hause. Jetzt fühlt es sich richtig gut an. Es
läuft wie geschmiert.
MF: Wenn man euch
in den Sozialen Medien verfolgt, sieht es Abend für
Abend nach „vollem Haus“ aus. Wie ist das für euch?
Michael: Wir haben ein wirklich gutes
Bandpackage für diese Tour, das auch für die Fans
attraktiv ist. Es macht echt Spass mit Amon Amarth zu
touren, da sie viele junge Fans haben. Ich mag es
grundsätzlich mit anderen Bands zu touren. Wer uns bis
dato noch nicht kennt, hat so die Möglichkeit, uns
kennen zu lernen. Es ist momentan auch sehr entspannend
für uns. Seit 2017 sind wir auf Tour, meist als
Headliner auf unserer eigenen Tour, aber im Moment haben
die Kollegen von Amon Amarth die Hauptaufgabe.
MF: Wenn du in deiner musikalischen Geschichte
zurück reist. Wann hast du begonnen Musik zu machen, und
ab wann wurde es dann professionell?
Michael: Ich habe angefangen Gitarre zu spielen, als ich
dreizehn war. Ich war schon immer ein grosser Musikfan.
Ziemlich schnell habe ich mit Freunden Bands gegründet,
und zum Spass haben wir gejamt. Mit einem Freund, der
ebenfalls Gitarre spielte, haben wir fast Tag und Nacht
geübt. Sein Haus lag direkt neben der Schule. Am Mittag
haben wir dann kurz etwas gegessen, dreissig Minuten Gitarre
gespielt und sind anschliessend wieder zur Schule
gegangen. Dass es zur Profession wurde, das dauerte eine
Weile. Es kam eher Schritt für Schritt. Weisst du,
zuerst haben wir viele Demos gemacht, dann immer wieder
mal eine Show gespielt. Unter anderem auf Partys oder
Festen. Meine erste Tour fand auch im Untergrund statt.
Mit einem Van unterwegs, noch nichts mit Nightliner,
(lacht) auf derselben Bühne gepennt, auf der ich vorher
gespielt hatte. Das war noch alles möglich mit achtzehn Jahren
(lacht laut).
MF: Ja, das stimmt! Was hat
dich damals beeinflusst?
Michael: Ähm,
da waren schon einige Hardrock-Gitarristen dabei.
Michael Schenker zum Beispiel oder ganz klar Eddie van
Halen. Die Jungs von Iron Maiden natürlich auch, aber ich
mag wirklich das ganze Zeug von Michael Schenker. Ich
mag grundsätzlich melodische Gitarrensolos und stehe
eigentlich nicht so auf das ganze „Shredder-Zeugs“. Also
selber spiele ich es schon gerne aber..., (macht eine
Pause). Da wäre noch Yngwie Malmsteen. Er macht diesen
melodischen Sound. Ich stehe nicht so auf das ganze
Instrumental-Zeugs. Das finde ich schnell langweilig.
Ich würde nie ein Soloalbum nur mit instrumentellen
Liedern machen...
MF: So wie Joe Satriani
zum Beispiel?
Michael: Ja genau! Er ist
ein genialer Gitarrist, ein Lied ist auch ok, aber dann
brauche ich Gesang. Ich brauche Rhythmusgitarre,
Leadgitarre und die Vocals. Das schafft einfach eine
ganz andere Verbindung zum Song.
MF: Momentan feiern viele Bands ihre
wichtigsten Alben mit etwas Speziellem. Euer Album
«Wages Of Sin» feiert ja 2021 seinen 20. Geburtstag.
Habt ihr da schon etwas in Planung?
Michael: Ich glaube die Band wird dann 25 und das Album
20-jährig. Wir haben schon einmal darüber gesprochen
etwas zu machen, aber 2021 könnte auch das Jahr sein, in
dem wir auch wieder ein neues Album raus bringen. Diese
Geburtstagsdinge sind cool. Es macht Spass
zurück zu schauen, aber man sollte auch nicht zu weit
zurück blicken, weisst du. Vielleicht machen wir auch
einfach nur ein paar spezielle Shows, aber auch die
bereiten stets eine Menge Arbeit. Es wäre toll, alte
Bandmitglieder wieder auf die Bühne zu bringen und
wieder mit ihnen zu spielen. Es ist jetzt aber nichts,
das wir so schon geplant hätten.
MF: Wie ist es jetzt während der Tour? Habt
ihr Zeit an neuem Material zu arbeiten?
Michael: Ja, die Zeit ist immer mal wieder da. Unser
Drummer und ich spielen zeitweise einfach drauf los und
probieren Neues aus. Das nächste Jahr wollen wir
vermehrt an neuem Material arbeiten. Wir machen noch
diese Tour bis Dezember fertig und im nächsten Jahr geht
es ans Schreiben. Vielleicht spielen wir ein paar Shows,
aber im nächsten Jahr ist momentan noch kein Konzert
gebucht.
MF: Ok. Nach «Will To Power» folgte
«Covered In Blood». Weshalb habt ihr ein Cover-Album
aufgenommen?
Michael: Es ist so eine Art
Compilation. Es war eher die Idee unseres Plattenlabels.
Vielleicht weisst du ja, dass wir immer mal wieder gerne
Stücke covern (lacht), und ich weiss eigentlich gar
nicht, wie viele Cover-Versionen wir bis heute gemacht
haben. Es geht aber vermutlich so von 1996 bis zu den
«Will To Power»-Sessions 2017. Wir konnten so auch Titel
veröffentlichen, die zuvor noch nie in Erscheinung traten.
Es ist natürlich auch einfach Spass so eine Platte zu
machen. Man hat nicht die gleichen Erwartungen, und wir
waren ehrlich gesagt überrascht, wie gut die Fans das
Album angenommen haben.
MF: Ja, das ist
doch toll zu sehen. Wenn du heute deine eigene
"Supergroup" zusammenstellen könntest, wer wäre alles
dabei?
Michael: Ouh, das ist eine schwierige Frage. Ich bin ja,
mit denen ich momentan Musik mache, vollends glücklich.
Puh..., wen könnte ich da nehmen? Jimi Hendrix an der
Gitarre..., vielleicht..., ähm..., das überfordert mich (lacht)...
MF: Kein Problem! Wechseln wir zu etwas
Leichterem..., du bist ja mit Arch Enemy seit dem
Erscheinen von «Will To Power» am Touren. Das saugt an
der Energie und man wird ja bekanntlich nicht jünger.
Was tust du, um fit zu bleiben?
Michael:
Tja, jeder hat so seinen eigenen Rhythmus, seinen
eigenen Tagesablauf. Für mich ist es wirklich wichtig,
dass ich genug Schlaf kriege. Es ist ja immer schwierig,
wenn man unterwegs ist. Der Bus ist zwar mittlerweile
sehr komfortabel, aber es ist eben noch immer ein Bus.
Wenn wir dann mal ein Hotel haben, ist das auch immer
verschieden. Stressvolles Aufstehen und abreisen in der
Frühe..., ich denke, wenn du genug Schlaf hast und glücklich
bist mit dem was du tust, dann klappt das auch.
MF: Bei «Will To Power» habt ihr ja mit Alissas
Clean-Vocals einen neuen Weg eingeschlagen. Kann das
etwas sein, das die Fans in Zukunft mehr hören werden?
Michael: Nicht wirklich. Das war einfach
etwas, das wir unbedingt ausprobieren wollten. Es ist ja
im Ansatz etwas wie eine Ballade geworden (lacht). Es
fühlt sich an wie bei den Scorpions oder Judas Priest,
bei denen solche Songs immer eine hohe Dynamik haben an
Konzerten. Ich habe den Song einfach gefühlt, aber ich
kann jetzt nicht sagen, dass es in dieser Richtung
weiter geht. Es ist ja auch langweilig sich zu
wiederholen. Aber es ist wirklich toll mit Alissa zu
arbeiten. Sie ist offen gegenüber Neuem und hält mir
diesbezüglich immer eine Tür auf. Sie ist gesanglich zu
vielem fähig, und auch als Band sind wir nun doch schon
eine ganze Weile zusammen. Es wäre eine Verschwendung
diese Stimme nicht zu nutzen. Aber zu sehr hin und her zu
switchen wäre vermutlich auch zu viel des Guten. Wir
werden sicher noch andere Mittel finden, um unserem
Sound einen speziellen Stempel aufzudrücken, denn
schliesslich wollen wir uns selbst auch gut unterhalten.
MF: Eure Bandgeschichte dauert nun auch
schon über zwei Dekaden an und dabei sind etliche Songs
zusammen gekommen. Wie wählt ihr eure Songs für einen Gig
aus, gerade wenn der wie heute bloss sechzig Minuten dauert?
Michael: Oh, ich kann das nicht. Ich mag
alle Songs und ich liebe es, sie live zu spielen. Auch
wenn wir ein neues Album aufnehmen, würde ich alle Tracks
auf die Platte packen, was natürlich nicht geht. So ist
das auch mit der Setliste. Ich könnte mich nicht
entscheiden, und so ist das eine der Arbeiten geworden,
die unser Bassist Sharlee übernimmt.
MF:
Ah, ok...
Michael: ..., ja, er erstellt wirklich
gute Setlisten. Diese Arbeit macht er wirklich gut.
MF: Wir sind somit schon am Ende des Interviews.
Hast du noch irgendwelche letzte Worte an die Schweizer
Fans?
Michael: (Lachanfall)..., sorry, ich
habe gerade überlegt, wie viele Sprachen ihr eigentlich
in der Schweiz sprecht. Das sind Deutsch, Französisch...,
ähm...
MF: ..., Italienisch...
Michael: ..., Italienisch und noch eine vierte, oder?
MF: Ja, Rätoromanisch.
Michael: Oh
yeah, das ist cool! Aber zurück zu den Fans. Wir spielen
ja viel in der Schweiz, vorzugsweise in Pratteln. Es
macht immer Spass, hier bei euch zu spielen..., auch wenn
alles sauteuer ist (lacht). Die Metalfans sind hier aber
grossartig, und wir kommen gerne wieder.
MF: Das freut mich zu hören. Danke für deine Zeit.
Michael: Dank dir für dein Interesse.
|
|
|