Keine Gigs wegen Corona!
Aus dem Süden von Deutschland kommt mit
Bitterness ein richtiges Urgestein des
deutschen Thrash daher. Mit ihrem neuen
Album «Dead World Order» zeigen sich
Bitterness von ihrer besten Seite und so
hat jemand, der die Szene schon bald
seit zwanzig Jahren unsicher macht, sicher
einiges Interessantes zu erzählen! Also,
nun hat Sänger und Gitarrist Frank
Urschler von Bitterness das Wort!
MF: Ihr seid ja schon eine ganze
Weile in der Mission Thrash unterwegs.
Was hat sich für euch in den knapp zwanzig
Jahren am meisten verändert?
Frank: Haha..., die Haare sind weniger
geworden, aber in zwanzig Jahren passiert
natürlich auch sonst noch so einiges. Es
gibt deutlich mehr Bands, aber auch viel
mehr Konzertveranstalter, die in der
Szene aktiv sind. Das schafft manchmal
eine gewisse Anonymität, gerade auch
weil viele Kontakte nur über die
sozialen Medien stattfinden. Früher war
das, zumindest gefühlt, alles etwas
familiärer. Aber das kann mich jetzt
auch täuschen und ich bin einfach nur
ein alter Sack geworden. ;-) Dafür hat
aber auch der Support durch die Leute
zugenommen. Heute ist es viel einfacher
an Merchandise oder Tonträger einer
Underground-Band zu kommen. Über das
Internet kann man ja sehr einfach mit
den Bands in Kontakt treten oder die
Sachen über Bandcamp oder andere
Plattformen ordern.
MF: Im nächsten Jahr steht das 20-jährige
Bandjubiläum an. Habt ihr irgendwelche
spekta-kulären Aktionen geplant?
Frank: Eigentlich wollten wir eine
spezielle 20-Jahre Show machen. Mit
allen aktuellen und ehemaligen
Bandmitgliedern, Gastauftritten von
Freunden und Bands, die uns über die
Jahre begleitet haben. Leider können wir
auf Grund der momentanen, durch Covid-19
bedingten Situation allerdings nur
schwer planen, so dass das Ganze total
in der Schwebe hängt. Mal schauen, wie
sich das Ganze in den nächsten Wochen,
bzw. Monaten entwickeln wird. Ansonsten
werden wir wohl noch ein spezielles
Release zum Jubiläum veröffentlichen.
Lasst euch überraschen.
MF: Euren Bandnamen Bitterness habt ihr
vor langer Zeit gewählt. Wenn ihr schon
vor zwanzig Jahren verbittert wart, wie sieht
denn heute euer Gemütszustand aus?
Frank: Nicht viel besser..., aber
vielleicht etwas entspannter. Es gibt
noch immer genug Gründe, die einen in
dieser Welt verbittert werden lassen.
Allerdings gibt es natürlich auch sehr
viele schöne Dinge, die das Leben
lebenswert machen. Das sah ihm Alter von
20 Jahren noch ganz anders aus. Da war
einfach alles Scheisse.
MF: Eure Songtexte zeigen ein düsteres
Bild unserer Gegenwart und Zukunft. So
trifft «Idiocracy» vom neuen Album «Dead
World Order» den Nagel so ziemlich auf
den Kopf, was unsere Gesellschaft
betrifft. Wie schnell Grundrechte
ausgehebelt werden können, hat die
Pandemie eindrücklich gezeigt. Was
haltet ihr von solchen Entwicklungen?
Frank: Ich denke, man muss solche
Entwicklungen sehr genau und kritisch
beobachten und gegebenenfalls auch
entgegenwirken. Es ist immer die Frage,
ob diverse Entscheidungen die
Gemeinschaft tatsächlich schützen oder
ob es um Kontrolle und Machtgewinn durch
oder für einzelne geht. Aber auch
Randgruppen, die versuchen sich in
solchen Situationen wieder ins Gespräch,
bzw. in den Vordergrund zu drängen,
indem sie mit den Ängsten und der
Unsicherheit der Menschen spielen, wie
die ganzen Verschwörungsspinner oder
irgendwelche ewiggestrige rechte
Idioten sollte man sofort in ihre
Grenzen weisen. Solche Krisen sind nur
zur bewältigen, wenn alle an einem Strang
ziehen und man seine eigenen Bedürfnisse
hinten anstellt. Nicht, indem man Unruhe
und Hass sät.
MF: Mit den
Religionen steht ihr auch eher auf dem
Kriegsfuss. Sind die Religionen die
Wurzel allen Übels?
Frank: Ich glaube, diese Frage
beantwortet sich schon von alleine, wenn
man sich nur anschaut, wie viele Kriege
im Namen der Religion geführt wurden,
bzw. noch immer geführt werden. Und wie
viele tausende und abertausende Menschen
dafür gestorben sind. Der Glaube an
sich, kann vielen Menschen Halt geben,
und sie führen und stärken. Leider wird
daraus aber oftmals auch „blinder
Glaube“. Viele Menschen nehmen das
Gegebene als die einzige Wahrheit an,
hinterfragen nicht und wehren sich gegen
andere Meinungen. Dies wiederum führt zu
Konflikten, die anscheinend auch in
unserem Zeitalter nur durch Gewalt und
Hass gelöst werden können. Sehr traurig
so etwas.
MF: Wenn man
die Texte durchliest, merkt man
unschwer, dass ihr kritische
Zeitgenossen seid. Wie wichtig ist die
Message im Kontext zur Musik?
Frank: Ich finde, eine Message ist
immer wichtig. Das kann ja auch sehr
vielfältig sein. Von: „Bier ist super!“
und „Metal ist geil!“ bis eben hin zu
sozialkritischeren Themen wie
Umweltverschmutzung, die Verrohung der
Gesellschaft et cetera. Das war eigentlich
auch immer das, was mich im Metal
begeistert hat. Das hier oftmals Sachen
einfach mal kritisch angesprochen und
nicht nur belanglos hingenommen werden.
In der Tradition sehe ich auch unsere
Texte. Auf der anderen Seite, war es
aber auch, wenn manchmal zu viel mit dem
erhobenen Zeigefinger ermahnt wurde,
einfach klasse, sich Texte über Parties,
Fantasy, Horror oder Science Fiction zu
lesen. Einfach um mal abzuschalten,
nicht alles so ernst zu nehmen und die
„böse“ Welt zu vergessen.
MF: Mit eurem Oldschool Thrash
Metal zieht ihr euer Ding sehr
konsequent durch. Wieviel Entwicklung
und Veränderung duldet eure Art von
Musik?
Frank: Über die
Jahre, finde ich, haben wir schon eine
deutliche Entwicklung, bzw. auch Alben
gehabt die vom Thrash Metal abweichen.
Gerade bei den ersten Alben war noch ein
sehr grosser Einfluss aus dem
melodischen Death Metal enthalten. Auf
dem dritten Album «Autumn's Fall» ist
dieser meiner Meinung nach am meisten
heraus zu hören. Danach tendieren die
Alben immer mehr Richtung old-school
Thrash, wobei Einlüsse aus dem
klassischen Heavy Metal oder dem
(melodischen) Death Metal immer mal
wieder aufblitzen.
MF:
Der letzte Track von «Dead World Order»
namens «Darkest Times» ist ein
Hammer-Instrumental und zeigt Bitterness
von einer anderen Seite. Wird in Zukunft
noch mehr aus dieser Richtung folgen?
Frank: Die Idee, einmal ein
Instrumental mit auf das Album zu
packen, geisterte schon lange bei mir im
Kopf herum. Irgendwie haben wir es aber
auf den bisherigen Alben nicht umgesetzt
bekommen. Dieses Mal hat es aber dann
geklappt. Und wir sind mit dem Stück
sehr zufrieden. Ich könnte mir schon
vorstellen, mal wieder ein reines
Instrumentalstück aufzunehmen. Mal
schauen, wie es beim nächsten Album
aussieht. Vielleicht gibt es ja passende
Ideen.
MF: Das neue Album
«Dead World Order» ist ganz einfach
sensationell. Leider konntet ihr das
Album bis anhin noch nicht gebührend
promoten. Ist da noch was geplant in
näherer Zukunft?
Frank:
Erst einmal vielen Dank für das
Kompliment. Heutzutage ist es allgemein
schwierig, ein Album über einen längeren
Zeitraum zu promoten und aktuell zu
halten. Bei der Flut an
Veröffentlichungen, die mittlerweile
herrscht, sind viele Alben bereits nach
drei Monaten „alt“ und du bekommst sie nach
sechs Monaten auf dem Wühltisch für 6,66
Euro. Von daher, denke ich, haben wir
das «Dead World Order» Album ganz
ordentlich beworben. Allerdings hat uns
die Corona-Krise einen ordentlichen
Strich durch die Rechnung gemacht, indem
wir nicht live spielen konnten. Meiner
Meinung nach hätten die vielen guten
Reviews und die Werbung, die wir
geschalten haben, in Verbindung mit
Liveaktivitäten, noch viel weitere Kreise
gezogen. Aber so ist das Leben, da kann
man nichts machen.
MF:
Ihr seid bei dem kleinen und feinen
Label G.U.C., das im Underground
verwurzelt ist. Bekommt ihr auch deshalb
nicht die gebührende Aufmerksamkeit,
weil G.U.C. nicht mit den grossen
Werbetrommeln anrührt?
Frank: Natürlich hat ein eher kleineres
Underground-Label wie G.U.C. nicht die
gleichen Möglichkeiten, gerade in Bezug
auf Vertrieb und Werbung, wie ein
grosses Label wie Century Media oder
Nuclear Blast. Dafür sind wir aber auch
nicht irgendeine von vielen Bands auf
einem Label, sondern bekommen den vollen
Support von unserem Label und können
auch weiterhin Sachen mitbestimmen und
entscheiden. Das wäre auf einem
grösseren Label in dieser Form sicher
nicht möglich. So konnten wir unser
aktuelles Album zum Beispiel als LP mit
Klappcover und farbigem Vinyl
heraus bringen. Oder wir haben zu unserem
10-jährigen Jubiläum eine Box mit fünf
Picture-LPs herausgebracht. Das hätte
ein grösseres Label niemals mit uns
gemacht. G.U.C. lässt uns in diesen
Punkten freie Hand und unterstützt uns
bei allem so gut wie möglich. Die
Betreiber sind selber noch Fans, und das
merkt man an jeder Veröffentlichung die
sie auf den Markt bringen.
MF: Ihr habt schon über 300 Gigs
gespielt. Wie ist es für euch in der
aktuellen Situation zu Hause zu sitzen
und Däumchen zu drehen?
Frank: Schrecklich! Wir sind eine Band,
die gerne unterwegs ist und es liebt
live zu spielen. Auch wenn wir in den
letzten Jahren nicht mehr so viel
unterwegs waren, wie in den frühen
Zeiten unserer Karriere, so haben wir
doch noch immer einige Shows im In- und
Ausland pro Jahr gespielt. Wir hatten
noch nie einen längeren Zeitraum, als
vielleicht drei bis vier Monate seit unserer
Gründung, ohne Show. Dieses Jahr sind
uns bisher alle geplanten Konzerte
ausgefallen oder wurden auf nächstes
Jahr verschoben, das heisst wir waren nun
tatsächlich schon ein Jahr nicht mehr
auf der Bühne. Ich hoffe, dass sich das
bald wieder ändert.
MF:
Ihr kommt aus dem Süden von Deutschland
und die Hochburg des Thrash Metal war
und ist der Ruhrpott. Habt ihr da einen
Standort-Nachteil?
Frank: Ich würde nicht sagen, dass wir
einen Standort-Nachteil haben. Immerhin
kommen Destruction ja auch hier aus der
Ecke und haben Metalgeschichte
geschrieben. Was die Hochburg des
deutschen Thrash angeht, stimme ich dir
zu, dass das ganz klar das Ruhrgebiet
ist. So viele geile Bands kommen, bzw.
kamen aus dieser Region. Aber, ich
glaube, das kann auch ein Nachteil sein.
Bei so vielen guten Bands muss man sich
auch erst einmal behaupten und zeigen
was man drauf hat. Da hatten wir es
vielleicht mit unserem „Exoten-Bonus“
etwas einfacher, weil von uns eh keiner
etwas erwartet und dann blöd aus der
Wäsche geschaut hat, wenn wir los gelegt
haben. Aber klar, grundsätzlich war es
schon schwieriger an Shows zu kommen, da
es im Südwesten Deutschlands einfach
nicht so viele Auftrittsmöglichkeiten
gab.
MF: Früher wart ihr
mal zu viert und mit einem zweiten
Gitarristen unterwegs. Seit über zehn
Jahren macht ihr als Trio gehörig Dampf.
Was sind die Vor- und Nachteile einer
Trio-Formation?
Frank:
Wir haben damals als Trio begonnen und
dann nach dem ersten Album einen
zweiten Gitarristen hinzu geholt. In der
Vierer-Besetzung waren wir in der Folge ein
bisschen mehr als fünf Jahre unterwegs. Die
Vorteile sind ganz klar die Gründe, aus
denen wir damals auch einen zweiten
Gitarristen hinzu geholt haben. Wir
wollten mehr melodiöse Teile,
Twin-Gitarren und so weiter in unsere Songs
einbauen und vor allem diese auch live
so umsetzen können. Das hat auch super
geklappt. Der „Nachteil“ war allerdings,
dass nun oftmals mehrere verschiedene
Meinungen auftraten, wie etwas gemacht
werden sollte. Was wir vorher als Trio
und auch danach nie hatten. Es gab immer
zwei Strömungen in der Band. Nie waren
sich alle einig. Das kostet Energie. Ein
weiteres Problem war, der zeitliche
Faktor was Proben, aber vor allem
Konzerte anging. Es war schwierig so zu
planen, das immer alle vier konnten und,
so mussten wir manche Shows zu dritt
(mal mit nur einer Gitarre, mal ohne
Bass) spielen, da wir sonst die Shows
hätten canceln müssen. Man glaubt es
kaum, was eine zusätzliche Person
ausmachen kann, aber es war tatsächlich
so. Plötzlich hat nicht nur einer keine
Zeit, sondern gleich zwei Personen und
schon kommt der Plan ins Wanken. Seit
wir wieder als Trio aktiv sind, treffen
wir Entscheidung deutlich schneller, respektive
kommen schneller auf einen gemeinsamen
Nenner. Die Planung für
Studioaufenthalte, Konzerte,
Radio-Interviews, Photo-Shootings und so weiter,
alles geht etwas einfacher von der Hand.
Und nicht zu vergessen, die dicke Kohle
die wir einnehmen, müssen wir nur noch
durch drei Personen teilen. ;-)
MF: Habt ihr in der
konzertfreien Zeit schon an neuem
Material gearbeitet oder ist der Release
von «Dead World Order» noch zu frisch?
Frank: Bisher sind nur eine Handvoll
Riffs entstanden, aber noch keine
kompletten neuen Songs. Ich denke, das
ist auch noch etwas früh. Das letzte
Album ist erst im Mai erschienen und wir
würden gerne erst einmal die Lieder von
diesem Album live präsentieren, bevor
wir den nächsten Schritt machen.
MF: Werdet ihr noch eine Tour
mit dem neuen Album machen oder werdet
ihr euch vor allem auf Weekend-Gigs
beschränken?
Frank: Wir
wären schon froh, wenn wir überhaupt mal
wieder spielen könnten. Aber wenn das
wieder möglich ist, wollen wir natürlich
so viele Gigs wie möglich spielen. Ich
gehe aber mal davon aus, dass es sich
hauptsächlich um Wochenendkonzerte
handeln wird. Klar, wenn ein gutes, bzw.
passendes Tour-Angebot rein kommen würde,
wären wir sofort dabei. Mal schauen, was
die nächste Zeit bringt.
MF: Was habt ihr für ein Verhältnis zur
Schweiz und zu den hiesigen Metalheads?
Frank: Wir
haben bis heute eigentlich immer
regelmässig mal wieder in der Schweiz
gespielt und haben auch viele Freunde
und Supporter hier. Gerade im
deutschsprachigen Raum waren wir viel
unterwegs. Wir freuen uns immer bei euch
zu spielen.
MF: Was habt
ihr noch für unerfüllte Träume nach zwei
Dekaden Bitterness?
Frank: Träume gibt es immer viele. Aber
die erwähnte Tour, vielleicht im
Vorprogramm einer unserer 80er/90er
Jahre Helden, wäre natürlich super. Mal
für Sodom eröffnen. Am „Bang Your Head“
spielen…das wäre eine feine Sache. ?
MF: Wo bekommt man das
sensationelle Album «Dead World Order»
und sonstiges Merchandise?
Frank: Am einfachsten geht das über uns
direkt. Entweder über unsere Facebook-Seite
(www.facebook.com/bitternessthrash) oder
per Mail (bitterness_thrash@web.de) oder
bei Bandcamp (https://bitterness-thrash.bandcamp.com).
Ansonsten können unsere Alben auch über
unser Label G.U.C. geordert werden
(www.metal-store24.de). Das Album ist
aber auch über mehrere Mailorder wie
Nuclear Blast, Pure Steel et cetera
erhältlich.
MF: Möchtet
ihr unseren Lesern noch etwas Wichtiges
auf den Weg mitgeben?
Frank: Bleibt gesund und behaltet einen
klaren Kopf. Wenn ihr auf Thrash Metal
steht, dann riskiert doch mal ein Ohr
und hört in unser aktuelles Album «Dead
World Order» rein. Ihr werdet es nicht
bereuen. Vielen Dank noch an dich
für deine Fragen und deinen Support! Up
the irons & thrash 'til death!
Und wenn die Welt gerecht wäre, dann
hätten Bands wie Bitterness wesentlich
mehr Erfolg! Deshalb möchte ich allen
Old School Thrashern unbedingt das neue
Album «Dead World Order» wärmstens
empfehlen, denn es lohnt sich wirklich!!
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