Im Zuge der Memorial X-Mas Konzerte pilgerten
Rockslave und ich selbstverständlich nach Pratteln, um
die Vorzeige Power Metaller aus Deutschland zu treffen
und um ein weiteres der legendären Live Konzerte der
Band zu besuchen. Andy B. Franck war in Bestform und
sehr sympathisch. Zur Weihnachtszeit und zum
Jahreswechsel ist man ja traditionell in besinnlicher
Laune, daher kam mir die Idee, mal mit Andy
zurück zu gehen in die Vergangenheit und mal zu horchen,
was er so aus dem Nähkästchen zu plaudern hatte.
Immerhin kann er auf eine 20-jährige, erfolgreiche
Gesangskarriere bei Ivanhoe, Symphorce und Brainstorm
zurück blicken. Ich legte ihm eine Zeichnung vor die
Nase, die er vor 13 Jahren (mit Ivanhoe) gemalt hatte
und den Rock Questionnaire (Abbildung ganz unten), den er
damals für Scream Fanzine ausgefüllt hatte und wollte
mal wissen, wie das so gewesen ist mit „Sweet Little 27“...
MF: Andy, ich habe Dir etwas mitgebracht, erinnerst du
dich noch an diese Zeichnung? Ich dachte, es könnte
spannend sein, mal so etwas wieder in die Hände zu
bekommen.
AF: (lacht lauthals) Ha, ja klar erinnere ich mich da
noch dran. Da habe ich ein Interview für Scream gemacht,
das war in Saarbrücken. Das gibt es ja nicht! Das war 96
damals noch mit Ivanhoe auf der Nevermore/Iced Earth
Tour! Oh mein Gott! Da war ich ja 27 Jahre alt! Ich fass
es nicht.
MF: Wenn Du zurückblickst und dich jetzt hier sitzen
siehst. Was waren die Highlights und auch die Lowlights
in den vergangenen Jahren? Hättest du alles genau so
wieder gemacht? Wie siehst du deine Entwicklung?
AF: (grinst) Joah, eigentlich schon. Es ist so, dass
sich die Musikbranche ziemlich verändert hat. Vieles hat
sich zum Negativen, aber einiges auch zum Positiven
entwickelt. Ich bin ein Fan von den alten Geschichten
wie Vinyl und Kassetten. Ich sehe das bei meinen Söhnen.
Mein Grosser druckt sich die Cover aus und ladet sich
die Songs aus dem Internet herunter. Wir haben damals
Kassetten gehabt und die Logos und Schriftzüge der Bands
auf die Hülle gemalt. Von Kreator und Megadeth konnte
ich die Logos malen. Die Kassetten habe ich heute noch
und die werfe ich auch ehrlich gesagt nicht weg. Ich
habe die Schriftzüge bis zur Perfektion hin geübt und
auswendig gelernt. Auch wenn ich keinen Kassetten
Recorder mehr habe, ich werfe die sicher nicht weg. So
etwas geht den Kids von heute einfach ab. Du hast dich
früher viel mehr mit den Bands befasst und hast dadurch
eine viel intensivere Beziehung zum Künstler entwickelt.
Ich weiss noch, ich hab den Iron Maiden Schriftzug 30 x
abgemalt, bis es gepasst hat. Die ganze Technik und
Produktionsgeschichte hat auch eine wahnsinnige
Entwicklung hinter sich. Gerade auf der Herfahrt haben
wir darüber gesprochen, dass wir die ersten Aufnahmen
noch mit Bandmaschine aufgenommen haben. Diesen
Aufnahmeprozess bezahlt dir heute keine Plattenfirma
mehr. Also wenn ich mir die alten Scheiben von Iron
Maiden anhöre, die klingen hammergeil. Nun ja, es war 'ne
tolle Zeit, aber um nochmals auf deine Frage zurück zu
kommen, ich würde alles wieder so machen. Kleinigkeiten
würde man immer anders machen wollen, aber im Grossen
und Ganzen bin ich sehr zufrieden. Ich habe die Zeit
bisher sehr genossen und ich muss ehrlich sagen, ich
habe es weiter gebracht als ich es mir je zugetraut
hätte. Wir sind rund um den Globus gereist mit der Band.
Wir waren in den USA, das ist unglaublich geil.
MF: Im Fragebogen den ich dir von damals gegeben habe,
hast du unter „Was ist dein grösster Traum“ geantwortet:
„Als einer der besten Metal Sänger akzeptiert zu
werden“. Für mich hat sich das erfüllt, denn deine
Live-Performance und deine Stimme sind herausragend.
AF: (schmunzelt): Ja, schon, das war mein Traum. Danke
schön. Es war das Grösste damals im eigenen Ort live
auftreten zu können und cool, wenn du dann 3 Ortschaften
weiter nochmals einen Auftritt haben konntest.
Irgendwann fuhren wir dann mal nach Holland. Als ich
dann darüber gesprochen habe, dass ich mal in der
Rockfabrik auftreten werde, haben mich die Kollegen
ausgelacht. Die dachten ich habe 'nen
Knall. Und ein paar Jahre später haben wir dort sogar
als Headliner gespielt.
MF: Soweit ich weiss, wolltest du ja ursprünglich
Gitarrist werden, wie bist du dann zum Gesang gekommen?
AF: Ja das stimmt, eigentlich wollte ich Gitarrist
werden. Ich fand das vom Posing her viel cooler (lacht
wieder lauthals) und in den Stories war immer zu lesen,
dass die Gitarristen diejenigen waren, die die tollsten
Freundinnen abbekommen. Der Sänger ist für ca. 1,5
Stunden der absolute Held auf der Bühne und danach bist
du der Depp. Als Sänger besteht dein ganzes Tourleben
nur aus Disziplin. Parties und Rumhängen geht gar nicht,
denn es ist immer ein Konzentrieren auf die nächste
Show.
MF: Vor allem singst du ja in 2 Bands. Ich könnte mir
vorstellen, dass dies eine grosse Belastung für die
Stimme ist und du gibst ja auch einige Interviews.
AF: Ich gebe Interviews wenn es um ein neues Album geht,
aber während der Tour macht dies oft der Todde. Da
versuche ich es zu umgehen, um die Stimme zu schonen.
Man muss schon darauf achten und sich zurückhalten. Das
sind so Erfahrungen, die du mit der Zeit machst, das
hatte ich mit 27 noch nicht gewusst. (lacht) Mein
Hauptaugenmerk liegt aber bei Brainstorm. Symphorce
läuft eher so aus Spass und
macht nicht mehr so viel Aufwand.
MF: Bei Brainstorm seid ihr ja gerade dabei ein neues
Album einzuspielen. Wie ist denn da der Stand?
AF: Also die Songs sind fertig, wir befinden uns in der
Pre-Production Phase (lacht wieder lauthals). Welch ein
geiles Wort, davon wusste ich damals auch noch nichts.
Im Sommer wird es raus kommen, gefolgt von einer Tour und
einigen Festivals und so weiter.
MF: Gibt es schon einen Titel, den du uns verraten
kannst?
AF: «Memorial Monster» (lacht). Nee, nee da warten wir mal
noch damit.
MF: Was mich noch interessieren würde, ist, wie so
eine Rekrutierung für ein neues Bandmitglied abläuft. Du
sagtest mal, dass ihr für Andreas Mailänders
freigewordene Position am Bass 70 Bewerbungen bekommen
habt. Wie geht man da vor?
AF: Das war halt der Billigste, daher haben wir uns für
den Toni entschieden (lacht). Der Billigste und
Willigste, der isst nix und trinkt nix! Nun, also wir
haben einen Bassist gesucht, der nicht nur Interesse für
die Musik hat, sondern darüber hinaus auch Inputs gibt.
Es machte keinen Sinn einfach jemanden zu holen, der nur
das Instrument bedienen kann und einfach das Zeugs vom
Vorgänger nachspielt. Wichtig ist, dass er auch die Band
nach vorne bringt und neue Ideen liefert, daher ist das
Auswahlverfahren sehr schwierig. Es muss jemand sein der
bereit ist, den ganzen Aufwand den man mit der Musik hat
mitzutragen. Das musste ich auch mit 20 lernen, dass es
Leute gibt deren Mundwerk ist riesig, aber wenn es darum
geht 3 Wochen am Stück auf Tour zu gehen, dann heisst es
„Ja also da kann ich nicht, da muss ich meiner Mutter im
Garten helfen.“ Es gehört ein gewisser Sprung in der
Schüssel dazu eine Band zu gründen und da auch dran zu
bleiben. Da trennt sich auch sehr schnell die Spreu vom
Weizen. Den Weg zwischen Privatleben, Job und Musik zu
finden und alles miteinander vereinen zu können ist sehr
sehr schwierig, und man muss eine gewisse
Risikobereitschaft haben, aber auch soweit vernünftig
denken können, dass wenn mal keine Tour stattfindet oder
kein Album veröffentlicht wird, man nicht ins Bodenlose
fällt. Das ist nicht unbedingt einfach. Toni hat
gezeigt, dass er dem Druck gewachsen ist. Jeden Abend
vor Publikum zu spielen bedeutet nicht 3 Wochen lang
Urlaub und Party, das ist es sicher nicht. Das sieht man
bei vielen Festivals zum Beispiel, wo diverse Bands als
„New Hopefulls“ gefeiert werden, sie aber schnell wieder
von der Bildfläche verschwinden, weil die Konstanz fehlt.
Damit lässt sich langfristig nichts aufbauen.
MF: Ich denke, man muss viel Idealismus und
Willensstärke mitbringen und auch bereit sein,
finanziell einige Einbussen zu machen.
AF: Ja genau, so ist es. Wir schimpfen auch mal
untereinander und miteinander. Ich meine, das sind 5
Leute die auf engstem Raum zusammen rumhängen. Da
knallt es ab und an mal, das ist ganz klar, aber am Ende
ist es ein Jammern auf hohem Niveau. Man hockt da und
denkt „Kacke warum hat es in Amerika oder da und dann
nicht so geklappt, man hätte dies oder das anders machen
können“. Ich meine es gibt 100 Bands, die wären froh sie
könnten mal über die Grenze hinaus spielen. Ich muss
sagen, ich persönlich bin immer extrem dankbar für jede
einzelne Show die ich spielen kann, egal ob das zu Hause
ist oder 10'000 km weit weg.
MF: Mit der Zeit wird man ja auch ruhiger und sieht
vieles gelassener wie noch vor 13 Jahren.
AF: Ja, man bewertet Sachen anders in der Zwischenzeit
und man weiss es gibt noch andere Sachen auf der Welt,
als jeden Abend besoffen durch die Kneipen zu ziehen und
Pommesgabeln in die Luft zu werfen. Wir haben natürlich
jetzt auch unseren Spass, aber anders wie damals mit 27
Jahren, das ist ganz klar. Es gibt Bands, die sind 22
oder 23 Jahre alt und die spielen sogar nach uns, das
gibt es. Die sind deutlich jünger als wir und wir
spielen da quasi „nur“ im Vorprogramm“, aber man muss
auch klar da den Background beleuchten. Die haben keinen
Job und wohnen bei der Mama zu Hause. Die können 3 oder
4 Mal im Jahr auf Tour gehen. Die haben keine Kinder,
keine Verpflichtungen. Die können dieses Metal Ding in
vollen Zügen leben und durchziehen. Wir hingegen haben
uns zu einer Vernunftsgeschichte entschlossen. Wir
wollen beides, wir wollen nicht, falls es mal mit der
Musik zu Ende sein sollte, da stehen und sagen „So das
war es, jetzt mit 45 fange ich an einen Job zu suchen
und eine Familie zu gründen.“
MF: Was würdest du tun, wenn es so wäre. Was wäre für
dich eine Alternative zur Musik?
AF: Ich beschäftige mich schon lange mit dem Thema
Schauspielerei. Wir haben ja die Akademie um die Ecke
bei uns und genügend Material habe ich gesammelt. Wie es
funktioniert, weiss ich in der Zwischenzeit auch. Das
wäre ein Thema, was ich mir vorstellen könnte. Und wenn
ich im Tatort 'ne Leiche spielen müsste, wäre das noch
geil (lacht). Vielleicht fange ich auch noch mit 45 an
Motorrad zu fahren, keine Ahnung. Vielleicht mache ich
auch Musik bis ich 70 bin, ich weiss es nicht. Aber
diese Ruhe die du erwähnt hast, kommt auch von daher,
dass man weiss man fällt nicht ins Bodenlose. Ich kenne
genügend Musiker die auch in meinem Alter sind und wo
privat nichts geregelt ist. Im Gegenteil, da herrscht
das wilde Chaos! Die leben immer noch das wilde
Musiker-Leben und bei denen herrscht ein grosser Drang
und Druck, dass wenn sie das nicht mehr haben und mit
der Musik nichts mehr geht, alles zusammen bricht. Dann
haben die ein grosses Problem, ganz klar. Das haben wir
nicht, daher sind wir so relaxed.
MF: Zu guter Letzt, was können wir heute Abend
erwarten? Doch nicht wirklich nur Balladen, wie ihr auf
Facebook angedroht habt?
AF: Was? Wer hat das gepostet? Oh nein! (lacht) Da
müssen wir schon nach der breiten Masse gehen und das
ist Material aus den letzten 2 bis 3 Scheiben. Davon
einen Querschnitt. Wenn wir 3 Songs aus dem 1. Album
spielen, dann hab ich zwar 3 Leute in der ersten Reihe
die da schon Jahre darauf gewartet haben, bis das mal
gespielt wird, aber der Rest dreht sich um und geht nach
Hause. Ich bin gespannt heute, das Wetter ist recht
schlimm und ich habe die Befürchtung, dass da gar
niemand kommen wird... Was an dem Abend dann passierte
und wie Brainstorm das Z7 gerockt haben, erzählt Euch
Rockslave an anderer Stelle. Der Abend hat in jedem Fall
grossen Spass gemacht und Andy ist wirklich ein lustiger
und entspannter Interviewpartner gewesen!
Andy B. Franck beim Betrachten seiner Ergüsse vor 13
Jahren. Ergebnis weiter unten. >>>
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