Wer sich in der Schweizer Rock- und Metal-Szene bewegt, respektive
aktive(r) KonzertgängerIn ist, wird in den vergangenen Jahren sicher
das eine oder andere Mal die Innerschweizer Band Charing Cross als
Support oder im kleineren Rahmen auch als Headliner auf einer Bühne
abrocken gesehen haben. Was mich angeht, so dürften das auch einige
Gigs gewesen sein, wo ich zugegen war. Dabei mag ich mich noch gut
an ein Konzert in Baden (im Löschwasserbecken) erinnern, wo mir die
Musik an sich gefallen hatte, der damalige Sänger insgesamt aber
klar durchfiel.
Spätestens seit 2009 und dem Einstieg von Peter Hochuli ist dieses Manko jedoch klar ausgemerzt worden. Mit dem
ersten EP «Back For Attack» von 2005 wurde die erste richtige
Duftmarke gesetzt und diese mittlerweile achtjährigen Songs hören
sich immer noch ziemlich frisch an. Das Gleiche gilt für das
nachfolgende full lenght Debüt «We Are… Charing Cross», das 2009 auf
die Menschheit losgelassen wurde. Der fliessende Übergang zwischen
Hardrock und Heavy Metal ist das Markenzeichen und wurde bislang
beibehalten.
Mit «Sinspiration» kam nun, aktuell im Vorfrühling, die
bisher reifste Scheibe heraus und darüber unterhielt ich mich gleich
mit drei Bandmembers, nämlich mit Andy Dormann und Pascal Zwyssig,
ihres Zeichens die Abteilung die Sechssaiter, sowie Sänger Peter
Hochuli. Das Interview verband ich ausserdem mit dem allerersten
Besuch der Rockbar 84 in Wettingen, wo ja jeweils die «Metal Night»
(mit DJ Rock'n Rolla von ROCKSTATION) abgehalten wird.
MF: Das neue Album «Sinspiration» habe ich ja bereits im vergangenen
Dezember von euch erhalten. Warum habt ihr den Release erst auf den
08.03.13 angesetzt?
Andy: Die Planung dazu erfolgte von der Plattenfirma aus und ich
erhielt die Exemplare für die ganze Promo schon im Dezember. Wir
haben einen Ver-triebsdeal abgeschlossen und du bist mir eben schon im
Dezember über den Weg gelaufen. (lacht)
MF: Den Albumtitel angesprochen: Was hat die Sünde mit der
Inspi-ration zu tun und umgekehrt? Steckt da eine Message dahinter?
Andy: Jetzt schauen mich alle so erwartungsvoll an…
Pasci: …das war Deine Idee!
Andy: Das Konzept ist eigentlich eine lange Geschichte.
Letztlich läuft es darauf hinaus, dass wir immer provisorische
Songtitel, also Arbeitstitel verwenden. Die sind dann mehr oder
weniger auf dem Album vertreten. «Miracle Man» oder «Road To Nowhere»…,
das hat es ja aller schon irgendwann mal gegeben. Die Inspiration
passt dann auch gerade dazu und wir machen keinen Hehl daraus, dass
wir Fans von Ozzy und Dergleichen sind. Ich bin mal nachts
aufgewacht, hatte das Wortspiel im Kopf, es aufgeschrieben und am
Morgen gefiel es mir immer noch. Das präsentierte ich dann den
Herren…, und es passte irgendwie. Es entstand so eine Message, die
letztlich inspirierend ist.
MF: (an die anderen zwei gewandt) – Ihr fandet das dann auch gleich
auf Anhieb gut und konntet euch damit einverstanden erklären?
Peter: Ja, ich fand den Titel wirklich auch gut und Andy hatte
uns derart überzeugt, dass wir alle ja dazu gesagt haben. Ich finde
ihn absolut hammermässig!
Pascal: Es ist ein geiles Wortspiel, das ich in dieser Form vorher
noch nie irgendwo gelesen oder gesehen hatte, ein geiler Albumtitel.
Ich meine, wir haben ja schon genug Songs mit Titeln drauf, die es
schon gibt…, wenigstens ist der Albumtitel anders.
Andy: Dass wir mit unserem bescheidenen Englisch irgendwie neue
Sachen schaffen, dürfte eher schwierig werden. Zudem passt es
inhaltlich zu den Lyrics…
Pascal: …und es ist ja auch kein Konzept-Album oder so.
Andy: Ja, es ist überhaupt kein Konzept-Album und trotzdem etwas,
was ich sich selber aufgeht.
MF: Das Longplayer-Debüt «We Are… Charing Cross kam bei „Metal
Heaven“ heraus, das neue Werk hingegen über „Fastball“. Warum der
Wechsel?
Andy: „Metal Heaven“ dachten wohl, wir seien finanziell ein zu
grosses Risiko und Wahnsinns-Verkäufe gab es ja auf unserem Niveau
ja nicht. Mit „Fastball“ haben nun eine Company gefunden, die uns in
Deutschland und Resteuropa vertreibt.
Pascal: Das Album ist ja schon länger fertig gewesen und wir haben
eben einen neuen Partner gesucht, der es auch heraus bringt. Darum
hat es so lange gedauert…
Andy: …und diese Suche dauerte gut ein halbes Jahr.
MF: Rock-/Hardrock-Sound wird in der Schweiz nach wie vor oft noch
reduziert auf Krokus, Gotthard und Shakra. Wo seht ihr euch im
Umfeld von anderen Kollegen wie Maxwell, The Order, Excentric oder
Crown Of Glory?
Peter: Sicher mal etwas dazwischen von allem…, war wir auf jeden
Fall haben, sind melodiöse, eingängige Refrains…
Pascal: …und wir verfügen über eine breite Palette…, vor allem jetzt
auf dem neuen Album. Verschiedenste Stile so zu sagen „charingcrossiert“.
Peter: Das ist eben «Sinspiration»!
Andy: Es ist nicht das Typische, wie man es von Maxwell, Shakra oder
Fox kennt…, es ist melodiöser, was vor allem am Gesang liegt, eine
andere Stimme.
MF: Für mich sind es auch die Backing-Vocals, die den Unterschied
ausmachen und wirken…
Peter: …, ja…, danke dir! Und ich muss da dem Ace (Pascal), Andy und
dem Kusi mein Lob aussprechen…, die geben sich wirklich Mühe. Wir
spielen alles live, da kommt nichts ab Band und wir geben echt unser
Bestes. Wenn dann mal ein schiefer Ton zu hören ist, kann man uns
dies verzeihen. Es ist alles live nichts Gesampletes dabei. Klar
braucht dies Zeit zum Üben, aber wenn es klappt, tönt es geil.
Andy: Ich ärgere mich immer wieder über Bands, wenn auch bei
einfacheren Sachen mit Samples aufgefahren wird. Ich finde das
schade und das ist meiner Meinung nach auch nicht Rock’n’Roll.
Pascal: Es darf durchaus etwas dreckig klingen, wenn man es live
spielt. Sonst kann man sich ja gerade so gut eine CD kaufen.
MF: Dreizehn Songs stehen auf «Sinspiration». Wie viele andere
schafften es nicht auf das Album?
Andy: Keiner! (lacht)
Pascal: Wir haben alles verwendet, was da war. Gut…, es gab schon
zwei, drei Songs, wo wir uns überlegt haben, dass man noch was tun
muss. Die haben wir dann aber aufgetakelt, bis es gepasst hat. Es
sind somit alle Songs auf das Album gelangt.
MF: Wir reden hier ja von gut einer Stunde Musik…
Pascal: …gut…, ein paar Songs hatten wir noch von früher mit im
Gepäck. Produktionen, die noch nicht aufgenommen wurden und die
haben wir auch drauf gepackt, und somit nicht ganz alles frisch
schreiben müssen.
Andy: Zwei davon haben wir für das Album recyclet.
MF: Charing Cross verfügen über zwei gleichwertige, gleichberechtige
Gitarristen. Wie wirkt sich das beim Songwriting aus?
Pascal: Wir haben eigentlich nie Probleme miteinander…, oder?
Andy: Keine blutige Nase und auch keine blauen Augen.
Pascal: Wir kennen einander lange genug, um uns gegenseitig sagen zu
können, dass dies zum Beispiel nicht cool klingt.
Andy: Manchmal merkt man es beim Songwriting bereits, welches Solo
besser zu wem passt. Es sind aber auch keine Egos, die aufeinander
prallen. Letztendlich passt es stets.
Peter: Ich finde es auch interessanter anzuhören…, von den Soli her
sind es verschiedene Stile und unterschiedliche Sounds. Jeder spielt
es eigentlich anders und das hört sich besser an, als wenn nur einer
geradlinig soliert.
MF: Es heisst ja, dass Rockbands die besten Balladen schreiben. Wie
leicht oder schwer ist es wirklich, eine gute Ballade wie zum
Beispiel «H8» zu komponieren?
Pascal: Das geht am einfachsten, wenn man verletzt wurde oder etwas
scheisse gelaufen ist. Das „Problem“ ist aber, dass wir beide in
soliden festen Beziehungen stehen…, in langjährigen Beziehungen…
Andy: …, ja…, das Verletztwerden bleibt aus… (lacht)
Pascal: Ich arbeitete sehr lange daran, bis…
Andy: …gut, Balladen sind ja eh dein Ding, wenn es ums Schreiben
geht. Man merkt hier auch, dass er mir den Text überlassen hat…
(lacht)
Pascal: Er hat den Text und ich die Musik gemacht…, genau…, und ja…,
ich habe echt mehrere Stunden gebraucht, um wenigstens einen Teil
davon zu haben, um starten zu können.
Andy: Man hat auch einige der Ideen ausprobiert, also was passt wie
zusammen und was sich bei den Übergängen entsprechend kitten liess.
MF: Ist das während des Auftrittes eine Phase der Erholung…, eine
Ballade zu singen.
Peter: Zwischendurch ist es schon eine Erholung…, ja, da hast du
recht, und eine gute Ballade singe ich gerne, aber wir haben satte
Refrains, wo wir alles geben müssen, damit diese live auch gut
klingen. Für das Singen ist es wie gesagt gut…, eine Art Erholung…,
ja…, und wenn du zuvor eine halbe Stunde lang abgedrückt hast, tut
das schon gut.
Pascal: Also von der Erholung her ist das schon gut, aber mich dünkt
es einfach schwierig, wenn du während eines Konzertes, einem 90
Minuten Set, eine Ballade platzierst. Du bist voller Adrenalin, wenn
du härtere Songs spielst, und danach einen Gang runter zu schalten,
ist für die ganze Band schwierig. Wir mussten das unlängst bei der
letzten Probe feststellen.
Andy: Das Umschalten von schnell auf langsam…, ich denke, auch von
der Stimme her…, ist diese Ballade («H8») nicht der angenehmste Song
im Sinne der Erholung. Er ist dabei „nackter“, wenn er nicht das
volle Brett von hinten kriegt. Dafür werden mehr Finessen gezeigt
und wenn man dann mal…
MF: Gefühle müssen her…
Andy: …und Feelings sollten auch vorhanden sein.
MF: Ihr habt keine Cover-Songs auf dem Album…, falls doch…, was
würdet ihr drauf nehmen?
Andy: Darüber haben wir uns gar nicht unterhalten. Wir haben früher
natürlich viele Covers gespielt, aber von denen wäre meiner
Meinungen keiner würdig gewesen. Dann eher etwas ganz anderes wählen
und „vercrossifizieren“. Sonst fällt mir dazu nichts ein…
Pascal: …ich bin jetzt gerade etwas überrumpelt und habe mir das
eigentlich nie überlegt. Am liebsten würde ich «Phantom Of The
Opera» von Iron Maiden covern, aber der Herr neben mir (gemeint ist
Andy – MF) ist nicht so grosser Maiden-Fan und darum lassen wir
dieses Thema. (lacht)
MF: (zu Peter) – Gäbe es etwas, was du gerne singen würdest, ein
Song der dir speziell gefällt und du dir auf dem Album vorstellen
könntest?
Peter: Nun…, wie der Ace (Pascal) schon gesagt hat…, es kommt mir
gerade nichts in den Sinn…, wobei doch…, ich würde eher auch auf
Iron Maiden tendieren.
Pascal: Ha…, nun sind wir schon zu zweit! (lacht)
Peter: Es ist noch schwierig…, wir haben uns wirklich nicht damit
befasst, einen Cover-Song auf das Album zu nehmen.
MF: Aktuelle Erfahrung auf diesem Gebiet habt ihr dennoch, nämlich
im Rahmen des Gotthard-Contests mit dem Song «I Shine». Auf der
Homepage steht geschrieben, dass ihr die erste Hürde geschafft
habt…, aber nichts Weiteres. Was ist da nun noch dran an der Sache?
Andy: Die zweite Hürde war die Sache im Fernsehen, wo die drei
Finalisten da waren. Gotthard entschieden sich dann…, aber nicht für
uns.
Pascal: Sad but true…
MF: Kurz und knapp!
Andy: Es war in der Tat eine kurze Sache, aber insgesamt eine coole
Promo-Aktion. Wir waren erstens unterwegs und zweitens wieder mal im
Gespräch. Der Nachmittag im Proberaum (mit den Aufnahmen – MF) war
auch sehr geil.
MF: Ihr bewegt euch jetzt auf internationalem Level. Welche
Ambitionen habt ihr und steht allenfalls schon eine Tour als
Support?
Andy: Nein, da ist nichts vorhanden. Für mich gesprochen hätte ich,
als ich anfing Musik zu machen, nie gedacht, überhaupt so weit zu
kommen, geschweige denn ein Album aufzunehmen und im Z7 White Lion
zu supporten. Was noch kommen mag? Wir lassen uns überraschen…,
bleiben aktiv dabei. Für grossen Tourneen fehlen uns im Moment halt
die Connections…
Pascal: …und abgeneigt wären wir auf keinen Fall! Wir würden gerne
mal eine Support-Tour spielen…, über einen oder zwei Monate. Das
wäre eine gute Sache…, und letztlich musst du schon sehen, dass du
für das Kohleverdienen in der Schweiz (mit Musik) verdammt grosses
Schwein haben musst und über die Grenzen hinaus wachsen musst. Für
mich gilt: So lange ich Spass daran habe, werde ich Musik machen.
Diesen Spass habe ich bis anhin nie verloren.
Andy: Wenn du wirklich Erfolg haben willst, hört der Spass aber bald
einmal auf, weil du nicht weisst, von wo her überall drein geredet
wird.
Pascal: Wenn jemand kommt, der uns weiter bringen kann, noch so
gerne…, wir wären bereit. Wenn es nicht klappt, wäre es jedoch nicht
so tragisch. Es bereitet einfach verdammt viel Spass!
MF: Gilt das auch für Dich…, Peter?!
Peter: Ja, selbstverständlich! Support über den Winter wäre dabei
ideal…, denn dann würden wir im Übungsraum nicht immer so frieren!
(lacht) – Also ich wäre gar nicht abgeneigt…, wenn nun morgen das
Telefon klingeln würde, wären wir bereit. Zumindest fast alle…, wir
wären bereit und würden gehen.
MF: Das Band-Lineup ist bis auf den Drummer beständig geblieben.
Wird Riodi Halter auch auf dem nächsten Charing Cross Album zu hören
sein, oder besteht die Gefahr, dass dereinst Drummer Nr. 4 hinter
den Kesseln sitzt?
Andy: Gitarristen sind halt schwierige Typen…, nein…
Pascal: …also ich bin zuversichtlich für das nächste Album. (lacht)
Andy: Das ist der Weg, den du gehen musst, um ein Lineup zu kriegen,
das stimmt. Jetzt habe ich wirklich das Gefühl, dass es passt…, aber
das haben wir das letzte Mal auch schon gesagt, doch seit der Relli
dabei ist, war es zuvor noch nie so konstant.
MF: Zum Schluss, wie immer…, was möchtet ihr noch los werden und
euren Fans mitteilen?
Andy: Einfach nur Rock’n’Roll! Lebt ihn…, hört ihm zu und geniesst
es!
Peter: Zuerst kaufen (also «Sinspiration» - MF), an unsere Konzerte
(unter anderem die CD-Taufe am 06.04.13 im Kulturwerk 118 in Sursee)
pilgern…, wir sind auf Euch angewiesen…, und wir hoffen, dass Euch
die Scheibe gefällt!
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