Zurück zum Erreichten.
Will man gute Unterhaltung, bestehend aus je einem
Teil packender Musik und einem Teil mitreissender
Performance, dann kommt man an den Engländern von The
Darkness nicht vorbei. Die Truppe, bestehend aus den
beiden Hawkins-Brüdern Dan (Gitarre) und Justin (Gesang,
Gitarre), sowie dem wieder zur Truppe zurückgekehrten
Frankie Poullain (Bass) und Rufus «Tiger» Taylor
(Schlagzeug, Sohn von Queen-Trommler Roger Taylor), hat
nicht nur die ganz grossen Höhen miterlebt, sondern
musste sich auch dem Dämon Alkohol und Teufel Drogen
stellen, die The Darkness locker ausser Gefecht setzten.
Im wahrsten Sinne des Wortes war es dann sehr «dunkel»
und zwischen 2006 und 2011 sehr still im Hause der
Truppe. Tja, das Debüt-Album «Permission To Land» brachte
dem Vierer nicht nur 4-fach Platin im Heimatland ein,
sondern auch das Bewusstsein, dass Erfolg mehr Flügel
verleiht als Red Bull und somit die Bodenhaftung
schnell verloren gehen kann.
Drei Alben («Hot
Cakes», «Last Of Our Kind», «Pinewood Smile») später,
sprich nach der Reunion, sitzt mir Dan leicht
verschlafen gegenüber und erzählt über Erfolg und
Misserfolg der Truppe. Die Stadion-Show-Zeiten sind
vorbei, wobei sich der Gitarrist gar nicht so viele
Gedanken darüber macht. Was seine verschlafenen
Hirnzellen mehr aktiviert, welche Erfahrungen der
Engländer mit «Permission To Land» verbindet und was
hinter dem neuen Albumtitel steckt, verklickert uns
Mister Hawkins zwischen Kaffee und Schokoladekeksen.
Übrigens ein sehr netter und sympathischer Zeitgenosse!
MF: «Pinewood Smile», euer Meisterwerk?
Dan (lächelt): Gute Frage (überlegt)… Es ist ein
grossartiges Album geworden. Jetzt aber schon von
unserem Meisterwerk zu sprechen, ist zu früh (grinst).
Aber! Ich mag es (lacht). Wir alle mögen das neue Werk
und sind sehr zufrieden damit. Wir haben die Songs
zusammen eingespielt und es fühlte sich an, als würden
wir anstatt im Studio im Proberaum stehen. Da standen
wir, mit den Kopfhörern auf unseren Köpfen und bangten
während wir spielten (grinst). Oft schmissen wir die
Kopfhörer in die Ecke, weil wir den Kick der Bassdrum
hören wollten, der aus den Marshall-Boxen kam (lächelt).
Diese verdammte Snare, welche dir den Kopf abreisst und
du das Gefühl hast, als würdest du im Proberaum stehen.
Jeder im Raum fühlte die Bassdrum und es machte
unglaublichen Spass die Songs einzuspielen. Darum denke
ich auch, dass der grösste Unterschied zu den anderen
Alben dieser unglaubliche Live-Sound ist, den man auf
«Pinewood Smile» hört. Wir hatten noch nie so schnell
ein Album eingespielt. Vieles der Pre-Production haben
wir selber gemacht. Auch die Endproduktion klingt
wirklich aggressiv und hart. Wir haben fast ein Jahr an
den neuen Liedern komponiert. Klar hatten wir dazwischen
immer wieder Pausen, so dass wir an einem Stück zusammen
gezählt, vielleicht zwei Monate schrieben. Dabei haben
wir alles hinter uns gelassen, auch unsere Familien. So
konnten wir uns völlig auf das Schreiben fokussieren.
Ich hatte nie ein Problem damit, neue Songs zu schreiben.
Halte ich eine Gitarre in den Händen, fällt mir immer
wieder ein neues Riff ein. Dabei schalte ich gerne den
Fernseher ein und spiele ein bisschen auf meiner
Gitarre. So entstehen die besten Ideen. Ich bin sehr
glücklich und dankbar, dass ich kaum Schreibblockaden
habe.
MF: Was ist ein «Pinewood Smile»?
Dan: «Pinewood Smile» ist eine britische
Sechziger-Version eines Hollywood-Lächelns. Bedeutet,
dieser Roger Moore oder Sean Connery Witz in den Filmen,
bei dem du staunst, aber eigentlich weisst, dass
gewisse Dinge unmöglich sind (grinst). Ich bin ein
grosser Fan von Roger Moore, denn er besass die perfekte
Mischung aus dieser Grundehrlichkeit, der smarten Art
und dem Unmöglichen (lacht). Diese Art, wie James Bond
eine Klippe hinauf klettert… Ich liebe ihn, aber von Zeit
zu Zeit weisst du, dass diese Filmparts alles andere als
seriös gedreht wurden (lächelt). Wir wollten das Album
nicht «Roger Moore» taufen. Aber «Pinewood Smile» trifft
seinen Witz und die smarte Art, wie er auch mit den
Frauen umging, sehr passend.
MF: Wenn du ein Fan der alten James Bond-Streifen bist,
wie gefällt dir denn der neue Bond und die damit eher
härtere Ausrichtung?
Dan: Die sind
absolut brillant gedreht. Daniel Craig ist ein sehr
guter Bond-Darsteller. Auch «Skyfall» war ein
unglaublicher Film. Okay, ich mag die Musik von Adele
überhaupt nicht (grinst), aber der Titelsong zu diesem
Film ist wirklich gut. Klar vermisse ich Roger Moore
(grinst), und Daniel könnte mehr von dessen Art
verinnerlichen. Aber ich denke, diese "sexy jokes"
kannst du heute nicht mehr bringen (lacht).
MF: Wie überraschend war damals der
Erfolg von «Permission To Land» für euch?
Dan: Ja, das war sehr überraschend. Wir spielten schon
einige Zeit zusammen und schauten uns vergebens nach
einem Plattenvertrag um. Zweieinhalb Jahre versuchten
wir so ein Ding an Land zu ziehen. Das Album war schon
lange fertig und wartete nur darauf, endlich
veröffentlicht zu werden. Sechs Wochen nachdem
«Permission To Land» draussen war, kamen wir in Kanada
an und erhielten eine E-Mail. Wir schafften nochmals den
Sprung zurück auf Platz 1. In dieser einen Woche
verkauften wir 70'000 Stück. Das war eine sehr
überraschende Zeit für uns. Grundsätzlich haben wir uns
kaum verändert. Wir spielen noch immer an allen Orten,
wo man uns sehen will. Aber damals schien alles durch
die Decke zu gehen. Heute spielen wir vor 800 bis 1'500
Leuten, damals locker jeden Abend vor 6'000 Fans. Das
Schöne ist aber, dass wir seit dem Comeback von Tour zu
Tour immer mehr Leute ziehen. Wir sind glücklich, dass
wir einen Plattenvertrag haben, neue Scheiben
veröffentlichen und auf Tour gehen können. Zu diesem
Level, den wir damals hatten, zurück zu kehren… Das wird
nicht einfach sein (lacht).
MF: Wie gross war damals der Druck,
einen Nachfolger für «Permission To Land» zu schreiben?
Dan: Der war unglaublich gross. Viele Leute
waren mit «One Way Ticket To Hell…And Back» nicht
glücklich. An den Songs kann's nicht gelegen haben,
vielleicht an der Produktion? Noch heute gefallen mir
die Lieder sehr gut. Damals standen wir nie zusammen im
Aufnahmestudio (lacht). Wir hatten ein furchtbares
Management. In ihren Köpfen waren wir die grösseren
Rockstars, als wir uns jemals fühlten. Der Druck des
Labels für das Folgewerk war gross. Wir benötigten eine
Auszeit, waren ausgebrannt von den ganzen Konzerten und
hätten dringend mehr Zeit zum Komponieren der neuen
Songs gebraucht, mindestens ein Jahr. Aber wir hatten
nicht den Mut zu irgendwas "nein" zu sagen. Das war
sicherlich auch die schwierigste Zeit für uns. Am Ende
der Tour hätten wir damals wirklich einen Halt einlegen
müssen. Viele Leute in unserem Umfeld verloren den Bezug
zur Realität (lacht). Sie dachten, wir alle wären in
einer höheren Ebene, dabei fielen wir viel tiefer
(lacht).
MF: War dann die Auflösung der Band die
richtige Entscheidung im richtigen Moment oder, heute
gesehen, ein Fehler?
Dan: Es war garantiert kein Fehler, sondern das Beste,
was wir jemals taten. Justin brauchte diesen Break, sonst
wäre er völlig zusammengebrochen. Es lag aber nicht nur
an ihm, sondern zwei weitere Personen in der Truppe
waren ziemlich am Boden. Dieser verfluchte Job forderte
seinen Tribut (grinst). Hätten wir nach «One Way Ticket
To Hell…And Back» ein weiteres Album veröffentlicht,
wären wir für immer am Boden gewesen. Wir benötigten
diese Pause und die Möglichkeit uns zu erholen. Jeder
für sich selber, um zu wissen wo man stand und wohin man
gehen wollte. Auch um heraus zu finden, ob wir überhaupt
nochmals zusammen in einer Band spielen wollten. Unser
Plan war, so lange wie die Rolling Stones auf der Bühne
zu stehen (grinst). Wir spielten in unterschiedlichen
Projekten und Combos mit, merkten aber mit der Zeit,
dass uns was fehlte. So näherten wir uns wieder an,
liessen unsere alte Freundschaft wieder aufleben und
diskutierten über das Comeback von The Darkness. Etwas,
von dem wir überzeugt waren, dass dies nie geschehen
würde, aber uns mit der Zeit klar wurde, dass diese
Truppe uns am meisten am Herzen liegt! Wir trennten uns
nicht, weil uns die Musik nicht mehr gefiel oder wir
musikalische Differenzen hatten. Es war wegen der
physischen und emotionalen Gesundheit. Sonst wäre sicher
noch jemand gestorben. Deswegen haben wir die Reissleine
gezogen.
MF: Hast du dich bei dem ganzen
Rummel um euch auch als Rockstar gefühlt?
Dan: Ich fühle mich jeden Tag wie ein Rockstar (lautes
Lachen). Ich bin froh wenn ich rechtzeitig meinen Arsch
aus der Koje bringe, um mit dir zu plaudern (lacht).
Jeden Tag wenn ich auf der Bühne stehe oder meine Les
Paul in den Fingern halte, fühlt sich dies sehr normal an.
Sehr alltäglich und nicht gestellt. Du steigst nicht bei
einer Band wie The Darkness ein mit dem Plan, so
erfolgreich zu sein. Das Ziel war es nie einen
verdammten Ferrari zu kaufen und mit dem die Mädels zu
verführen (grinst). Als wir mit der Bitte an unser
Management heran traten, statt des zweiten Albums eine Auszeit
zu bekommen, waren die Höhen und die damit verbundenen
Tiefen kein Marketingplan von uns.
MF: Was war für dich früher wichtig, und
was ist es heute?
Dan: Früher war es für
mich wichtig besoffen zu sein und dass der Kater am
Folgetag nicht zu gross war (lacht).
MF: Dan danke für das Interview…
Dan: …ich danke dir, und sorry für mein verschlafenes
Wesen (grinst), aber die Fahrt in die Schweiz war der
Horror.
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