Frauen bekommen in
sozialen Medien mehr Aufmerksamkeit .
Welche eine gewaltige Metamorphose, die sich Seraina
Telli unterzogen hat, wird einem erst so richtig
bewusst, wenn man sich das grossartige Album «Bird Of
Paradise» von Dead Venus anhört. War sie vor allem für
ihre unglaublich geile Rockröhre bekannt, so wandelt sie
jetzt auf ganz anderen Pfaden und zeigt ganz neue
Facetten von sich. Aber Dead Venus ist nicht nur Seraina
Telli, sondern auch André Gärtner (Bass) und Mike
Malloth (Drums). Mit diesen beiden Mitmusikern ist es
Seraina gelungen, ein wahrlich gelungenes Debüt-Album zu
releasen. Also ist es höchste Zeit, um mit Seraina ein
wenig aus dem Nähkästchen zu plaudern!
MF: Mit
Dead Venus und dem Debüt-Album «Bird Of Paradise»
bietest du allerlei Schattierungen von verschiedenen
Musikstilen. Wer oder was sind deine Einflüsse?
Seraina: Durch die Jahre habe ich einiges an Einflüssen
und Inspirationen sammeln können. Mir gefallen so viele
verschiedene Musik-richtungen und Gesangsstile.
Zusätzlich faszinieren mich auch ungerade Taktarten,
sogenannte "Odd meters". Ich dachte lange, dass ich mich
wohl endlich einmal für eine Richtung entscheiden
müsste, was mir allerdings eher schwer fiel. Wie es sich
herausgestellt hat, musste ich mich aber gar nicht
entscheiden. Als ich Bands wie Opeth, Pain Of Salvation
oder auch die frühen Werke von Judas Priest entdeckte,
habe ich gemerkt, dass man das alles auch kombinieren
kann, und die Musik sagt einem auch irgendwie, was sie
möchte. Zack – so schnell landet man beim Prog.
MF: Bei Dead Venus können wir eine
gefühlvolle und verletzliche Seraina hören, die in der
Vergangenheit mehr mit ihrer Rockröhre aufgefallen ist.
Bist du wie Dr. Jekyll und Mr. Hyde?
Seraina: Hahaha, der Vergleich gefällt mir! Nein, wie
oben schon erwähnt; mir gefallen so einige Musik &
Gesangsstile. Metal ist eine Leidenschaft von mir. In
diese Musik kann man so viel Power stecken und bekommt
gleichzeitig so viel zurück! Ich kann mich da allerdings
musikalisch nicht voll und ganz ausleben, da es
genrespezifische Grenzen gibt, welche wir bei Dead Venus
gerne einfach mal missachten.
MF: Du bist
bei Dead Venus die Sängerin und Komponistin in einer
Person. Und dein Gesicht ziert das Albumcover. Ist Dead
Venus ein Seraina Telli-Soloding oder eine richtige
Band?
Seraina: Ja, die Basis für das
Cover von «Bird Of Paradise» ist mein Gesicht. Es soll
nicht mich als Person zeigen, sondern ein Symbol dafür
sein, zu dem zu stehen, was und wer man ist. So zu sagen:
"Hey, ihr Paradiesvögel da draussen, zeigt eure farbigen
Federn!" Das Ganze hat als "Soloprojekt" angefangen,
weil ich nicht die richtigen Mitmusiker dafür fand. Zum
Glück habe ich dann Mike und André gefunden. Sie machen
meine Musik zu dem, was sie sein will. Die Antwort auf
deine Frage lautet in dem Fall offiziell: "Ja, wir sind
'ne richtige Band.» (grinst)
MF: Mit Mike
Malloth (Drums) und André Gärtner (Bass) hast du zwei
ausgezeichnete Musiker an deiner Seite. Wieviel steckt
von diesen Beiden in Dead Venus?
Seraina: Die Jungs sind beides sehr erfahrene und
technisch versierte Musiker. Sie bringen ihren eigenen
Style und somit noch mehr musikalische Einflüsse mit
rein. Ich schreibe zwar die Songs, würde ihnen jedoch
nie sagen, wie sie ihre Instrumente zu spielen haben.
Hinzu kommt, dass wir im Trio spielen und so jedes
Instrument sich extrem ausleben kann. Mike und André
beeinflussen den Sound also sehr stark und sind daher
unersetzlich für Dead Venus!
MF: Wo hast
du Mike Malloth (Drums) und André Gärtner (Bass)
aufgetrieben?
Seraina: Im Jahr 2014 habe ich aktiv begonnen, Musiker
für Dead Venus zu suchen und dann natürlich auch ein
Inserat auf Music.ch gestellt. Mike hat sich darauf
gemeldet, und nach der ersten erfolgreichen Probe und
einem Ideenaustausch zu zweit, schlug er vor, den
gemeinsamen Bekannten André mit ins Boot zu holen. Seit
2015 sind wir also in der Konstellation am Werkeln.
MF: Wirst du nach dem Release noch als Solistin
auftreten oder nur noch zusammen mit Mike und André als
Dead Venus?
Seraina: Man kann mich als
Solo-künstlerin buchen, da trete ich aber als "Seraina
Telli" auf, spiele hauptsächlich Covers und je nach dem
schon auch ein, zwei eigene Stücke. Als "Dead Venus"
treten wir nur noch zu dritt auf.
MF: Was
ist in Sachen Promo für das Album geplant?
Seraina: Wir geben gerade Vollgas und schicken unser Album
an alle geeigneten Kontakte die wir haben und versuchen,
so präsent wie nur möglich zu sein, mit Facebook,
Instagram, YouTube und unserer Webpage. Des Weitern macht
Non Stop Records für uns Promo. Gegen Ende dieses
Jahres wird zudem unser Videoclip zu einem unserer Songs,
«Sirens Call», erscheinen, und wir haben auch noch 'ne
Live Studio-Session eingespielt sowie filmen lassen, von
welcher wir ebenfalls noch Clips veröffentlichten
werden. Es steht uns also noch einiges an Material zur
Verfügung, um immer wieder was Neues von uns hören und
sehen zu lassen.
MF: Neben dem Singen, dem Spielen
verschiedener Instrumente und dem Komponieren,
schnippelst du noch an deinen Klamotten rum. Hast du
sonst noch verborgene Talente!
Seraina:
Meine Dreads mach' ich zum Beispiel selber, sie sind
sowas wie mein Hobby, ebenfalls bastle und male ich auch
sehr gerne, sofern es die Zeit zulässt.
MF: Ich könnte mir die Songs von «Bird
Of Paradise» auch in einer Unplugged-Version vorstellen.
Wäre das noch eine Option?
Seraina: Wir
haben uns schon überlegt, auch ein Unplugged-Set zu
gestalten, aber Dead Venus ist keine Singer-Songwriter
Musik, und daher treten wir derzeit nur
vollinstrumentiert auf.
MF: Der Sound von
Dead Venus spricht sicher ein grösseres Publikum an.
Merkt ihr schon, bezüglich Anfragen und Angeboten für
Gigs, etwas davon?
Seraina: Dead Venus ist im Prinzip erst seit dem 13.
September 2019 wirklich existent. Für diesen Zeitrahmen
kommt und kam schon einiges an Anfragen rein, und wir
bekommen sehr gute Rückmeldungen auf unser Debüt-Album.
Wir werden aber (noch) nicht mit Gig-Anfragen überhäuft
- da sind wir wie jede andere Band am Anfang, müssen
erst eine Fanbase aufbauen und schauen, wo unsere Musik
am besten ankommt. Aber stimmt, ich denke auch, dass
unsere Musik ein grösseres Publikum anspricht. Wir
spielen ja nicht den ultra-technischen Progressive Rock,
sondern haben auch viele poppige und rockige Elemente
drin.
MF: Du setzt deine Stimme wie ein
zusätzliches Instrument ein. Das ist ja eher im Jazz
gang und gäbe. Gehört auch Jazz zu deinen
Lieblingsmusikstilen?
Seraina: Ja! Jazz
ist auch eine grosse Leidenschaft von mir, daher ist die
Musik durchaus jazzig angehaucht. Für mich gehört das
aber auch ein bisschen zum Progressive Rock, ich meine,
dass die Stimme eher als Instrument funktioniert und
sich sehr an Harmonien und Tonfolgen anlehnt.
MF: Sind weitere Alben mit Mike und André geplant
oder war das Album eine Eintagsfliege?
Seraina: Keineswegs! Wir spielten bereits an der Release
Show einen neuen Song und auch weitere neue Tracks sind
in Arbeit. Das zweite Album nimmt also schon langsam die
ersten Formen an.
MF: Noch nie gab es so
viele geniale Frontladys in Bands verschiedener
Musikrichtungen. Wie kannst du dir diesen Umstand
erklären?
Seraina: Frauen bekommen in
der Regel schon mehr Aufmerksamkeit, gerade in den
Sozialen Medien, das ist bestimmt ein Vorteil für 'ne
Band. Es kann aber nicht nur daran liegen. Ich denke,
heutzutage trauen sich mehr Frauen auch mal diese Seite
von sich zu zeigen und werden selbständiger, mutiger und
somit kreativer. Tja, ihr Männer, nehmt euch in Acht! ;-)
MF: Ist es von Vor- oder Nachteil eine Frau im
Musikbusiness zu sein?
Seraina: Die oben
erwähnte, grössere Aufmerksamkeit ist schon ein Vorteil.
Genau das kann aber auch der Nachteil sein. Es gibt
viele (Frauen und Männer), bei welchen das
"Insta-Profil" super aussieht und es kann mittlerweile
echt viel im Studio kaschiert werden. Deshalb, und auch
nur schon wegen der Tatsache, dass man eine Frau ist,
wird man oder eben "frau", oft auch gar nicht ernst
genommen. Spätestens dann muss "frau" sich eben
beweisen, aber diese Challenge nehme ich gerne an.
MF: Wieviel zählt die Message und glaubst du, dass
viele Leute die Texte lesen und studieren?
Seraina: Die Message eines Songs finde ich sehr wichtig.
Dazu muss man aber nicht unbedingt den Text verstehen.
Musik ist schon eine Sprache an sich, und wenn man es
schafft zuzuhören, erfährt man so einiges. Es ist
natürlich immer speziell schön für einen Künstler, wenn
die Leute auch die Texte studieren und diese vielleicht
sogar kommentieren, das machen aber natürlich nicht
alle. Obwohl ich sagen muss, dass das bei unserer Musik
schon öfters vorkommt, und dass sich die Leute auch für
die Texte interessieren.
MF: Hast du mit deiner Metal-Vergangenheit abgeschlossen
oder hören wir Seraina wieder einmal als
Metal-Shouterin?
Seraina: Das ist nicht
ganz einfach zu beantworten. In erster Linie
konzentriere ich mich auf Dead Venus und alles was mich
musikalisch weiter bringt. Was nicht heisst, dass das
keinen Metal mehr beinhalten kann oder wird. Ausserdem
stehen da kleinere Studioprojekte und Workshops an, wo
ich meine Mr. Hyde Seite wieder mal raus lassen kann!
(lacht)
MF: Gibt es eine Tour im In- und
Ausland zu «Bird Of Paradise»?
Seraina:
Wir hatten die letzten zwei Monaten ein paar Konzerte in
der Schweiz und in Deutschland. Für Anfang nächstes Jahr
planen wir auf Tour zu gehen, am liebsten mit einem
grösseren Act. In welcher Form auch immer: Wir geben
einfach weiter alles, um unsere Musik an die Leute zu
bringen.
MF: Was sind deine Alltime-Faves,
und was hörst du gerade im Moment?
Seraina: "Opeth" kann man langsam zu meinem
Alltime-Faves zählen, denke ich. Ihre Alben höre ich nun
seit mehr als drei Jahren fast ununterbrochen! Was aber
auch immer geht und ich sehr mag, ist "Sting" oder alte
Jazz Standards. Im Moment höre ich gerne "Rush" und
sonstiges progressives Urgestein, wovon ich noch so
Einiges lernen kann. Die Neuentdeckung für mich dieses
Jahr sind "Oceans Of Slumber" - eine female-fronted
Progressive Metal Band aus Houston, Texas. «Winter» und
«The Banished Heart» sind zwei unglaublich tolle Alben
voller wunderbarer Musik und mit einer atemberaubenden
Stimme!
MF: Wo kann man die Dead Venus-CD
bestellen?
Seraina: «Bird Of Pardise»
könnt ihr als CD und LP auf CeDe.ch, Amazon oder direkt
bei uns bestellen, und zwar über unsere Website:
deadvenus.com, Facebook, Instagram oder per Mail an
deadvenus@gmx.ch - Für die, die es lieber digital mögen:
Apple Music, Google Play, Spotify und was gibt es sonst
noch alles? (lacht) - Have Fun und danke schon jetzt für
Eure Bestellungen!
Übrigens haben Dead
Venus so eben den Videoclip zu «The Sirens Call» auf
YouTube veröffentlicht, und es lohnt sich auf jeden Fall,
sich diesen zu Gemüte zu führen. Für mich sind Dead
Venus eine der Entdeckungen in diesem Jahr! Und wer die
Möglichkeit hat, Dead Venus live zu sehen, sollte das
unbedingt machen.
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