Mit
Monotonie gegen die Kapitulation.
Während des Winterfestivals gelang es mir den Drummer - Mayhemic
Destructor - von Endstille zu interviewen. Meiner Meinung nach hat
diese Band eine interessante Geschichte, die reich an Höhen und
Tiefen ist. Ausserdem recherchiert Endstille in der Geschichte, denn
ihre Lyrik ist den Ereignissen des Ersten und Zweiten Weltkrieges
gewidmet. Darüber und über das neue Album «Kapitulation 2013» gab
uns Mayhemic Destructor Auskunft.
MF: Kürzlich kam euer neues Album heraus. Es heisst
«Kapitulation 2013». Es ist nun aber nicht allen klar, warum der Titel der
Gegenwart, das Cover selbst jedoch den Ereignissen des Zweiten
Weltkrieges gewidmet ist. Bitte erkläre, was dahinter steckt!
Mayhemic Destructor: Mit dem Titel «Kapitulation 2013» nehmen
wir Abschied von ganz vielen Sachen. Auch die Zeit 2013, die auf
vielen Alben ja schon immer wieder da war. Auf der «Kapitulation
2013» und der «Verführer» tauchte, glaube ich, auch das Jahr 2013 auf. Und wir
nehmen mit diesem Album Abschied davon, und man sieht auf dem Cover
wie auch im Booklet, viele russische Propaganda-Bilder, und dann den
Track mit den Flüchtlingen auf der Strasse. Vielleicht verlassen wir
das, vielleicht gehen wir in die eine andere Richtung. Wir werden
auch weiterhin extremen Metal machen, auch weiter noch Metal machen.
Aber wir wollen die Sache ein bisschen befreien und nicht mehr so einseitig
sein. Wir wissen noch nicht, was da noch kommt. Damit wollen wir auch
sagen, dass viele andere, die uns schon lange tot sahen: fickt euch!
Wir sind okay, wir kapitulieren nicht! Wir haben schon Vieles
überlebt. Bands sind gekommen und gegangen, aber uns gibts schon
länger und es wird uns noch länger geben.
MF: Das vorherige Album trägt den Titel «Infektion 1813». Es ist das
Jahr, in dem die Völkerschlacht bei Leipzig stattfand.
Mayhemic Destructor: Ja!
MF: Sie gilt als die Entscheidungsschlacht der Befreiungskriege
gegen die Truppen von Napoleon Bonaparte. Ist das richtig?
Mayhemic Destructor: Richtig was? Ob das der Grund für den
Titel ist?
MF: Ja!
Mayhemic Destructor: Ja und nein. Wir haben einfach mal gesagt,
dass zu dem Zeitpunkt der Virus gesetzt worden ist, für die
Deutschen dieses Völkische: Deutschland über alles, also dauerte der
Virus an. Und darin die grosse deutsche Idee entstanden ist.
Deswegen «Infektion 1813» - wir wissen alle, wohin es hingeführt
hat. Zweiter Weltkrieg. Und ja das war der Grund, warum wir den
Titel so gewählt haben. Denn wir haben immer Alben über den
Zweiten Weltkrieg gemacht: «Operation Wintersturm»,
«Frühlingserwachen», «Dominanz», alles war über den Zweiten Weltkrieg, bei
«Verführer» ging es um den Ersten Weltkrieg und dann haben wir
gesagt: okay, gehen wir noch einen Schritt weiter zurück, wo der
ganze Gedanke entstanden ist und deswegen ist «Infektion 1813»
entstanden.
MF: Aha, ich verstehe. Wessen Porträt ist auf dem Cover von
«Infektion 1813» zu sehen? Ist dies Kitchener oder doch nicht?
Mayhemic Destructor: Nein, das ist Blücher!
MF: Und wer ist das?
Mayhemic Destructor: Es ist der General, der massgeblich mit dabei
war, Napoleon in den Arsch zu treten. Ein grosser deutscher Held.
Aus Norddeutschland.
MF: Interessiert ihr euch wirklich so sehr für die Geschichte, oder
ist das Kriegsthema bloss ein traditionelles Thema für Heavy Metal?
Mayhemic Destructor: Die aktuelle Kriegsthematik kommt von Lars
Wachtfelds und ich bin grundlegend auch an der Geschichte
interessiert. Aber eben diese Kriegsthematik, (die Macht Wachtfelds
macht Mut) ist ein grosses, musikalisch kreatives Thema. Wir
haben damals beschlossen, das es unser Thema sein muss. Das passt
auch zu uns...
MF: Euer Schaffen ist mit historischen Ereignissen des 19. bis
20. Jahrhunderts verbunden. Habt ihr vielleicht den Wunsch, andere Epochen,
zum Beispiel das Mittelalter oder noch frühere Zeiten der Geschichte, zu
behandeln? Oder eben nur den Ersten und Zweiten Weltkrieg?
Mayhemic Destructor: Also thematisch ist für uns, sage ich mal,
wenn man zurück geht in der Zeit, wirklich "1813"; da ist Schluss. Und
was davor war, wie zum Beispiel das Mittelalter, ist irrelevant. Und
ob wir noch andere Themen aus dem 20. bis 21. Jahrhundert nehmen,
wissen wir jetzt noch nicht.
MF: Erzähl doch mal bitte was über den Verlauf der Realisierung und die
Aufnahmen zum neuen Album. Wodurch unterscheidet sich der jetzige
Prozess?
Mayhemic Destructor: Es unterscheidet sich durch nichts!
MF: Wirklich nicht?
Mayhemic Destructor: Nein, wir arbeiten schon seit 13 Jahren zusammen. So
lange gibts die Band, und es ist immer gleich. Wir proben in unserem
Proberaum zwei- bis dreimal die Woche. Dabei entstehen Songs, die
wir uns zu merken versuchten und wenn wir das Gefühl haben, jetzt ist das Ding
fertig, gehen wir in das Studio. Wir gehen immer in das gleiche
Studio, zum gleichen Songsingenieur und nehmen so wie immer auf. Wir
werden unsere Arbeitsweise nicht ändern, nichts wird
„professioneller„. Wir sind so wie wir sind, und wir sind oft
unterwegs. Wir komponieren nicht im Studio und haben keinen
Produzenten, der sagt: „macht es diesmal so und so„. Wir sind die
Band, wir nehmen es auf – fertig!
MF: Wie sind die Rollen beim Aufnahmevorgang unter euch
verteilt? Wer schreibt Texte und Musik?
Mayhemic Destructor: Ja, wir proben im Proberaum alle zusammen.
Alle ohne Sänger. Der Sänger wohnt 600 km weit weg in Aachen bei
Köln und wir kommen aus Kiel – in der Nähe von Hamburg an der Ostsee und
wir proben die Songs, wir nehmen da auf, wir singen unsere Songs,
so entsteht unser Material und zwischendurch nehmen wir was im
Proberaum auf und schicken es per Internet zu unserem Sänger. So
kann er schon einen Eindruck davon bekommen, wie das neue Album sein
wird. Dann gehen wir ins Studio (nur die Band und ohne Sänger), nehmen
auf und schicken dann den "rough mix" zu unserem Sänger. Er geht in
ein anderes Studio und zwei Monate später kriegen wir die Aufnahme
mit Gesang zurück. Wir wissen nicht, was er da genau macht. Also wir
spielen die Musik und der Gesang kommt danach oben drauf.
MF: Warum komponiert ihr die Lieder auf Englisch und nicht auf
Deutsch?
Mayhemic Destructor: Ich glaube, es liegt daran, weil wir alle in
den 80er-Jahren gross geworden sind. Metalmusik war eigentlich immer
auf Englisch – Destruction, Coroner – alle auf Englisch. Die englische
Sprache gehört bei der Metalsprache einfach dazu. Als wir die Band gegründet
haben, wollten wir nicht deutsch singen. Deutsche Band, deutsche
Kriegsthematik, wenn wird deutsch singen würden, dann hätten wohl viel
geglaubt, wir seien eine rechtradikale Band. Sind wir aber
nicht, und deswegen haben wir ganz bewusst gesagt: okay, dann singen
wir eben auf Englisch, auch weil wir dadurch die Basis des
internationalen Anspruchs für uns erfüllen wollten. Wir haben jetzt
auf der letzten Platte ein Lied, das komplett auf Deutsch ist und
vielleicht wird es noch weitere geben, aber das weiss ich noch
nicht.
MF: Auf allen Alben ab 2004, und zwar ab «Dominanz», ist auf
jeder CD das Lied «Monotonus» zu finden. Warum?
Mayhemic Destructor: Uns wurde und wird vorgeworfen, dass wir
eine sehr monotone Band sind, sehr monoton sogar. Und daraufhin kam unser
Stinkefinger, unser „Fuck you“ an die Leute. Darüber haben wir ein Lied
geschrieben..., es heisst «Monotonus». Aber auch als Verbindung zum Thema
„Krieg“, denn ein Krieg ist sehr monoton. Da geht den ganzen Tag die
Schlacht, und dadurch haben wir halt gesagt, okay, wir machen solche
Songs immer wieder. Wir sind im Proberaum und es entsteht ein Song.
Auf einmal gucken wir einander an und sagen „das ist Monotonus!
Alles klar“. Weil es eben das Lied ist, das genau in diese Richtung geht.
Sehr einfach, sehr simpel, sehr monoton. Das ist ein monotones Lied
und dann kriegt das Lied diesen „Monotonus“-Titel. Aber ich glaube, wir
haben die Sache jetzt mit dem Lied «Monotonus 2013» abgeschlossen. Das
gehört auch zu «Kapitulation 2013», wir nehmen Abschied von den
Dingen. Auch von «Monotonus».
MF: Die Band Endstille existiert schon seit über zehn Jahren. Wie
würdest du die Entwicklung charakterisieren? Wie wart ihr am
Anfang der Karriere und wie ist es jetzt?
Mayhemic Destructor: Innerhalb der Band, also von uns hat sich
keiner verändert. Wir sind immer noch die gleichen Leute, immer noch
mit den gleichen Ideen, mit dem gleichen Willen, diese Musik zu machen.
Ein Sänger hat die Band verlassen und ein neuer ist dazu gekommen.
MF: Ja, ja ich weiss.
Mayhemic Destructor: B. Killed ist als zweiter Gitarrist zu
uns gestossen, und ansonsten hat sich nichts geändert. Als wir
angefangen haben, gings mit der Band steil nach oben. Wir waren
sofort in aller Munde in Deutschland. Nach fünf Jahren Bandgeschichte
haben wir immer noch Metal gespielt, das heisst Black Metal. Das war
natürlich schon viel. 2009, als der damalige Sänger die Band
verlassen hat, haben wir einen grossen Knick erlebt, doch wir haben
uns von da langsam wieder nach oben gearbeitet. Wir haben zwei Alben
raus gebracht. Es funktioniert, wir haben wieder viel Spass an der
Musik und ich freue mich auf das, was in Zukunft kommt.
MF: Kürzlich habe ich mit meinen Freunden darüber gesprochen, welche
Gruppen als Vorbild des Black Metal Genres bezeichnet werden könnten.
Die Meinungen dazu waren verschieden: Einige nannten Immortal, die
anderen Mayhem oder Emperor. Welche Band diente euch als Vorbild?
Mayhemic Destructor: Black Metal?
MF: Ja!
Mayhemic Destructor: Venom, Celtic Frost und Black Widow.
MF: Black Widow? Das ist eine sehr alte Band!
Mayhemic Destructor: Ja, anfangs der 70er-Jahre. Vielleicht kann man
sogar sagen, dass sie gar für Black Sabbath standen, und eine der Wurzeln
ist tatsächlich Chuck Berry!
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