Der Emerald Sänger Tom Winkler ist auf dem Sprung in die oberste
Metal-Liga. Denn kein Geringerer als Alestorm-Chef Christopher Bowes
war hatnäckig genug, beim umtriebigen Sänger so lange nachzuhaken,
bis dieser seinem Projekt Gloryhammer zusagte. Das Ergebnis:
Wahnwitziger Power Metal mit einem grossen Augenzwinkern und ebenso
vielen absurden Klischees. Metal Factory setzte sich mit Thomas Winkler
an den Tisch und wollte wissen, wie es zu dieser Zusammenarbeit
gekommen ist.
Metal Factory: Hoi Tom!
Tom Winkler: Hallo Roger! Vielen Dank dir für den Interviewtermin!
MF: Danke dir für die spontane Zusage!
Tom: Das ist eine saubere Sache, warum auch
nicht? Wenn man schon etwas von seinem eigenen Projekt erzählen kann,
macht man das natürlich gerne!
MF: Tom, du bist Sänger bei Emerald, aber auch bei Gloryhammer...
Tom: Genau, seit Neustem. Es ist jetzt ungefähr
ein Jahr her, seit ich bei Gloryhammer eingestiegen bin. Aber die Band
gibt es in dieser Formation auch erst seit dann. Daher ist das Ganze
doch noch relativ frisch und wir sind dementsprechend auf viel Werbung
angewiesen. Von daher, vielen Dank für die Einladung zum Interview!
MF: Und diese Werbung machen wir selbstverständlich gerne! Vielleicht
noch
für diejenigen, denen Gloryhammer nichts sagen: Ja, es ist eine neue
Band, aber mit von der Partie ist Keyboarder und Sänger von Alestorm,
Christopher Bowes.
Tom: Genau. Die Band kommt eigentlich
mehrheitlich aus England (3 von uns). Dazu ein Holländer (ursprünglich
Schotte) und ich aus der schönen Schweiz.
MF: Wie ist die Band entstanden? Christopher Bowes kennt man vielleicht
noch, aber die anderen?
Tom: Die einen sind, glaube ich, in
Anführungszeichen „Kollegen“. Christopher kennt sie schon seit
Längerem. Zwei sind aus einer anderen Power Metal-Band aus England,
welche schon als Vorband für Alestorm gespielt hat. Vermutlich hat
Christopher die Jungs so kennengelernt. Tja, und mich hat er über
YouTube gefunden. Ich bewarb mich vor einiger Zeit als Sänger bei
DragonForce. Diese meldeten sich nicht bei mir, dafür aber unter
anderem Chris. Zuerst lehnte ich allerdings ab, weil ich bereits ein
anderes Angebot erhalten hatte, ebenfalls von einer englischen Band.
Daraus wurde jedoch schlussendlich nichts, woraufhin Chris sich
nochmals bei mir meldete. Dann dachte ich „Ok, ich mache mal mit und
schaue, was dabei heraus kommt“. Ich habe mir dann die Demo-Songs
angehört und mir gedacht „doch, die haben ein gewisses Potenzial“.
Allerdings klangen die Demos noch etwas anders als der heutige Sound
von Gloryhammer. Und mittlerweile muss ich sagen, bin ich froh, habe
ich damals vor einem Jahr zugesagt.
MF: Das heisst, Christopher hat sich um dich bemüht?
Tom: Ja, das kann man so sagen. Es war für mich
auch eine kleine Ehre und wie gesagt, mittlerweile denke ich, es war
eine gute Entscheidung.
MF: Vor Gloryhammer hast du ja bei T-Rage gesungen. War das die einzige
Station in deiner bisherigen Karriere oder gab es noch weitere?
Tom: Also angefangen hatte alles mit einer
lokalen Metalband. Danach ging es mit der zweiten Band weiter, welche
ich selbst gegründet hatte. Beide Bands existierten jeweils circa zwei
Jahre. Dann kamem eben T-Rage, aber da war ich auch nicht viel länger als
zwei Jahre. Und dann fragten mich Emerald an, ob ich nicht bei ihnen als
Sänger einsteigen möchte. Da bin ich heute noch dabei.
Emerald ist eine Fribourger Band, welche in der Schweiz und im nahen
Ausland etwas bekannter ist. Und die nächste Station waren dann eben
Gloryhammer. Und ich hoffe, dass das auch noch lange so weiter gehen wird.
Chris tönte einmal an, dass wir mit Gloryhammer 21 Alben aufnehmen
würden. Das heisst, ich werde noch sehr lange mit dieser Band
beschäftigt sein, vermutlich bis ich etwa 60 bin.
MF: Aber Emerald hast du bisher wegen Gloryhammer nicht verlassen oder?
Tom: Nein, bisher noch nicht. Ich werde mit
Emerald vermutlich noch ein weiteres Album aufnehmen. Danach muss ich
mich dann neu orientieren und mir überlegen, ob Emerald zeitlich noch
drin liegen oder nicht. Dies nicht nur wegen Gloryhammer, sondern auch
wegen meiner beruflichen Situation. Ich bin kein Berufsmusiker und
werkle daher nebenher noch etwas anderes, um Geld zu verdienen. Deshalb
ist das Ganze bis zu einem gewissen Grad im Moment schon eine
Doppelbelastung für mich.
MF: Ich habe gesehen, dass du neben dem Video für DragonForce eine
Coverversion des Songs „Abandoned“ von Kamelot auf YouTube gepostet
hast – ein recht schwieriger Song!??
Tom: Ja, schwierig ist er, aber auch sehr schön.
Das ist etwas, was ich einmal ausprobieren wollte, eine Ballade zu
singen. Ich hatte die Live-Version des Songs auf YouTube gesehen,
gesungen von Kamelot’s Ex-Sänger Roy Khan. Diese hat mich emotional
sehr berührt und ich wollte ausprobieren, ob ich das auch hinkriege.
MF: Zurück zu Gloryhammer: Wie gross war dein eigener Einfluss auf das
Album?
Tom: Sehr minim muss ich sagen – und das ist
vielleicht auch gut so. Der Punkt ist der: Als ich bei Gloryhammer dazu
gestossen bin, hatte Chris die meisten Songs bereits geschrieben. Ich
habe danach noch zwei Songtexte nachgeliefert sowie zwei Songlines, also
Gesangslinien. Ansonsten war eigentlich bereits alles so vorgegeben und
wir haben mit Midifiles via Internet ausgetauscht. Chris hat mir die
Gesangsspuren mit dem Keyboard aufgenommen und ich musste sie danach
nur noch nachsingen. Aber er hat das wirklich super gemacht. Chris
selbst singt ja auch, obwohl er von sich selbst sagt, er könne nicht
singen. Das stimmt vielleicht teilweise auch. Aber er weiss, wie man
einen Song kreiert, und so musste ich eigentlich gar nicht mehr
grossartig daran herum schustern.
MF: Aufgenommen hast du die Gesangslinien mit der gesamten Band?
Tom: Das ist noch speziell. Das erste Mal
getroffen haben wir uns in London für ein Fotoshooting. Und das zweite
Mal dann bereits für die CD-Aufnahmen in Lübeck/Deutschland.
MF: Das heisst, ihr habt zuerst die Fotos gemacht, vor den Tonaufnahmen?
Tom: Ja, genau. Das war eigentlich ein ziemlich
risikoreiches Unterfangen, weil Chris mich nur via Internet und durch
die Emerald-Songs kannte. Aber zum Glück lief alles gut. Wir waren zum
Schlafen zu viert in einem Schlag direkt beim Studio untergebracht. Ich
selbst war rund eine Woche dort. Nach mir kamen noch der Bassist und der
Gitarrist. Letzterer blieb dann noch ein paar Tage, als ich bereits
wieder gegangen war. Es hatte nur vier Betten in dem Schlag, wir sind
aber fünf Bandmitglieder bei Gloryhammer. Daher mussten wir zeitlich etwas
versetzt aufnehmen, sonst wäre die Sache allenfalls etwas schwul
geworden. Aber glücklicherweise hat wirklich alles wunderbar geklappt.
Auf die CD bin ich heute sogar etwas stolz, denn ich habe Freude daran
und finde, dass meine Gesangsleistung auf dieser Scheibe bisher die
beste ist, die ich je aufgenommen habe.
MF: Wie schwierig war es, den Song «Magic Dragon» einzusingen?
Tom: «Magic Dragon» war zum Einsingen einer der
einfacheren Songs. Am schwierigsten war..., jetzt muss ich gerade
überlegen, was mir am schwierigsten gefallen ist..., Songs mit ruhigen
Parts waren etwas heikler, weil man bei feinem Gesang eher heraus hört,
wenn er nicht gut gemacht ist. Zudem muss man viel Gefühl in den Song
„investieren“ – und das geht halt nicht immer auf Knopfdruck. Die
Schreie liegen mir tendenziell besser und deshalb fielen sie mir auch
leichter.
MF: Hast du das Duett bei «Epic Rage Of Furio» zusammen mit deinem
weiblichen Gegenpart eingesungen?
Tom: Nicht gleichzeitig, sie ist aber ebenfalls
ins Studio gekommen. Das war die Freundin des Produzenten. Der
Produzent zeigte uns einen Song von ihr und wir meinten „doch, die kann
gut singen, die wollen wir!“. Sie ist dann zum Einsingen ganz spontan
im Studio vorbeigekommen, obwohl sie die Songs zuvor nie gehört hatte,
was teilweise aber auch auf mich zutraf. Ich muss gestehen, dass wir
zum Teil recht unvorbereitet ins Studio gegangen sind. Gerade den
Bonustrack hatte ich zuvor noch nie gehört, der ist sogar erst im
Studio entstanden. Von daher gesehen war es doch ein kleines Abenteuer,
das am Ende aber trotzdem noch gut heraus gekommen ist.
MF: Das Album erzählt eine Geschichte, die vermutlich Christopher
geschrieben hat. Um was geht es darin?
Tom: Es geht um Einhörner - und zwar untote
Einhörner - und um Schottland. Die Einhörner gehörten früher einmal zu
den Guten, wurden dann aber böse, weil der böse Zauberer Zargothrax sie
verzaubert hatte. Er befahl ihnen, Dundee (eine Stadt in Schottland) zu
überfallen. Ich bin in dieser Story der Held Angus McFife. Ich muss die
Prinzessin aus den Klauen von Zargothrax befreien, der die Prinzessin
in flüssiges Eis (hä? - MF) eingesperrt hat. Das Ende findet ihr selbst heraus
wenn ihr die Scheibe hört, aber ich kann Euch eines verraten: Es wird
ein zweites Album geben, in welchem die Geschichte noch viel verrückter
wird. Dann gehen wir nämlich in den Weltraum und ins Jahr 1992.
MF: Das tönt spannend – vom Mittelalter in den Weltraum. Eine Frage zum
10-Minüter „Epic Rage of Furio“: Wer spricht hier die Endpassage des
Songs?
Tom: Das ist Chris.
MF: Das ist Chris? Der klingt da etwa zehn Jahre älter als bei Alestorm!
Tom: Ja, das wurde technisch natürlich noch etwas
verdunkelt und vertieft. Die Fans wollten unbedingt, dass Chris auf der
CD auch noch etwas zu sagen hat. Darauf meinte er, ok, dann mache er
halt diesen Narration-Part, in welchem er die Geschichte zu Ende
erzählt.
MF: Somit klingt das Ganze noch endgültig nach Rhapsody Of Fire...
Tom: Genau, das sind Chris' grosse Vorbilder. Und
die schimmern schon ab und an mal durch, das muss man sagen.
MF: Ich habe auf der CD neben Rhapsody Of Fire auch HammerFall
heraus gehört.
Tom: Ja, das kann man wohl auch nicht leugnen –
gerade auch, wenn man das Cover betrachtet.
MF: Stimmt, ihr heisst ja auch Gloryhammer...
Tom: Und wir heissen Gloryhammer, ja. Manowar
spielen teilweise auch noch mit rein. Aber das sind eigentlich alles
gute Vorbilder und deshalb finde ich, dass das nicht unbedingt als
negativ aufzufassen ist.
MF: Wie geht es mit Gloryhammer nun weiter? Gibt es eine Möglichkeit, euch
einmal live zu sehen?
Tom: Das darf ich jetzt mehr oder weniger schon
verraten – eigentlich wird es erst morgen angekündigt, ich sage es aber
bereits heute: Wir spielen in Tolmin an den Metal Days in Slowenien, am
23. Juli. Darauf freue ich mich sehr. Das ist der erste Gig, den wir
mit Gloryhammer haben. Und wahrscheinlich wird es auch das erste Mal
sein, dass wir alle zusammen spielen, so wie es momentan aussieht. Wir
haben nämlich noch nie zusammen geprobt.
MF: Vor dem Gig werdet ihr also nicht noch zusammen proben?
Tom: Das dürfte schwierig werden, da wir aus
verschiedenen Ländern kommen. Da werden wir vermutlich vorher keine
Zeit mehr haben, uns irgendwo zu treffen. Zudem ist die Reiserei auch
immer eine finanzielle Frage. Ja, wir werden in Tolmin vor 10'000
Leuten auf der Hauptbühne stehen..., es wird also definitiv ein Experiment
werden! Im September/Oktober werden wir, so wie es aussieht, noch auf
eine kurze England-Tournee gehen. Hierüber weiss ich aber noch nichts
Konkretes, es wird aber sicher auch eine witzige Geschichte werden.
MF: Januar/Februar vielleicht noch? Oder ist da noch nichts konkret?
Tom: Wir erhielten eine Anfrage. Wir haben eine
Booking-Agentur aus Deutschland. Die haben uns eine Offerte geschickt
für etwas, bei dem wir mitmachen könnten, wenn wir möchten. Das müssen
wir aber noch genauer prüfen und besprechen. Wir hätten auch die
Möglichkeit gehabt, mit Powerwolf auf Tour zu gehen. Chris meinte aber,
dass die zu wenig berühmt sind, es müsste schon etwas Grösseres sein.
Jetzt bin ich gespannt, was als Nächstes kommt. Stratovarious und
HammerFall waren mal im Gespräch. Und das wäre schon noch was, da würde
ich nicht nein sagen!
MF: Das würde auch passen, oder?
Tom: Ja, das würde ich auch sagen, doch.
Stilistisch, perfekt.
MF: Ihr habt einen Videoclip gedreht – «Angus McFife» – der ist
grossartig geworden!
Tom: Merci, merci!
MF: Dafür seid ihr nach Deutschland geflogen?
Tom: Genau, nach Berlin, ganz im Norden, ca. 56 km
südlich von Berlin, in einen Wald. Dort hat es so ein Militär-Hospiz,
früher war das eine Lungenheilanstalt. Mittlerweile ist dort alles
verfallen und es ist wie ein kleines Geisterdorf. Wenn man dorthin
kommt, merkt man, dass es ein geschichtsträchtiger Ort ist. Ich
bemerkte die spezielle Ausstrahlung dieses Ortes. Der Regisseur ist
eine ziemliche Koryphäe auf seinem Gebiet, der hat schon für die
Scorpions, für Within Temptation und Scooter Videos gemacht – und jetzt
auch für uns. Ich muss sagen, das Ganze war sehr professionell – mit
acht Leuten hinter der Kamera und so. Das Ergebnis könnt ihr Euch auf
YouTube anschauen. Wenn ihr Gloryhammer eingebt, kommt als Erstes
gleich dieses Video, in welchem wir alle lustig angezogen sind.
MF: Wie angenehm war es, diese Rüstung zu tragen?
Tom: Wenig, muss ich sagen. Erstens musste ich
sie sechs Stunden tragen, zweitens war es -5°C draussen und drittens war
sie auch relativ schwer, denn sie ist aus dickem Leder gemacht. Ich
muss sagen, das war nicht gerade das Angenehmste, das ich in meinem
Leben bisher erleben durfte. Ich hatte danach ein bisschen Schmerzen.
MF: Ihr habt auch etwas Rock'n'Roll in eurem Sound...
Tom: ...öhm, das siehst du jetzt so. Wo denn, bitte
sehr?
MF: Im Instrumental!
Tom: Man könnte höchstens sagen, dass Elvis
Presley die Inspiration für unsere nächste CD ist. Elvis ist ja auch so
ein Ausserirdischer und wir gehen ja mit dem nächsten Album in den
Weltraum.
MF: Wann wird die nächste CD veröffentlicht? Oder was sind so die groben
Pläne, welche noch 100 Mal verschoben werden können?
Tom: Ich vermute, in circa zwei Jahren. Chris muss ja
zuerst noch mit Alestorm ein neues Album machen, sonst sind die Fans
traurig. Erst danach kommen wieder Gloryhammer dran. Aber ich muss sagen,
Chris ist schon fleissig am planen und am Texte schreiben, soweit ich
weiss. Und wir haben auch bereits einen lustigen Songtitel parat.
MF: Es wird also so weiter gehen?
Tom: Es wird noch viel verrückter weiter gehen als
jetzt.
MF: Ich wünsche dir mit Gloryhammer viel Glück...
Tom: Merci, danke schön!
MF: ...viel Spass mit ihnen und auch mit Emerald – vielleicht ziehst du
ja Emerald mit, wer weiss!
Tom: Auf jeden Fall! Auf Facebook sehe ich zum
Teil Gloryhammer-Fans, die bei Emerald durchaus mal rein hören und sie
teilweise dann auch „liken“.
MF: Schaden kann es zumindest nicht...
Tom: ...nein!
MF: Danke dir für das Interview!
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