Skandalfreie Rockstars, die
sich am liebsten nach Hause beamen würden.
Hardcore Superstar sind mit ihrem neuen Album «C'mon Take On Me»
zusammen auf Co-Headliner Tour mit Buckcherry. Metal Factory fühlte
dem charismatischen Leadsänger Jocke Berg auf den Zahn. Wir redeten
mit ihm über die Gratwanderung zwischen Familienvater und Rockstar,
Groupies und ihre Heimatstadt Götheburg.
MF: Hi Jocke, wie geht es dir?
Jocke: Mir geht es super, die Tour läuft spitze. Du siehst
allerdings etwas müde aus?
MF: Na ja, Schlaf wird ja auch überbewertet. Danke, dass du dir die
Zeit nimmst mit uns zu reden. Ihr seid ja jetzt mit Buckcherry
unterwegs, selbst eine energiegeladene Band. Wie ist das, pusht ihr
euch gegenseitig?
Jocke: Das stimmt auch wieder, ich war genauso in deinem Alter, dafür
halten mich jetzt meine Kids wach. Mit Buckcherry läuft das so, wir
gehen immer als zweite Band auf die Bühne, da das der richtige Spot
für uns ist. Hardcore Superstar ist die Band, die immer 110% gibt,
es spielt keine Rolle, ob AC/DC oder wer auch immer nach uns spielt,
wir bieten eine tolle Show und die nach uns, müssen eine bessere
Show abliefern. Man kann also sagen, dass wir uns gegenseitig
pushen, ja.
MF: Ich kann mir vorstellen, dass das hart sein kann für andere
Bands, ihr setzt die Messlatte ja ziemlich hoch.
Jocke: Das kann gut sein, aber wir sind gute Jungs, Buckcherry sind
gute Jungs, es funktioniert ganz gut. Wir versuchen einfach die Zeit
unseres Lebens zu haben.
MF: Das hoffe ich doch! Du scheinst ja ein ziemlich aktiver Kerl zu
sein, trainierst du fleissig auf Tour oder ist deine
Stageperformance Sport genug?
Jocke: Ich trainiere tatsächlich auf Tour, ich laufe jeden zweiten
Tag fünf Kilometer, Push Ups, das Übliche eben, um fit zu bleiben. Es
ist einfach nötig, sonst wäre ich nie in der Lage, einen Gig so
durch zu halten. Meine Performance ist also leider nicht genug,
jedenfalls nicht für mich.
MF: Das sieht man dir auch an.
Jocke: Danke dir! (grinst stolz)
MF: Hardcore Superstar ist eine Band mit wenig bekannten Skandalen.
Macht ihr Jungs gerne Party oder sitzt ihr lieber gemütlich bei
einem Bier zusammen?
Jocke: Eher das Letztere (Jocke versucht das Unschuldslamm zu
mimen). Tut mir leid, da sind keine aufregenden Rockstar Skandale
wie bei den grossen Bands der 80er. Wir haben vorhin gerade
darüber geredet, wir gehören zu den wenigen Bands, die immer noch
beste Freunde sind. Wir können über alles reden, wir sitzen gerne
zusammen nach den Konzerten und quatschen über die Show, unsere
Familien, einfach alles. Wir haben Kinder, die sind eigentlich
meistens unser Hauptthema. Also, keine Skandale (er klatscht
entschuldigend die Hännde zusammen und zuckt mit den Schultern mit
seinem bekannten breiten Grinsen).
MF: Ich bin ehrlich gesagt froh, das zu hören, sonst hättest du mir
die Seifenblase von eurem guten Ruf zerstört.
Jocke: Puh, Glück gehabt!
MF: Wie wichtig ist dir der Kontakt zu deinen Fans, speziell heute
mit den ganzen Social Networks. Erleichtert das einiges oder ist es
mehr nervtötend?
Jocke: Äh, ich denke es macht einiges einfacher, Facebook zum
Beispiel. Ich habe kein Profil, ich hasse Facebook, aber ich weiss es
ist 'ne gute Sache für die Band. Heute ist es viel einfacher mit den
Fans in Kontakt zu treten. Ich habe dafür Instagram (wer Jocke auf
Instagram folgen möchte: @jockeberghcss Anm. d. Interviewerin). Ich
denke es ist heute um einiges einfacher, nicht wie früher: "Hey, ich
schicke dir einen Brief, den erhältst du in ein paar Wochen, vielleicht".
MF: Vor allem per Brieftaube.
Jocke: Da kann man wenigstens die Ausrede bringen, dass sie
gefressen wurde.
MF: So in der Art. Wie ist es eigentlich, einige der Bands, welche
du in der Jugend gehört hast, sind immer noch auf Tour. Mötley Crüe
zum Beispiel. Wie ist das, heute Teil in diesem Rock'n'Roll Zirkus
zu sein?
Jocke: Es ist cool! Mötley gehören heute noch zu meinen
Lieblingsbands und wir waren mit ihnen auch auf Tour. Aber es ist
schon vieles anders als früher, zum Beispiel kein Kokain auf den
Tischen der Tourbusse - ich habe nie Drogen genommen und werde es
auch nie tun - und da ist der Unterschied. Man kann bei Mötley Crüe
sehen, wie sehr sie der Drogenmissbrauch gezeichnet hat und das ist
echt traurig, ich meine sie sind immer noch Idole von mir. Vince Neil
heute zu hören, ist nicht so gut, wie er sein sollte. Ja, er ist 51,
aber er ist immer noch in Form. Aber ich mag diesen grossen Zirkus,
ja. Ich liebe es, jede Nacht auf der Bühne zu stehen! Aber ich habe
es auch meiner Familie gesagt, ich hasse es auf Tour zu sein. In den
eineinhalb Stunden auf der Bühne würde ich mein Leben gegen nichts
anderes eintauschen, es ist das Geilste auf der ganzen Welt. Aber
die restlichen 22,5 Stunden sind lahm, es ist hauptsächlich einfach
nur rumsitzen und warten, fahren und sich langweilen. Sport treiben
ist ein guter Zeitvertreib, aber das kann ich ja auch nicht für den Rest
des Tages machen. Oh, und Interviews natürlich! Pressetermine, Meet
and Greets, sowas macht auch Spass. Touren ist ganz okay, aber ich
hätte gerne so ein Ding wie in «Startreck».
MF: Du meinst einen Time-Warp oder beamen?
Jocke: Ja genau!! Du kennst dich ja aus?
MF: Ach, ein wenig. Aber so eine Maschine wäre wirklich praktisch.
Jocke: Total, dann könnte ich mich immer von Zuhause aus zum
nächsten Konzert beamen und trotzdem Zeit mit meiner Familie
verbringen.
MF: Götheburg hat ja eine sehr aktive Musikszene. Seht ihr euch als
Lokalhelden oder wie hältst du das?
Jocke: Ich denke nicht, dass wir die Lokalhelden dort sind, wie du
gesagt hast: in Götheburg wimmelt es nur so von Bands! In Flames sind
ja auch von dort, da sind so einige. Als wir letztens in Berlin
waren, Björn und Anders (und nicht etwa Thomas Anders!), also die Herren von In
Flames, nämlich Gitarrist und Sänger) waren auch da und das sind gute
Freunde von uns. Sie waren im Hansa Studio in Berlin und besuchten
uns bei der Show, und ich Esel hab mich fast verplappert während dem
Konzert von wegen, dass gute Freunde aus Schweden hier sind und habe
mich erinnert, dass ich die Namen wohl besser nicht nenne. Ich habe
richtig ihre Blicke gespürt: "Sag bloss nicht unsere Namen! Halt ja
die Schnauze!". Sonst wären sie wohl von einer Horde Fans überrannt
worden. Wir sehen uns jedoch nicht als Helden, vielleicht sind wir
es trotzdem.
MF: Das liegt wohl im Auge des Betrachters. Wenn wir schon von
Götheburg reden, das ist ja eure Heimatsta. Was macht diese Stadt
in deinen Augen so einzigartig?
Jocke: Vielleicht ist da was im Wasser oder so, keine Ahnung. Das
ist wie bei Fussballnationen, die sind verrückt danach und in
Götheburg scheint jeder Musiker zu sein oder hat etwas mit Musik zu
tun. Ich war als Junge schon so, das ist dort einfach normal. Da
sind tausend Bands in Götheburg, manche werden es nie schaffen, aber
sie sind mit Herzblut dabei. Die Stadt ist kleiner als Stockholm,
aber die Dichte an Musikern ist so viel höher als in der Hauptstadt.
Es ist eine richtige Rock'n'Roll Stadt.
MF: Du hast auch zwei süsse Kinder mit deiner Langzeitfreundin Tess.
Wie findest du die Balance zwischen Familienvater und Rockstar?
Jocke: (grinst mich verlegen an und überlegt) Äh, das ist eine gute
Frage, aber darüber habe ich mit den Jungs vorher auch geredet!
Spionierst du uns aus?
MF: Klar, Metal Factory hat das ganze Plaza verwanzt.
Jocke: Dachte ich mir doch! Nein ernsthaft, ich bin nicht der
typische Sänger mit LSD (LSD, Lead Singer Desease, ein Slang aus der
Musikszene über das klischeehafte Benehmen mancher Sänger. Anm. d.
Interviewerin), nach dem Motto "I'm the best, fuck the rest". Ich
bin mehr der gesellige Typ, ich könnte mich nie wie eine Diva
aufführen, ich habe kein grosses Ego. Wenn man das mit dem Vatersein
vergleicht, passt das ganz gut, da kann man auch kein Egoist sein.
Ich kann nicht zwischen Rockstar und Daddy hin und her switchen, ich
bin immer der Selbe. Ich bin einfach ein Vater, der gerne
Rock'n'Roll singt. Klingt vielleicht langweilig, aber so bin ich
nun mal.
MF: Ich denke nicht, dass das langweilig ist. Meiner Meinung nach,
ist das ein grosser Sympathiefaktor! Hast du auch einen Tipp an
junge Musiker von wegen Groupies und das richtige Mädel zu finden?
Jocke: Ganz ehrlich? Ich hatte nie Groupies, ich war immer der Typ
für Langzeitbeziehungen und so. Aber ich würde anraten, sich auf die
Eine zu konzentrieren und nicht auf die Groupies. Das ist für keinen
von beiden gut, weder für das Groupie, noch für den Kerl, der es
vögelt. Da wird immer irgendwer verletzt am Ende und das ist
scheisse. Ausserdem will ich nicht meine Fans ficken, ich liebe
meine Fans, irgendwie sind sie auch wie eine Familie. Es liegt an
jedem selbst, zu entscheiden, aber ich denke, es ist falsch.
MF: Du bist ja richtig anständig. Möchtest du unseren Metal Factory
Lesern noch etwas mit auf den Weg geben?
Jocke: Die Möglichkeit das zu tun, was ich hier tue ist einfach nur
fantastisch, ich würde es gegen nichts in der Welt eintauschen. Es
ist mein Job, ich verdiene Geld damit, ich kann meine Miete davon
bezahlen und genau das macht es so unglaublich. Es war mein Hobby
und heute ist es meine Arbeit, es ist zwar manchmal langweilig zu
warten, aber es ist unvergleichlich auf der Bühne zu stehen. Also
mein Rat an die Bands da draussen: Üben, üben, üben und niemals
aufgeben. Und an alle: Gebt nie eure Träume auf, lasst sie nie aus
den Augen und lebt dafür. Keep on rockin' and rollin'!
MF: Du musst es ja wissen. Ich danke dir für deine Zeit und gib Gas
heute Abend.
Jocke: Keine Ursache und wehe du stehst nicht in der ersten Reihe!
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