Keine Songs über Drachen und
Ritter.
Joakim «Jocke» Berg ist auf der Bühne der wilde Derwisch, der
die komplette Stagebreite verwendet um wirklich jeden Besucher mit
seiner packenden Art in seinen Bann zu ziehen. Der Frontmann von
Hardcore Superstar kann sich auf seine Mitmusiker, Gitarrist Vic
Zino, Bassist Martin Sandvick und Schlagzeuger Magnus «Adde»
Andreasson verlassen und sich ganz seinem Gesang und seiner
Performance widmen. Der schwedische Sleaze-Haufen gehört seit 1997
zum festen Bestandteil der hart rockenden Szene und hat sich nicht
nur durch die tollen Studioscheiben einen hervorragenden Namen
erarbeitet. Die Bühne ist ihr Präsentierteller, der ob gross oder
klein, voll mit der Duftmarke HCSS eingewickelt wird. In Balingen
sass mir, nach einer fantastischen Show in der brutalen
Nachmittagssonne, ein extrem sympathischer, freundlicher und sich
dem Blödsinn seines Gitarristen abwehrenden HCSS-Sänger gegenüber.
MF: Was für eine wahnsinss Show heute!
Jocke: Danke, danke, danke!!! Als ich mich heute vor dem Gig
aufwärmte dachte ich nur: «Fuck, this gonna be hot and hard!»
(lacht). Aber hei, es spielt keine Rolle wenn du auf die Bühne
gehst, ob es extrem heiss oder bitter kalt ist. Du hast bei dieser
verdammten Show dein Bestes zu geben und für uns bedeutet dies immer
Fun! «The german festival are fucking awesome» Ich liebe das «Bang
Your Head», da hast du immer das Gefühl für und mit einer grossen
Familie zu spielen. Es war das dritte Mal, dass wir hier auftraten.
Heute ging einiges schief mit dem In-Earing und anderem Scheiss.
Aber ich liebte es heute hier zu spielen. Ich sah die ganze Menge
und fragte mich, wie die das schaffen die ganze Show in dieser
brütenden Sonne zu überleben (grinst). Ihr seid meine Helden
(lachend). FUCK! Jedes Mal wenn wir hier spielen… Ich liebe es ganz
einfach! Wir spielten als Support von Gotthard hier auf diesem
Gelände aber in der Messehalle. Das war auch sehr eindrücklich und
somit sind wir in Balingen schon viermal aufgetreten (grinst).
MF: Ist es ein Problem für dich, so früh auf die Bühne
zu gehen wie heute (13:00 Uhr)?
Jocke: Nein, das
spielt überhaupt keine Rolle. Irgendwo wird es 17 Uhr sein, also ist
dies total egal (grinsend)!
MF: Seid ihr eher eine
Live-, denn eine Studio-Band?
Jocke: Über all die
Jahre gesehen… Zu Beginn waren wir sicherlich eher eine Live-Band.
Inzwischen haben wir uns aber auch zu einer Studio-Band entwickelt.
Mit jedem Mal lieben wir die Studioarbeit mehr. Dabei verlieren wir
nicht die Lust auf die Bühne zu gehen. Das ist ein Fakt. Haben wir
die Wahl, bevorzugen wir das Live-Ding. Natürlich! Wir haben im
April unser letztes Album veröffentlicht. Heute habe ich mit Adde
über den Zeitplan gesprochen. Wir werden bis im Januar 2016 neue
Songs schreiben und wahrscheinlich im April ins Studio gehen.
MF: Was können wir vom neuen Album erwarten?
Jocke: Ich denke, es wird härter ausfallen. Zurück zu unserem
«Hardcore Superstar»-Werk (2005). Also die Mischung aus Thrash und
Sleaze. Das war die letzte Scheibe bei der wir experimentierten.
MF: Was beeinflusst dich beim Schreiben von neuen Songs?
Jocke: Das sind sehr unterschiedliche Dinge. Das kann die Show und
die heutige Hitze sein, oder die anschliessende Autogrammstunde mit
all den verrückten Fans (einigen brachten der Band sogar Hasenohren
aus Stoff mit, welche sich die Jungs sofort in die Haare steckten).
Wir schreiben über die Dinge, welche um uns und mit uns passieren.
Über Drachen und solchen Scheiss können wir nicht schreiben
(grinst). Ich bin nicht Ronnie James Dio! Willst du ein Bier?
Vic: Klar will er ein Bier!
Jocke: Hei, gebt dem
netten Typen endlich ein Bier bei dieser scheiss Hitze! Und mir auch
eins!
Vic, Adde und Martin: Cheers man!
Jocke: Die
Texte sind für uns sehr wichtig. Das soll nichts politisches sein,
sondern über Leute wir du und ich erzählen. Menschen mit denen wir
zusammentreffen und die eine Geschichte haben, verstehst du? Dinge
die auf Tour passieren und glaub mir, da passieren einige verrückte
Dinge (lachend). Wie erwähnt, ich kann nicht über Ritter und Drachen
schreiben, auch wenn ich dies gerne möchte. Ich würde dies liebend
gerne machen, aber das würde nicht Hardcore Superstar
repräsentieren. Wir schreiben lieber darüber eine gute Zeit zu haben
und einige Biere zu trinken. Relaxt!
MF: Was war das
verrückteste was du auf Tour erlebt hast?
Jocke: Ich musste
erbrechen und gleichzeitig auf der Bühne scheissen. Im Vorbeigehen
sagte ich zum Gitarristen, spiel das verdammte Solo länger, weil ich
gleich erbrechen und einen grossen Haufen setzen muss.
Vic:
In Italien…
Jocke: …ja, da ginge es mir verdammt dreckig…
MF: …das war sicher wegen dem Food…
Jocke: …ja, absolut.
Mein Gott war das ein beschissener Moment!
MF: Du verdienst
dein Geld mit der Musik?
Jocke: Ja! Seit 2007 können wir
glücklicherweise von der Musik leben.
MF: Ist es schwerer
den Lebensunterhalt mit der Musik zu verdienen, weil vielleicht der
Spass in den Hintergrund rückt und ihr euer Geld verdienen müsst?
Jocke: Es ist ein Job! Natürlich… (Vic kommt, hat eine
Riesenmenge Eis in ein Handtuch gewickelt und kühlt den Nacken des
Sängers) Ahh, tut das gut. (Vic öffnet das Handtuch und das ganze
Eis verteilt sich unter dem Shirt von Jocke).
MF: Kann es
sein, dass du was verloren hast?
Jocke (mit einem gequälten
Grinsen): Ja, oh mein Gott, du kleiner Bastard ist der Scheiss kalt
(zu Vic). Ja, es ist Arbeit, aber eine die verdammt viel Spass
macht. Wir gehen das Ganze sehr seriös an. Aber klar, nach einer
Show, wenn wir total aufgedreht sind… Let's party!
MF: Wie
schwer oder einfach ist es mit einer neuen Band in Schweden zu
starten?
Jocke: Es ist in keinem Land einfach mit einer neuen
Truppe an den Start zu gehen. Wir sind seit vielen Jahren unterwegs
und haben uns unser Ansehen erspielt und erarbeitet. Wären wir nicht
so oft auf Tour gewesen hätte man nicht von uns Kenntnis genommen.
Nie hat eine Person zu mir gesagt: «Hey, you suck tonight!» Das habe
ich nie gehört und das ist ein sehr tolles Feedback. Die Leute
honorieren, dass wir jeden Abend 110 % auf der Bühne geben. Scheint
die Sonne wie heute und wir schmelzen auf der Bühne, geben wir noch
immer unser Bestes!
MF: Was ist der Grund, dass so viele
gute Hardrock-Bands aus Schweden kommen?
Jocke: Das muss am
Wasser liegen (lacht)…
MF: …oder an der Muttermilch…
Jocke: …ja. JA (lacht sich kaputt)!!! Der ist gut!
MF: Ihr
habt euch von Nuclear Blast eurem Label getrennt…
Jocke: …ja!
MF: Was ist der Grund?
Jocke: Unser altes Label Gain
Records kam auf uns zu. Sie haben nun einen eigenen Vertrieb,
welcher ganz Europa abdeckt. Gain ist in Skandinavien das grösste
Hardrock-Label. So können wir nun vieles selber steuern. Zudem haben
wir bei Sony in den USA unterschrieben.
MF: War Nuclear
Blast das falsche Label für eine Hardrock…
Jocke: …beides! Ja
und Nein!!! Sie haben so viele gute Bands, die aber eher aus dem
extrem Metal stammen. Aus diesem Grund ist es das falsche Label für
uns. Aber, die Zusammenarbeit mit ihnen war gut. Es tut immer gut,
«to refresh yourself»!
MF: Ihr habt mit vielen Truppen
gespielt. Mit welcher hattet ihr den grössten Spass auf Tour?
Jocke: Oh, das ist eine schwierige Frage. Gotthard, Steel
Panther, Buckcherry, 69 Eyes, Metallica, Aerosmith, AC/DC… Fuck! Das
waren so viele unglaublich tolle Truppen dabei! Aber, ich liebte die
Buckcherry-Tour. Noch heute pflegen Stevie (D.), Kelly (LeMieux) und
ich einen freundschaftlichen Kontakt und schreiben oft über
Instagram.
MF: Was sind die Pläne für die Zukunft?
Jocke: Im Oktober werden wir zusammen mit Michael Monroe (27.
Oktober 2015 – Pratteln, Z7) eine Co-Headlinertour spielen.
Vielleicht klappt es noch mit Australien und Japan. Es wird uns
nicht langweilig und wir sind sehr beschäftig.
MF: Dann
freuen wir uns HCSS wieder in der Schweiz zu sehen.
Jocke:
Wir freuen uns auch wieder bei euch spielen zu können!
MF:
Danke für das Interview und die Zeit die du dir genommen hast!
Jocke: Danke dass du so lange gewartet hast bis wir mit dem
Interview starten konnten, aber wer konnte ahnen, dass so viele
Leute zur Autogrammstunde kommen würden. Sorry auch für diesen
verrückten Haufen… Die Sonne (grinst). Danke und wir sehen uns im
Z7!
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