Ein Leben für die Liveshows.
Es gibt sie noch immer, die Bands, welche seit Jahren mit toller
Musik auf sich aufmerksam machen, aber zufrieden und bescheiden
wenige Konzerte spielen. Eine davon ist die hanseatische Truppe Iron
Savior, die in der Urbesetzung mit Piet Sielck, Kay Hansen (Gamma
Ray) und Thomen Stauch (Blind Guardian) startete. Nach dem schnellen
Weggang von Thomen kam der damalige Gamma Ray-Trommler Daniel
Zimmermann zur Band, bis sich seit der Jahrtausendwende mehr oder
weniger das aktuelle Line-Up, zusammen mit dem ehemaligen Gamma Ray-Trommler
Thomas Nack, Gitarrist Joachim «Piesel» Küstner und Bassist Jan
Sören Eckert (der zwischendurch von Yenz Leonhardt ersetzt wurde),
etablierte. Mit dem soeben veröffentlichten Live-Album «Live At The
Final Frontier» und dem anstehenden Studiobesuch in den Beinen, standen
Bandleader Piet und Trommler Thomas zum Interview bereit.
MF:
Hat bei dir Piet ursprünglich nicht alles mit Helloween begonnen?
Piet: Jein (lacht). Direkt habe ich nie bei Helloween
gespielt, aber die Jahre davor habe ich, zusammen mit Kay, den
Grundstein für Helloween gelegt. Das ging mit elf Jahren los und mit
17, 18 habe ich aufgehört, weil ich andere Dinge im Kopf hatte, als
Musik zu machen (grinst). So drei, vier Jahre später gings dann
wieder los, aber nicht mit Helloween (lacht).
MF: Ist Hamburg für euch das gute Pflaster, um für
Iron Savior die richtigen Musiker zu finden?
Piet: Alleine schon deswegen, weil es immer gut ist, wenn
man in der gleichen Stadt wohnt (lacht).
Thomas: Das
vereinfacht vieles (lacht)!
Piet: Damals..., also wir feiern nun
schon unser 20-jähriges Jubiläum, das glaubt man fast gar nicht! Jan
kannte ich aus dem Gitarrenladen. Den lernte ich ein paar Jahre
zuvor auf dem Kiez bei einer durchgesoffenen Nacht kennen. Als ich
einen Bassisten suchte, besuchte ich ihn in diesem Laden und sagte:
«Hey Jan, willst du mitmachen», worauf er antwortete: «Jo, alles
klar!» Früher hat man sich nicht so viele Gedanken darum gemacht,
woher die Mitmusiker kommen (lacht).
Thomas: Müsste ich eine
neue Band zusammenstellen..., in Hamburg ist die Dichte an Musikern sehr
hoch, sprich gute Leute zu finden.
MF: Du hast mal bei Gamma Ray gespielt. Wieso bist
du da ausgestiegen?
Thomas: Das ist lange her und eine alte Geschichte. Zu der
Zeit fühlte ich mich nicht mehr wohl in der Truppe und schaute mich
nach anderen Dingen um. Nach meinem Ausstieg hatte ich zwei bis drei
Jahre überhaupt nichts mehr mit Metal am Hut. Ich verfolgte
komplett andere Sachen. Das war eine persönliche Entscheidung.
Musikalisch..., klar ist man oftmals auf der Suche nach Neuem und neuen
Herausforderungen. Seit Lebzeiten bin ich interessiert an vielen
Dingen. Da war nicht nur der Metal interessant, und diesen anderen
Weg habe ich parallel dazu immer wieder verfolgt.
MF: Wie habt ihr euch gefunden?
Beiden zusammen: Wir kannten uns!
Piet: Nach Thomen und Daniel..., mit Daniel war es immer
problematisch, dass unsere Aktivitäten nicht mit denen von Gamma Ray
kollidierten. Wenn mich nicht alles täuscht, brach sich Daniel den
Daumen?
Thomas: Ja, der konnte dann den Wacken-Gig nicht
spielen!
Piet: Der war 1997 und fest gebucht. So sagte ich zu
Thomas, dass er uns aushelfen muss. Das hat er auch gemacht und von
diesem Zeitpunkt an habe ich ihn auch immer wieder angefragt, ob er
nicht bei uns einsteigen will.
Thomas: Das war eine schöne
Sache in Wacken und ein toller Einstieg für mich.
MF: Iron Savior ist nicht eine Band, die viel auf
Tour ist. Wie kommts?
Piet: Das liegt in erster Linie auch an unserer
persönlichen Situation. Wir sind nicht mehr die Jüngsten und haben
Frau und Kinder zu Hause (grinst). Dabei haben wir feste Jobs und
der Metal ist nicht unser Einziges, was wir im Leben tun. So bleibt
auch gar nicht die Zeit für grosse Konzertreisen. Schlussendlich
ist es auch eine Geldfrage. Wir sind keine Band, die zwanzig Jahre
alte Musiker hat, die nur auf die Bühne wollen. Dabei in Kauf
nehmen, dass sie kein Geld dafür bekommen. Das geht bei uns nicht!
Wir spielen nur die Konzerte, bei denen wir auch verdienen. Aber sich ein
ganzes Wochenende um die Ohren zu schlagen, um letzlich mit zehn Euro nach
Hause zu kommen, das können wir uns finanziell nicht leisten und mit
fünfzig Jahren habe ich auch kein Bock mehr darauf. Ich denke aber, dass
wir für unser Verhältnis mit den letzten beiden Scheiben «The
Landing» und «Rise Of The Hero» extrem viel unterwegs waren
(grinst).
Vorher waren wir ja so gut wie gar nicht auf den
Bühnen vertreten. Ich gebe dir aber recht, dass wir da noch immer
Luft nach Oben haben. Uns schwebt schon vor, eine
Headliner-Geschichte zu spielen. Dies wird aber sicher nicht
zusammenhängend passieren. Zwei Wochen am Stück rum zu fahren, das ist
einfach Unfug. Mit diesen blöden Tagen wie Montag und Dienstag ist
es sehr schwer, die Leute in die Konzerthallen zu kriegen.
Letztendlich zahlst du da immer drauf. Wir wollen dies sinnvoller
gestalten. Donnerstags losfahren und Freitag, Samstag und Sonntag
spielen. So können wir uns am Montag und Dienstag bei unseren
Familien erholen und uns unters Sauerstoffzelt legen (grinst). Das
muss ich auch sagen, mit meinen 51 Jahren kann ich nicht mehr fünf
oder sechs Shows am Stück singen. Frag mal Kay, das hat seinen
Grund, wieso jetzt Frank als zweiter Sänger dabei ist. Der Zahn der
Zeit nagt an einem (lacht).
MF: Dann wäre doch eine «German Metal Attack»-Tour,
wie sie Grave Digger veranstalten, die ideale Idee!?
Piet: Das wäre das Richtige für uns. Nur..., Chris
(Boltendahl, Sänger von Grave Digger) hat mich angefragt, ob wir
mitfahren wollen. Mit den Gagen sind wir da allerdings nicht so ganz
übereingekommen (grinst). Seine Vorstellung von "Null" konnten wir
nicht ganz teilen (lacht).
MF: Wurmt euch dies nicht? Ihr veröffentlicht
regelmässig sehr gute Alben, dafür sind andere Bands viel präsenter.
Fragt man sich da nicht, wieso sich der Erfolg bei Iron Savior nicht
auch so eingestellt hat und ihr von der Musik leben könnt?
Piet: Ganz ehrlich, es sind wirklich die Allerwenigsten,
die von der Musik leben können! Ich bin mir nicht sicher, ob ich
dies auch möchte! Von der Musik zu leben, wird irgendwann vorbei
sein. Gucke ich mir einige Leute an, die momentan ein ganz gutes
Leben durch die Musik haben, glaube ich nicht, dass wenn sie nicht
mehr mucken können, so viel verdient haben, dass sie was für die
Altersrente auf die Seite gelegt haben. Das wage ich schwer zu
bezweifeln, dass sie sich dann für fünfzehn Jahre über Wasser halten
können. An Ende knallt die Peitsche. Da wird sich der eine oder
andere, der sich jetzt denkt, dass es geil läuft, sich noch umgucken
müssen, weil es eben doch nicht toll ist oder war. Da schaue ich
lieber ein bisschen in die Zukunft, bin etwas bodenständiger und
gebe mich lieber mit dem Spatz in der Hand, als mit der Taube auf
dem Dach zufrieden.
Thomas: Ich verdiene ausschliesslich mit
der Musik mein Geld. Wie ich schon erwähnte, fahre ich mehrgleisig
und habe seit einem Jahr einen festen Orchesterjob. Hamburg ist ja
bekanntlich eine Musical-Hochburg (grinst). In den letzten zehn
Jahren machte ich dies als Vertretung in drei Häusern. Im letzten
Jahr bekam ich die Möglichkeit, da ein neues Haus gebaut wurde,
vorzuspielen und bekam den Job. Das gibt mir jetzt ein bisschen mehr
Sicherheit als vorher. Mal schauen, wo ich lande. Läuft es gut, ist
so ein Theater eine gute Rente. Da drauf habe ich geschielt und habe
genügend Freiheiten, um noch andere Dinge zu tun. Bin ich einem
Wochenende anders beschäftigt und spiele einen Gig mit Iron Savior,
vertreten mich Kollegen im Theater.
MF: Neues Album...
Piet: ...ja, wir sind gerade mittendrin. Momentan nehmen wir
die Drums auf. Was vielleicht den geneigten Fan interessiert: Dieses
Mal haben wir uns entschieden, dass wir tatsächlich nicht in ein
normales Analog-Studio gehen, sondern die Drums mit Superior Drums
von Toontrack machen. Das läuft ziemlich geil, weil sich die Welt
einfach weiter entwickelt hat. Früher waren die Drums immer die
letzte Bastion, bei der man ins Studio gehen musste, um den
authentischen Drumsound zu bekommen. Den wollen wir auch! Das hört
man den letzten Alben an. Persönlich war ich da sehr pingelig. Die
letzten Jahre war das noch nix, aber jetzt gab es da einen
Quantensprung, bei dem man kaum einen Unterschied hört. Insofern
steht dieses «Kit» bei mir zu Hause im Studio und ist nur noch mit
einem Kabel an den Computer angeschlossen.
Prinzipiell
arbeiten wir wie früher, bloss sitzen wir im gleichen Raum, nehmen
die Kopfhörer ab und können uns unterhalten (grinst). Ist echt eine
coole Arbeitsweise und spart Studiokosten. Wobei sich das
anzuschaffen ja auch nicht ganz ohne ist. Das bekommt man ja nicht
geschenkt. Allerdings waren die Toontrack-Jungs sehr freundlich,
weil sie uns alles zur Verfügung stellten. Ich bin echt begeistert.
Das funktioniert gut und ich kann das nur empfehlen. Das bekommt
mein Gütesiegel (grinst) und klingt total nach einem echten Drum. So
toll aufnehmen kannst du dies nur noch, wenn du dich in ein ganz,
ganz teures Studio begibst und entsprechend am Schluss noch mit
Pro-Tools herum editierst, bis der Arzt kommt. Das macht heute auch
jeder, der ein echtes Schlagzeug aufnimmt. Das habe ich mir auch
gesagt. Was soll ich mich am Schluss also noch mit Pro-Tools
auseinandersetzen? Selbst wenn du einen Trommler wie Alex Holzwarth
hast, kann das heute im Studio keiner so spielen, wie du es auf
dem Tonträger hörst.
Thomas: Für mich ist dies auch eine gute Sache. Es ist inspirierend,
weil der Klang sofort da ist und gut klingt (lacht). Wir haben uns
dieses Mal für diesen Weg entschieden und werden sehen, ob dies beim
nächsten Mal wiederholt wird oder wir wieder zum Alten zurück gehen...
Piet: ...das kann ich mir fast nicht vorstellen. Momentan finde
ich dies dermassen geil. Das schiesst den Sound nochmals nach vorne...
Thomas: ...das hält uns auch unglaublich flexibel. Wir beide sind
eingespannt mit Job und Familie. Da können wir uns in der Woche
einmal treffen. Anstatt am Stück Studiotage zu mieten, läuft alles
viel entspannter...
Piet: ...der Druck ist weg...
Thomas:
...genau. Insofern kann ich das nur begrüssen (lacht).
Piet:
Ich hoffe dass bis Ende Januar 2016 alles eingetütet ist. Wir sind
schon relativ weit voran geschritten. Gerade so wie es passt, nehme
ich auf. Das Mosaik bildet sich allmählich (grinst). So hoffe ich,
dass bis Ende Monat alle Steinchen zusammenpassen. Jetzt müssen mir
nur noch ein paar Texte einfallen (grinst) lassen, damit ich singen kann.
Dann möchten wir im Mai releasen. Sollte ich bis dann nicht fertig
sein, schieben wir es auf den Herbst. Aber im Moment bin ich sehr guter
Dinge.
MF: Was sind die Pläne für die Zukunft?
Piet: Zuerst das neue Album in trockene Tücher legen. Dann
beginnt die Promotion-Geschichte, und in der zweiten Jahreshälfte
würden wir doch sehr gerne ein paar Konzerte spielen. Das habe ich
vorhin schon angedeutet. Was sich dabei ergeben wird, kann ich dir
noch nicht sagen. Da sind wir momentan dabei, das anzusagen und
Nägel mit Köpfen zu machen. Natürlich hoffen wir wieder, dass wir
damit in die Charts einsteigen.
MF: Dann wünsche ich euch viel Glück und weiterhin
viel Spass. Besten Dank fürs Interview.
Piet: Alles klar Martin, auch dir alles Gute!
Thomas: Ja, auch dir alles Gute!
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