Killswitch Engage ist für all jene ein Begriff, die dem Metalcore nahe
stehen. Die Jungs aus Massachusetts haben sich kurz nach ihrer Gründung
schnell einen Namen in der internationalen Metalszene gemacht. Ihr
Rezept? Ein gewagter Mix zwischen Melodic Death Metal und knüppelhartem
Metalcore, starke Bühnenpräsenz, hohe Professionalität und eine Menge
Spass. Ihre starken Riffs und ihr schräger Humor auf der Bühne sind
ihre Markenzeichen. In den letzten Jahren und nach mehreren Wechseln in
der Bandzusammenstellung wurde es ruhiger um sie. Bis Jesse Leach im
Januar 2012 von zurückgeholt wurde und die Band so fast wieder zu ihrer
Originalbesetzung gebracht hat. Mit Jesse kam anscheinend auch
die Kreativität und Experimentierfreude zurück, denn jetzt, nach fast vier
Jahren Pause, ist endlich wieder ein neues Album am Start, das von Fans
und Magazinen allerorten gespannt erwartet wird. In zwei Wochen starten
Killswitch Engage zu ihrer Welttournee, die sie im April auch in die
Schweiz führen wird. Grund genug für Metal Factory, ein Interview mit
Jesse Leach zu führen.
MF: Wie fühlt es sich an, zurück bei Killswitch Engage zu sein?
Jesse: Einfach super, Mann, wunderbar! Ich finde gar nicht die
richtigen Worte, um auszudrücken, wie gut es sich anfühlt, wieder das
zu tun, was mir am meisten Spass macht. Wir Jungs haben alle eine Menge
Spass zusammen und sind voller Energie.
MF: Ihr habt in den letzten Monaten fast nonstop getourt und dabei auch
noch Zeit gefunden, das neue Album aufzunehmen. Müde?
Jesse: Ehrlich gesagt, erstaunt es mich selbst, bin gar nicht müde. Im
Moment macht mir das Ganze derart Spass, dass ich gar nicht Zeit dazu
finde, müde zu sein.
MF: In weniger als zwei Wochen beginnt auch schon deine nächste Tour,
die dich durch die halbe Welt führt und was das Beste ist – ihr werdet
im April in der Schweiz sein. Wie gefällt dir die Schweiz?
Jesse: Ich war schon ein paar Mal in der Schweiz. Ich liebe die
Schweiz, alles ist so idyllisch, klein und sauber hier. Wie kann man
das nicht gern haben? Ich freue mich schon darauf, vor dem Schweizer
Publikum zu spielen.
MF: Ich konnte mir dein neues Album, «Disarm The Descent», anhören. Wie
seid ihr auf den Titel gekommen?
Jesse: (lacht) - Das war dann wohl ich. Ursprünglich wollten Adam und ich
es «Disarming The Descent» taufen, aber dann war ich der Meinung, dass
es besser rüberkommt, wenn wir es «Disarm The Descent» nennen. Diese
Aussage ist direkter, treffender und hat mir persönlich besser
gefallen. Und darum geht es auch bei diesem Album. Es geht darum, den
Niedergang aufzuhalten, diese Endlosspiralen, die dich hinunter ziehen.
Es geht um Erlösung. Du weisst schon, wie eine Wiedergeburt, ein
Auftauchen aus der Tiefe.
MF: Wie der Phönix, der sich aus der Asche erhebt?!
Jesse: Genau.
MF: Das Album erinnert ein bisschen an Killswitch von früher, ich denke
dabei an das Album «Alive Or Just Breathing». Back to the roots?
Jesse: Es kann sein, dass es sich so anhört. Wahrscheinlich, weil wir in
der fast ursprünglichen Bandzusammenstellung spielen. Aber von "Back to
the roots“ kann keine Rede sein. Wir haben uns seit 2002 alle mächtig
entwickelt, musikalisch wie auch persönlich, und dieses Album ist
Ausdruck davon. Die anderen (von der Band) haben unglaubliche Tracks
vorgelegt und ich musste alles aus mir heraus holen, um auf dasselbe
Niveau zu kommen. Das war eine wunderbare Herausforderung für mich und
dank der starken Unterstützung von Adam (Lead Gitarrist) konnte ich
meine Stimme weiter entwickeln und meine eigene Mitte finden.
MF: Auf dem neuen Album ist ein Song namens «The Turning Point». Fühlt
es sich wie ein Wendepunkt an?
Jesse: Auf jeden Fall. Diese Band hat mein ganzes
Leben umgekrempelt und ich denke, dass ich auch für die Band sprechen
kann. Es ist ein wichtiger Wendepunkt für uns alle.
MF: Ist das dein bestes Album, das du je aufgenommen hast?
Jesse: Auf jeden Fall. Ich persönlich bin überzeugt, dass es das Beste
ist, was ich je aufgenommen habe.
MF: Was können die Fans von deiner nächsten Tour erwarten?
Jesse: Wir werden uns an das bewährte Rezept halten, aber es weht ein
neuer, frischer Wind in der ganzen Band. Wir alle sind voller
Tatendrang und voller Energie und das wird man an den Live-Shows
spüren. Es wird intensiver werden und härter, aber gleichzeitig werden
wir wie immer ein Gleichgewicht zwischen Spass und Lockerheit behalten.
Ich glaube, dass unser unverkrampftes Herumblödeln in den Shows
Ausdruck davon ist, wie gut wir uns in der Band verstehen.
MF: Du scheinst ein echtes Energiebündel zu sein. Woher beziehst du so
viel Energie? Hast du ein Geheimnis, das du mit uns teilen möchtest?
Jesse: Lacht vielsagend. Ich glaube es ist vor allem
Leidenschaft. Unverfälschte, natürliche Leidenschaft und Freude daran,
Neues zu erleben, zu touren, Länder zu besuchen. Ein Stück kommt es von
einer Menge angesammelten Zorn und aufgebaute Frustrationen, die nun
endlich einen Weg gefunden haben, frei zu brechen. Und dann auch
Dankbarkeit. Ich bin so froh, dass ich eine zweite Chance erhalten
habe, wieder bei Killswitch Engage mitmachen zu können. Es ist ein
berauschendes Gefühl Musik zu machen und davon leben zu können.
MF: Was ist dein Lieblingslied auf dem neuen Album?
Jesse: Ich habe nicht wirklich einen Favorit auf der neuen CD. Es gibt
ein paar, die mir sehr gefallen. Zum Beispiel fallen mir «Beyond The
Flames», «New Awakening» und «You Don't Bleed». «You Don’t Bleed» ist
wahrscheinlich der aggressivste Song, den ich jemals aufgenommen habe.
Darauf bin ich mächtig stolz.
MF: Du hast auch eine Menge anderer Projekte am Laufen. Unter anderem
kursiert das Heavy Metal Mixtape, dann kommen noch deine Engagements
bei „The Empire Shall Fall“ und „Times Of Grace“.
Jesse: Das Heavy Metal Mixtape ist ein Projekt, das ich nicht weiter
verfolgen werde. Leider habe ich keine Zeit mehr dazu. Was „The Empire
Shall Fall“ anbelangt, das ist ein Studioprojekt, für das ich viel
weniger Zeit investieren muss. Aber keine Angst, es ist quicklebendig
und auch von dieser Front werdet ihr alle bald wieder hören. „Time Of
Grace“, das ich zusammen mit Adam ins Leben gerufen habe (Dutkieviz,
Lead Gitarrist KE), wird definitiv als Nebenprojekt weitergeführt
werden. Aber zurzeit liegt mein Fokus klar auf Killswitch Engage.
MF: In welche Richtung werden sich KE weiterentwickeln? Werdet ihr härter,
schneller, melodischer?
Jesse: Mir und der Band ist es wichtig, einen gesunden Mix
aufrecht zu erhalten, wir werden uns nicht in eine bestimmte Richtung
drängen lassen. Ich denke, dass man das auch nicht wirklich steuern
kann, sondern, dass jedes Album nur wiederspiegelt, wo wir als Musiker
stehen. Ich glaube KE werden so weitermachen wie bisher. Viele, gute und
harte Beats, schwere Riffs, dazu die melodische Gitarre und der Gesang,
der zwischen clean und aggressiv variiert. Aber was das Wichtigste ist,
wir wollen alle weiterhin Spass an dem haben, was wir machen. Und das
ist zur Zeit stark der Fall.
MF: Wie steht ihr in der Band zueinander?
Jesse: Der Bandzusammenhalt ist riesig. Wir lernen uns wieder
gegenseitig kennen. Weisst du, es fühlt sich nicht wie Arbeit an, mit
den Jungs auf Tournee zu gehen. Wir können all die Shows wirklich
geniessen und die Zeit, die wir zusammen verbringen im Bus, auf der
Tournee und bei den Aufnahmen.
MF: Wie denkst du, wird sich Metalcore in den nächsten Jahren
entwickeln? Wird der Trend eher mehr zum Mainstream hingehen, oder wird
sich die Szene in den Untergrund bewegen?
Jesse: Das ist eine gute Frage, Ich weiss es ehrlich gesagt nicht, wie
sich die Szene entwickeln wird. Alles was ich weiss, ist, dass Metal
auch in zehn Jahren noch immer wichtige und zentrale Rolle in der Musik
spielen wird und dass es genug Fans haben wird, die das auch
unterstützen. Metal, Punk, Hardcore, all das wird immer eine wichtige
Rolle in der Musikszene spielen, solange es auch nur ein klein wenig
rebellisches Denken gibt. Metal und all die extremen Musikrichtungen
werden immer für alle da sein, die ein Ventil für ihre Frustrationen
und für schwere Gedanken suchen. Wenn Bands wie Gojira, Mastodon und
Peripherie Indikatoren sind, in welche Richtung Metal sich entwickelt,
dann denke ich, befinden wir uns auf dem richtigen Weg.
MF: Wie würdest du das neue Album in wenigen Worten beschreiben?
Jesse: Es ist aggressiv, leidenschaftlich, ehrlich, angepisst,
melodisch, berührend.
MF: Gibt es noch etwas, das du los werden möchtest?
Jesse: Ich will mich nur bei allen bedanken, die uns unterstützt haben,
allen Dank aussprechen, die meine Rückkehr unterstützt haben. Wir
brennen darauf, raus zu gehen und für Euch alle zu spielen. Ohne Euch
wäre das niemals möglich gewesen und ich bin unglaublich froh, diese
Gelegenheit zu haben. Yeah!
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