Mille Petrozza ist der Denker und Lenker hinter der
deutschen Thrash-Institution Kreator. Über all die Jahre
hat er die Belange der Truppe geführt. So vergingen die
Jahrzehnte und die Truppe darf sich nun schon 25 Kerzen
auf den Geburtstagskuchen stecken lassen. Etwas, dass
Mille aber nicht unbedingt zu interessieren scheint.
Zumindest lässt dies das folgende Interview
durchblicken. Dabei hätte der Gute allen Grund stolz auf
sein bisheriges Lebenswerk zu sein, das mit vielen
Höhenpunkten und ebenso vielen tollen Alben glänzt.
Mille sass mir in der Umbaupause zwischen den Sucidal
Angels und Death Angel auf der soeben beendeten
Thrash-Festival-Tour gegenüber und wir nutzen die
wenigen Minuten möglichst sinnvoll.
MF: 25 Jahre Kreator…
MP: ... auch das noch (lachend)...
MF: ...ein Grund zum feiern?
MP: Mir ist das völlig egal. Es war einfach nochmals
eine gute Gelegenheit eine Tour zu machen und ein paar
alte Songs vorzutragen. Das Ganze ein bisschen Revue
passieren zu lassen. Das andere ist mir scheissegal. Ob
das nun zehn oder mehr Jahre sind, das interessiert mich
nicht.
MF: Gibt es trotzdem für dich rückblickend
irgendwelche Eckpfeiler in deiner Karriere?
MP: Das war alles gleich wichtig. Auch die Tage an denen
es doch eher bergab ging gehörten dazu. Das ist ein Teil
des Lebens. Persönlich finde ich es immer doof, wenn man
irgendwas zum Wichtigsten abstempelt. Man lebt und
lernt. Darum kann man nicht etwas wichtiger als was
anderes ansehen. Alles ist essentiell für die
Entwicklung eines Menschen oder einer Band. Das hört bis
zu deinem Tod nie auf. Deshalb ist es schwer für mich
bestimmte Momente da raus zu picken und die über andere
zu stellen. Jeden Moment, den ich mit der Band erlebte,
habe ich genossen. Das soll auch weiterhin so sein.
MF: Wie war es denn für euch damals in Ost-Berlin zu
spielen?
MP: Das war schön. Man war da noch sehr jung. Viele
würden dies als historischen Gig sehen, für uns war es
eher so, dass wir vor Leuten spielen konnten, die sonst
immer nach Ungarn reisen mussten, um uns zu sehen. Das
war alles sehr unpolitisch. Wir haben von den Menschen
dort immer sehr viel Post bekommen und es war einfach an
der Zeit, dass wir für sie auftraten. Diesen
politischen, historischen Moment haben wir gar nicht so
richtig realisiert.
MF: Wenn wir schon bei der Politik sind. Wie wichtig
ist für dich Politik und Musik. Passt das zusammen?
MP: Gar nicht. Das ist totaler Schwachsinn. Politik und
Musik hat nichts miteinander zu tun. Es gibt aber
bestimmte Lieder, in denen wir klar Stellung beziehen.
Rassismus und Missstände im Leben. Dabei kann man sich
in den Texten über Sachen aufregen, die man sonst nicht
loswird. Politik ist für mich ein korruptes Geschäft.
Hingegen ist Musik Spass und da soll man sich entspannen
können. Sprechen wir in den Texten politische Themen an,
machen wir das aus dem Grund... Wir wollen dabei
niemanden aufrütteln, das wäre zu weit hergeholt,
sondern die Leute sollen einfach merken, dass man den
Politikern nicht alles glauben darf. Dabei kann man
meine Lyrics politisch sehen, die zielen aber nie in
eine bestimmte Richtung oder sind an eine Partei
gebunden. Das hat eher mit der Freiheit zu tun, das zu
sagen, was man auch sagen will Sein eigenes Leben zu
leben und sich nicht von irgendwelchen Leuten was
vorschreiben zu lassen. Uns als politische Band zu
kennzeichnen wäre ein bisschen weit hergeholt. Combos
wie Ton Steine Scherben gehören dazu, Kreator aber mit
Sicherheit nicht. Da sind wir eher die klassische
Metal-Band, die ihre Meinung vertritt. Jeder sollte eine
eigene Meinung haben. Die meisten Fans finden unsere
Texte super. Wenn sich wirklich jemand die Zeit nimmt
und sich damit auseinandersetzt, dann nimmt er auch was
mit. Das wiederum bestätigt dann auch unsere Meinung.
Wir sind aber keine Lehrer oder Sozialarbeiter. Man
sollte dies weder über- noch unterbewerten.
MF: In den Achtzigern gab es auch diesen Kleinkrieg
zwischen Thrashern und Posern...
MP: ...richtig, das war ein Kleinkrieg, eher ein Spass.
Da gab’s Zeichnungen in einzelnen Fanzins und blöde
Sprüche auf T-Shirts. Das kam aber aus Amerika, dafür
sind Exodus verantwortlich (lacht). Mit den Posern hatte
ich keine Probleme. Mötley Crüe habe ich mir auch
angehört und war totaler Fan von denen. Deswegen konnte
und wollte ich da auch nie mitmachen. Manche Bands fand
ich «over the top». Truppen wie Poison fand ich
grauenhaft. Auch dieses Revival jetzt finde ich total
peinlich. Aber auch da gibt und gab es gute, wie auch
schlechte Truppen. Die gibt’s in jedem anderen Genre
auch.
MF: Wie war das Verhältnis zu Destruction und Sodom?
Hat man sich da unterstützt, oder bekämpft?
MP: Es gab immer wieder einzelnen Mitglieder die ein
paar Rivalitäten geäussert haben. Persönlich hat mich
das nie interessiert, da ich immer ein Fan von Sodom und
Destruction war. Die Sticheleien kamen aber nicht von
den Persönlichkeiten der Truppen aus, sondern von den
Nicht-Persönlichkeiten.
MF: Wie wichtig sind Freunde für dich im Business?
Gibt es die überhaupt?
MP: Es gibt sie! Man muss das aber trennen können. Macht
man Geschäfte, dann hat man keine Freunde und die
Freundschaft muss hinten anstehen. Aber es gibt sie und
das ist auch das Allerwichtigste. Aber! Ein echter
Freund weiss auch wo das Business anfängt und wo die
Freundschaft aufhört.
MF: Wie siehst du die neuen Thrash-Bands? Werden die
euch einmal beereben?
MP: Uns kann keiner beerben, wir sind zu eigen. Heute
kann ich eigentlich erst so sein, wie ich immer sein
wollte. Ich habe die Erfahrung, kann gut genug spielen
und darum muss mich keiner beereben. Aber es gibt schon
ein paar gute Truppen dabei. Zudem haben wir mit Nuclear
Blast ein neues Label, dass uns für die Zukunft weiter
unterstützen kann. Was bei SPV ja nicht mehr der Fall
war. Und wir sind noch immer auf einem aufsteigenden
Ast, da brauchen wir auch ein kräftiges Label im Rücken.
MF: Dann wünsche ich euch viel Erfolg für die Zukunft.
MP: Das wüsche ich dir auch.
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