Megadeth und speziell Frontmann Dave Mustaine gehören zu den ganz
Grossen im Metal-Business. Der ehemalige Metallica-Mitbegründer trug
lange Zeit seinen Twist mit Metallica offen aus. Ebenso war seine Sucht
ein stetiges Thema, wie auch seine politischen Äusserungen, welche ihm
nicht immer nur positive Rückmeldungen einbrachten. Speziell das Rock
Hard nahm dies immer wieder zum Anlass, um Mustaine als Deppen der Nation
dastehen zu lassen.
Musikalisch waren Megadeth eine Truppe, die stets von
den technischen Fähigkeiten der Musiker lebte. Kaum eine andere Band
verbindet das spielerische Niveau mit Härte und Melodie wie die Amis.
Selbst die zwischenzeitliche Auflösung der Combo, da Mustaine seine
Hand operieren musste und es eine Zeit dauerte, bis er wieder Gitarre spielen
konnte, tat der Genialität keinen Abbruch, sondern Megadeth kehrten
gestärkt zurück. Nachdem sich die Truppe in den letzten Jahren vermehrt
darauf konzentrierte, ihre alten Klassiker («Peace Sells… But Who's
Buying», «Rust In Peace», «Countdown To Extinction») entweder als
fantastische Re-Releases zu veröffentlichen, oder Tourneen zu spielen,
in denen der Mittelpunkt einer dieser Klassiker war (plus dazugehörende
Live-DVD/CD), hat sich der Vierer nun an einen neuen Silberling gewagt.
«Super Collider» weist sicherlich nicht mehr die Härte auf, wie dies
noch bei «United Abominatins» oder «The System Has Failed» der Fall
war, überzeugt aber trotzdem mit vielen packenden Momenten.
Eigentlich hätte Dave Mustaine vor meinem Aufnahmegerät Platz nehmen
sollen, aber aus irgendwelchen Gründen wurden aus 20 Minuten
Interviewzeit noch deren zehn und aus Dave M. wurde Dave Ellefson, sein
langjähriger Begleiter am Bass. Die
Beziehung dieser beiden war nicht immer harmonisch und endete sogar vor
dem Gericht. Aber hier fügte sich wieder zusammen, was zusammen gehört.
Ellefson entpuppte sich als sehr freundlicher Interviewpartner, der
die sich ihm zur Verfügung stehende Zeit nützte. - Und wer nun schon
dachte, dass es wieder typisch sei für Mustaine, dass er das Interview
platzen liess..., ich lernte den Mastermind als sehr menschlichen und
sensiblen Interviewpartner kennen. Bringt man ihm den normalen Respekt
entgegen, ist er ein sehr umgänglicher Musiker. Behandelt man ihn als
Arschloch, wird er das Gleiche mit seinem Gegenüber tun. - Im Zentrum
des Gesprächs sollte das neue Album, wie auch die Band stehen. Und als
sich Dave E. warm geredet hatte, war das Interview auch schon wieder zu
Ende...
MF: Dave, wie nahe liegt «Super Collider», musikalisch gesehen, an
«Countdown To Extinction»?
Dave: Ich denke, es ist eine Weiterentwicklung
von «Th1rt3en», genau gleich wie damals von «Rust In Peace» über
«Countdown To Extinction» zu «Youthanasia». Wir starteten diesen Weg
mit «Endgame» und sind über «Th1rt3en» bei «Super Collider» gelandet.
Irgendwie ist es lustig. Der 20. Geburtstag zu «Rust In Peace» und die
dazu gehörende Tour hat uns inspiriert, «Th1rt3en» zu komponieren. Aus
dem gleichen Grund hat uns auch die 20. jährige Geburtstagstour zu
«Countdown To Extinction» inspiriert, «Super Collider» zu schreiben.
Wenn du über sechs Monate fast jeden Abend die Lieder eines kompletten
Albums auf der Bühne spielst, wirst du bewusst oder auch unbewusst zu
einer Scheibe wie «Super Collider» geführt.
MF: Dabei hast du die Jubiläumsversion von «Peace Sells... But Who’s
Buying» vergessen. Wie kams dazu?
Dave: Oh, das war eine Idee von Capitol Records.
Die haben einen wirklich tollen Job mit dieser Wiederveröffentlichung
abgeliefert. Das Label hat den Charakter des Albums nicht gebrochen und
trotzdem viel Frisches integriert. Diese Veröffentlichung hat den Weg
für die anderen Re-Releases geebnet. Darum werden sicher auch die
Wiederveröffentlichungen von «So Far... So Good... So What…» und
«Youthanasia» das Licht der Welt erblicken (grinsend). Trotzdem, beim
Schreiben eines neuen Albums bleibt der Fokus immer auf dem neuen
Material. Auch wenn wir gerade ein altes Album in den Mittelpunkt der
vergangenen Tour gestellt haben. Es ist wirklich gut zu wissen, dass
wir mit all diesen Wiederveröffentlichungen Dinge tun können, welche
den Fans, aber auch uns, eine Unmenge Spass bereitet. So können wir die
Setliste immer spannend und interessant halten.
MF: Wer hatte die Idee zur Coverversion von «Cold Sweat»?
Dave: Das war lustig, Dave (Mustaine) kam eines
Tages ins Studio und wir diskutierten über eine mögliche neue
Coverversion. Dabei sprachen wir von unseren alten Lieblingsbands wie
Def Leppard, Thin Lizzy oder UFO. Thin Lizzy blieben dann irgendwie hängen.
Dieser Groove, diese Art Chöre und die Gitarrenparts zu schreiben, von
einer Band, die in dieser Form heute nicht mehr existiert... - Wir alle
lieben «Cold Sweat», das aus dieser coolen Ära von Thin Lizzy stammt,
in der sie am härtesten spielten. Alle Metal-Heads lieben diesen Song.
MF: Bei all den Coverversionen, welche ihr veröffentlicht habt, nach
welchem Muster habt ihr die Tracks ausgesucht?
Dave: Ähnlich wie auch zu «Cold Sweat». In all
den Jahren (Dave hustet)..., sorry! Dave und ich sind beide grosse Sex
Pistols Fans und mögen Steve Jones. Aus diesem Grund entschieden wir uns damals für
«Anarchy in The U.K.». «These Boots» war eine Idee unseres damaligen
Managers. Wir versuchten immer eine eigene, dem Original nahe stehende
Version einzuspielen. Schlussendlich spielten wir immer Musik nach, von
der wie selber Fans waren. Okay, vielleicht nicht gerade von «These
Boots Are Made For Walking» (lachend). Beim Rest pochte in uns das Herz
eines Anhängers. Alle diese Lieder haben uns inspiriert und daraus
entstanden Megadeth.
MF: Wie wichtig ist die Familie für dich?
Dave: Ganz, ganz wichtig! Als wir mit Megadeth
starteten, war es das Natürlichste, innerhalb der Band das Territorium
einer Familie zu sehen. Ich kehrte meiner Familie in L.A. den Rücken
zu, um eine neue bei Megadeth zu finden und war ein einsamer Wolf und
ein Einzelkämpfer (lachend). Mit 29 Jahren heiratete ich. Das änderte
für mich den Sinn einer Familie total. In diesem Lebenszirkel, in
welchem wir uns alle befinden, ist die Familie der wichtigste Inhalt
und die Seele, dass du Mitglied einer Band sein kannst. Und! Damit du
mit dem Rock'n'Roll nicht scheidest, sondern immer weitermachst.
MF: Kann man sagen, dass eine Band auch wie eine zweite Familie ist?
Dave: Absolut! Als ich zu Megadeth zurück kehrte,
sagte meine Frau zu mir: «...das ist okay, du kehrst zu deiner ersten
Ehefrau zurück» (lachend). Genau mit diesen Worten (lacht noch immer).
Das liebe ich so an dieser bodenständigen Frau. Sie hat begriffen, wie
wichtig in all den Jahren mir die Band war und dass Megadeth ein ganz
wichtiger Bestandteil in meinem Leben ist. Das ist auch der Grund,
wieso ich ein Mitglied bei dieser Combo war und heute auch wieder bin.
In einer Band zu spielen ist mehr, als einer normalen Arbeit
nachzugehen, wo alles mehr oder weniger seinen geregelten Lauf hat und
du um fünf Uhr Abends wieder nach Hause gehen kannst. Wenn du auf Tour
bist, gehst du nach der Show nicht nach Hause (lachend).
MF: Wie ist es für dich, auf Tour von deiner Frau und deinen Kindern
getrennt zu sein?
Dave: Das ist verdammt hart. Speziell die erste
Woche wird zur Bewährungs- und Zerreissprobe! Auch wenn es heute
bedeutend einfacher ist, dank dem Internet und Skype, oder einem Handy.
Diese Dinge machen es möglich, sich seinen Lieben näher zu fühlen und
die Erde wird so zu einem sehr kleinen Platz. Aber ich freue mich immer wieder
aufs Neue, wenn ich meine Frau, meine Kinder und natürlich auch meine
Freunde zu Hause wieder sehen kann. All diese technischen Geräte
verschaffen dir als Musiker auch die Möglichkeit, sich den Fans näher zu
fühlen. Megadeth versuchten immer, sich nahe zu präsentieren, weil die
Fans uns sehr viel zurück geben. Es ist wunderbar eine Arbeit zu machen,
bei der man weiss, dass sie viele Leute sehr glücklich macht. Auch wenn
es nur für ein paar Stunden ist, wenn wir auf der Bühne stehen und so
die Anhänger den Alltag für einen Moment vergessen können. Sind die
Leute glücklich, ist das etwas Wunderbares, wenn sie uns das mit ihrem
Applaus oder ihrem Schreien zeigen.
MF: Was hat sich verändert, oder musste sich verändern, dass du wieder
bei Megadeth eingestiegen bist? Schlussendlich hattest du einigen
Streit zusammen mit Dave, der sogar vor dem Richter endete.
Dave: Megadeth waren immer ein holpriger Weg. Dave
und ich haben alles, wirklich alles zusammen überlebt, viel dafür
geopfert, um heute noch da zu sein. Darum nennen wir das Ganze auch
«The Killing Road» (lachend). Was alles in dieser Band passierte, war
total brutal und belastete die Seele, den Verstand, deine Gedanken und
das Physische. Hier hat sich wirklich bewahrheitet, was dich nicht
umbringt, macht dich stärker. Und genau das hat in all den Jahren
Megadeth immer ausgezeichnet und gezeigt, was die Band wirklich ist. Du
kannst dich im Ecken verstecken, aber wenn du überleben willst, musst
du aus dem Schatten heraus stehen stehen. Das alles basiert auf starken
Charakteren. Unsere Lebensgeschichte ist auch geprägt von, mit und
durch vielen anderen Menschen.., die alle ihre Spuren hinterlassen
haben, ob nun positiv oder negativ. Alle, auch wir beide, schauen, dass
der Rock'n'Roll dabei nicht stehen bleibt. Die Musik war immer unsere
Hoffnung. Hast du in gewissen Momenten keine Hoffnung, geht es nicht
weiter. Das war auch das Verrückte und zugleich Schöne an der ganzen
Geschichte. Megadeth waren immer eine Hoffnung für viele andere Leute.
Dieser Umstand ist wirklich eine coole Sache. Kehrst du nach einigen
Wochen oder Monaten mit dem Tourbus zurück und kommst zu Hause an, hast
du unzählige Erinnerungen an das Vergangene in dir. Du weisst, dass
viele Fans glücklich waren, weil du auf der Bühne gestanden bist und
sie mit deinen Songs berührt hast.
MF: Herzlichen Dank für das Interview!
Dave: Danke, dass du dir die Zeit genommen hast
und sorry, wenn wir das Ganze verkürzen mussten.
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