Interview: Mötley Crüe
By Rocknrolla & Metalrose (Rockstation)
Bevor ihr  lesen dürft was Nikki Sixx zu erzählen hatte, muss noch kurz erwähnt werden, dass dieses Interview von unseren Freunden von Rockstation durchgeführt wurde. Wir von Metal Factory bekamen keinen Termin mit Mötley Crüe. Andere Medien die sonst nie was über unsere Szene berichten (u.a. Rockstar, Bluewin TV??, etc.), standen auf einmal auf dem Plan und bekamen alles was sie wollten. An der Stelle ein grosses "Fuck You" ans Mötley Management, welches die Prioritäten falsch gesetzt hat und ein megagrosses Dankeschön an die Rockstation. Schon bald könnt ihr auf rockstation.ch auch hören, was Nikki Sixx zum Besten gab. Die niedergeschriebene Version davon könnt ihr nun hier lesen. (Roxx)
Mit 27 Jahren Bandhistorie und über 50 Mio. verkaufter Alben steht MÖTLEY CRÜE an der Spitze des als oft mit "Haarspray"-Rock bezeichneten Genres, das Anfang der 80er in Los Angeles seinen Lauf um die Welt antrat. Die "Saints Of Los Angeles European Tour 2009" führte die Band am 22. Juni 2009 auch nach Wettingen ins Tägerhard.

Als Interviewpartner hatte man für uns den Bassisten auserkoren. Einzige Anweisung des Management im Vorfeld: "Nikki Sixx cannot be asked any questions about or talk about his kids in any interviews!!!"

Die Situation vor Ort: Im Backstage-Bereich des Tägerhard würde sich wohl nicht mal 'ne Sardinenbüchsenbewohnerin wohl fühlen. Überall Leute und Sachen, die in den engen Katakomben des Tägi rumstehen... man kommt sich vor, wie am Monatsende auf der Post. Einen Automaten, der auf Knopfdruck eine Nummer ausspuckt, entdecken wir allerdings nirgends.

"Nikki muss noch seine Kinder verabschieden", heisst es, dann wären wir dran mit dem Interview. Wir werden Zeugen der Familienbande und bekommen mit, wie er einem Junior nachruft, "und vergiss nicht, zu Duschen". Tommy Lee, der in diesem Moment an ihm vorbeischlendert, dreht sich um und sagt "aber das hab ich doch schon getan"... Nikki: "ich meinte doch meinen Sohn!".

Jetzt dürfen wir ran. Nikki Sixx teilt sich die dunkel gehaltene, viel zu kleine Garderobe mit Mick Mars. Während Mick sich in selbiger mit Journi-Kollegen von uns unterhält, pflanzen wir uns im schmalen Gang hin und versuchen, eine lockere Interview-Atmospähre hinzubekommen. Nicht leicht, wenn dauernd irgendwelche Leute zwischen uns durch wuseln. Es entwickelt sich dann aber doch sowas wie ein Gespräch ;-)
 (RS: ROCKSTATION, NS: Nikki Sixx, VN: Vince Neil)

RS: Willkommen in der Schweiz, Nikki!

NS: Danke!

RS: Wie läuft die Tour?

NS: Gut... wir haben noch ca. fünf Shows vor uns...

RS: ... und dann gehts zurück in die Staaten zum "Cruefest"?

NS: Genau.

RS: Was erwartet Ihr von der zweiten Auflage? "Cruefest 1" war bekanntlich ein Renner in Sachen Ticketverkäufen.

NS: Das wird auch dieses mal wieder gut. Wir haben zweimal soviele Bands wie letztes Jahr, eine zweite Bühne, richtig aufregend.

RS: In der Schweiz wart Ihr ja nicht sooo oft. Wenn Du an die Schweiz denkst, was ist das erste, was Dir in den Sinn kommt, mal abgesehen von Banken, Käse und Schokolade?

NS: Aehm... Ich denke jedesmal, wie nett es hier ist. Die Leute sind wirklich sehr nett, ein schönes Land. Die Fans sind wirklich cool hier. Yeah!

RS: Stehst Du in direktem Kontakt mit Euren Fans, z.B. via Internet?

NS: Nicht persönlich. Im Laufe der Zeit ergibt sich das eben, der Tag hat nicht genug Stunden, um sich da persönlich um jeden zu kümmern. Um ehrlich zu sein, ich habe mich da etwas zurückgenommen in letzter Zeit, kein MySpace, kein Twitter, habe auch meine eigene Website stillgelegt. Ich kam an einen Punkt, wo es 'zuviel' Kontakt gab mit den Fans. Ich möchte es etwas ruhiger angehen und nicht ständig Updates über mein Befinden raushauen müssen. Ich möchte mich einfach der Musik widmen, der Fotografie... diesen Dingen ihren Lauf lassen und mich an ihnen erfreuen.

RS: Fotografie ist ja eines deiner Hobbies...

NS: ... ja

RS: Hast du deine Kamera immer dabei?

NS: Immer!

RS: Heisst das, wir können eines Tages einen Fotoband von dir erwarten?

NS: Das wäre grossartig, das würde mir gefallen!

RS: Was sind deine Lieblingsmotive?

NS: Den Fotojournalisten spielen, das mag ich. Doch alles, was sich bewegt, ist schwer einzufangen mit der Kamera. Fotografieren ist für mich vergleichbar mit Musik machen, es soll die Leute berühren. Ich baue gerne mein eigenes Set auf, arrangiere das Licht, verwirkliche mein eigenes Konzept.

RS: Also ähnlich, wie wenn man einen Song schreibt...

NS: ...genau! Die Szene entwerfen, ausleuchten, etwas daraus machen.

RS: Thema Freizeit: Bei Iron Maiden zum Beispiel gibt es Musiker, die sich auf Tour mit Tennis oder Golf fit und den Kopf frei halten. Wie schaut das bei Euch aus, wie schlagt ihr die Zeit bis zum Auftritt tot?

NS: Hmm... bei uns gibt eigentlich keine Zeit zum tot schlagen...

RS: Weil ihr die ganze Zeit Interviews geben müsst?

NS: Ja, ja, ja... (lacht)

RS: Ihr hängt also nur rum...

NS: Normalerweise gibts da wirklich nicht viel Freizeit. Wir sind heute z.B. erst vor ca. einer Stunde hier eingetroffen. Woher immer wir auch kamen... ich kann mich jetzt grad nicht erinnern... war es Deutschland? Nein, von wo anders... Spanien! Mein Gott, ich kann mich offenbar wirklich nicht mehr daran erinnern, wo wir gestern waren... you know?

RS: Klar...lass uns über Sixx:A.M. sprechen. Was geht da in naher Zukunft?

NS: Wir sind in der Endphase des Schreibens. James und ich haben so um die 25 bis 30 Songs parat.

RS: Für wann wäre denn der Release geplant?

NS: Bei Sixx:A.M. sind wir nicht im üblichen Business-Korsett. Es kommt dann raus, wenn wir dafür bereit sind. Sixx:A.M. war ja nie als 'normale' Band gedacht, sondern als musikalisches Projekt und das wollen wir auch so beibehalten.

RS: Also keine Tour und dergleichen?

NS: Kaum, ich meine, ich wollte damit sowieso nie auf Tour gehen. Wir hatten den Riesenhit "Life Is Beautiful" und Live Nation, die auch das "Cruefest" organisieren, wollten Sixx:A.M. auf Tour schicken. Aber ich wollte nicht. Und ich will das wahrscheinlich auch jetzt nicht. Es wäre zwar eine schöne Gelegenheit gewesen und ich hatte auch die Unterstützung der Mötley-Jungs, aber ich mag die Idee, zweimal am selben Abend zu spielen, nicht wirklich. Und - ich bin mir immer noch nicht sicher, ob Sixx:A.M. auch eine Liveband sein soll. Sixx:A.M. braucht in meinen Augen nicht erfolgreich zu sein, es soll in erster Linie eine kreative Kiste sein. Ursprünglich sollten die Songs ja auch gar nicht veröffentlicht werden. Aber sie wurden, und wir wurden sowas wie 'ne Band, man wollte unbedingt meinen Namen verwenden... ich wollte damit nicht live spielen, wir haben gespielt... ich weiss, wir werden wieder eine grossartige Platte machen, aber alles, was danach kommt... keine Ahnung...

RS: Was aber bald rauskommt, ist "Dr. Feelgood 20th Anniversary", was erwartet ihr davon?

NS: Für mich ist das eine coole Sache, ein Stück Zeitgeschichte. Weisst Du, die Jahre gehen vorbei, du hörst dir nie deine eigenen Platten an. Niemand, den ich kenne, macht das. Klar, wenn man die Songs geschrieben hat, sagt man "wow", aber dann gehst du vorwärts, spielst ein paar davon live. Aber die anderen geraten in Vergessenheit. Es war deshalb interessant für uns, dieses Album mal zu überarbeiten und zu überlegen, welche Songs, die wir bis jetzt nie live gespielt hatten, mal live zu spielen. Das ganze war eine coole Sache und mit viel Spass verbunden.

RS: Viele Leute, die wir so kennen, beziehen sich bei Mötley Crüe meistens auf "Girls, Girls, Girls" oder "Dr. Feelgood".

NS: Klar, das ergibt Sinn.

RS: Aber - das Album "Mötley Crüe", mit John Corabi als Sänger, ist für uns eines der am unterbewertesten Alben.

NS: Es ist ein gutes Album. Ein gutes, raues Rockalbum. Ich mag es.

RS: Songs wie "Hooligan's Holiday" oder "Power To The Music" sind für uns ebenso Klassiker.

NS: Ja. Der einzige Fehler war wohl, es Mötley Crüe zu nennen. Es wäre wahrscheinlich besser gewesen, einen anderen Namen dafür zu suchen.

RS: Im Nachhinein ist man immer schlauer...

NS: ... immer... immer...

RS: Du hast viele Tattoos, wie man unschwer sehen kann.

NS: Ja, es ist beinahe alles bedeckt auf meinem Körper.

RS: Kat, deine Freundin, ist Tättowiererin. Hat sie mittlerweile Exklusivrechte, was das angeht?

NS: (lacht) Nein, ich lass mich stechen, wo und von wem ich will (allgemeines Gelächter).

Vince Neil läuft zwischen uns durch.

Vince Neil: Was macht ihr da?

NS: Hier ist der einzige Platz, wo wir noch ein Interview machen können!

RS: Was wird dein nächstes Tattoo sein?

NS: Ich hab noch Porträts, die fertig gemacht werden müssen. Z.b. mein Grossvater, meine Kids, die verewigt werden. Das wars dann wohl auch, denn viel freie Haut bleibt danach nicht mehr (lacht).

RS: Ein anderes Projekt mit Dir war Brides Of Destruction. Wie denkst Du heute darüber?

NS: Wir haben ein pures Rockalbum aufgenommen, mehr wollte ich gar nicht. Ich wollte ein Fun-Projekt auf die Beine stellen, ausserhalb von Mötley Crüe. Ich bin nicht so, dass ich etwas versuche, um damit um jeden Preis berühmt zu werden. Ich mache etwas, weil ich grundsätzlich mag, was ich mache. Brides Of Destruction war für mich ein idealer Weg, um zu meinen Wurzeln zurückzukehren. Mötley war nicht gut aufgestellt in jener Zeit, Sixx:A.M. war im Begriff, ausser Kontrolle zu geraten. Mit Brides Of Destruction arbeitete ich mit sehr guten Musikern zusammen. Das mochte ich wirklich. Ich mag diesen Aspekt des Musik machens, nicht das berühmt werden. Ich sag euch, nur schon in Mötley Crüe zu sein, ist crazy! Das ist ein Vollzeitjob, ich habe Kinder, ich muss Prioritäten setzen. Musikalisch ist dies Mötley Crüe, Sixx:A.M. Dann schreib ich Bücher, hab 'ne Kleider Kollektion, eine Plattenfirma... ich brauch also nicht noch eine andere erfolgreiche Band!

Wir bekommen ein Handzeichen: "noch 2 Minuten"

RS: Letzte Frage: es gab mit "The Dirt" das Buch, mit "Saints Of Los Angeles" das Album, aber es gibt noch keine Pläne, "The Dirt" zu verfilmen?

NS: Nein, die gibt es nicht.

RS: Falls es doch dazu käme, würdest du dich selber spielen?

NS: Oh, hell no! Musiker sollten sich nicht mit Filmrollen versuchen.

RS: Nicht?

NS: Das kommt meist nicht gut. Ausnahme: Jared Leto (Sänger/Gitarrist von 30 Seconds To Mars, Anm. d. Verf.) ist ein guter Schauspieler. Wenn das sonst jemand machen will, soll er das tun, aber für mich ist das nichts.

RS: Nikki, vielen Dank für das Gespräch.

NS: Cool!


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