„Hold on little girl, show me what he’s done to you”,
wer kann nicht diese Zeilen aus der Akkustik-Ballade “To
Be With You” mitsingen? Mr. Big waren Anfang der 90er
Jahre richtig gross und oft auf Tour. 1997 stieg
Gitarrist Paul Gilbert aus und wurde durch Richie Kotzen
ersetzt, mit dem Mr. Big an die frühen Erfolge nicht
anschliessen konnten. 2002 folgte die Auflösung. Und nun
im Jahr 2009 geschieht, was viele Fans nicht zu hoffen
gewagt haben, zur Reunion im Original Line-Up mit
Bassist Billy Sheehan, Gitarrist Paul Gilbert, Sänger
Eric Martin und Schlagzeuger Pat Torpey. Schnell wurde
eine Tour in Japan gebucht, dort das nun erscheinende
Live-Album Back To Butokan aufgenommen und im Anschluss
Europa betourt. Natürlich liessen wir uns die
Gelegenheit nicht entgehen, dem Bassisten und dem
Gitarristen ein paar Fragen zu stellen. Dabei erklärten
die beiden nicht nur ihre Liebe zu Ibanez-Gitarren und
Yamaha-Bässe, sondern gaben auch Einblicke in die
Band-Philosophie, die besagt, jeden Tag so zu nehmen wie
er kommt, und sich auf das zu konzentrieren, auf was es
bei einer Band wirklich ankommt: Das Spiel. Was die
Etiketten Meister-Gitarrist und bester Bassist Weltweit
bedeuten, wurde mir allerdings erst während dem
anschliessenden Konzert bewusst, und kann auf der DVD
Live in Butikan bewundert werden.
(Billy Sheehan =BS, Paul Gilbert=PG)
MF: Herzlich Willkommen in der Schweiz.
BS: Wir danken dir.
MF: Wie fühlt ihr euch?
BS: Ich fühle mich grossartig. Wie fühlst du dich Paul?
PG: Ich fühle mich sehr gut.
BS: Vielen Dank. Wie fühlst du dich?
MF: Ich fühle mich sehr gut.
PG: Heute ist ein guter Tag. Denn es fühlen sich also
gleich drei Personen gut.
MF: Wir starten dieses Interview gleich mit der Reunion.
Ich denke, es gibt viele Leute, die nicht geglaubt
haben, dass die Reunion passieren würde. Wieso ist es
gerade jetzt passiert?
PG: Ja, Mr. Big sind wieder vereint. Wir haben eine Tour
durch Japan gemacht. Wir sind momentan mitten in einer
erfolgreichen Europa-Tournee. Und es ist fantastisch. Es
ist eine zweite Chance und eine grossartige Sache in
einer solch coolen Band spielen zu dürfen. Ich bin sehr
stolz darauf, mit solch tollen Musikern wie Eric Martin
(Gesang), Pat Torpey (Schlagzeug) und Billy Sheehan
spielen zu dürfen. Zu spielen, zu singen, zu rocken und
zu sehen, wie unsere alten treuen Fans zusammen mit
vielen neuen jungen Fans mit uns feiern. Speziell freut
es mich mitzuerleben, wie auch die jungen Leute mit uns
zusammen rocken. Und ich bin wirklich glücklich für die
alle spielen zu dürfen.
MF: Wieso geschieht dies gerade im 2009?
BS: Es passiert einfach, weil es passiert. Wir hatten
keine Pläne und es passierte einfach. Es war schlicht
Zufall, dass die Reunion genau 20 Jahre nach der
Veröffentlichung unseres ersten Albums passiert ist. Das
war nicht geplant.
MF: Viel Glück also zum 20. Geburtstag eures ersten
Albums.
BS: Danke vielmals. Wir sind jetzt 20 Jahre alt (lacht).
Wir sind jetzt nicht mehr länger Teenager.
PG: Ja, jetzt können wir endlich Drink bestellen
(lacht).
MF: Also gibt es jetzt viel Alkohol.
BS: Das ist so.
MF: Starker Alkohol?
BS: Ja, aber das ist eine andere Geschichte.
MF: Okay. Wie gross ist das Interesse für die Reunion
hier in Europa?
PG: Das Interesse scheint da zu sein. Jede Show war
bisher gut gefüllt. Und das Publikum scheint es sehr zu
geniessen, uns spielen zu hören und zu sehen. Es ist
wirklich besser, als wir es erwartet haben.
BS: Ja, es kommen definitiv mehr Leute, als wir uns das
vorgestellt hatten. Viele Konzerte sind komplett
ausverkauft. Mailand war bereits drei Monate vor dem
Konzert ausverkauft, was unglaublich ist.
MF: Also sind Mr. Big nach wie vor sehr gross (big) in
Europa?
BS: Ja, es scheint so. Und wir sind darüber sehr
glücklich und möchten uns bei euch dafür bedanken. Also
all unseren Fans und Freunden, die uns das hier
ermöglichen.
MF: Ihr habt zuerst die Japan-Tour gespielt. Wie sicher
war es damals, dass ihr noch eine Europa-Tournee
anhängen werdet?
PG: Wir nehmen das eigentlich immer gerade so wie kommt.
Das erste was wir getan haben, ist uns als Freunde
wieder zu finden. Danach haben wir einen Manager gesucht
und ihn gefragt, ob er uns ein paar Konzerte buchen
könnte. Also sind wir in Japan gestartet. Wir
entscheiden eigentlich nicht selber, wo wir spielen. Wir
haben einen Manager, der das für uns tut. Wir waren
genug damit beschäftigt, uns an die Noten und die Lyrics
zu erinnern und diese wiederzulernen. Wir haben uns also
auf den musikalischen Teil konzentriert. Und er kümmert
sich um Konzerte. Also hat er uns zuerst nach Japan
geschickt, und dann nach Europa. Uns kümmert es aber
nicht wo wir spielen, solange wir spielen können. Und
bis jetzt war es wirklich toll.
MF: War es schwierig, sich an diese Noten und Worte zu
erinnern?
BS: Nein, eigentlich nicht. Wir haben das irgendwie
verinnerlicht, weil wir das vor langer Zeit ziemlich
lange gespielt haben. Aber es gab einige spezielle
Punkte, die wir ein bisschen üben und perfektionieren
wollten. Dazu kommt, dass wir uns alle in der Zeit
zwischen der Reunion und früher weiterentwickelt haben.
Wir sind heute bessere Musiker, als wir früher waren.
Und wir haben die Songs zum Teil auch umarrangiert, was
sehr interessant ist. Und dann kommt die Livesituation
und die Leute scheinen die neuen Versionen sehr zu
mögen.
MF: Kommen wir zum neuen Album Live-Album "Back To Butokan". Welches in Japan aufgenommen wurde. Darauf sind
auch zwei neue Lieder zu hören, die toll sind.
BS: Danke vielmals. Wir haben darauf zwei neue Songs.
Wir haben sehr viele Lieder auf Lager, die wir bisher
nie veröffentlicht haben. Mr. Big hat noch sehr viel
Material an Lager und die beiden sind zwei davon. „Next
Time Around“ ist ein sehr tolles Stück und wir haben ein
Remake von „Hold Your Head Up“ gemacht, welches das
Publikum sehr geniesst und mit uns Live singt. Die sind
sehr gut.
MF: Also sind es alte Songs, die vorher einfach noch
nicht veröffentlicht wurden, oder neue Songs?
BS: Die wurden einfach vorher noch nie veröffentlicht.
Also sind sie neu.
MF: Also alte Songs, die jetzt neu sind.
BS: Ja, was alt war, ist jetzt wieder neu. Und was neu
war, ist jetzt wieder alt.
MF: Gibt es Pläne für ein neues Album?
PG: Momentan konzentrieren wir uns auf die Tour. Wenn
wir damit fertig sind, werden wir zusammen sitzen und
schauen, was wir als nächstes tun wollen. Wir wollen uns
nicht mit zu vielen Plänen überladen. Es ist toll sich
momentan nur auf das unmittelbar bevorstehende zu
konzentrieren. Was wir momentan tun, ist uns auf die
Show von heute Abend vorzubereiten. Alles worauf ich
mich momentan konzentriere ist, hier in der Schweiz eine
tolle Show zu spielen.
BS: Dem stimme ich zu.
MF: Also ist es auch nur Zufall, dass "Live in Budokan"
euer achtes Live-Album ist?
BS: Das weis ich nicht einmal. Ich weis nicht mal, wie
viele wir gemacht haben. Wir wissen nicht sehr viel
darüber, was ausserhalb der Musik mit dem Geschäft
geschieht. Ich weiss nicht einmal, wo wir morgen spielen
werden. Ich weiss, dass ich morgen spielen werde, aber
ich weis nicht, wo es sein wird.
MF: Nicht?
BS: Nein.
PG: Ich auch nicht. Ich weiss aber, wohin meine Finger
morgen gehen sollten. Und der Busfahrer weis, wohin er
fahren wird.
MF: Okay, ihr spielt einfach und seid glücklich damit.
BS: Ja, genau.
PG: Wenn ich zuviel wüsste, wäre ich gar nicht mehr
fähig, richtig zu spielen. Es braucht sehr viel
Konzentration um das alles spielen zu können.
MF: Paul, du hast vorhin diese Gitarren unterschrieben.
Wieso spielst du gerade Ibanez-Gitarren?
PG: Weil sie wundervoll sind. Es ist eine wahre Freude
mit solch tollen Instrumenten spielen zu können. Ich
liebe meine Ibanez-Gitarren, meine Marshall-Verstärker
und meine Erniballs-Gitarrenseiten. So viele Firmen
unterstützen mich mit tollen Produkten. Ich bin wirklich
glücklich, mit all diesen Firmen zusammen arbeiten zu
dürfen. Ich werde da sogar zum Design der Gitarre
gefragt. Viele Details dieser Gitarren beinhalten Ideen,
die ich hatte. Aber es sind natürlich nicht eins zu eins
meine Ideen. Ich spiele die Gitarren ja nur, bin also
nicht ein Experte im Gitarrenbau. Aber Ibanez machen
unglaubliche Instrumente und ich arbeite jetzt schon
seit über 20 Jahren mit ihnen zusammen. Genauso wie es
Billy mit Yamaha hat.
MF: Was ist denn speziell an Yamaha?
BS: Es ist schlicht die sehr gute Qualität, auf die du
vertrauen kannst. Die bauen grossartige Instrumente.
Nicht nur Bässe, sondern auch Klaviere, Gitarren und
andere. Ich spiele denselben Expertise-Bass seit Jahren
und bin sehr glücklich damit.
MF: Hast du auch schon andere Bässe ausprobiert?
BS: Ja, das habe ich versucht. Aber ich fiel immer
wieder auf dasselbe Instrument zurück. Ich spiele in der
Regel nur auf einem Instrument, und das bereits seit
langer Zeit.
MF: Toll.
BS: Auf meinem Yamaha-Bass.
MF: Dein Lieblingsbass.
BS: Ja, mein Lieblings-Yamaha-Bass.
MF: Paul. Deine neuste Signature-Gitarre heisst Fireman.
PG: Ich habe sogar gleich zwei neue Signature-Gitarren.
Die eine ist eine Fireman und die andere ist eine PGM
401. Es gab sehr viele PGM-Modelle über all die Jahre.
Die 401 ist die neuste und vereint viele kleine
Verbesserungen in sich, und sie klingt auch noch besser.
Und die Fireman ist ein komplett neues Design. Ich habe
eine Ibanez Iceman als Vorbild genommen. Das Original
dieser Gitarre geht auf die 70er Jahre zurück, die von
Mick Nilson, Jip Trick (korrekte Namen unsicher) und
Paul Stanley von Kiss gespielt wurden. Ich habe dieses
Design als Vorbild genommen und in den Photoshop
eingefügt und angefangen, das Design zu manipulieren.
Schliesslich hatte ich ein Bild meiner Vorstellung und
Ibanez haben dann diese verrückte Idee umgesetzt. Es ist
ein tolles Instrument geworden. Und sie ist jetzt
erhältlich.
MF: Gibt es denn viele Leute die nach solchen Gitarren
fragen?
PG: Da gibt es tausende und tausende. Da gibt es Horden
von Leuten, die die Ibanez-Fabrik belagern, weil die
alle eine Fireman haben möchten (lacht).
BS: Die Polizei musste gerufen werden, weil da so viele
Leute waren.
MF: Paul, du spielst auch einige Clinics. Zum Beispiel
im Oktober in Italien.
PG: Ja, ich mach das schon sehr lange. Ich geniesse es
sehr, Leute zu unterrichten. Es ist etwas, was ich sehr
gerne tue. Es bringt mich dazu, über mein eigenes Spiel
nach zu denken, um es erklären zu können. Ich mag es
auch, mit Musiker rum zu hängen. Die denken ähnlich wie
ich. Es macht Spass in einem Raum voller Musiker zu
sein. Oft versuche ich auch, mit den Leuten dort
zusammen zu spielen und coole Jam-Sessions abzuhalten.
Das geniesse ich sehr.
MF: Billy, spielst du ebenfalls Clinics?
BS: Ja, ich mache das ebenfalls seit vielen, vielen
Jahren. Ich geniesse das sehr. Ich mag es meinen
nachfolgenden Musikern zu helfen. Da redet man dann über
Bässe, die Musik, das Musikgeschäft und ich versuche
Tipps zu geben um den jungen Musikern bei ihrer Karriere
zu helfen. Ich bin sehr glücklich, das tun zu können.
Wenn jemand von denen je erfolgreich werden wird, wäre
ich sehr glücklich.
MF: Was ist denn am wichtigsten im Musikgeschäft?
BS: Eine Band zu finden oder zu gründen und zu spielen.
Gründe eine Band, fange an, Lieder zu spielen. Das ist
das wichtigste. Bleib nicht im Schlafzimmer und übe dort
Skalen. Geht raus und spielt. Das ist was ich tat, was
Paul tat, was Paul Torpey tat und Eric Martin machte es
ebenfalls so. Das ist das wichtigste.
MF: Also zu spielen, zu spielen, und nicht zu sehr die
Theorie zu üben.
BS: Ja, ich denke das ist so. Theorie ist manchmal auch
sehr wichtig, aber zu spielen ist wirklich viel
wichtiger. Die Beatles haben das so getan, ebenfalls
Jimi Hendrix, Mr. Big haben das so gemacht, AC/DC haben
das so gemacht. Das ist also wirklich ein guter Weg.
MF: Paul. Du spielst auf der Bühne mit Kopfhörer.
PG: Ja, ich mache das, um mein Gehör zu schützen. Ich
habe mein Gehör verletzt. Wie ich dir bereits vor dem
Interview gesagt habe, müssen die Leute in meiner
Gegenwart laut sprechen, weil mein Gehör von der lauten
Musik über all die Jahre zerstört wurde. Das war es Wert
(lacht). Aber ich versuche das zu schützen, was übrig
geblieben ist. Die Kopfhörer wurden eigentlich für
Schlagzeuger entwickelt. Weil die Schlagzeuger nicht
fliehen können und immer an ihr Schlagzeug gebunden
sind. Aber sie sind ebenfalls in ein Wireless-System
eingeführt. Und es erklingt so ein ziemlich guter Mix.
Ich liebe es. Ich singe dadurch besser, ich spiele
besser und ich mag es.
MF: Also kannst du mit den Kopfhörern auch rumlaufen.
PG: Ja, das kann ich.
MF: Billy, wie handhabst du das?
BS: Ich habe kleine Kopfhörer, die in meine Ohren
passen.
MF: Auf dieser Tour spielt ihr "Smoke On The Water" von Deep Purple. Wieso genau dieser Song?
BS: (zitiert) „Swiss time is running out“, darum machen
wir das. Und es kommt Montreux darin vor. Es ist ein
Schweizer-Song. Und wir werden ihn auch heute spielen.
Macht Sinn?
MF: Ja macht Sinn. (Am Konzert zeigte sich dann, dass
die Musiker bei *Smoke On The Water* ihre Instrumente
tauschten und damit ihr generelles musikalisches Talent
eindrücklich bewiesen). Spielt ihr noch andere Covers?
PG: Wir haben eigentlich jede Nacht spontane Coversongs,
die wir spielen. Wir haben Momente während dem Konzert,
wo wir nicht wissen, was passieren wird. wir einfach
spontan irgendeinen Song spielen, so dass jedes Konzert
ein wenig anders wird. Das ist ein Grund, wieso das
Konzert spannend wird.
MF: Also ist jede Show einzigartig?
BS: Ja, das ist so. Dadurch bleibt es auch für Personen
spannend, die uns für mehrere Shows begleiten.
MF: Gibt es Songs, die ihr auswechselt?
BS: Wir planen das nicht. Wir gehen einfach raus und
schauen, was passiert. Wenn wir merken, dass ein Song
gerade passt, spielen wir den. Alles ist möglich. Wir
mögen diese Spontaneität.
MF: Ich habe gehört, dass ihr die Küche hier im Z7 mögt?
PG: Ja schon. Das erste mal, als ich hier gespielt habe,
war ich hier, bevor die Leute vom Catering gekommen
sind. Da bin ich in die Küche gegangen und habe für fast
die ganze Band gekocht. Ich war sehr hungrig und konnte
nicht warten. Und diesmal haben sie geschaut, dass
sie genug früh hier waren.
MF: Also kochst du gerne?
PG: Ich esse gerne. Und kochen ist ein Weg um etwas
essen zu kriegen.
MF: Wir sind fast am Ende. Was sind eure nächsten Pläne?
BS: Das Konzert heute Abend. Wer weis, was danach
passieren wird.
MF: Habt ihr noch eine Botschaft an eure Fans?
PG: Vielen Dank für eure Unterstützung über all die
Jahre. Wir sind sehr glücklich, nach wie vor auf unsere
alten Fans zählen zu dürfen aber auch neue Fans zu
haben, die uns jetzt zum ersten Mal live sehen.
Rock’n’Roll ist etwas vom fantastischsten,
inspirierendsten und spannendsten Dinge auf dieser Welt.
So kommt und geniesst das mit uns zusammen.
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