Das Dreamteam of evil des Horrorpunk hat sich wieder
zusammengerauft und die Murderdolls erneut zum untoten
Leben erweckt. Wednesday 13 und Joey Jordison haben
glücklicherweise gerade gleichzeitig ein bisschen
weniger mit ihren Hauptbands oder anderen Projekten zu
tun gehabt und die Gelegenheit beim Schopf gepackt. Im
August erwartet uns ein neues Album, das auf den
wunderbar makaberen – was sollte man auch anderes
erwarten?- Namen „Women & Children Last“ hört. Joey
Jordison hat sich ein paar Minuten Zeit genommen, um mir
am Telefon über diese neue Zusammenarbeit, die Band an
sich und den letzten echten Rockstar der Welt zu
sprechen.
MF: Hallo Joey. Wo bist du denn gerade unterwegs?
Joey: Wir sind in Amsterdam, Holland, und sitzen
wetterbedingt im Hotel fest. Ist grad nicht so toll
hier. Aber was soll man machen...?
MF: Mit Journalisten quatschen, zum Beispiel...
Joey: (lacht) Ja, dazu eignet es sich!
MF: Also, nutzen wir die Zeit... Ihr habt gerade die
ersten beiden Konzerte nach einer langen Auszeit
gespielt. Wie hat es sich angefühlt, wieder mit den
Murderdolls auf der Bühne zu stehen?
Joey: Es war absolut fantastisch! Es war genau so, wie
die Murderdolls aussehen und tönen sollten. Die erste
Band war grossartig, wir hatten eine gute Zeit und
alles, aber das erste Lineup war eben im letzten Moment
zusammengewürfelt. Um ehrlich zu sein, wir haben nicht
wirklich funktioniert und ich hatte genug davon. Ich
meine, die Murderdolls haben gerockt, es war cool für
eine Zeit lang, ich liebe diese Typen, die erste
Inkarnation der Murderdolls. Aber dieses Mal ist es uns
im Gegensatz zu damals wirklich ernst. Ich habe Blut
geleckt, das ist die Rache! Ich weiss nicht, ob und was
du schon vom neuen Album gehört hast, was auch immer,
aber es ist genau so, wie die Murderdolls tönen müssen.
MF: Wieso hat es so lange gedauert, bis ihr euch
wieder zusammengetan habt?
Joey: Tja, der Hauptgrund, wieso wir so lange gebraucht
haben, ist, dass Wednesday und ich uns nach dem ersten
Album irgendwie zerstritten haben. Ich meine, wir lieben
uns immer noch, aber... Ich habs irgendwie nicht mehr
mit ihm ausgehalten. Aber die Dinge gehen manchmal eben
komische Wege. Ich bin froh, dass er seine Solo-Sachen
gemacht hat, und ich musste zurück zu Slipknot, um „Volume
3“ aufzunehmen, danach war ich bei Ministry, bei Korn,
ich habe 3 Inches Of Blood produziert, dann war da noch
Roadrunner United, und Rob Zombie und all das. Wenn wir
gleich nach dem ersten Album weitergemacht hätten, wäre
ausserdem eine Art „Beyond The Valley Of Murderdolls
Part 2“ herausgekommen. Das wollten wir auf keinen Fall.
Ok, “Dawn Of The Dead” und die ganzen Songs waren cool,
ich hab die gerne gespielt und ich liebe die erste CD,
aber jetzt arbeiten wir ganz anders. Dieses neue Album
ist uns sehr wichtig!
MF: Und jetzt ist genau der richtige Zeitpunkt dafür?
Joey: Absolut! Ich bin stolz, dass wir es gemacht haben!
Weisst du, bei jeder Band, in der ich seither gespielt
habe, bei Slipknot Aftershow Parties, bei Meet’n’Greets
und so, haben mich so viele drauf angesprochen: “Wow,
wir lieben die Murderdolls! Wann kommen sie endlich
zurück?“ Und mir ist diese Frage langsam auf die Nerven
gegangen. (lacht). Dann, etwa vor ein, einenhalb Jahren,
ist mir ein Licht aufgegangen, und ich habe Wednesday
angerufen: „Dude, es ist Zeit, die Welt braucht die
Murderdolls wieder!“ Die meisten Bands sind langweilig,
die Metalszene ist überbevolkert von langweiligen Bands.
Ok, es sind alles mehr oder weniger gute Musiker und so,
aber es gibt einfach keine echten Rockstars mehr. Weisst
du, was ich meine? Wo sind all die Kiss-es, wo die
verdammten Alice Coopers, die Mötley Crües, die T-Rexes?
Auch wenn wir wie keine dieser Bands klingen... Wir sind
härter, besonders jetzt. Es hat mich einfach frustriert.
Slipknot ist wie die, und die Murderdolls sind mein
anderes Slipknot. Da irgendwo kann ich das ansiedeln.
MF: Unter all den Rockstars…
Joey: Ja, ich meine, ich habe Wednesday gesehen, nachdem
ich die Drums und die Gitarrenspuren für „Chapel Of
Blood“ aufgenommen hatte. Das war einer der letzten
Songs, die ich für das Album geschrieben habe. Ich bin
von der Probe mit Rob Zombie zurückgekommen, er sass da,
hat den Stift wie ein Messer gehalten und auf das
Notizbuch eingestochen. So hat er Lyrics geschrieben. Er
hat sowieso eine aussergewöhnliche Arbeitsweise.
Abgesehen davon, dass er bei Nacht arbeitet – ich
arbeite lieber tagsüber – dreht er die Temperatur in
seiner Aufnahmekammer so niedrig, dass man seinen Atem
sehen kann. Ausserdem ist es so finster da drinnen, dass
man ihn fast nicht sehen kann, ich brauch da immer eine
Taschenlampe. Er ist einfach komplett verrückt. Dann
hörst du ihn so Sachen singen wie „my dark place alone,
nowhere and nothing’s gonna be alright“, dann singt er
einfach darüber… Echt wahr, Rock’n’Roll ist einfach
alles, was er hat. Er hat das letzte halbe Jahr aus dem
Koffer gelebt! Er ist wie eine Reinkarnation von GG
Allin (amerikanische Horror-Punk-Ikone, Anm. d. Red.)!
Der Typ ist einfach verdammt noch mal Rock’n’Roll durch
und durch! Er ist aber nicht mehr der Wednesday 13, den
man aus der ersten Murderdolls-Zeit kennt, nicht
annähernd. Er ist so viel besser, und seine Stimme ist
aus einer anderen Welt. Er ist einer der letzten
wirklichen Rockstars.
MF: Von wegen Rockstars. Mick Mars hat ja zwei Soli
zu „Women & Children Last“ beigesteuert. Wie ist es denn
dazu gekommen?
Joey: Der „Mad Manager“ – ich weiss nicht, hast du den
schon mal auf Youtube oder sonst wo gesehen? –
jedenfalls war der Tourmanager auf der letzten Slipknot
Tour, und er macht eben auch Mötley Crüe. Wir waren also
gerade dabei, den Song „Blood Stained Valentine“
auszuarbeiten und sind zusammengesessen, haben uns ein
Playback vom unvollendeten Song angehört und uns
überlegt, wie das Solo klingen soll. Wednesday ist auf
einmal aufgesprungen und hat gerufen: „Hey, das klingt
irgendwie... das fühlt sich doch nach einem Mick Mars
Solo an!“ Die simple Antwort vom Mad Manager war: „Wieso
ruft ihr ihn dann nicht einfach an, ihr verdammten
Vollidioten?“ Ok, ich habe ja sonst alle von Mötley Crüe
gekannt, ausser ausgerechnet ihn. Ich war natürlich von
der Idee begeistert, das wäre doch grossartig! Auch wenn
wir eigentlich keine von diesen Alben mit haufenweise
Gastmusikern machen wollen. Der Mad Manager ist dann
einfach rausgegangen, um eine Zigarette zu rauchen, und
als er zurückgekommen ist, meinte er nur: „Ok Jungs,
brennt das Zeug auf CD, ich geb sie ihm, und er ist in
zwei Tagen hier.“ (lacht) Ich hab nur noch gedacht, das
gibt’s nicht, das ist doch genial! Also ist Mick Mars
zwei Tage später dahergekommen, in völliger
Rockstar-Aufmachung, sein Hut auf dem Kopf, 10cm hohe
Plateau-Schuhe, seine super junge Freundin, die seine
Gitarre getragen hat... Er hat seinen Amp mindestens auf
10 aufgedreht (lacht), hat sein Mikrophon positioniert,
sich hingesetzt und gleich mal ein paar Leute
losgeschickt, die ihm mehr Effekt-Pedals holen sollten.
Wednesday und ich sassen die ganze Zeit neben ihm und
haben ihn einfach nur beobachtet. Ich hab mich an die
Zeit erinnert, als ich zu Hause gesessen bin und „Shout
At The Devil“ auf Vinyl gehört habe. Irgendwann in der
High School. Das hat mich schon sehr beeindruckt, es war
einfach fantastisch! Mick ist ein netter Typ, sehr cool
und sehr witzig. Es war grossartig!
MF: Waren ausser Mich noch andere Musiker am neuen
Album beteiligt oder habt den Rest wieder nur du und
Wednesday eingespielt?
Joey: Der Einzige, der sonst noch mitgewirkt hat, ist
unser neuer Leadgitarrist Roman Surman. Ich habe ihn auf
der Tour mit Ministry kennengelernt, er war der
Tourmanager. Er ist noch ziemlich jung, aber nichts
desto trotz ist er ein verdammt genialer Gitarrist! Aber
er war eben nur Tourmanager bei Ministry. Wir sind gute
Freunde geworden während der Tour, und während ich
wieder zurück bei Slipknot war, hat Wednesday ihn
zufällig auch kennengelernt und sich mit ihm
angefreundet. Als wir dann mit den Aufnahmen begonnen
haben, hab ich einen Gitarrentechniker gebraucht,
jemanden, der sich um meine Gitarren kümmert, sie immer
stimmt und den ganzen Scheiss. Und er ist ein Genie in
solchen Dingen. Er kam also, um mein Roadie zu sein. Ich
meine, ich bin ein guter Songwirter und
Rhythmusgitarrist. Meine Leads sind zwar auch ganz ok,
aber ich bin nicht wirklich gut darin, ausserdem hasse
ich es, Leadgitarre zu spielen, aber ich musste halt.
Ich hatte also nicht richtig Lust dazu. Dann habe ich
Roman spielen gehört und ich hatte eine Idee. Ich habe
ein paar Songs rausgesucht, für die ich zwar schon Leads
aufgenommen hatte, hab sie ihm trotzdem einfach in die
Hand gedrückt mit dem Kommentar „Ich muss jetzt zur Rob
Zombie Probe, magst nicht du ein paar Soli spielen? Ich
komm dann irgendwann wieder...“ Als ich dann wiederkam,
hat er mir die Aufnahmen vorgespielt und ich war
begeistert. So wie der Typ spielt, sein Stil und alles,
war so perfekt für uns. Er hat keine Ryhthumsgitarren
oder sonst was gespielt, aber neben mir zeichnet er sich
für den Grossteil der Lead-Spuren verantwortlich. Jetzt
ist er auch live unser Leadgitarrist.
MF: Aber die eigentlichen Murderdolls, die seid immer
noch du und Wednesday?
Joey: Ja, das sind immer noch wir zwei.
MF: Es gibt also sonst keine wirklich fixen
Bandmitglieder. Siehst du demnach die Murderdolls immer
noch mehr als ein Projekt oder doch als eine vollwertige
Band?
Joey: Es ist meine andere Band! Ich sehe es als meine
zweite Band mehr als je zuvor. Es ist mir sehr ernst mit
den Murderdolls. Vor einiger Zeit habe ich noch nicht
mal dran gedacht, je ein weiteres Murderdolls Album
aufzunehmen, aber jetzt stehe ich mit voller Kraft
dahinter, bis aufs Blut, Rache und so. Ich mache hier
keine halben Sachen mehr. Die Murderdolls sind meine
anderen Slipknot.
MF: Klingt doch gut. Wie schaut’s in näherer Zukunft
aus? Können wir uns von deiner Begeisterung auch hier in
Europa mal überzeugen?
Joey: Tja, ich gehe jetzt in etwa zwei Wochen erst mal
mit Rob Zombie auf Tour, das Mayhem Festival. Dann ein
paar Wochen Pause, bevor wir am 18. September nach
Europa kommen und nach etwa 6 Jahren wieder in England
auftreten. Das ist der Gig am Ozzfest, eine richtig
grosse Sache. Dann sind wir noch dabei, ein paar
vereinzelte Daten für den September zu fixen, im Oktober
steht eine US-Tour an, und im November planen wir eine
Tour durch Europa. Für Dezember ist erst mal noch nichts
geplant. Aber nächstes Jahr dann natürlich, Festivals...
Wir kommen sicher in eure Gegend, soviel steht fest!
MF: Sehr schön, dann werden wir wohl auch mal an
einem Murderdolls-Konzert auftauchen.
Joey: Das wäre cool...
MF: Und wie schauts mit Plänen für ein nächstes Album
aus?
Joey: Es wird eins geben. Wir arbeiten sogar schon dran!
MF: So solls sein! Zum Abschluss noch eine etwas
andere Frage: Was ist dein Lieblings-Zombie-Film?
Joey: (lacht) Das ist allerdings eine aussergewöhnliche
Frage. Lass mich mal nachdenken... Ok, mein
Lieblings-Zombiefilm heisst... „Zombi“! (lacht) (Zombi
ist der zweite Titel vom Klassiker „Dawn Of The Dead“,
Anm. der. Red.)
MF: ...welcher denn auch sonst? Joey, danke fürs
Interview und viel Spass und Erfolg mit deinen eigenen
Zombies.
Joey: Danke dir!
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