Es gibt gewisse Dinge im Leben, die zum Glück nicht vorhersehbar
sind. Dazu gehört primär alles Negative, aber auch so würde ich
nicht wirklich gerne in die Zukunft blicken wollen. Daraus
resultiert dann auch, dass man sich bestimmte Begebenheiten
schlichtweg nicht vorstellen kann. Dazu braucht es die nötigen
Wendungen, Zufälle und auch eine Prise Glück, dass sich die
entsprechenden Türen und Tore im richtigen Moment öffnen. Was meine
Wenigkeit angeht, so stellte ich meine Weichen diesbezüglich im
Dezember 1997, als ich zur Crew vom "Newcomer" stiess, aus dem
später "Newcomer's Metalworld" hervor ging.
Aktuell und seit mehr als zehn Jahren im Hafen von Metal Factory vor
Anker liegend, kam nun eines Tages ein E-Mail, das ich zuerst mental
verarbeiten musste und kurz darauf mit einer positiven Antwort
retournierte. Ich hatte soeben das Interview mit Paul Mann
bestätigt, einem an sich klassisch ausgerichteten Top-Dirigent mit
immenser Erfahrung, der nebenbei auch ein Faible für Rockmusik hat
und in diesem Zusammenhang Deep Purple's «Concerto For Group And
Orchestra» an der Jahrtausendschwelle 1999 live dirigierte. Die daraus
entstandene Freundschaft mit Jon Lord ebnete oder besser erübrigte
die Frage, wer sich der Studiofassung anneh-men durfte. Deshalb rief
ich Paul in Rumänien (!) an, wo er sich gerade aufhielt und führte
danach ein sehr interessantes Gespräch, das rund eine
Dreiviertelstunde gedauert hat!
Eigentlich wäre der abgemachte Termin bereits um 19.30 Uhr
gewesen, aber weil die voran gegangenen Interviews länger als
vorgesehen dauerten, schob sich meines immer weiter nach hinten.
Nach unzähligen Anrufversuchen meinerseits, die zumeist in der
Warteschlange "Anrufer ist besetzt" hängen blieben (einmal sagte die
weibliche Stimme gar, dass ich nicht authorisiert wäre für diese
Nummer!), erhielt kurz nach 20.00 Uhr auf einmal ich einen Anruf. Am
anderen Ende: Paul Mann! Er bat mich dann zurück zu rufen, was ich,
obwohl dies ja eigentlich so nicht üblich ist, trotzdem umgehend
tat. Auf die Frage, wie viel Zeit wir denn nun hätten, meinte er
"solange wie du willst..., du bist der Letzte heute!"
MF: Hallo Paul! Nun hat es geklappt...
Paul: ...seeehr gut!
MF: Ist es richtig, dass ich dich in Rumänien anrufe?
Paul: In Rumänien..., ja!
MF: Ich habe die Vorwahl gesehen und nachgeschaut. Was machst du da
gerade?
Paul: Nun..., ich vermute, dass ich in einer gewissen Weise in
Jons Schuld stehe, denn der Grund, warum ich hier bin... (macht eine
kurze Pause und spricht dann weiter) - Im Jahre 2000, als wir mit
dem «Concerto» in Europa auf Tour waren, spielten wir zusammen mit
dem Rumänischen Staatsorchester und es hatte eine Menge hübscher
Girls hier! Eine ganz speziell und das ist der Grund, warum ich hier
bin! Sogar für mein Liebesleben hat Jon gesorgt, so zu sagen. Ich
bin nun etwa seit einem Jahr hier und es ist sehr schön da.
MF: Der 16. Juli 2012 war ein ganz trauriger Tag, nicht nur in
meinem Leben. Was hast du gefühlt, respektive gedacht, als du von
Jon Lords Tod gehört hattest?
Paul: Das ist sehr schwer, dies in einen Satz verpacken zu
können. Nun, ich war eigentlich überrascht, weil ich drei Tage vor
seinem Tod noch mit ihm gesprochen hatte. Ich weilte gerade in
London, um die letzten Szenen für die «Concerto-Dokumentation»
abzudrehen, die dann zusammen mit der CD veröffentlicht wird. Gerade
nach Hause zurück gekehrt, teilte ich ihm mit, dass wir es geschafft
hatten und alles fertig war. Er klang sehr müde und er hatte ja auch
eine schwere Behandlungszeit hinter sich. Aber er schmiedete Pläne
für die nächste Zeit, dass er sich zuerst eine Auszeit nimmt und
dann mit bestmöglicher Gesundheit wieder zurück kehren werde. Trotz
der schweren Krankheit war er im vergangenen Jahr stets sehr positiv
eingestellt. Vor allem war er so ein lieber und zuvorkommender
Mensch und wenn er die Wahl im Leben dafür gehabt hätte, wäre dies
sein Weg gewesen. Auch seine Familie half und unterstützte ihn sehr
und war darum bemüht, ihn positiv zu stimmen. Trotz der Rückschläge
hielt er dagegen, aber an dem Tag als er starb, war ich total
schockiert. Ich gehe aber davon aus, dass er dadurch vor den
Schmerzen, die so eine Krankheit mit sich bringt, verschont wurde.
Ich vermisse ihn seither sehr, denn ich machte in den letzten zwölf
Jahren keinen Schritt, ohne mich mit ihm abzusprechen. Er war mein
Mitstreiter und wir arbeiteten als Musiker sehr eng zusammen.
Niemand stand mir in meinem Leben als Freund näher als er und ich
habe ihn, unersetzbar, verloren. Letztlich macht es mich jedoch
glücklich zu wissen, dass diese Aufnahmen all das zusammen fassen,
was er mir bedeutet hat. Und er wollte, dass wir das Ganze feiern
und keine langen Gesichter ziehen. Zudem würde es ihn sicher mit
Freunde erfüllen, wenn er von der Idee wüsste, dass wir diese neuen
Aufnahmen sehr laut interpretieren und uns somit daran erinnern, war
für ein kreativer und voll Energie steckender Musiker er war.
MF: Ich muss gestehen, dass ich für eine Weile, draussen auf dem
Balkon, weinen musste...
Paul: ..., ja..., das Wunderbare an Jon war ja, wie viele
Menschen er berührte und er hatte eine Gabe, die nur wenige Leute
besitzen, von denen ich das Glück hatte, sie in meinem Leben bisher
kennen gelernt zu haben. Wenn du mit ihm sprachst, gab er dir das
Gefühl, dass du die wichtigste Person auf der Welt bist. Er widmete
dir seine volle Aufmerksamkeit und ging ganz auf dich ein. Ich sah
das auch immer wieder selber, wenn zum Beispiel jemand um eine
Unterschrift oder ein gemeinsames Foto nachfragte. Dafür hielt er
unmittelbar inne und nahm sich, stets gut gelaunt, Zeit für die
Leute. Resultat davon ist, dass nun eben ganz viele Menschen um ihn
trauern, selbst wenn sie ihn ja nur oberflächlich oder kurz
kennenlernen konnten. Die kurzen Momente, die sie mit ihm hatten,
bleiben jedoch unvergesslich. Sie fühlten sich ihm verbunden,
natürlich auch durch die Musik. Diejenigen, die ihm nahe standen und
ihm persönlich begegneten, äusserten ihre grosse Wertschätzung ihm
gegenüber, was er erwiderte. Das half dann auch als er starb zu sehen,
dass er, neben ihnen, auch viele andere mit seinem Wesen beeindruckte.
Als ich Paul dann kurz erzählte, dass ich unendlich froh bin, Jon
Lord, zusammen mit Steve Lee, 2009 in Luzern noch gesehen zu haben,
gab er mir zu Protokoll, dass Jon Ende des letzten Jahres ein Stück
mit dem Titel «The Mountain» für das "Lucerne Symphony Orchestra"
geschrieben hatte. Im November war eigentlich die Premiere davon
vorgesehen, aber aufgrund der Krankheit konnte Jon das Stück nicht
mehr fertig schreiben und so kam es leider nicht mehr zur
Aufführung.
MF: Die Studio-Version des "Concerto For Group And Orchestra" ist
nun zum Vermächtnis von Jon Lord geworden. Hatte Jon wegen der
Krankheit je Bedenken, es deswegen nicht mehr zu schaffen?
Paul: Das ganze Projekt erlangte dadurch eine andere Bedeutung
als Jon erkrankte und deswegen natürlich noch eine Menge anderer
Dinge. Wir stellten uns eigentlich alle die Frage, ob er alles
erfüllt sehen und hören würde. Erst vor ein paar Tagen erhielt ich
von der Plattenfirma ein Paket mit den Discs. Ich öffnete es,
umgeben von grossen Emotionen und konnte sagen "hier ist es nun
also, wofür wir so lange hingearbeitet haben!" Wie schön wäre es
gewesen, diesen ergreifenden Moment mit Jon teilen zu können. Aber
er hatte das "Final Master" gehört, zwei bis drei Wochen vor seinem
Tod. Er hörte, prüfte und liebte es, inklusive der feinen
Unterschiede und Details! Er war glücklich darüber und es ist gut zu
wissen, dass wir mit diesem Release nicht vermuten oder gar hoffen
müssen, dass es ihm wohl gefallen hätte. Wir wissen, dass er happy
war und von dieser Warte aus gesehen ist es auch eine gute Sache.
MF: Das Concerto enthält insgesamt nicht so viele Guitar-Parts.
Ungeachtet der Tatsache, dass Darin Vasilev ein talentierter Bursche
ist und wir hier natürlich nicht über Joe und Steve sprechen..., hat
niemand nach Ritchie Blackmore gefragt, dies für seinen alten Freund
zu tun?
Paul: (lacht) - Nun, an einem bestimmten Punkt wurde der
Vorschlag tatsächlich gemacht und eine Weile lang hoffte ich, dass
es wirklich geschehen würde! Ich weiss nicht, warum es nicht
passierte. Vielleicht hätte es nicht geklappt..., aber ich weiss,
dass Ritchie und Jon in Kontakt waren und einander sehr
freund-schaftliche Gefühle entgegen brachten. Eventuell hatte Ritchie
aufrichtig gedacht, dass es besser sei, es bei der Freundschaft zu
belassen, anstatt wieder businessmässig miteinander zu arbeiten.
Vielleicht war es das..., aber ich weiss es nicht und ich masse mir
auch nicht an, Ritchies Gefühle zu deuten. Ich kenne ihn nicht
persönlich und sah ihn einfach als Kind, als ich früher von meinem
Onkel zu Rainbow Konzerten mitgenommen wurde. Das ist übrigens Colin
Hart, der einst für die Crew von Rainbow gearbeitet hatte, also er
war der Tour-Manager! So begegnete ich Ritchie, aber man kann nicht
sagen, dass ich ihn kannte. Ich wünschte mir, dass es passiert, doch
das war nicht der Fall, anyway. In einer gewissen Weise war es auch
so, dass ich vermute, dass Jon gefühlsmässig, und diese Ansicht
teilte auch ich, wollte, dass die Aufnahmen eher auf das Stück
selber fokussiert sind, auf Jon Lords Concerto und eine weniger
grosse Verbindung zu Deep Purple aufweisen sollen.
Das war letztlich auch der Grund, warum einige Gäste aufgeboten
wurden. Gut, wir waren dennoch begeistert, dass wir Steve Morse
dafür einspannen konnten. Was Darin Vasilev angeht, so war dieser ja
bereits mit Jon live aufgetreten und für mich ist er die Entdeckung
in diesem Zusammenhang. Er machte wirklich einen tollen Job und fiel
dabei auf, wie gut er sich neben Steve und Joe schlug. Ich denke, es
ist gut, diese Zusammensetzung mit unterschiedlichen
Persönlichkeiten zu haben. Die Idee war ja auch, für jedes «Movement»
einen anderen Gitarristen zu engagieren, mit dem klaren Ziel, dass
es eher im Sinne des Concertos als deren jeweiligen Bands heraus
kommt. Wir wussten, dass Joe Bonamassa ein hammermässiger
Blues-Gitarrist ist, was perfekt zum zweiten «Movement» passt. Und
was Steve Morse angeht, nebst dem Umstand, dass er ja schon 1999
dabei war, gibt es ausser ihm einfach keinen anderen, der eben so
klingt wie er! Ich bin sehr zufrieden mit den verschiedenen
Persönlichkeiten, auch ohne Ritchie Blackmore. Klar wäre ich sehr
gerne bei einem Musik-Projekt mit Jon und Ritchie involviert gewesen
und bin wirklich traurig, dass das nie mehr geschehen wird. Ich hege
diesen Wunsch allerdings weiter, mal was mit Ritchie, den ich sehr
bewundere, zu machen. Doch ob das jemals stattfinden wird? Wir
werden es sehen..., man weiss ja nie!
MF: Was ist der Hauptunterschied zwischen der Arbeit im Studio und
der Live-Performance wie 1999?
Diese Frage entlockte Paul eine sehr umfangreiche und lange
Antwort. Zusammenfassend erklärte er unter anderem, wie es mit einem
solch grossen Orchester in einem Studio abläuft. Die Band hingegen
war nie vollzählig anwesend, sondern lediglich Jon Lord, Guy Pratt
(am Bass) und Schlagzeuger Brett Morgan. Grundsätzlich ist die
Abstimmung im Studio einfacher, was die jeweilige Lautstärke angeht.
Live musste man Kompromisse eingehen, da fünf Musiker 85
Orchestermitglieder locker ausstechen können. Das Concerto enthält
von Beidem etwas, wobei das zweite «Movement» live schwierig
umzusetzen war, da Vieles ruhig und langsam ist. Das erfordert
Geduld beim Zuhören und mundete deshalb den Hardcore-Fans nicht so.
Paul war aus diesem Grund etwas nervös bei den Konzerten und manchmal
wurde deswegen etwas abgekürzt.
Im Studio ist man davon hingegen komplett befreit. Paul ist
glücklich darüber, wie die leisen Parts heraus gekommen sind, zum
Beispiel der Übergang des Solos von Jon in den Schluss hinein. Das
macht den Kern des Concertos aus. Dazu kommt, dass im Studio
festgestellte Fehler ausgemerzt werden können, live geht das nicht.
Darum kann die Arbeit im Studio gewagter angegangen werden. Die
ganze Aufnahmearbeit mit dem Orchester konnte vor Ausbruch der
Krankheit von Jon abgeschlossen werden, aber auch so wusste Paul,
dass dies nun seine letzte Chance war, es richtig hin zu bekommen.
Die Aufnahmen waren sehr teuer und hätten deshalb nicht wiederholt
werden können. Das Verhältnis zwischen Jon und dem Orchester war von
Harmonie geprägt, da man vorher schon gemeinsame Aufnahmen gemacht
hatte. Zum dritten und abschliessenden «Movement» fand Paul eine
sehr treffende Formulierung: "A Fireball Of Energy".
MF: Deep Purple begannen 1969 als erste Band damit, klassische Musik
mit rockigen Klängen zu kombinieren. In der Zwischenzeit gab es
einige Nachahmer wie Metallica, die Scorpions oder auch Kiss. Dazu
weitere Bands wie Rage mit dem „Lingua Mortis Orchestra oder aktuell
Dimmu Borgir, die heuer ja in Wacken mit einem Orchester auftraten.
Magst du sowas auch?
Paul: Nun..., dagegen habe ich nichts, aber ich glaube, dass es
was anderes ist zu dem, was Jon gemacht hat. Die Meisten nutzten ein
Orchester als eine Art begleitender Hintergrund. Die Metallica
Konzerte..., und die Scorpions, die ja mit den Berliner
Philharmonikern was machten und all die anderen..., das war nicht
das Gleiche. Jon schrieb die Musik speziell für diese Kombination
und erkundete das Thema, dass diese beiden Stile irgendwie zusammen
finden. Dazu kommt, dass Jon ein Leben lang im Zwist lag, das heisst
zum einen das Klassische sehr mochte und zum anderen eben auch die
Rockmusik. Er liebte Beides mit der gleichen Intensität und war
eigentlich der Einzige, der das wirklich verstand. Alle Orchester
waren stets beeindruckt davon, wie Jon ihre Welt verstand, obwohl
sie manchmal von ihm als Rockmusiker dachten, wer er denn nun sei.
Doch dann merkten sie es jeweils ziemlich schnell, dass er es
wirklich drauf hatte und er brauchte niemandem, der ihm sagt, was er
wie tun musste. Gleichzeitig lernte er schnell und genoss es dann
aber auch, zum Beispiel «Smoke On The Water» mit einem 85-köpfigen
Orchester und der grössten Rockband der Welt spielen zu können.
MF: Hier in Europa gibt es mit der Reihe «Rock Meets Classic» ein
weiteres, überaus erfolgreiches Projekt. Hast du Kenntnis davon?
Paul: Ist es das, wo Ian Gillan mit dabei ist?
MF: Ja..., genau!
Paul: Davon habe ich gehört, weiss aber nicht viel darüber. Ich
sah mal was, glaube ich, auf Youtube. Aber das ist noch lustig und
mit Ironie versehen. Ian Gillan..., ich liebe ihn und will nicht
Schlechtes über ihn sagen..., 1969 mochte er die Sache, mit einem
Orchester zusammen zu spielen, überhaupt nicht. 1999 war es genau
umgekehrt und seine Haltung dazu schlicht wunderbar. All das
Negative von früher war wie weggeblasen und Ian voll begeistert
dabei. Er liebte die Atmosphäre und war voll Bewunderung für Jon. Am
Ende der Tour fragte ich ihn, ob er, zusammen mit den anderen
Bandmembers, ein kleines Geschenk für Jon mittragen würde, um die
Wertschätzung zum Ganzen auszudrücken. Ich erinnere mich daran, wie
Ian dazu schrieb: "You are my hero!" Die Folge davon ist nun, dass
Ian selber in diese Richtung aktiv geworden ist, was doch eine
wundervolle Sache ist!
Auf meine Frage hin, ob es für die Musiker der Orchester jeweils nur
ein Job war oder sie ob wirklich Freude daran hatten, zog Paul den
Vergleich zwischen 1969 und 1999. Damals war es sicher anders, als
dreissig Jahre später. Der damalige Dirigent und später geadelte Sir
Malcolm Arnold, der einen guten Draht zu Jon Lord hatte, stauchte
seine Leute zu Beginn sogar zusammen, um das angepeilte Ziel
erreichen zu können. Heute wäre sowas undenkbar und würde mit
Sicherheit die Karriere kosten. Somit war es 1999 dann schon so,
dass sich das Orchester dessen bewusst war, auf welchem hohen Level
das Ganze abgehalten wird und das brachte somit auch deren
Wertschätzung dafür. Das Gleiche galt auch für die Band und beide
Seiten fühlten sich dann entsprechend wohl dabei. Auch für Gäste wie
Ronnie James Dio (R.I.P.) und weitere, darin involvierte Personen
bedeutete dies eine neue wie positive Erfahrung. Das gipfelte
schliesslich in einer Tour, die um die Welt führte..., Amerika,
Europa und Japan. Dazu ergänzte Paul noch, dass die Aufnahme von
1969 an sich gar nicht mal so schlecht ist, ausser ein paar Stellen,
die zu rau ausfielen. Letztlich wurde es aber zu einem historischen
Ereignis und die neue Version sei natürlich um Welten besser.
Angesprochen auf die Abbey Road Studios in London, erfuhr ich, dass
die Aufnahmen des Orchesters zuerst in deren Heimatstadt Liverpool
gemacht und erst danach (in London), zusammen mit dem Rest
überarbeitet wurden. Der geschichtsträchtige Ort sei dafür bestens
geeignet gewesen, zumal Jon und Paul in der Nähe wohnten. Darüber
hinaus war man sich schon bewusst, wie viel Musikgeschichte damit
verbunden, respektive wer da schon alles durch diese Türen
geschritten ist. Es war einfach ein tolles Gefühl, an diesem Ort
sein zu können.
MF: Was kommt als Nächstes für dich und wirst du womöglich wieder
mal ein Orchester dirigieren, das zusammen mit einer Rock- oder
Metalband spielt?
Paul: Meine Zusammenarbeit mit dem «Concerto» wird weiter gehen
und es wäre natürlich schön, es weiterhin spielen zu können.
Allerdings kann ich mir im Moment nicht vorstellen, das Ganze mit
einem anderen Organisten zu machen und weiss nicht, wer das
überhaupt könnte. Und ich liebe die Rockmusik, obwohl ich ein
Dirigent für klassische Musik bin. Und sollte sich sowas wieder
einmal ergeben, dies zu kombinieren, wäre ich sehr glücklich
darüber. Das setzt allerdings voraus, dass ich die richtigen Musiker
finde und wir einander verstehen. So, wie es zwischen Jon und mir
war. Wir verstanden uns von Anfang an..., bei der Musik und fürs
Leben. Wir dachten beide das Gleiche und ergänzten uns optimal, was
in einer Freundschaft selten vorkommt. Aktuell ziehe ich hier gerade
mein Ding durch. Vor zwei Tagen spielte ich mit dem gleichen
Orchester, das ich 2000 auf der Tour schon hatte, das Requiem von
Brahms in Erinnerung an Jon. Das war ein sehr spezieller Abend und
eine gute Möglichkeit, die Emotionen, die immer noch da sind, zu
verarbeiten. Aber ich bin sicher, dass wir ihn immer vermissen
werden. Es ist gut, dass es, unter anderem mit dem «Concerto»,
die Musik da draussen gibt und der Zeitpunkt hätte nicht besser sein
können.
MF: Warum sollten Metalheads deiner Meinung nach auch klassische
Musik hören?
Paul: Oh..., ich weiss nicht, ob sie das wirklich tun sollten,
aber wenn sie es wollen, dann schon. Dies aus dem gleichen Grund,
wie Fans von klassischer Musik sich auch Metalbands anhören sollen.
Ich denke, gute Musik ist halt gute Musik, egal wie man sie
bezeichnet. Ich kann zwar nicht für andere sprechen, aber ich
möchte, je nach Stimmung, ein Violin-Konzert von Beethoven oder mir
dann Ronnie James Dio anhören, eine Oper, Deep Purple. Für mich ist
es das Gleiche und das war es auch für Jon..., und zwar mit allen
Arten der Musik. Wenn du nun Freude, Interesse und Begeisterung für
die klassische Musik oder was auch immer findest, dann gehe dem
nach. Das «Concerto» ermöglicht ja genau das, da mal einen Fuss rein
zu setzen. Letztlich wäre Jon sehr glücklich darüber, wenn sein Werk
hierzu einen Beitrag leistet. Dazu kommt der Kick, wenn ein
Symphonie-Orchester in voller Fahrt ist, wie bei einer Band, einfach
mit dem Unterschied, dass hier nichts verstärkt, sondern alles echt
ist. Etwa drei Wochen nach den letzten Konzerten mit Deep Purple,
dirigierte ich ein englisches Orchester und spielte neben einer
Symphonie auch ein Stück von Rachmaninoff. Im Publikum sass Jon Lord
und neben ihm Ian Gillan. Er (Jon) konnte sich nicht mehr erinnern,
wann er zuletzt an einem klassischen Konzert mit dabei war. Das
fühlte sich für mich phantastisch an, dass er sich extra die Mühe
machte und mich in meiner Welt anhören kam. Ein wirklich wunderbarer
Moment und wenn er das konnte, können das andere im übertragenen
Sinn auch.
MF: Das war das perfekte Schlusswort! Ich danke vielmals für die
grosse Ehre..., vielen Dank Paul!
Paul: Es war sehr nett mit Dir zu sprechen und entschuldige die
Verspätung!
MF: Keine Ursache...
Paul: ...und wo wird das zu lesen sein?
MF: Bei metalfactory.ch
Paul: Ok..., ich werde ein Auge darauf werfen.
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