„Metal ist Religion!“ So heulen die deutschen
Powerwölfe nun bereits seit vier Alben. Ihr neuestes
Werk „Blood Of The Saints“ bietet wiederum hervorragende
Heavy Metallische Hausmannkost mit herausragenden
Texten, knackigen Melodien und dem gewohnten
Werwolfe-Vampire Image. Dass diese Kombination auch Live
funktioniert, bewiesen die Wölfe auf der diesjährigen
Power Of Metal-Herbsttournee zusammen mit Skull Fist,
Grave Digger und Sabaton. Metal Factory nutzte die
Gelegenheit, um mit Organist Falk Schlegel und Gitarrist
Matthew Greywolf über das Album, Besetzungswechsel und
die Dreifaltigkeit des Heavy Metals zu sprechen.
MF: Gratulation zum Billing, mit dem ihr spielt. Wie
habt ihr es auf dieses Hammerbilling mit Grave Digger,
Sabaton und Skull Fist geschafft?
Falk S.: Wir sind gefragt worden.
Matthew G.: Ja, wir sind gefragt worden. Unsere neue
Platte ist jetzt erst vor kurzem erschienen. Und da
haben wir nicht lange gezögert, und gesagt, da fahren
wir mit.
Falk S.: Das hat perfekt gepasst. Also sowohl vom
Zeitpunkt, wie auch vom Line-Up her. Einen Monat nach
der Veröffentlichung des Albums, ist ein wunderbarer
Zeitpunkt für eine Tour. Und ich finde auch dieses
Line-Up auf der Tour eine sehr gelungene
Zusammenstellung. Du hast vier Bands, die im groben
Sinne Powermetal machen, aber jede einzelne Band hat
irgendwie ihre ganz eigene prägnante Nische. Und wenn
ich mir das Line-Up anschaue, was ich jetzt des öfters
getan habe, stelle ich fest, dass das einfach auch eine
sehr spannende Zusammenstellung ist. Es spricht eine
ähnliche Zielgruppe an, aber du hast nicht den Effekt,
dass du die gleiche Band vier mal auf der Bühne siehst.
Es ist einfach ein sehr rundes Programm, ist sehr
gelungen und macht absolut Spass.
MF: Ihr habt ja mittlerweile fast selbst einen
Headliner-Status. Ihr spielt jetzt aber als zweite Band
des Abends.
Matthew G.: Ja, das finde ich aber auch ganz angenehm.
Wir können unser Set spielen und danach Party machen.
Das ist nicht das unangenehmste. Davon abgesehen hat die
Tour ja auch so ein Bisschen Festival-Charakter, was
sich auch im Umgang der Bands untereinander zeigt. Auch
im Tagesablauf, und das passt schon alles super.
Natürlich wäre es auch ganz schön, wenn wir anstelle der
45 Minuten ein wenig mehr Zeit hätten. So wird es
natürlich immer schwierig. Es gibt jeden Nachmittag
Kämpfe, weil jeder seine Lieblingssongs unterbringen
möchte. Und bei 45 Minuten muss natürlich zwangsläufig
einiges raus fallen. Aber das ist auch schon der einzige
Hacken. Ansonsten passt es absolut super.
MF: Heisst das, dass ihr das Set jeden Abend neu
anpasst?
Falk S.: Ich würde eher sagen, dass es da um einzelne
Songs geht. Das Set steht soweit und dann gibt es halt
den einen Song „Komm, heute ist Samstag, da musst
Saturday Satan her“ (lacht). Aber es sind dann Nuancen.
Aber man diskutiert immer, was man spielt. Wir können ja
quasi auch theoretisch auf Zuruf spielen (lacht).
Matthew G.: Wir variieren halt leicht von Abend zu
Abend.
Falk S.: So kann man das zusammenfassen.
MF: Ihr könntet also die meisten eurer Songs spielen?
Matthew G.: Ob wir das können, ist was anderes
vielleicht (lacht). Wir haben aber keine Skrupel, dass
zu probieren.
Falk S.: Ja, das ist richtig.
MF: Ihr habt keine Angst zu versagen?
Falk S.: Nö, ach. Wir haben die Songs ja eingespielt.
Dann sollten wir die auch Live spielen können.
Matthew G.: Und der Wolf ist ja auch ein alter Hase
sozusagen.
MF: Zum neuen Album. Der Albumtitel „Blood Of The
Saints“ wurde wiederum von der Bibel inspiriert. Aus
welcher Textzeile?
Matthew G.: Das ist eine Passage aus der Offenbarung von
Johannes. Genau genommen aus Kapitel 17, Vers 6. Darin
heisst es: „Und ich sah die Frau betrunken vom Blut der
Heiligen und der Martyrer Jesu“. Ich war damals darauf
gekommen, weil ich eine theologische Abhandlung gelesen
hatte, in der diese Passage von Theologen sehr
kontrovers diskutiert wurde. Was ich super spannend
fand, war, dass es Theologen gibt, die in dieser Passage
eine Form von Kirchenkritik sehen. Das Blut der Heiligen
von dem die Frau betrunken ist. Heiligenverehrung ist ja
jetzt nicht gerade die Grundlage einer Religion. Das ist
ja schon ein Auswuchs. Und das Betrunkensein, das
Berauschtsein vom Blut der Heiligen kann Interpretiert
werden als eine sehr frühe Form von Kirchenkritik. Was
ich sehr interessant finde. Die Johannes-Offenbarung
ist, wenn ich richtig informiert bin, so grob zweites
bis drittes Jahrhundert. Also auch aus einer Zeit, in
der sich das Christentum als Institution gefestigt hat.
Das war einfach super spannend zu überlegen, dass in der
Bibel selbst schon eine Form von zeitgenössischer Kritik
an der Entstehung von Religion beinhaltet ist. Und den
Gedanken trug ich eine Weile mit mir rum. Und irgendwann
dachte ich mir, dass das eigentlich eine perfekte
Grundlage ist, um ein paar Texte darauf aufzubauen. Und
irgendwann war dann der Albumtitel da. Er klingt auch
gut, passt perfekt. Deswegen heisst das Album jetzt „Blood
Of The Saints“.
MF: Das klingt so, als seit ihr ziemlich Bibelfest.
Matthew G.: Bibelfest ist relativ. Die Bibel ist
natürlich sehr umfassend. Wir sind einfach alle
spirituell, religiös interessierte Menschen. Und man
liest natürlich das ein oder andere. Gar nicht
unbedingt, um jetzt in erster Linie etwas für den Wolf
zu machen, sondern einfach weil es uns jetzt eben
interessiert. Man mag jetzt religiös ausgerichtet sein,
wie man will, aber Fakt ist jetzt mal, dass die Bibel
eines der wichtigsten Werke der Geschichte ist. Auf der
Bibel basieren sehr viele unserer Moral- und
Wertvorstellungen. Selbst wenn ich jetzt der fieseste
Satanist wäre, der die Bibel bestenfalls zum Anzünden in
die Hand nimmt, müsste ich mir ja eingestehen, dass ich
da doch was in der Hand halte, dass irgendwie sehr
gewichtig ist. Deswegen finde ich es auch interessant,
mich damit zu befassen.
MF: Wie schwer ist es denn, diese Liedtitel zu kreieren.
Als Beispiel vom neuen Album sind das „Sacrified With
Dynamite“, „All You Need Is Blood“, „Die, Die Crucified“?
Kommen die einfach beim rumexperimentieren raus?
Matthew G.: Ja, das ist eigentlich spielerisch. Das sind
so Titel… Natürlich kommst du nicht jeden Tag mit einer
Idee wie „Sacrified With Dynamid“ um die Ecke. Aber es
ist jetzt auch nicht so, dass wir krampfhaft nach
solchen Sachen suchen. Dass sind Titel, die einfach
irgendwann mal da sind. Wir führen ein Bisschen Buch mit
möglichen Titeln. Wir haben immer eine Liste mit
möglichen Songtiteln. Weil es in unserem Songwriting
auch oft so ist, dass ein Songtitel der Ausgangspunkt
für einen Song ist.
Falk S.: Der Refrain eigentlich.
Matthew G.: Und der Refrain entsteht meist um den
Songtitel herum. Ich glaube wir haben noch nie einen
Refrain geschrieben und erst hinterher überlegt, welche
Worte man da rein singen könnte. So funktioniert der
Wolf nicht. Wir brauchen den Titel. Wir brauchen eine
Stimmung, die der Titel vorgibt und dann schreiben wir
um den Titel herum einen Song.
MF: Das ist spannend. Die Songs kommen also nicht von
einem Anfangsriff sondern vom Titel her.
Falk S.: Das kommt eigentlich in erster Linie von einer
Gesangsmelodie, würde ich sagen. Man hat oft eine
Melodie, die wie bei „Sacrified with Dynamite“ oder
„Panic In The Pentagram“ vom letzten Album, dass wir da
ein Bisschen drum rum stricken. Weil das meistens auch
Songs sind, die sehr eingängig sind, was aber unsere
Songs generell auszeichnet. Und darauf kann man immer
gut aufbauen. Ein Lied ist für mich dann gut, wenn es zu
einem guten Refrain hinführt. Wenn man trotzdem die
Strophe mitpfeifen kann, und dann diesen Singalong im
Refrain hat, dann ist das für uns eigentlich so der
perfekte Song. Und bisher haben wir auch viele Sachen
weggeworfen, von denen wir dachten, dass sie nicht rund
genug sind. Von daher ist das schmissige auch live zum
Mitsingen gut, wenn man einen prägnanten Titel hat.
MF: Bei den Titeln habt ihr auch eine gewisse
Savatage-Affinität. Die Bonus-CD heisst ja „The
Sacrilege Symphony – And Still The Orchestra Prays“.
Bewusst eine Homage an Savatages “And Still The
Orchestra Plays”?
Matthew G.: Ja, ganz klar. Ein Wortspiel, das in
Richtung Savatage geht. Die sind einer meiner persönlich
grössten Einflüsse und wir lieben es auch einfach, in
dieser Form Tribute zu zollen.
MF: Ich fand es auch cool bei den Blog-Titeln, wo es
hiess „Madness Rains, In The Hall of The Fredman King“
Matthew G.: (Lacht) Das war Fakt. Da hat der Wahnsinn
regiert. Aber wir sind alle seit Jahrzehnten riesige
Metalfans. Du trägst einen Haufen Metal in dir mit. Und
es macht auch Spass hin und wieder solche Zitate
einzubauen - seih es musikalisch oder in Form von einem
Studio-Teilbericht oder sonst wie.
MF: Die Bonus-CD generell ist ja etwas ganz spezielles
geworden. Wann habt ihr daran gedacht, dass eure Songs
auch rein orchestral funktionieren könnten?
Matthew G.: Den Gedanken tragen wir eigentlich schon
sehr lange mit uns rum. Eigentlich bereits fast seit dem
ersten Album. Wir wollten schon immer irgendwann so was
machen. Allerdings muss sich dazu natürlich auch die
Gelegenheit ergeben. Und in dem Fall hat so ein Bisschen
der Zufall reingespielt als wir die Schlagzeugaufnahmen
im Kohlekellerstudio angefangen haben. Da waren am Abend
vorher gerade die Portugiesen Heavenwood mit dem Mix
ihres Albums fertig geworden. Und man hat so
zusammengesessen, hat ein Bisschen reingehört in den
fertigen Mix. Und da waren diese Orchestralen Sachen
drin, die mich völlig umgehauen haben. Und so haben wir
die Jungs einfach mal gefragt, wer dass denn gemacht
hat. Dann kamen sie mit der Story um die Ecke, dass sie
mit einem klassischen Komponisten aus Moskau
zusammenarbeiten. Wir haben kurzerhand nach der
E-Mail-Adresse von Dominic G. Joutsen gefragt und drei
Tage später, haben wir bereits eifrig E-Mals hin und her
geschickt und angefangen, mit ihm zusammen dieses
Projekt zu planen. Und so ist das entstanden. Es war für
mich ein sehr spannender Prozess. Ich musste bei diesem
Projekt sehr viel lernen. Ein klassischer Komponist
arbeitet einfach ganz anders als eine Rockband. Da gab
es Situation wie… ein bestimmtes Arrangement an dem wir
gearbeitet haben und ich habe dann halt kommuniziert,
wie ich das auch in der Band machen würde, „Ne, spiel
mal hier die Melodie ein Bisschen höher“ und dann kam
als Antwort „No, I just can’t, because the violines
don’t do this“. (lacht) Okay, da musste ich zuerst… Das
war sehr interessant, weil er mit Metal und Rockmusik
überhaupt nichts am Hut hat. Er ist ein reiner
orchestraler Filmmusik-Komponist. Und es war absolut
spannend mitzukriegen, dass der in ganz anderen
Massstäben denkt. Und die Art und Weise wie Dinge
arrangiert werden ist komplett anders. Das war sehr,
sehr spannend und das Ergebnis ist auch sehr interessant
geworden.
MF: Wer hatte denn bisher eure orchestralen Arrangements
gemacht? Du Falk als Organist?
Falk S.: Auch, aber das haben wir auch mit unserem
Co-Produzenten gemacht. Der David Buballa, der fährt auch
mit ins Studio Fredmann und sagt dem Herrn Nordström,
was er zu lassen hat. (lacht) Das sind immer sehr
witzige Diskussionen. Und da ziehen dann immer die
Nächte ins Land, wo wir irgendwelchen Kram zusammen
arrangieren.
Matthew G.: Bei „Blood Of The Saints“ war es am
extremsten. Da haben wir tagsüber mit Frederik Nordström
gemixt und nachts haben wir im Studio nebenan noch die
letzten Intros und orchestralen Arrangements fertig
gebaut bis uns die Augen zugefallen sind.
Falk S.: …und sind dann um sieben Uhr wieder
aufgestanden, weil die früh mit der Arbeit beginnen. Die
hören aber auch wieder früh auf zu arbeiten. Deshalb
konnten wir auch ruhig unsere eigenen Sachen noch
ergänzen. Aber so ist es irgendwie bereits seit allen
Alben.
MF: Ihr hattet also 18 Stunden Tage, oder so was?
Matthew G.: Ja, also die letzte Woche, in der wir in
Göteborg gemixt haben, war sehr, sehr anstrengend. Was
ein Bisschen auch auf unsere eigene Kappe gegangen ist,
weil wir eben einfach nicht früher mit allen
orchestralen Arrangement fertig geworden sind.
Falk S.: Wir hatten den Flieger nach Göteborg gebucht.
Und dann haben wir gemerkt, dass wir doch noch was tun
müssen, sprich Keyboards einpacken, etc und dann sind
wir mit dem Auto hochgefahren. Das war natürlich sehr
weit. Wie viele Kilometer waren das?
Matthew G.: 1‘600 km. Wir haben also die Flüge geknickt und sind
mit unserem ganzen Equipment da hoch gefahren und haben
noch fertig gearbeitet. Wir machen uns die Sache ja auch
nicht ganz leicht. Die klassischen Chöre haben wir
Beispielsweise in einer Kirche aufgenommen. Das sind
solche Sachen, die man auch nicht minutiös planen kann,
weil natürlich eine Kirche zu mieten, als Metalband
sowieso schon schwierig ist, und du musst dich dann
natürlich nach den Terminen richten, die du vorgegeben
kriegst. Und unser Zeitplan wurde halt wegen solchen
Eskapaden einige mal ganz bös über den Haufen geworfen.
Das war es uns aber Wert. Und letztendlich war es ein
Marathon und Sprint gleichzeitig.
Falk S.: So ist es irgendwie immer bei den
CD-Produktionen. Man fängt langsam an, dann wird es
rasanter und irgendwann macht man nichts mehr anderes
(lacht).
MF: Der Wolf ist also sehr spontan oder geht sehr gut
mit solchen schwierigen Situationen um?
Falk S.: Ich sage mal so: Es ist oft so, dass wenn es um
die Wurst geht, der Wolf da ist. (lacht) Nein. Also wenn
es wirklich darauf an kommt, dass das Ding klappen muss,
dass es fertig werden muss, dann werden wirklich die
Arschbacken zusammengefetzt und es geht wirklich zur
Sache. Ich glaube wir sind keine Band, die jetzt
Jahrelang an einer Platte schreibt und dann irgendwann
sagt: „So jetzt machen wir das Ding da und dort.“ Ich
glaube, da sind wir schon recht spontan. Weil wir wollen
auch zeitnah veröffentlichen. Das sind wir unseren Fans
auch schuldig, denke ich.
Matthew G.: Zudem finde ich es persönlich auch wichtig,
auf einem Album auch eine gewisse Spontaneität und
Spielfreude zu hören. Das ist uns auf Blood Of The
Saints ganz gut gelungen, dass man auch hört, dass das
jetzt keine Songs sind, welche die Band jetzt bereits
seit einem Jahr immer wieder umarrangiert. Ich
persönlich mag es auch immer, wenn ich mir ein Album
höre und denke: „Okay, das klingt jetzt, als würde da
gerade eine Band spielen. Und die haben jetzt auch grad
Spass.“ Und das entsteht bei uns ganz oft auch dadurch,
dass wir ziemlich spontan agieren können.
MF: Kommen wir zum Image. Ihr habt ja ein klar
erkennbares. In wie fern fühlt ihr euch diesem Image
verpflichtet? Also ihr macht jetzt das Interview gerade
ohne Schminke.
Matthew G.: Das Image ist natürlich ein ganz wichtiger
Teil von Powerwolf. Ich trenne das auch nicht. Ich
könnte auch nicht die Musik vom Image trennen. Es ist
ein Gesamtkonzept, ein Gesamtwerk, im Prinzip. Du kannst
ja auch schlecht im Theater das Stück als solches von
den Kostümierungen trennen. Bei Powerwolf war das Image,
das Auftreten, der visuelle Aspekt von vornherein immer
ein ganz wichtiger Bestandteil. Und insofern fühlen wir
uns diesem auch verpflichtet.
MF: Euer Sänger Attila spricht ja eigentlich akzentfrei
Deutsch. Auf der Bühne hat er aber immer noch diesen
Akzent drin. Gehört das ebenfalls zum Image, dass man da
eine Atmosphäre auch mit den Ansagen aufbaut?
Matthew G.: Natürlich auch. Aber der Akzent kommt auch
von der Nervosität (Lacht).
Falk S.: Ja, Attila mit seiner ganzen Persönlichkeit,
das hat sich mit der Zeit auch ein Stück weit
entwickelt. Aber du hast schon recht. Er ist auf der
Bühne auch ziemlich nervös.
Matthew G.: Er weiss mittlerweile auch, dass es nicht
„Vielen Dankeschön“ heisst sondern „Vielen Dank“. Er
ignoriert dies aber einfach. Und das ist auch Kult
geworden. Das gehört zu Attila Dorn dazu.
MF: Ansonsten wäre es bei euch auch uncool.
Falk S.: Es wäre ungewohnt. Wir warten darauf, dass er
gewisse Dinge auf der Bühne sagt. Wenn er das nicht tut,
verspielen wir uns (lacht).
Matthew G.: Das gehört zum Gesamtwerk einfach dazu. Das
ist so entstanden. Es ist jetzt auch nicht so, dass wir
dieses Gesamtkonzept in allen Einzelheiten erdacht oder
geplant hätten. Sondern das entsteht. Das hat sich über
die Jahre und über die Alben so entwickelt. Aber es ist
ein Konzept, mit dem wir uns wohl fühlen, und in dem wir
immer wieder neue Aspekte entdecken. Und es passt
einfach.
MF: Ihr macht diese Image-Sachen also auch komplett
selber?
Matthew G.: Ja. Wir sind sowieso eine ziemliche „Do It
Yourself“-Band. Alles was du heute auf der Bühne sehen
wirst, die Backdrops, die Sidedrops, die T-Shirts, was
auch immer, kommt von uns selbst.
Falk S.: Das Artwork kommt von dir. Das kannst du ruhig
sagen.
Matthew G.: Das Artwork mache ich auch komplett selbst.
Wir geben im Prinzip nichts aus der Hand. Das ist
natürlich auch sehr anstrengend, das ist sehr viel
Arbeit. Aber es gestattet uns natürlich auch eine
gewisse künstlerische Freiheit. Nämlich dieses Image
genauso visuell umzusetzen, wie wir das auch machen
wollen.
Falk S.: Wir hatten für die neuen T-Shirts auch
verschiedene Design-Vorschläge bekommen. Da siehst du
dann hinten einen Wolf auf einer Kutsche… Das passt
nicht. Also das passt nicht zu Powerwolf.
MF: Das kommt schlussendlich wohl auch günstiger. Oder
verrechnest du deine Stunden?
Matthew G.: Naja, da hast du wohl… Also günstiger ist
relativ. Manchmal wäre es für meine Nerven und meinen
Lebenswandel wesentlich günstiger, wenn wir ein Bisschen
Geld ausgeben würde, und jemand anderes das machen
lassen würden. Aber so denken wir eben einfach nicht. Es
wäre natürlich auch viel günstiger statt in einer Kirche
einen Chor aufzunehmen, einfach den Chor ins Studio zu
schleppen, wo wir sowieso schon sind. Aber so denken wir
nicht.
Falk S.: Und zum Mixen nach Göteborg fahren.
Matthew G.: Aber so denken wir definitiv nicht. Das hat
auch etwas mit Leidenschaft zu tun. Und mit Hingebung zu
der Sache. Wir werden niemals ein Album aufnehmen, nach
dem Motto: „Mit möglichst wenig Aufwand“. Nein im
Gegenteil! Wir machen immer alles, was irgendwie geht.
Und das sind Momente, welche man auch selbst zelebriert.
Du nimmst einen Chor in der Kirche auf und stehst da,
der Chor singt da deine Songs. Das sind einfach
Gänsehautmomente, welche ich nie missen möchte. Das sind
Momente, die du dein ganzes Leben nie vergisst. Und im
Grunde genommen ist es auch so ähnlich, wie wenn man zum
ersten Mal das Backdrop auf der Bühne hochgezogen wird,
das du selbst gestaltet hast. Das sind Sachen, die
gehören einfach dazu.
MF: Der Wolf hatte beim letzten Mal ja nicht so Glück
mit dem Schlagzeuger. Ihr habt mir mal bei einem anderen
Interview gesagt, dass euch dieses Zusammensein, dieses
Gang-Sache vielleicht, sehr wichtig ist. Wie sehr hat
dies jetzt durch den Schlagzeugerwechsel Kratzer
bekommen?
Matthew G.: Das ist sehr relativ. Nach aussen wirkt das
glaube ich wesentlich Zerfahrener als es eigentlich ist.
Denn diese Familie, wie wir dem immer gesagt haben, die
gibt es eigentlich immer noch. Stephane Funèbre, unser
erster Schlagzeuger, ist nicht im Streit ausgestiegen.
Ich möchte auch gar nicht den Begriff ausgestiegen
benutzen. Er ist mittlerweile zweifacher Vater und hat
eben einfach andere Prioritäten als mit uns hier in
Zürich im Tourbus zu sitzen. Das verstehen wir absolut.
Er ist zum Beispiel immer noch ein Teil des Rudels. Er
ist aber Live einfach nicht mehr dabei, weil es seine
Zeit einfach nicht mehr gestattet. So gesehen ist er
immer noch dabei. Sein Nachfolger Thom Diener kam
ursprünglich nur als temporärer Ersatz in die Band. Das
Temporär wurde dann eben sehr lange und plötzlich waren
wir in der Situation, dass wir zusammen ein Album
geschrieben haben. Nun war es so, dass mit ihm als
temporärer Ersatz auf Tour alles super funktioniert hat.
Wir haben uns auch toll mit ihm verstanden. Er kommt
aber musikalisch aus einer anderen Ecke. Er ist ein
Prog-Schlagzeuger. Und als wir das Album geschrieben
haben, haben wir einfach gemerkt: „Naja, so wirklich
funkt das nicht auf der der musikalischen Ebene.“ Man
muss jetzt sehen, dass das, was Powerwolf machen, etwas
ist, was man sehr, sehr konsequent machen muss. Entweder
spielst du einen Powerwolf-Song zu 100 Prozent. Und wenn
da ein alberner Brake hinmuss, dann gehört er da hin,
weil es so geschrieben steht im Buch des Heavy Metals,
um den Herrn Nordström zu zitieren. Und wenn jemand das
dann nicht macht, weil er lieber etwas Originelles
machen will, dann funktioniert das einfach nicht.
Falk S.: Manchmal muss die Snare gespielt werden. Noch
schlimmer, als Nicko McBrain (Iron Maiden) es jemals tun
würde. Die muss da hingesetzt werden. Und dann war auch
schon die Diskussion: „Oh nein. Bitte nicht die Snare
dort hin!“ Und wir sagen: „Doch! Night Of The Warewolves
braucht dieses Snare-Drum an dieser Stelle. Und dann
wird auch nicht diskutiert.“ (lacht) Das war dann ein
Bisschen problematisch.
Matthew G.: Ja, aber wir kamen einfach an einen Punkt wo
wir gemerkt haben, dass das Album darunter leiden würde.
Und letztendlich auch die zwischenmenschliche Ebene. So
dass wir dann die Notbremse gezogen haben. Wir hatten
dann mit Roel van Helden das grosse Glück…
Falk S.: …einem Holländer…
Matthew G.: …in kürzester Zeit jemanden zu finden, der
bisher absolut perfekt ins Rudel passt. Er hat auch das
Album eingespielt. Er hat einen unglaublichen Job
abgeliefert. Er hat das Album in drei Tagen eingespielt.
Die Songs kannte er zuvor eine Woche lang. Und Roel ist
jetzt mit uns hier in Zürich, wir verstehen uns
blendend…
Falk S.: Und wir werden sehen, wie es weitergeht.
MF: Er ist also kein Prog-Drummer?
Falk S.: Doch schon. Aber er kann unterscheiden. Er
spielt auch noch bei einer anderen Band. Aber er kann
unterscheiden, was nötig ist. Und er ist ein grosser
Iron Maiden-Fan. Und wenn man Maiden als Grundlage hat,
kann man bei uns eigentlich nicht so viel verkehrt
machen.
MF: Hört man Maiden bei euch raus? Na?
Falk S.: Nur sehr selten.
Matthew G.: Ganz manchmal.
MF: Ihr habt ebenfalls mal gesagt, dass der Wolf auf der
Bühne am Besten ist, wenn er wütend ist. Wie macht ihr
euch heute richtig wütend?
Falk S.: Wir machen das Licht aus.
Matthew G.: Es gibt bei uns ein Ritual. Wenn wir merken,
und das wir heute auch wieder der Fall sein… Es ist
alles super. Die Stimmung hier auf Tour könnte schöner
eigentlich nicht sein. Alle verstehen sich blendend.
…Irgendwann hast du aber das Problem, dass es Richtung
Abend geht, alle sind relaxt und du denkst jetzt
scheisse, ich muss jetzt irgendwie mal den Kreislauf
hochkriegen. Und dann wird das Licht im
Backstage-Bereich ausgemacht und wir schreien. Das ist
so ein Ritual, dass wir innerhalb einer Stunde so alle
fünf Minuten wiederholen. Und irgendwann sind wir auf
einem gewissen Level, dass es uns erlaubt auf die Bühne
zu gehen.
Falk S.: Genau so ist es. Wir müssen uns manchmal auch
gegenseitig ein Bisschen anscheissen. Damit wir in die
richtige Stimmung kommen. Aber…
Matthew G.: Für aussen stehende ist das immer ein
Bisschen irritierend. Da gibt es dann immer verdutzte
Gesichter. Manche meinen, wir hätten jetzt den dicksten
Krach oder so.
Falk S.: Die Grave Digger-Jungs sind manchmal
erschrocken, als wir das Licht ausgemacht haben.
Matthew G.: Mittlerweile kennen sie uns, und wissen, was
das ist. Aber wir haben so unsere Rituale.
MF: Das letzte mal seid ihr in Dietikon in diesem
Baumarkt (Sounddock14) aufgetreten. Wir war es?
Matthew G.: Super. Wir haben heute noch darüber
gesprochen. Ich fand es absolut faszinierend, das ein
Club mitten in einer Lagerhalle war. Dass da eine Bühne
und ein Club ist. Das war absolut Hammer und die Show
hat uns damals auch tierisch Spass gemacht. Wir waren
zum ersten Mal in der Gegend. Hatten überhaupt nix
erwartet…
Falk S.: Wir waren verunsichert, ob das überhaupt der
Club ist. Weil von aussen ist das eine Lagerhalle. Aber
Reto D'Amelio (Rock Rainbow), der das da gemacht hat, kann auch super kochen.
Matthew G.: Stimmt. Ich erinnere mich. Es gab perfektes
Catering . Das war wirklich ein sehr gelungener Abend.
Falk S.: Was gab es da zu essen? Risotto?
Matthew G.: Stimmt. Es gab sehr leckeres Risotto. Es war
eine sehr tolle Show. Ein perfekter Tourabend damals.
Das Sounddock14. Richtig?
Falk S.: Ja, das Sounddock14.
MF: Ja, das ist nicht so weit von hier entfernt.
Matthew G.: Ja, ich habe heute Mittag noch mit Daniel
von Sabaton darüber gesprochen. Er kannte ihn nicht.
Also habe ich ihn ihm empfohlen.
MF: Die sind mittlerweile wahrscheinlich eine Spur zu
gross. – Ihr hattet auf der ersten CD im Booklet auf der
letzten Seite dieses „Vive le vrai metal“. Seither habt
ihr die Franzosen nicht mehr berücksichtigt?
Falk S.: Die haben das bei der Tour damals mit Gamma Ray
nicht verstanden (lacht). Nein, das stimmt natürlich
nicht. Ich weiss auch nicht. Aber ich glaube wir haben
mittlerweile auch stärkere Slogans. „Metal is Religion“
ist stärker. Weil da weiss wirklich jeder auf der Welt,
was los ist. „Vivre le vrai metal“ ist..
Matthew G.: „Metal est religion!“
Falk S.: Ja, das wäre auch okay. Aber man muss ja nun
mal sagen, dass ausserhalb von Frankreich ja kaum jemand
französisch spricht.
Matthew G.: Also in der Schweiz gibt es auch noch die
französisch Sprachigen.
MF: Und wir in der Deutschschweiz müssen es lernen.
Falk S.: Wir können bei der nächsten Headliner-Tournee
für jedes Land einen eigenen Spruch machen.
Matthew G.: Das wäre natürlich eine coole Sache. Was
heisst „Metal is Religion“ auf Schweizerdeutsch?
MF: Metal isch Religion.
Falk S.: Metal isch Religion! Naja.
MF: Wahrscheinlich würde es in Österreich ähnlich
klingen. Ansonsten müsstet ihr schon fast für jedes
Bundesland einen Slogan entwerfen.
Falk S.: Dann wird es schwierig.
MF: Bleiben wir beim Metal ist Religion. Was sind die 10
Gebote des Heavy Metals?
Falk S.: Joh…
MF: Ich weiss: Scheiss Frage…
Matthew G.: Puh
Falk S.: Matthew, you can start.
Matthew G.: Ja gut, ich würde mal sagen, da muss man
wirklich warten bis Rob Halford von einem Berg herunter
steigt und die Lade mit den zehn Geboten ausrollt.
MF: Und wer ist denn die Dreifaltigkeit des Heavy
Metals?
Matthew G.: Das ist mit Sicherheit Rob Halford, Bruce
Dickinson und Ozzy Osbourne.
Falk S.: Hmm.
MF: Und für dich, Falk?
Falk S.: Das ist schwierig, weil er bereits die
wichtigsten genannt hat. Man könnte jetzt noch Dave
Mustaine erwähnen, aber der kommt da nicht ran.
Matthew G.: Der hat heute Geburtstag. Dave Mustaine,
wenn du mir zuhörst. Herzliche Glückwünsche zum
Geburtstag.
Falk S.: Ja gut, ich kann die Frage übergehen.
Herzlichen Glückwunsch Dave!
MF: Jon Oliva vielleicht noch in das Dreigestirn?
Matthew G.: An den hatte ich ehrlich gesagt ebenfalls
gedacht. Aber ich hatte so ein Bild vor Augen, wie die
drei dann irgendwie da in ihrer Dreifaltigkeit über den
Wolken schweben, und Jon Oliva… ich weiss nicht…
Falk S.: …ist die Dreifaltigkeit mit seiner
Körperfüllung in Personalunion.
Matthew G.: Eben, er war schon zu sehr…. Er hat für mich
nicht in dieses Wolkenbild hineingepasst. Der Mann mit
dem langen Bart.
Falk S.: Steve Harris. Für mich wäre noch Steve Harris
zu erwähnen.
Matthew G.: Ach…
Falk S.: Doch! Ich war immer grosser Steve Harris-Fan.
Matthew G.: Okay. Deine Dreifaltigkeit. Da fehlen aber
noch zwei.
Falk S.: Steve Harris, Dave Mustaine und Cronos.
MF: Wir könnten das natürlich noch weiterführen mit den
12 Metal Aposteln, aber wir lassen das. – Wir sind am
Ende des Interviews. Was möchtet ihr euren Fans noch
sagen?
Matthew G.: Wir möchten uns bedanken, dass wir in der Schweiz in
die Charts eingestiegen sind. Das ist für uns völlig
überraschend. Wir hatten eigentlich nur die deutschen
Charts im Visier, und waren völlig überrascht, als wir
dann hörten, dass wir in der Schweiz auf Platz 75 sind.
Das hat uns total uns total gefreut. Deshalb in Attila's
Worten: „Vieles Dankeschön!“
Unser Roger (mitte) mit Falk und Matthew >
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