Sich im Z7 wie zu Hause fühlen.
Dänen lügen nicht und schon gar nicht, wenn sie Pretty Maids
heissen. Was die Truppe um die beiden Leaders Ronnie Atkins (Gesang)
und Ken Hammer (Gitarre) seit 1981 kreieren, findet viele Anhänger.
Mit den beiden Erfolgsalben «Red, Hot And Heavy» (1984) und «Future
World» (1987) standen die Jungs in den 80er-Jahren an der
Pforte, um zu den ganz grossen Bands aufzusteigen. Damals klappte
dies leider nicht. Trotzdem erfreut sich das Quintett auch heute noch immer
grosser Beliebtheit und haut in regelmässigen Abständen tolle Alben
in die Umlaufbahn. Auch wenn der letzte Streich «Louder Than Ever»
aus dem Jahre 2014 stammt und eine Ansammlung an neuen Liedern und
Neueinspielungen alter Tracks beinhaltet, konnten Pretty Maids auf
ein sehr gut gefülltes Z7 zwischen Weihnachten und Neujahr (2015)
bauen. Was sich so alles bei Ronnie getan hatte und was sich künftig tun
wird, erzählte ein völlig relaxter und gut gelaunter Sänger. Doch
bevor wir mit dem eigentlichen Gespräch begannen, musste kurz das
Ableben von Lemmy (Motörhead) am vorherigen Abend angesprochen
werden.
MF: Die traurige Nachricht hat uns alle erreicht,
nämlich dass Lemmy gestern Abend verstorben ist...
Ronnie: ...er war ein grossartiger Musiker und es ist immer
traurig, wenn jemand stirbt. Auch wenn er den Rock'n'Roll nach
allen Regeln in den letzten 40 Jahren lebte (grinst). Ich war nie ein
grosser Motörhead-Fan und die Band hatte nie einen grossen Einfluss
auf meine Karriere. Klar kannte ich sein bestes Album «Ace Of
Spades». Aber ich mochte das vielleicht umstrittenste Werk «Another
Perfect Day» auch, auf welchem es einige hervorragende Songs hat.
Aber wie gesagt, Lemmy's Truppe übte nie einen Einfluss auf Pretty
Maids aus. Das war uns dann doch ein bisschen zu punkig. Persönlich
hat mich damals der Tod von Ronnie James Dio mehr getroffen. Er war
eine sehr grosse Inspiration für mich. ABER..., Der Tod von Lemmy ist
sehr traurig.
MF: Welches sind deine Einflüsse?
Ronnie: Ein guter Song ist ein guter Song. Punkt! Auch wenn
es kein Metal ist! Meine Schwester, die zehn Jahre älter ist, hat
mich mit dem ganzen 60er-Kram beschallt. Stoff wie die Beatles.
Aus dem Hardrock waren die grössten Einflüsse Led Zeppelin, Black
Sabbath mit Ozzy… Natürlich auch die «Heaven And Hell»-Zeit. Dann
Deep Purple, Rainbow und Whitesnake. All die Truppen aus den
70er-Jahren. Aber auch die Combos aus der «New Wave Of British
Heavy Metal» wie Def Leppard und Judas Priest.
MF:
Wann war dir klar, dass du Sänger werden willst?
Ronnie: Ich wuchs mit den ganzen Glam-Bands auf. Truppen
wie Sweet, Slade, Suzi Quatro und T. Rex. Am besten haben mir Slade
gefallen, die sahen nach Bier aus (lacht). Sie schrieben verdammt
viele coole Lieder. Aber auch AC/DC gehörten zu meinen Favoriten. Und
nicht zu vergessen, KISS! «Destroyer» ist eines meiner Alltime
Favoritenalben. Man darf da «Rock'n'Roll Over» nicht vergessen, wie
auch «Love Gun». Diese drei werden wohl für immer meine
Lieblingsscheiben von KISS sein. Damals habe ich mit meinem
Tennisschläger Luftgitarre zu «I Want You» gespielt (grinst).
MF: Wie wichtig ist Ken für dich und die Band?
Ronnie: Ken Hammer? Der ist nicht wichtig (lautes Lachen)!
Wir sind die beiden, welche vom Original Line-Up übrig geblieben
sind. Seit dieser Zeit schreiben wir die Lieder zusammen.
MF: Wer hatte die Idee zu «Louder Than Ever»?
Ronnie: Wir sprachen schon lange darüber, ein paar Songs aus
der Vergangenheit zusammen mit Jacob Hansen neu aufzunehmen. Einfach
zu hören, wie diese Songs heute klingen würden. Dabei wollten wir
aber die 80er-Jahre nicht anfassen. Ich denke, diesen
Klassiker-Stoff sollten wir belassen, wie er ist. Das war dann auch
das grösste Problem, die Tracks heraus zu filtern, welche wir neu
einspielen wollten. Das werden wir aber nicht wiederholen, denn man
sollte nicht in den Rückspiegel schauen, sondern die Vergangenheit ruhen
lassen und nicht berühren, was man damals tat.
MF: Damals wart ihr mit «Future World» sehr
erfolgreich. Wieso hat es trotzdem nicht gereicht, zu einer der
erfolgreichsten Bands zu werden?
Ronnie: Vielleicht lag es am Pech. Das hatten wir sowieso
immer (lacht). Es lag auch an den damaligen Managern. Ich denke, wir
hätten es verdient gehabt noch grösser zu werden. Viele
organisatorische Dinge haben dies aber verhindert. Trotzdem
versuchten wir immer unser Bestes zu geben. Noch heute!
MF: Damals, als Lieder wie «Back To Back», «Yellow Rain»
oder «Future World» geschrieben wurden..., war euch bewusst, welche
Klassiker ihr da komponiert habt?
Ronnie: Nein, nicht wirklich. Das ist auch nicht das Ziel,
wenn du im Studio bist, sondern dass du immer das Bestmöglichste
schreibst. Als wir «Future World» schrieben, realisierte ich nicht,
dass dieses Album dreissig Jahre später noch immer einen grossen Einfluss
auf die Fans ausüben wird. Heute..., es ist verrückt. Damals konnte ich
mir nicht vorstellen, dreissig Jahre in diesem Geschäft zu sein. Wir
versuchten immer nur unseren Kindheitstraum am Leben zu halten. Es
ist völlig verrückt, wenn wir jüngere Truppen treffen, die wir
beeinflusst und sie die gleiche Einstellung haben wie wir damals,
als wir wie Deep Purple oder Rainbow werden wollten. «Future World»
ist nach wie vor einer meiner Langzeit-Lieblingssongs, wenn nicht DER
Lieblingssong. Es macht Spass ihn zu spielen, und ich denke er sagt
genau aus, was Pretty Maids ist. Die Kombination aus Melodie, Härte,
dem Gesang, den Gitarren und dem Keyboard. Mit «Red, Hot And Heavy»
und «Future World» haben wir uns selbst erfunden. Genau diese beiden
Alben definieren die Band. Weisst du, in den 80er-Jahren
passierte einiges um uns (grinst), aber wir haben nur gute Erinnerungen
an diese Zeit. Hey, damals war ich noch ein Kind (lacht).
«Future World» war ein Erfolg in Amerika und wir verbrachten fünf
Monate in New York «and spent a hell lot of money as well» (grinst).
Alles war grossartig..., damals im «big apple».
MF: War «Jump The Gun» seinerzeit das falsche Album nach
dem Erfolg von «Future World»?
Ronnie: Das lag nicht an «Jump The Gun». Wir versuchten
einen weiteres «Future World» zu kreieren. Allerdings unterscheiden
sich die beiden Werke zu sehr. Zudem ist «Jump The Gun» definitiv
nicht eines meiner Lieblingsalben! Das lag auch an den Recordings in
dieser verdammten Zeit. Wir schraubten den Schrott immer höher und
schmissen nochmals verdammt viel Geld aus dem Fenster (lacht). Das
Album klingt zu poliert und entsprach nicht meinen Vorstellungen.
Hörst du dir die Demos von «Lethal Heroes» und die anderen Songs an,
klingt alles bedeutend heavier. Das war eigentlich auch der Weg,
welchen wir verfolgen wollten. Allerdings versuchten wir zu sehr dem
Weg von Def Leppards «Hysteria» zu folgen (grinst). Das war alles zu
überproduziert. Roger (Glover, Produzent von «Jump The Gun» und
Bassist von Deep Purple) war ein toller Typ und die Zusammenarbeit
hat echt Spass gemacht. Es war nicht sein Fehler, sondern unserer.
Roger ist einer der nettesten Menschen, die ich in diesem Business
traf. Cool und bodenständig.
MF: Wie schwierig war damals die Grunge-Zeit für euch?
Ronnie: Ich denke, diese Zeit war für alle Bands eine
schwierige Zeit. Wir versuchten weiter zu machen und am Ball zu
bleiben. Das Lustige ist, dass wir damals einen grossen Hit mit
«Please Don't Leave Me» hatten, speziell in Skandinavien und Japan.
Viele Bands überlebten den Grunge nicht. Damals bedeutete dies für
viele Hair-Metal-Bands aus L.A. das Aus. Diese neue Form kam,
beanspruchte seinen Platz und veränderte Vieles. Aber solche Dinge
gibt es immer wieder. Einmal ist es der Grunge, dann der Brit-Pop.
Für mich bleibt es Rock'n'Roll! Ich hatte auch nie Mühe neue Lieder
zu schreiben, weil nun plötzlich die Leute auf einen völlig anderen
Sound standen. Klar hatten wir eine Zeit von 2002 bis 2009, da
verliess uns das Verlangen und die Energie ging ein bisschen
verloren. Das Herz fehlte. Mit dem «Pandemonium»-Album fanden wir
einen hervorragenden Weg, um aus dieser Sackgasse zu finden. Sitzt
dein Herz am richtigen Ort, fällt es dir unheimlich einfach neue
Songs zu schreiben, und die Leute werden nach wie vor deine Konzerte
besuchen. Auch wenn wir eher eine Live-Band sind, braucht es den Gang
ins Studio. Davon leben alle Rock'n'Roll Bands, und damit startet
dein Traum. Lässt du deiner Kreativität im Aufnahmetempel freien
Lauf, kannst du diese dann mit der Menge bei einem Konzert ausleben.
MF: Wieso habt ihr das letzte Live-Album «It Comes Alive (Maid In
Switzerland)» ausgerechnet im Z7 aufgenommen?
Ronnie: Ganz einfach..., es ist ein grossartiger Ort!
Unzählige Male haben wir schon im Z7 gespielt. Alle Voraus-setzungen
werden hier erfüllt, um ein Live-Album aufnehmen zu können. Das
Licht, der Sound und alles andere ist hervorragend. Zudem
verschwenden wir hier kein Geld (lacht). Es fühlt sich gut an, wenn
man sich auf Tour ab und zu wie zu Hause fühlt. Das passiert immer,
wenn wir im Z7 sind.
MF: Bestehen Pläne für ein neues Album?
Ronnie: Im Januar werden wir mit dem Schreiben fertig sein
und das Material ab dem 1. Februar 2016 aufnehmen. Dann wollen wir
aber ein paar Gänge zurück schrauben, was das Live-Spielen betrifft.
Vielleicht gibt es ein oder zwei Festival-Auftritte. Die Tour wird
dann im Oktober 2016 starten und der Rest von 2016 und das ganze
Jahr 2017 werden völlig im Fokus von Pretty Maids sein. Wie die
neuen Lieder klingen (lachend)? Sie werden eine Schnittmenge aus den
beiden letzten Scheiben «Pandemonium» und «Motherland» sein. Es ist
einfach dies zu sagen, weil schon mehr als die Hälfte des neuen
Werkes geschrieben ist. Es kann sein, dass wir einen Schritt heavier
werden, aber lass uns abwarten (grinst). Eins ist sicher, es wird
wie Pretty Maids klingen!
MF: Davor erscheint noch
das Album von Nordic Union mit dir und dem W.E.T.- und
Eclipse-Musiker Erik Martensson. Wie kam es dazu?
Ronnie: Es begann mit einer Anfrage von Frontiers, unserem
Label. Keine Ahnung, ob es ein Soloalbum werden sollte. Ich sagte
ihnen, dass sie mir Material von Produzenten oder Songwritern
schicken sollten. Die ersten Ideen gefielen mir nicht, bis ich die
Lieder von Erik hörte. «Wow, das klingt gut!» Es war mir nicht
wichtig, dass meine Stimme im Mittelpunkt steht, sondern dass ich
Spass an der Sache hatte. Es wird aber keine Band sein, mit der wir
auf Tour gehen. Dazu bin ich zu beschäftigt mit Avantasia und Pretty
Maids. Ich las schon einige Reviews und merke, wie gut die Nordic
Union-Lieder bei der Presse ankommen. Es ist melodischer Hardrock.
Ein guter Song ist ein guter Song (lächelt) und Erik ist ein sehr
guter Songschreiber. Ich denke nicht, dass diese Lieder nach Pretty
Maids klingen, auch wenn ich die Tracks eingesungen habe und die Leute
somit eine Verbindung sehen. Lass uns abwarten, was die Zukunft
bringen wird, vielleicht wagen wir uns an einen Nachfolger (grinst).
MF: Was machst du in deiner Freizeit, wenn du überhaupt welche
hast?
Ronnie: Ich schaue Filme (lautes Lachen). Ich habe eine
Familie und mache wohl genau das, was jeder andere auch tut. Ich
spiele ein bisschen Tennis, höre mir Musik und schaue mir gerne
Filme an oder renoviere mein Haus… Sofern es meine Hände zulassen
(grinst).
MF: Was sind die Pläne für die Zukunft?
Ronnie: Ein neues Badezimmer (lautes Lachen). Das nächste
Pretty Maids-Album, dann die Avantasia-Welttour, bei der ich wieder
als Gastsänger auftrete und dann eine neue Konzertreise mit Pretty
Maids. Lass uns abwarten, was alles geschieht. Es macht keinen Sinn,
länger als ein Jahr in die Zukunft zu sehen oder zu planen. So lange
es meine Stimme zulässt, werden wir weitermachen. Keine Ahnung, wie
lange dies noch gut geht. Vielleicht lassen mich meine Stimmbänder
in fünf Jahren im Stich. «You never fucking know what happens!»
MF: Dann wünsche ich dir alles Gute für die Zukunft…
Ronnie: …herzlichen Dank…
MF: …und danke für
das Interview.
Ronnie: Bitte, sehr gern geschehen! Dir auch!
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