Schöne Erinnerungen an
das Monsters Of Rock 1987
30 Jahre ist es her, seit «Future World», das wohl
erfolgreichste und wichtigste Werk von Pretty Maids das
Licht der Welt erblickte. Die Dänen erhielten damals die
grosse Möglichkeit, auf dem legendären «Monsters Of
Rock»-Festival als erste Band aufzutreten, was ihnen in
Deutschland einen schon fast legendären Status
einbrachte. Zur Feier des Tages sollte diesen Frühling
eine spezielle «Future World»-Show in Pratteln über die
Bühne gehen. Ein Sturz von Sänger Ronnie Atkins
verhinderte dies, so dass der Shouter kurz vor dem Gig
in einem Rollstuhl ins Unispital in Basel überführt
wurde. Ein paar Monate später sitzt mir der
stimmgewaltige Schreihals im Z7 gegenüber und plaudert
über Vergangenes und Zukünftiges.
MF: Wieso habt
ihr euch eigentlich Pseudonyme zugelegt?
Ronnie:
Als wir den ersten Plattenvertrag unterzeichneten, wurde
uns geraten, die Namen zu ändern. Sie waren der Meinung,
dass Paul Christensen (Ronnie) und Kenneth Hansen (Ken
Hammer, Gitarrist) nicht sehr englisch klangen (grinst).
Wir suchten nach geläufigen Namen und ich entschied mich
für Ronnie, da ich ein sehr grosser Fan von Ronnie James
Dio bin.
MF: Erinnerst du dich an das erste
Meeting zwischen dir und Ken?
Ronnie: Ja! Ich
spielte in einer Blues-Band. Wir spielten den alten Kram
von Free und ZZ Top. Ken und ich trafen uns in einem
Plattenladen und wollten härtere Musik spielen. Zuerst
zockten wir viel UFO und Thin Lizzy Material. Ken hat
die gleichen Visionen wie ich. Dabei gehen wir in die
gleiche Richtung und wollen das Identische. Auch wenn ab
und zu unsere ausgeprägten Egos aufeinander prallen
(grinst), am Ende des Tages wollen wir immer das
Gleiche. Noch heute sind wir da, knapp 37 Jahre jung
(lacht). Ganz wichtig ist, dass wir noch immer grossen
Spass an dem haben, was wir tun. Logisch hatten wir
unsere Höhen und Tiefen. Auch wenn viele Prophezeiungen
nicht eintraten (grinst), wir sind noch immer da. Dabei
bin ich sicher älter geworden, aber mein Kopf ist noch
immer der eines 20-Jährigen (grinst). Steigst du in den
Tourbus, trägst du einen völligen anderen Hut, als wenn
du zu Hause bist (grinst). Da bin ich der Familienvater
und versuche ein guter Dad zu sein. Beide Seiten sind
wichtig für mich. Musiker zu sein, das ist mein Job und
damit verdiene ich mein Geld. Es ist eine "funny"
Angelegenheit damit Geld zu verdienen, aber oftmals auch
mit verdammt viel Stress verbunden (grinst). Du musst
überleben und kannst es dir nicht leisten, einen
schlechten Gig zu spielen. Auch ist es verboten, ein
schlechtes Album abzuliefern. Wir haben immer versucht
unser Bestes zu geben (klopft dabei drei Mal auf den
Holztisch). Klar hatten wir dabei besser und schlechtere
Momente auf der Bühne, aber solange du versucht immer
alles zu geben… Du musst den Spirit in dir tragen, immer
allen in den Arsch zu treten. Genau gleich verhält es
sich mit dem Songschreiben. Ab und zu hast du komischere
Ideen und dann sprudeln wieder unglaubliche Dinge aus
dir raus. Mit den letzten Alben waren wir sehr
erfolgreich. Aus diesem Grund bin ich sicher, dass wir
etwas richtig gemacht haben (grinst zufrieden). Wir
versuchen immer sehr selbstkritisch zu sein, was aber
nicht einfach ist, wenn du direkt in diesem kreativen
Prozess steckst. Ein Album mit vier Killer-Tracks und
sieben Füllern versuchen wir zu vermeiden. Solange du
dich inspirieren lässt und deinem Weg folgst, sollte es
klappen. Mach das bestmöglichste Album und dies jedes
Mal (grinst).
MF: Wie wichtig ist dir
Freundschaft in der Band?
Ronnie: Das ist sehr,
sehr wichtig! In der heutigen Zeit, in der alle auf den
sozialen Medien sind, ist es umso wichtiger, dass man
sich im Tourbus versteht und sich nicht auf die Nerven geht.
Ganz wichtig ist aber auch, wie der Mucker auf der Bühne
spielt. Man verbringt eine sehr lange Zeit zusammen auf
Tour. Das fühlt sich wie eine Familie an. Klar haben wir
zwei Leaders in der Band, das sind Ken und ich, weil wir
auch die einzigen der Originalbesetzung sind. Aber wir
unterstellen uns einem demokratischen Prozess, auch wenn
es um die Auswahl der Songs für die Setliste geht.
MF: Welches war für dich die erfolgreichste Zeit mit
Pretty Maids?
Ronnie: Das war von 1985 bis 1992.
Wir hatten die Möglichkeit, dass unsere Songs auf MTV
gespielt wurden. Das waren damals die achtziger Jahre,
die uns vieles ermöglichten und einiges noch anders lief
im Business. «Future World» war das kommerziell
erfolgreichste Album, das wir jemals veröffentlichten.
«Red, Hot And Heavy» hat uns dazu sehr viele Türen
aufgestossen. Die neunziger Jahre waren nicht nur für
uns ein schwieriges Pflaster, aber wir haben überlebt.
Sehen wir uns die letzten sieben Jahre an… Es könnte
nicht besser laufen (grinst zufrieden)! Mit
«Pandemonium» setzte wieder ein unglaublicher Erfolg ein.
Es war für uns wie eine musikalische Wiedergeburt.
MF: Wie wichtig war 1987 der Auftritt beim «Monsters
Of Rock»-Festival…
Ronnie: …das war ein absolutes
Highlight in unserer Karriere. Leider spielten wir nur
in Nürnberg und nicht auch in Pforzheim. Es war ein
grossartiger Auftritt, und ich suche noch immer ein Tape
davon. Es war das erste Mal, dass wir vor so vielen
Leuten auftraten. Das müssen 60'000 Fans gewesen sein.
Die Reaktionen auf diesen Auftritt waren fantastisch.
Ich werde diesen Tag nie vergessen, und er wird immer
sehr, sehr wichtig für uns bleiben. Es war für uns der
Durchbruch in Germany.
MF: Welches war für euch
der schlimmste Moment in eurer Karriere?
Ronnie:
Der Tag nach Nürnberg, als wir nicht in Pforzheim
auftreten konnten. Wir waren verspätet und alle Bands
hätten fünf Minuten ihres Sets streichen sollen. Mann,
war ich angepisst damals! Weisst du, wir hatten viele
Ups und Downs… Ich würde sagen, als wir vom Management
bestohlen wurden und die Band sich (fast) auflöste. Das
war wirklich der Tiefpunkt in unserer Karriere.
MF: Sex, Drogen und Rock'n'Roll, ein Klischee oder die
Wahrheit?
Ronnie (mit verschmitztem Grinsen): Wir
haben es gelebt, aber mehr in den Anfangstagen (grinst).
Gut, letzte Nacht, mit den Jungs von Helloween, erlebten
wir in Karlsruhe eine tolle Zeit. Aber, man wir älter…
Trotzdem fällt man immer wieder in diese Falle rein
(grinst). Besteigst du den Tourbus, ist es sehr einfach
zu sagen: «Say more say no more» (lacht)…
MF:
…nicht älter und weiser…
Ronnie: …wir werden
älter (grinst). Werden wir weiser? Keine Ahnung! Ich
sammle viele Erfahrungen, wenn ich in diese Falle
tappe.
MF: Das letzte Mal als du da warst, ein
Schock für dich und die Fans…
Ronnie: …ich
erinnere mich, dass du beim Backstageeingang standest
wegen dem Interview (grinst). Klar war es ein Schock für
mich, alleine dadurch, wie schnell alles ging. Alles
drehte sich um mich, ich konnte nicht mehr laufen…
Aufstehen ging gar nicht mehr. Ich wurde hospitalisiert
und hatte einen Blockbuster im Gehirn. Zurück in
Dänemark wurde ich nochmals gründlich durchgecheckt.
Noch heute muss ich Medikament nehmen, aber es geht mir
viel, viel besser. Es war mir ein Lehrstück! Ab und zu
nehme ich mein Leben ein bisschen leichter (grinst). Bin
ich im Tourbus, kann ich oft nicht schlafen und nehme
Schlaftabletten. Das gleiche passiert, wenn ich wieder zu
Hause bin. Im Bus schlafe ich oft nur drei Stunden und
auf Dauer… «It's fucked up!» Glaub mir, zu diesem
Zeitpunkt gingen mit sehr viele Gedanken durch meinen
Kopf. Ich höre noch immer die Sirene und kann mich
erinnern, was die Leute um mich herum sagten. Ich
verstehe ein bisschen Deutsch, und darum konnte ich
erahnen, was erzählt wurde. Es kann so verdammt schnell
vorbei sein und ich realisierte schnell, was passierte.
Langsam kam meine Balance wieder zurück. Es war keine
lustige Zeit!
MF: Was ist der Grund, dass ihr
diese Special-Shows für das «Future World»-Album spielt?
Ronnie: Letztes Jahr feierten wir das 30-jährige Jubiläum mit
diesem Werk. Bei ausgesuchten Shows, am
«Bang Your Head»-Festival und in Japan,
spielten wir diese Konzerte. Aber jetzt ist es gut und
werden dies nicht mehr machen. Beim «Bang Your Head» und
in Japan haben wir einige Shows mitgefilmt. Wir planen
2020 eine DVD und eine Live-CD zu veröffentlichen. Im
Moment wollen wir uns aber auf ein neues Studio-Album
fokussieren. Im Moment (Dezember 2018) ist noch nichts
geschrieben. Ken und ich haben sehr viele Ideen. Im
Januar 2019 mieten wir ein Apartment und werden uns
intensiv um das Songwriting kümmern. Wir verspüren einen
verdammten Druck, weil die Recordings im Februar 2019
über die Bühne gehen müssen. Es bleibt uns ein Monat
und dann steige ich in den Tourbus und gehe zusammen mit
Avantasia auf Tour. Zudem werden im Februar 2019 die
alten Scheiben in einer schönen Box
wiederveröffentlicht. Es werden die Scheiben ab «Scream»
enthalten sein, als CDs und in Vinyl. Bei den ganz alten
Werken besitzt Sony nach wie vor die Rechte, da können wir
nichts machen.
MF: Wieso habt ihr denn keine
speziellen Shows für «Red, Hot And Heavy» gespielt…
Ronnie: …wir haben dies gemacht. Zum 25. Jubiläum
haben wir eine Show in Kopenhagen mit dem kompletten
Album gespielt. Das muss 2009 gewesen sein. «Red, Hot
And Heavy» und «Future World» definierten den Sound von
Pretty Maids. Diese beiden Alben sind nach wie vor die
Populärsten bei den Fans. Es gibt zwei Scheiben… Man
kann nicht von schlechten Werken sprechen, aber «Wake Up
To The Real World» ist in meinen Augen die wohl
seltsamste Veröffentlichung. «Pandemonium», das
Nachfolgewerk, war ein viel besseres Album. Da hatte die
Band wieder das Feuer, welches ich vermisste.
MF: Was würdest du verändern…
Ronnie: …einige
Plattenverträge und gewisse Businessentscheidungen in
der Vergangenheit (lacht). Aber ich habe mir selten
viele Gedanken darüber gemacht. Was passiert ist,
passierte, und heute kann man es nicht mehr ändern. Es
gibt viele unloyale Dinge, die uns widerfahren sind. Die
Szene hat sich völlig verändert. Was vor über dreissig Jahren
an der Tagesordnung war, kannst du heute knicken. Die
CD-Verkäufe heute sind völlig eingebrochen und nicht mit
denen aus den achtziger Jahren zu vergleichen. Heute
wird nur noch gestreamt. Japan, Deutschland und Schweden
waren immer die wichtigsten und loyalsten Märkte für
uns. Du kannst mit allen Hardrock- und Metal-Musikern
sprechen, die treusten Fans kommen aus Deutschland.
MF: Ronnie, besten Dank für das Interview…
Ronnie: …Martin ich danke dir, auch für deinen
jahrelangen Support.
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