Abgefeiert von Slash, Myles
Kennedy und der Alice Cooper Band.
Nicht ganz zwei Jahre ist es her, seit der ehemalige Crimson
Glory-Shouter Todd La Torre die Seattle-Truppe Queensr’che vor dem
musikalischen Kollaps rettete. Originalsänger Geoff Tate, der
sicherlich einer der besten seines Faches ist, zog Queensr’che immer
mehr in eine musikalische Sackgasse und präsentierte sich auf der
Bühne eher wie ein Musical-Darsteller, denn als ein erhabener
Metal-Shouter. Die Spannungen zwischen Geoff und den Ur-Mitgliedern
Michael Wilton (Gitarre), Eddie Jackson (Bass) und Scott Rockenfield
(Schlagzeug), sowie Parker Lundgren (Gitarre seit 2009) wurden immer
spürbarer und die musikalischen Erzeugnisse für die Fans nicht mehr
nachvollziehbar. Der unschöne Höhepunkt in Form eines Handgemenges
innerhalb der Band vor einem Auftritt in Sćo Paulo 2012 war das
endgültige Aus der ehemals äusserst erfolgreichen Metal-Truppe.
Eine Combo, die mit ihren ersten Alben «Queensr’che», «The
Warning», «Rage For Oder», dem Konzeptalbum aller Konzeptalben
«Operation: Mindcrime» und «Empire» die Musiklandschaft prägte und
veränderte. Jedes Werk konnte nicht mit seinem Vorgänger verglichen
werden und hinterliess trotzdem eine immer grösser werdende
Fangemeinde. Geoff versammelte nach der Trennung und während des
Gerichtsprozess um den Streit des Bandnamens, eine illustre Truppe
um sich und veröffentlichte mit «Frequency Unknown» ein Werk,
welches den eher mit Skepsis eingeschlagenen Weg von «Hear In The
Now Frontier», «Q2K», «American Soldier», oder «Dedicated To Chaos»
folgte. Michael und seine Treuen, inklusive Todd, besonnen sich ihrer
musikalischen Vergangenheit und veröffentlichten mit der simpel
betitelten «Queensr’che»-Scheibe ein Produkt, welches sich an die
ersten Alben der Band anlehnte.
Der klare Sieger aus diesem
Streit, auch was den Bandnamen vor Gericht angeht, waren die Herren
Wilton, Jackson, Rockenfield, Lundgren und La Torre. Kurz vor der
Veröffentlichung des kommenden Albums sass mir Michael Wilton
gegenüber und berichtete über die aktuelle Lage. Dies mit einer
unglaublichen Ruhe, grosser Zufriedenheit und dem Kampf gegen die
Schweisstropfen bei knapp 40 Grad Celsius.
MF: Michael, seit
etwas mehr als eineinhalb Jahren singt Todd bei euch. Wie fühlt es sich an
zusammen mit ihm zu spielen?
Michael: Es ist ruhiger geworden (lächelnd) in der Band und wir sind
wieder eine verschworene Einheit. Die Fähigkeiten von Todd haben uns
nach vorne gebracht. Auch dank ihm sind wir wieder zu einer Familie
zusammen gewachsen. Alles in allem haben wir uns wieder dahin
entwickelt, wie es sich in den alten Tagen innerhalb von Queensr’che
anfühlte.
MF: Was hat sich zusammen mit Todd alles
verändert bei der Live-Performance und beim Songwriting?
Michael: Beim Schreiben… Todd ist ein Multi-Musiker. Er kann
Gitarre, Bass und Schlagzeug spielen. Daher spricht er mit uns wie
ein Musiker, das ist ein Bonus. Todd und ich verstehen uns sehr gut
beim Komponieren. Spiele ich ihm ein Gitarrenriff vor, spielt er
einen Drumbeat dazu. Spiel Scott eine Schlagzeugidee, summt Todd
eine Melodielinie oder einen Chorus dazu. So können Todd, Scott,
Eddie oder ich schnell etwas zur Entstehung eines Klangbildes
beitragen. Heute sind wir ein sehr starkes Team beim Schreiben neuer
Ideen und dem Ausarbeiten neuer Songs. Da gibt es nicht nur noch einen
vorgegebenen Weg, keine Einbahnstrasse, die wir umzusetzen haben
(grinst). Das macht das Ganze komfortabler, wir können wieder ein
bisschen mehr experimentieren und haben mehr Freude bei der Arbeit.
Auf der Bühne! Das ist einfach nur grossartig! Wir gewinnen unsere
Fans zurück! «He's a bad ass performer» (grinsend). Todd arbeitet
zweimal so hart wie jeder andere von uns auf der Bühne. Es war
keine leichte Aufgabe seinen Vorgänger zu ersetzen und die
Fussabdrücke auszufüllen. Aber Todd wird noch heute von Show zu Show
besser.
MF: Könnt ihr heute wieder mehr die Songs spielen,
welche ihr selber am meisten liebt?
Michael: Ja,
was wir versuchen ist, die Band mit den Songs der ersten fünf Alben
zu präsentieren. Das sind die Lieder, welche die Fans auch hören
wollen. Dazu gesellen sich neue Tracks, welche wir mit dem letzten
Album komponierten. Es scheint, dass dies wirklich sehr gut
funktioniert. Gestern Abend spielten wir eine Show «Rock USA»
zusammen mit Alice Cooper. Als wir auf der Bühne waren, standen alle
Musiker von Alice Cooper am Bühnenrand (lachend) und tickten
vollkommen aus (lacht). Nach der Show kamen die Jungs zu uns
sagten: «My God, I heard anything from «The Warning» and it's blew
my mind!» Ich denke die Zusammenstellung des Sets ist wirklich gut.
Klar, wir können auf gutes Material zurück greifen und wenn du nach
vielen Jahren wieder in all den Städten spielst, bist du an gewisse
Lieder gebunden. Allerdings versuchen wir Abwechslung rein zu bringen,
ändern die Songreihenfolge oder tauschen ein bis zwei Tracks aus.
Das macht das Ganze spannend und kreativ, auch für Leute, die uns
mehrmals sehen. Weisst du, wir sind an einem Punkt angekommen, da
können wir uns das leisten. Mit Todd können wir mit dem Finger
schnippen und es funktioniert einfach.
MF: Wie
wichtig ist ein solches Feedback der Alice Cooper-Musiker für euch?
Michael: Persönlich? Das fühlt sich grossartig an!
Slash oder Myles Kennedy sagten: «Where the fuck find you that guy!
God, he's a great singer, he's unbelievebel!» Und das von Myles, der
selber ein verdammt guter Sänger ist. Solche Kommentare gab es
viele.
MF: Wie siehst du heute das letzte
Queensr’che-Album, das Erste zusammen mit Todd?
Michael: Es ist grossartig. «We were under the gun, we don't have a
lot of time to do it!» Aus dem einfachen Grund, weil wir viel
tourten. Es war eine Zusammenfassung der Lieder, welche wir als sehr
stark einstuften. Century Media hat uns sehr gut unterstützt, wir
konnten einige Videos drehen und es hat sich sehr gut verkauft.
MF: Waren die Songs auf dem letzten Album diejenigen, welche ihr
schon lange wieder schreiben wolltet oder war es der Weg dazu?
Michael: Ja, es sind die Lieder auf der CD, welche wir
auch spielen wollen. Heute performen wir auf der Bühne eine Nummer
wie «NM156» mit den ganzen Doppelsolo und spielen «Queen Of The
Reich» wie er klingen soll. Wir alle sind älter geworden (grinst)
und unsere Fans, welche mit uns gegangen sind, wollen die alten Hits
hören, wie wir sie damals auf Platte spielten. Damit sind ihre
Erinnerungen verbunden. Das ist auch die Art, wie wir zukünftig
Lieder performen und schreiben wollen.
MF: Wie
glücklich bist du mit den Scheiben «Tribe», «American Soldier» und
«Dedicated To Chaos»?
Michael: Bei «Tribe» gab es
einige Tracks, bei denen auch Chris DeGarmo, unser Urmitglied, wieder
mitspielte. Wir komponierten zusammen und einige Fragmente klingen
ziemlich verrückt. Allerdings hatten wir bei diesen Album ein Leck in
der Kontrolle, was und wie gerade komponiert wurde. Aus einer Idee
entstand nicht mehr ein Bild. Aber ich versuchte immer mein Bestes
bei den Recordings einfliessen zu lassen. Es hat einige gute
Momente, aber zu unterschiedliche Kompositions-Stile. Aber… Ja,
«Tribe» war das letzte Album, auf dem du wirklich etwas von Michael
Wilton hörtest oder meine Songs und meine Ideen.
MF: Wann wird das nächste Album veröffentlicht?
Michael: Das wird am 02. Oktober 2015 erscheinen. Es
ist fertig, gemischt und gemastert und wartet darauf von Century
Media veröffentlicht zu werden (grinst). Vielleicht werden wir auf
dieser Tour schon ein bis zwei neue Songs spielen. Das wäre ein
guter «Appetizer» (lacht). Fünfzehn Songs sind auf der Extended-Version zu
hören und zwölf auf der normalen. Wir sind sehr glücklich mit dem
Material und die Leute, die es bis jetzt hörten, sind auch absolut
happy. Wir planen wieder ein paar Videos zu drehen und auf dem
Internet ein paar Special-Releases zu veröffentlichen. Die Scheibe
wird eine Überraschung für die Fans sein, weil das Material wieder
experimenteller ausgefallen, aber trotzdem sehr direkt ist. Wie
eine moderne Version von «Rage Of Order»! Das Album hat ein paar
sehr interessante Dinge drauf. Das letzte Werk war nicht lang genug.
Nun haben wir einen Track, der mehr als acht Minuten dauert (lacht)
und die Spielzeit wird länger als eine Stunde sein.
MF: Was sind die Pläne für die Zukunft?
Michael: Wir sind gerade auf dieser Sommer-Tour und spielen einige
Festivals in Europa, welche wir letztes Jahr nicht spielen konnten.
Es ist sehr aufregend für uns, heute auf dem «Bang Your Head!!!»
aufzutreten, aber auch im August in Wacken zu performen. Queensr’che
haben noch NIE in Wacken gespielt! Nie in den mehr als dreissig Jahren, in
denen ich nun in dieser Band spiele! Wir werden in nächster Zeit
zusammen mit Dream Theater, Death Angel und Fates Warning auftreten.
Nach der zweiten August-Woche fliegen wir zurück nach Seattle und
proben für die Scorpions-Tour. Da werden wir die USA und Kanada
bereisen. Das dauert bis November. Dann spielen wir eigene Shows und
starten mit der eigenen US-Tour im Januar und hoffen 2016 in all die
schönen Länder wie in Südamerika, Australien und Europa spielen zu
können. Hoffentlich gibt es auch wieder die Möglichkeit, in Japan
aufzutreten.
MF: Dazu wünsche ich nur das Beste und danke dir
herzlich für das Interview.
Michael: Herzlichen
Dank und danke für das Interview!
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