Die Weisheit kommt mit dem Alter.
Rage… Sorry! Refuge sind nichts anderes als die Rage-Besetzung
von 1987 bis 1994. Das heisst: Sänger und Bassist Peter «Peavy»
Wagner, Gitarrist Manni Schmidt und Schlagzeuger Christos «Efthi»
Efthimiadis. Somit auch die erste erfolgreiche Besetzung von Rage.
Alben wie «Perfect Man», «Secrets In A Weird World», «Reflections Of
A Shadow» und speziell die beiden Oberkracher «Trapped!» und «The
Missing Link» verhalfen dem Trio sich auf der Erfolgsleiter
kontinuierlich weiter zu entwickeln. Als Manni das Handtuch warf,
veränderte sich Rage. Diese Chemie, dieses Flair und dieser Spass
blieb gut behütet in einer kleine Truhe und wurde erst wieder mit
einem Spontanauftritt als Tres Hombres ans Tageslicht geführt. Aus
Spass wurde noch mehr Spass, und die Veranstalter buchten die drei
Freunde, welche als Refuge auftraten, auf unzähligen Festivals.
Peavy, Manni und Chris berichteten nach einer fantastischen Show in
Balingen über das Warum, Wieso, Weshalb und wie lange. Dies in
absolut relaxter Laune und mit einem Peavy, den ich seit Jahrzehnten
nicht mehr so locker und mit viel Spass in den Backen gesehen habe,
Manni: Wo ist denn Efthi?
Peavy: Der sollte
gleich kommen.
MF: Jetzt fangen wir an!
Manni: Genau, jetzt fangen wir an (Gelächter)
MF:
Hoch die Tassen meine Herren!
Manni: Genau, Prost
(Gelächter)!
MF: Peavy, ich habe dich in den letzten
fünfzehn Jahren selten mit einem so breiten Grinsen auf der Bühne gesehen,
wie heute!
Peavy (lachend): Aber nicht so ein
breites, wie bei Manni (alle lachen)! Ja, klar, ich bin auch seit
vielen Jahren nicht mehr so happy gewesen wie jetzt. In Worten kann
ich nicht beschreiben, wie viel Spass es mir momentan macht, mit
meinen Jungs auf der Bühne zu stehen und wieder die alten Songs zu
spielen. Das ist hammergeil!
Manni: Die Dynamik, die dieses
Tres Hombres-Ding nachgezogen hat... - Diese Geschichte war als ein
einmaliger Spass-Gig angedacht. Wirklich! Peavy hat sich wieder mit
Efthi vertragen und mich angerufen, dass er eine Anfrage erhalten
hätte, zu dritt ein paar Coversongs oder alte Rage-Tracks zu
spielen. Ich habe Peavy aber auch gewarnt, dass wenn wir zu dritt
auf die Bühne gehen… Man muss erwähnen, dass Peavy zu der Zeit kein
Facebook und sonstige Medien verwendete…
Peavy: …ich war der
völlige Medien-Idiot (grinst)…
Manni: …er konnte nicht nachvollziehen, was für Folgen eine solche
Show haben könnte. Wird dies bekannt, folgen Reaktionen aus der
ganzen Welt.
Peavy: Wir dachten auch, dass alles unter uns
bleibt…
Manni: …klar, unter uns (lautes Lachen).
Peavy: Da rechnete ich nicht mit den Möglichkeiten von Facebook. Es
gibt ein Clubhaus, da probten früher alle Bands aus unserer Gegend.
In dem Haus ist donnerstags der Musiktreff. Als die Leute
mitbekamen, dass ich mich da mit Efthi traf, hat sich dies sehr
schnell verbreitet. So kam es auch, dass wir angefragt wurden, da
wir ja wieder miteinander sprechen (grinst), ob wir nicht Bock
hätten eine Show zu spielen.
Manni: Nach dieser Show
erhielten wir auch schon die erste Anfrage von Volker Raabe, der
sagte: «Wenn ihr nochmals ein Konzert spielt, buche ich euch gleich
für mein Festival». Peavy ging nach der Tres Hombres-Show mit Rage
auf Tour. Als Support spielten Tri State Corner. Lucky (Vassilios
«Lucky» Maniatopoulos) der Sänger, spielt da zusammen mit Efthi. Bei
zwei Shows war ich eingeladen. In Bochum und Köln, wo Efthi und ich
bei Rage als Gäste mitspielen sollten. Da merkte ich schon, dass die
Stimmung innerhalb von Rage sehr «strenght» ist. Ich wurde auch sehr
seltsam aufgenommen.
Peavy: Hätte ich nicht darauf
bestanden, beziehungsweise gesagt, dass ich nach Hause fahren würde,
wenn Manni und Efthi nicht auf die Bühne dürfen, dann hätten man die
Beiden nie bei Rage auf der Stage gesehen. Victor (Smolski,
ehemaliger Rage-Gitarrist) und André (Hilgers, ehemaliger
Rage-Trommler) wollten das nicht, sträubten sich dagegen und haben
sich so gut es ging dagegen gewehrt.
Manni: Lustigerweise,
als ich in Bochum ankam, hat mich Peavy direkt am Ärmel gezupft und
gemeint, wir müssen mal reden (beiden lachen). «Wollen wir uns
nicht, wie wir das in Herne gemacht haben, öfters mal treffen, ein
Bierchen trinken, bisschen Spass haben und ein paar Songs zocken?»
Gerne! Sehr gerne sogar (grinst)! So nahm das ganze Ding Fahrt auf
und Anfrage folgte auf Anfrage. Peavy hat sich auf der Rage-Tour
viel mit Lucky unterhalten und gemerkt, wo die eigentlichen Werte
liegen. Die erste Probe, die wir als Tres Hombres absolvierten, war
super emotional und es sind echt Tränen geflossen.
Peavy:
Geplant war zuerst, das Ganze mit Lucky zu viert anzugehen. Wir
hatten keinen Namen und wollten aus Spass einfach zusammen
musizieren. Lucky merkte schnell, dass alle Welt nur nach uns dreien
schreit. Da wollte er nicht dazwischenstehen, weil er sich wie ein
Fremdkörper gefühlt hätte. So zog sich Lucky aus der Band zurück und
hat Refuge im Hintergrund gemanagt. Er ist ein grossartiger Manager,
der es von der Pike auf gelernt hat. Das ist sein Beruf und wenn er
nicht weiss, wie das Geschäft läuft, wer dann (grinst)? «Wie immer
das Ding auch heissen mag, aber die Leute wollen nur euch Drei
sehen», hat Lucky uns zu verstehen gegeben. Das ist menschliche
Grösse. Wir drei hatten zu dem Zeitpunkt keine Ahnung, wohin das
führen wird. In erster Linie wollten wir Spass haben und erhofften
uns, in unserem Umfeld ab und zu ein kleines Konzert spielen zu
können. Für ein paar Kumpels oder auf einer Grillparty (lachend).
Manni sah das kommen, aber ich schnallte echt lange nicht, was da
passiert. Bis alles über uns herein gebrochen ist und los ging.
Efthi: Ich hab's auch kommen sehen (alle lachend)!
Manni:
Wir beiden haben uns schon vor zwei Jahren darüber unterhalten!
Efthi: Genau!
Manni: Da hat Efthi mit Tri State Corner in
Bottrop gespielt und wir sagten schon damals: «Hei, lass uns eine
Reunion machen» (grinst). Zu der Zeit kamen Efthi und Peavy aber
noch nicht miteinander klar.
MF: Gab es nie die Befürchtung, dass plötzlich die
alten Geschichten wieder hoch kommen?
Peavy: Zu dem Streit muss ich jetzt mal was Klärendes sagen. Als wir
uns damals von Manni trenten, waren wir wie kleine dumme
Blagen. Jung und dumm! Wir kapierten nicht, was wir mit dieser
Trennung anrichteten. Wegen Nichtigkeiten lagen wir uns in den
Haaren.
Manni: Vor der letzten Japan-Tour ging ich zum
damaligen Manager und sagte: «Hör mal, nach der Japan-Tour bin ich
raus! So wie das läuft, verstehe ich das nicht und möchte das auch
nicht mehr!» Da kommt der Manager an und erzählt uns, dass er sich
ein Haus auf Mykonos kauft, und ich musste neben Rage noch arbeiten
gehen, um meine Rechnungen zu zahlen. Abrechnungen von T-Shirts?
Fehlanzeige! Das wollte ich nicht mehr. Da läuft was verkehrt! Peavy
hat aber Boggie vertraut. Da streitest du dich dann ohne Argumente
auf eine total doofe Art.
Peavy: Ich war auch eifersüchtig
auf Manni, der mit seiner Frau etwas Festes aufbaute und irgendwann
kamen auch noch Kinder dazu. Früher waren wir drei, nicht
verheiratet (grinst), aber haben alles zusammen gemacht und
durchlebt. Auf einmal schert Manni da raus und macht für sich was
Eigenes. Ich glaube, zu dem Zeitpunkt war ich bloss eifersüchtig.
Die Streitpunkte damals waren lächerlich.
Manni: Hättest du damals was gesagt (grinst).
Peavy: Das war auch eine blöde Geschichte, totaler Quatsch.
Heute lachen wir darüber.
Manni: Ich war mit Rage als Gast
in der Tschechei. Das war beim «Masters Of Rock»-Festival und dabei
haben wir uns auch ausgiebig über die alten Jahre und Geschichten
ausgesprochen. Da hat mir Peavy Recht gegeben, dass uns unser
damaliger Manager einfach abgezockt hat. «Pass auf, hier stimmt was
nicht», habe ich immer zu Peavy gesagt. Da er aber Boggie vertraute,
war ich irgendwann der Buh-Mann in der Band. Da ich keinen Bock mehr
darauf hatte, habe ich die Konsequenzen gezogen und bin gegangen.
Das war der einzige Beweggrund.
Peavy: Du hast absolut Recht
gehabt. Zu meiner Entschuldigung kann ich nur noch sagen, dass
damals gerade mein Vater starb. Dadurch war ich ein bisschen
haltlos. Boggie wurde so zu einer Art Vater-Ersatz. Aus diesem Grund
habe ich unserem Manager blind vertraut. Heute weiss ich, dass dies
ein Fehler war. Damals habe ich dies in meinem jugendlichen
Leichtsinn nicht so gesehen.
MF: War für euch schnell klar, dass die Tres
Hombres-Geschichte dann viel grösser als angedacht werden würde?
Efthi: Die Idee war da, es fügte sich das Eine zum
Anderen und hat sehr gut funktioniert!
Manni: Hast du schon
mal auf den Schriftzug von Refuge geachtet? Das ist ein
Genie-Streich (lacht). Rage startete mit dem R und hört mit dem GE
auf… Na (schallendes Gelächter)? Dann noch die gleiche Schrift!
Genialer kann man dies nicht vermarkten!
MF: Wieso dann aber nicht gleich als alte/neue
Rage-Besetzung?
Manni: Nach Grave Digger
erarbeitete ich mir eine neue Basis, habe heute einen festen Job und
bin bei der Stadt Bottrop angestellt. Während der Zeit bei Rage und
auch Grave Digger musste ich schauen, dass ich nebenbei Geld
verdiene. Hast du eine Familie am Leben zu erhalten, kannst du von
den Einkünften von Rage oder Grave Digger nicht leben. Nach Grave
Digger hatte ich keinen Bock mehr darauf, dass das Geld sehr
unterschiedlich ins Haus flattert. Mal kommt was, mal kommt nix.
Darum absolvierte ich eine Ausbildung und hatte das Glück, bei der
Stadt angestellt zu werden. Das will ich nicht mehr aufs Spiel
setzen. Auf dieses ganze Heavy Metal- und Rock'n Roll-Business habe
ich keinen Bock mehr. Ganz einfach gesagt, will ich nicht mehr
Gitarre spielen müssen, um damit meinen Lebensunterhalt zu
verdienen. Heute bin ich auf dem Punkt, dass ich vor vielen Leuten
Gitarre spielen darf, wie heute auf dem «Bang Your Head!!!»-Festival.
Ich durfte in der Karibik auf dem Kreuzfahrtschiff spielen und darf
nächste Woche in Barcelona auf einem sehr grossen Festival
auftreten. Kommt noch ein bisschen Geld rein, ist das toll aber
egal, da ich meinen Job habe. Das ist eine ganz andere
Voraussetzung. Wichtig ist für mich der Spass. Den kann ich mit
Leuten teilen, die mittlerweile wieder meine Freunde geworden sind
und wir auch privat mit einander verkehren (schallendes Gelächter)…
Peavy (grinsend): …das sind so die Dinge, aus denen kommst
du nicht mehr raus!
Manni (lachend): Genau, Kopfkino! Das ist
wirklich eine ganz spezielle Konstellation. Bei den meisten Bands
die heute auftreten, müssen die das tun, um Geld zu verdienen. Wir
machen das aus Spass. Schau mal, beim Rock Hard-Magazin. Wir haben
nichts Neues veröffentlicht. Bloss weil wir wieder zusammen sind,
bekommen wie eine Vier-Seiten-Story. Hallo! Da kann man doch megastolz
darauf sein. Wir haben im Moment so viele Anfragen für weitere
Shows und haben die Möglichkeit, uns das raus zu picken, was wir wollen!
Zuerst muss ich schauen, was mit meinem Job vereinbar ist. Efthi hat
auch einen Job und kann den nicht von heute auf morgen aufgeben…
Efthi: …und eine Familie…
Manni: …natürlich ist dies
alles eine Sache der Planung. Steht Refuge auf dem Kalender, dann
ist Refuge unsere Familie. Das ganze Refuge-, Rage-, Tri State
Corner-Ding, das läuft alles ineinander. Wir haben einen gemeinsamen
Proberaum. Der Lucky ist unser Manager…
Peavy: …wir teilen
uns alles (grinst)…
Manni: …bei Tri State Corner ist er der
Sänger und bei Rage neu der Schlagzeuger. Da laufen die Fäden
zusammen. Mit seinem Partner Andreas macht Lucky einen Wahnsinnsjob
und da laufen die geschäftlichen Fäden zusammen. Aber, wie war
nochmals die Frage (lacht). Nach 1994, was da bei Rage abgelaufen
ist, können und wollen wir das gar nicht mehr. Dafür gibt es die
neue Rage-Besetzung, die wirklich megageil ist. Das muss ich
betonen! Jeder, der schon mal mit dem Namen Rage in Berührung kam,
wird da voll drauf angehen. Das ist genau das, was die Rage-Fans
hören wollen.
MF: Was sind die Zukunftspläne bei Refuge? Abgesehen davon, dass
eure alten Platten als schönes Box-Set wiederveröffentlicht werden
sollen.
Peavy: Wir haben neue Songs geschrieben.
Sollten wir irgendwann genügend Material zusammen haben, könnte es
sein, dass wir auch unter dem Namen Refuge eine neue Scheibe
veröffentlichen. Das kann dauern. Auch, wenn wir immer wieder neue
Ideen ausarbeiten, können wir nicht abschätzen, wann das sein
könnte. Wir lassen uns Zeit, bis wir der Meinung sind, dass das
Material gut genug ist. Refuge ist unsere Spass-Band und der
Spass-Faktor steht absolut im Vordergrund. Refuge ist eine
unkommerzielle Truppe, da geht es nicht darum Kohle zu verdienen.
Wir nehmen uns die Zeit, wenn wir sie haben und deshalb können wir
nichts planen.
Efthi: Persönlich macht es mir sehr viel
Spass, wieder diese Rage-Songs zu spielen. Das ist mir wichtig und
dass wir drei wieder zusammen sind. Das ist unbeschreiblich, diese
Tracks nach zwanzig Jahren wieder gemeinsam zu zocken!
Peavy: Ich
glaube, wir sind die unaufgesetzeste und ehrlichste Band, die hier
rumläuft, weil wir das Ganze nicht des Geldes wegen machen. Das ist
für uns und weil wir riesen Bock darauf haben.
Manni: Den
Song «Missing Link» haben wir gestern Abend zum ersten Mal geprobt.
Das hat super geil funktioniert. Auf vier angezählt und zack, zack,
zack (lacht)! Alles geil. Und heute auf der Fahrt hierher hat Efthi
gesagt: «Lass uns den heute doch spielen». Seit 22 Jahren nicht mehr
gespielt (lacht), einmal geprobt, heute vorgeführt und es war geil!
Peavy: Wir werden weiterhin Festival- und Show-Angebote
annehmen…
Efthi: ...und irgendwann spielen wir eine komplette
Tour (lachend)!
Manni: Ja, wenn die Zeit passt!
Peavy: Wir machen, was wir können und terminlich passt und sind für
alle Schadtaten bereit. Sieht man heute die Reaktionen im Publikum…
Manni (lachend): …grosses Kompliment ans Publikum, bei der
Mörderhitze da zu stehen und auszuharren!
Peavy: Egal, ob
wir auf oder hinter der Bühne stehen, gemeinsam im Auto fahren oder
uns zu Hause treffen, das ist immer Qualität. Wir sind jetzt alle
drei 50 und zusammen 150 Jahre alt (alle lachen). Ich spreche jetzt
für euch drei einmal mit, unsere alte, neue Freundschaft ist mir
unheimlich wichtig. In diesem Alter gibt es nichts Wichtigeres als
Freundschaft!
Manni: Alles ist im Leben für etwas gut und
vielleicht musste es einfach auch so kommen. Wer weiss, was alles
passiert wäre, wäre ich nicht ausgestiegen und alles hätte seinen
Lauf genommen?
Peavy: Wir wären verdammt gross geworden
(lacht)…
MF: ..und würdet heute alle in einem separaten
Nightliner fahren, weil ihr euch nicht mehr ausstehen könnt, wie die
Jungs von Mötley Crüe (alle lachen)!
Peavy: Das ist
aber müssig, darüber zu diskutieren. Schlussendlich bin ich auf jeden
Fall verdammt froh, dass uns das Leben eine zweite Chance gegeben
hat. Das ist nicht selbstverständlich. Diese Möglichkeit möchte ich
unbedingt nutzen und wir streiten uns nicht mehr wegen irgendwelchem
Scheiss (alle lachen und stossen mit ihren Bierflaschen an!)
MF: Das perfekte Schlusswort! Ich danke euch für das Interview
und wünsche euch alles Gute!
Efthi, Manni und
Peavy: Danke dir!
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