Abstand erzeugt mehr
Nähe.
Drei hochstehende Alben innerhalb von nur drei
Jahren schaffen heute nur noch ganz wenige Bands. Die
internationale Power Metal Freundschaft Serious Black
hat das erreicht, wovon selbst sehr grosse Bands nur
noch träumen. Umso selbstbewusster berichtet Bassist
Mario Lochert über die aktuellsten Ereignisse der Band.
Den Rückschlag mit mageren 14 (!!!) im
Vorverkauf abgesetzten Tickets in der Schweiz, machten
Serious Black mit einem energischen Konzert locker wett.
Dieses hat nach dem Interview wieder mal bewiesen, dass
es für gute Stimmung nicht tausend Metal-Fans braucht,
sondern nur wenige, die dafür die Musik umso
frenetischer abfeiern.
MF: Wie läuft die Tour
bisher?
Mario Lochert: Die Tour läuft
eigentlich soweit ganz gut. Ich war wahnsinnig
überrascht, als wir in Spanien waren. Ich hätte nie fast
200 Leute erwartet. Und das für das erste Mal als
Headliner dort. Das ist wirklich verdammt gut. Hier
natürlich jetzt in der Schweiz, ist es ein bisschen
enttäuschend. Wenn du das zweite Mal hintereinander in
den Charts in die Top 100 einsteigst in der Schweiz –
und dann läuft es im Vorverkauf nicht ganz so, wie du es
dir wünschst. Wobei ich mir allerdings keine Schuld
geben kann. Ich glaube, dass wir drei starke Alben
gemacht haben. Wir sind eine super Liveband. Du kennst
mich ja lange genug. Aber dafür rocken wir genauso für
30 Leute wie für 2000, doch anyway. Ja, es läuft gut.
Ich freue mich natürlich auf morgen in München. Das ist
fast ausverkauft. Das ist Wahnsinn.
MF: Ein Heimspiel für dich?
Mario
Lochert: Ja, für mich. Also München läuft
aussergewöhnlich gut. Das Backstage ist fast
ausverkauft. Ich freue mich wahnsinnig auf
Leberkäsesemmel.
MF: Das Essen war bisher
anders aber…
Mario Lochert: Aber gut.
MF: Also gut bisher.
Mario Lochert: Ja, aber anders.
MF: Ihr habt für diese Tour einen neuen
Gitarristen. Ist er ein temporärer oder ein dauerhafter
Ersatz für Bob?
Mario Lochert: Das
werden wir jetzt sehen. Beim Bob hat es folgende Sachen
gegeben: Der Gus G. ist jetzt nicht mehr bei Ozzy
Osbourne dabei. Somit konzentriert sich Gus jetzt wieder
sehr stark auf Firewind. Und natürlich hat es da
Überschneidungen gegeben.
MF: Die Herbsttour von Firewind beginnt
ja zwei, drei Tage nachdem eure aufhören wird.
Mario Lochert: Ja, genau. Und es hat auch noch andere
Überschneidungen gegeben. Und der Bob hat gesagt, dass
er mal über alles nachdenken muss. Ihn verbindet
natürlich 16 Jahre mit Firewind. Und 16 Jahre Firewind
verbinden einfach, ja. Und ich habe dann durch den Bill
Hudson von Dirk Schneider und dem Trans Siberian
Orchestra die Nummer von Chris (Christian Münzner)
gekriegt. Ich habe den Chris angerufen und er hat
geantwortet: „Pass mal auf. Power Metal gehört sowieso zu
meinen Favoriten und das obwohl ich bei Necrophagist
und bei Obscura gespielt habe.“ Und dann haben wir uns
ein paar Tage lang unterhalten. Und das hat jetzt ganz
gut gepasst. Chris ist dann auch wirklich mit Bravour
auf der Tour eingestiegen. Er hat sehr gut gespielt, wir
verstehen uns super und lachen viel. Und was weiss ich.
Wir werden sehen, was kommen wird. Nichtsdestotrotz ist
es ja so, dass eigentlich die Musik zählen sollte. Und
diese Musik spielt er mit Herz, Liebe und Leidenschaft.
Und das ist das Wichtigste. Und mit dem Bob, wie gesagt
werden wir alles sehen. Aber natürlich vermissen wir ihn
schon ein bisschen.
MF: Eine Tour im Januar und Februar
liegt für ihn ja auch nicht drin, weil er da wieder mit
Firewind als Vorband von Rage auf Tour ist.
Mario Lochert: Genau, und er hat auch andere Pläne. Bob
will heiraten. Er will auch nicht mehr so viel Touren.
Und bei uns ist es natürlich so, dass wir raus auf die
Bühne wollen, auf die Strasse. Und wir wollen die ganze
Welt betouren. Wir sind ja in diesem Jahr auch noch
gleich im Dezember mit HammerFall in Mexico unterwegs.
Dann sind noch ein paar Südamerika-Daten geplant. Und so
weiter und so weiter. Dann geht's noch nach Japan und
nach Russland. Also somit wollen wir touren. Und da
müssen wir schauen, was man macht. Was rauskommt und so
weiter. Ich glaube, wir sind auf einem guten Weg mit
allem.
MF: Die weiteren Daten sind aber
noch nicht auf der Webseite?
Mario
Lochert: Doch! Also eigentlich nein. Die wird morgen
upgedatet. Und dann kommen dann die anderen Daten hinzu.
MF: Ihr habt jetzt innerhalb von drei Jahren drei
Alben aufgenommen – drei gute Alben. Diese Dichte haben
eigentlich sonst nur die Metal-Bands in den 80er Jahren
geschafft.
Mario Lochert: Tja,
vielleicht liegt es daran, dass wir bereits so alt sind.
Also eigentlich sind wir ja noch froh, dass wir noch
normal pinkeln können. Viagra steht bei uns eigentlich
auf dem Rider drauf, weil wir nicht mehr können. Also
massive Potenzprobleme und Haarausfall, Färbemittel und
so weiter. Nein, Spass beiseite. Bei uns ist der
Unterschied zu anderen Bands glaube ich, dass wir sehr
weit voneinander entfernt wohnen. Und du merkst, wenn
wir uns sehen, dann es so ist, wie wenn du eine Band
gründest und das Feuer lodert. Und bei anderen Bands,
die sich zweimal pro Woche zum Proben sehen, da verebbt
es, weil es zum Alltag wird. Aber so fliegen wir jeweils
wieder auseinander, haben zwar dann noch Kontakt über
WhatsApp, Skype und so weiter. Aber wenn wir zusammen
kommen, dann brennt das Feuer. Du willst zusammen
musizieren. Und jeder sammelt natürlich Ideen. Und sagt:
„Woah, ist das geil, und lass uns mal das oder jenes
machen.“ Ich meine es ist total bescheuert, wenn man das
sagt. Okay wir waren im Mix von «Magic» und während dem
Mix haben wir noch einen Japan-Track
geschrieben sowie noch «Now You Never Know»
aufgenommen. Also aus dem Stegreif heraus und zur
gleichen Zeit wurden bereits vier Lieder fürs vierte Album
geschrieben. Also unsere Plattenfirma AFM hat uns
gesagt: „Hey Jungs, ihr habt einen Vogel!“ Aber wir
arbeiten daran und es kommt, es geht voraus und was
weiss ich. Natürlich gibt es bei uns auch Diskrepanzen.
Allerdings sind das dann mehr oder weniger konstruktive
Kritiken oder was weiss ich auch immer. Und natürlich
schlägt mal wieder einer da oder dort über die Stränge.
Aber das gibt es in jeder Band. Im Endeffekt haben wir
alle dasselbe Ziel: Wir wollen zusammen nach oben, und
wir wollen zusammen durch die ganze Welt touren. Und das
ist das was uns von anderen Bands unterscheidet. Dass
wir zusammenkommen und es wie am ersten Tag lodert.
MF: Das heisst, dass die Musik selber
wieder zusammen entstanden ist und nicht via Skype?
Mario Lochert: Genau! Das war aber auch
bereits auf dem Vorgängeralbum so. Wir haben schon
während der Mirror-World-Tour weitere vier oder fünf
Songs geschrieben. Und auch wenn unsere Plattenfirma
sagt, dass das vielleicht zu viel ist… oder wie auch
immer. Ich meine, ich kann mich ja selber nicht bremsen.
Ich kann ja nicht sagen: „Du pass mal auf, ich schreibe
jetzt 20 geile Songs. Und jetzt schiebe ich diese aufs
Glatteis. Und dann dümple ich vor mich hin und spiel da,
spiel da und das wird weniger und das wird weniger.“ Ich
meine, da kommt es ganz darauf an, wie man das alles
sieht. Ich denke, wenn du gute Alben veröffentlichen
kannst, dann sollst du es auch tun. Das siehst du auch
bei Sabaton. Da hat es auch geklappt. Sabaton haben ja
auch jedes Jahr eine Scheibe raus geschossen, getourt,
getourt, getourt, Studio, Studio und Studio, die Tour,
die Tour und die Tour. Und so weiter und so fort. Und
ja, es ist grossartig für mich.
MF: Ihr
entwickelt euch ja auch musikalisch weiter. Ihr habt
jetzt zum ersten Mal auch dieses Savatage-Element drin.
Ist das Zufall?
Mario Lochert: Es ist
halt einfach so, dass wir uns auch in keine Schublade
stecken lassen. Bei uns ist es so, dass wir sagen:
„Okay, das ist geil und das machen wir jetzt!“ Es ist
jetzt nicht so, dass wir quasi krampfhaft versuchen,
irgend jemanden zu imitieren. Oder wie es andere Bands
gibt. Da wo du sagst, okay, die suchen krampfhaft zum
Beispiel nach: „Okay, Sabaton funktioniert. Wir müssen
uns so anhören wie Sabaton!“ Oder: „Die neue Scheibe von
HammerFall ist ja geil geworden. Ich muss mich jetzt wie
HammerFall anhören!“ Ich meine, wir schreiben unsere
Songs. Und wenn du im Auto sitzt, bei den eigenen
Songs bloss die Demospuren von Songwriting hast und du
dann schon mit wippst, dann denke ich, sind wir auf dem
richtigen Weg. Eigentlich ist es ja bei vielen Musikern
so, dass sie kotzen könnten, wenn sie ihre eigene Musik
hören, also ganz knallhart gesagt. Und bei uns ist es
wirklich so, dass ich mir das wirklich auch in der
Freizeit anhöre und uns daran freuen. Meine Tochter hört
es auch gerne. Was ganz komisch ist, dass die keine
Kinderlieder mag, sondern sie sich lieber Serious Black
«Magic» anhört. Und morgen in München darf sie das erste
Mal mit den Mickey Mouse-Kopfhörern hinkommen und beim
Soundcheck dabei sein, und so weiter und so fort. Und
dann müssen wir mal schauen, was man da macht.
MF: Henjo Richter von Gamma Ray hat mir
mal gesagt, dass ein Song, den er nicht beim 1000tsten
Mal hören immer noch gut findet, nicht aufnehmen
würde.
Mario Lochert: Ja, den „Send Me A
Sign“ hat der Henjo ja geschrieben. Der gehört zu einem
meiner Lieblingslieder aus dem Power Metal Bereich.
MF: Wie ist das textliche Konzept dieses Mal
entstanden? War das Urban, der die Musik genommen hat
und den Text dazu schrieb?
Mario Lochert: Also das Ding ist, dass «Magic» eigentlich
ganz, ganz komisch entstanden ist. Wir waren wie gesagt
auf der "Mirror World"-Tour. Da sind wir im Bus gesessen
in Nürnberg. Und dann ist der Urban rauf gekommen mit dem
Refrain (singt) „Serious Black Magic“. Und da haben wir
gemerkt, dass das ziemlich geil ist. Das wird so ein
Schlachtruf wie bei Accepts „Ball To The Walls“. Dann
hat der Bob rumprobiert und sofort das passende Riff
dazu gefunden. Und so hat das angefangen. Und dann hat der
Urban gesagt, dass «Magic» ein geiler Titel fürs Album
wäre. Und dann habe ich gesagt, dass wenn wir mit «Magic»
gehen, dann würde ich gerne das Übernatürliche mit rein
bringen und da gerne ein Boxset machen. Also
quasi mit Tarot-Karten und einem Witchboard. Und
dann hat der Urban gesagt: „Okay, wenn wir so weit
gehen, dann will ich ein Konzept-Album schreiben.“
Natürlich hat jeder blöd geschaut, weil wir gesagt
haben: „Okay, wenn du ein Konzept-Album schreibst, dann
aber ein richtiges. Also quasi das Ganze in eine Story
verpacken, vom ersten bis zum letzten Song.“ Das braucht
normalerweise sehr viel Zeit, und es braucht so viel
Energie und was weiss ich alles. Ich meine, wenn du eine
Geschichte erzählst, kannst du ja nicht immer von vorne
bis hinten sagen…. Dann hast du ja keine Geschichte
erzählt. Also musst du die verschiedene Emotionen
rüber bringen. Du musst unterschiedlich mischen. Das wird dir
als Musikkenner vermutlich aufgefallen sein, dass die
Produktion sehr verschieden ist. Das eine hat zum
Beispiel mehr Bass-Drum, das andere hat mehr Snare, bei
noch einem anderen kommt der Bass mehr raus. Dann hast
du bei einigen Lieder Brutalo-Gitarren und bei anderen
sind sie mehr crèmig. Diesmal haben wir den Mix für
jeden Song von Anfang an gemacht, also nur damit auch
die Musik zusammen passt. Das sind solche Geschichten.
Urban würde jetzt sagen, wenn er gerade hier hocken
würde. „Hey, das war jetzt wirklich ein Haufen
Arbeit.“ Natürlich war es ein Haufen Arbeit und ich
meine, dass ich auch jetzt wirklich durch bin, also
jetzt auf Tour. Ich könnte mich jetzt eigentlich am liebsten
hinlegen und schlafen. Aber ich bin dann halt doch so
eine Stagesau, dass ich sage: „Okay, ich muss jetzt auf
die Bühne.“ Und ich gebe alles. Aber nach der Tour wird
dann mal geschlafen. Aber es war eigentlich in
Anführungsstrichen „wirklich dermassen easy, diese Story
in Musik um zu setzen.“ Es war so easy, auch wenn der
Urban natürlich wahnsinnig viel gearbeitet hat. In
seinem Studio hat er Wäscheleinen gezogen, wo dann die
ganzen Texte dran gehangen sind. Wir haben ja nicht nur
die 14 oder 16 Lieder geschrieben, die wir jetzt
aufgenommen haben, sondern haben im Total 26 oder 30
gehabt. Da musst du ja auswählen, und dann musst du
schauen, wie die Story dann noch zusammen passt. Und im
Endeffekt ist es wirklich so, dass wir das wahnsinnig
gut umgesetzt haben. Und ich glaube, das zeugt davon,
dass wir wirklich eine coole Band sind. Ohne jetzt mir
selber auf die auf die Schulter zu klopfen. Was ich ja
auch nicht kann. Aber die Band ist gewillt, was zu
erschaffen, was andere Bands nicht machen, ganz einfach
also. Ich bin begeistert, sowas innerhalb
eines Jahres aufzustellen, ist wirklich grandios.
MF: Der Urban hat ja auch mit Jonah
Weingarten zusammen gearbeitet, mit welchem er bereits
bei Pyramaze aktiv war.
Mario Lochert:
Bei Jonah war die Arbeit diejenige, dass er in den USA wohnt.
Somit ist er natürlich für die Keyboard-Lines zuständig. Gerade wenn
der Urban irgendwelche Sachen hat, ist es natürlich
sensationell cool, wenn der Jonah ebenfalls in den USA
weilt und dort quasi die Keyboards einspielt. Ich habe
auch nichts gegen ihn, er ist ein supernetter Kerl.
MF: Er ist ja auch auf dem Album zu
hören.
Mario Lochert: Genau, wobei nicht
auf diesem Album, aber mitgeschrieben hat er. Eingespielt haben
wir es dann selber.
MF: Auf der Special-Edition vom neuen
Album habt ihr eine Live-CD drauf. Das ist "Live In
Atlanta". Ist das ein reines Bonus-Ding oder plant ihr
das noch offiziell zu veröffentlichen?
Mario Lochert: Also wir haben ja nicht nur ein
Live-Album gemacht, sondern haben auch ein
Akustik-Album. Das ist da noch mit drin. Das ist quasi
ein Unplugged-Album. Dann haben wir noch das "Live in
Atlanta" und die «Magic?. Wir haben also eigentlich in
diesem Jahr drei Alben gemacht, gemischt, gemastert und
arrangiert.
MF: Genau, das heisst in der Box sind
drei CDs.
Mario Lochert: Ja genau, drei
CDs, und leider ist diese Box schon fast ausverkauft.
MF: Plant ihr sowas noch offiziell als
Einzel-CD zu veröffentlichen?
Mario
Lochert: Ich denke, die Akustik-Scheibe werden wir mit
Sicherheit noch einmal auflegen, glaube ich. Weil die
ist wirklich wahnsinnig gut geworden. Das Akustik-Album
ist wirklich grandios geworden, in meinen Augen. Ich
meine das haben wir auch Dominic zu verdanken. Dominic
hat da wirklich tolle Arbeit geleistet. Auch beim
Arrangieren mit dem Jan zusammen. Das ist wirklich ganz
gut alles gelaufen. Und das war einfach wahnsinnig viel
Arbeit.
MF: Und im Grunde nur für die Box oder
wolltet ihr das einfach von euch aus?
Mario Lochert: Mein Gott. Also die Plattenfirma hat am
Anfang gar nicht gewusst, was wir machen. Als wir dann
gesagt haben, dass wir fertig sind und drei Master
vorliegen, haben sie gesagt: „Was wollen wir mit
drei Masters?“ Und ich: „Naja, veröffentlichen!“ Also
die waren wirklich baff. Es war nicht gelogen, als ich
auf Facebook gesagt und gepostet habe, dass die Masters
jetzt fertig sind. Somit denke ich, dass wir gut auf dem
Weg sind, und wir werden mal schauen, was kommt.
MF: Dann wünsche ich euch viel Glück und
Ausdauer dabei.
Mario Lochert: Danke
schön.
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