Shinedown sind in den USA schon längst eine der
wichtigsten Rockbands und überzeugen mit erstklassigen
Scheiben und einer energiegeladenen Live-Performance.
Mit «Amaryllis», dem Nachfolger von «Sound Of Madness»,
im Gepäck und mit den Gedanken noch beim beeindruckenden
gestrigen Auftritt bei Rock am Ring, bei dem sie vor
25'000 Leuten auftreten durften, sitzen sie nun hier in
der Schweiz und warten auf die eher bescheidene
Zuschaueranzahl von circa 600 Leuten, aber immerhin. Nach
einem eher schleppend angelaufenen Verkaufsstart konnte
das Plaza am Ende doch noch restlos ausverkauft werden.
Das haben sie auch verdient!
Shinedown behandeln ihre Interviewpartner erstklassig.
Ich bin davon überzeugt, dass die Bediensteten im Adlon
Berlin oder im Dolder Grand in Zürich es nicht besser
können. Das ist High Class Rock'n'Roll. Möchte die Dame
das Wasser ohne Kohlensäure und lieber geschüttelt oder
gerührt? Und ja danke, ich nehme den anderen Stuhl, da
er bequemer ist, ok. Auch der Manager der Band bediente
einem, als wäre man der wichtigste und einflussreichste
Journalist der ganzen Welt. Ein Butler mit Nasenring und
in Ganzkörpertätowierung – quasi. Ich bin sehr
beeindruckt. Es wurde mir sogar angeboten, am Abend zum
Konzert noch eine Person mitbringen zu dürfen, da man
möchte, dass dieser Abend ein besonderer Abend für mich
werden würde und es sollte alles perfekt sein.
Da steckt Herzblut dahinter und das zieht sich bei
Shinedown wie ein roter Faden durch alles hindurch, was
sie in die Hände nehmen. Nun ja, ein Fotograben wäre mir lieber
gewesen als eine Freikarte, aber man kann ja nicht immer alles
haben im Leben. Auch für die Band selbst gibt es nur das
Beste. Der kleine Backstageraum, den es normalerweise
gibt, war ihnen nicht gross genug. Bei der Begehung der
Venue entdeckte man noch einen grösseren Saal (!), ganz
oben im Gebäude. Dieser war fast so gross wie die Venue
selbst. Warum nicht, wenn er eh frei ist?!! Hätte ich auch
so gemacht, denn wie heisst es doch so schön? Nur das
Beste ist gut genug! Lest hier, was uns Sänger Brent
Smith und Gitarrist Zach Myers zu erzählen hatten.
MF: Metal Factory ist euch ein Begriff? Das ist das
Online-Magazin, für das ich euch interviewe...
Brent: Ja klar, das grösste und wichtigste Online
Magazin der Schweiz, wir wissen davon. Deswegen wollten
wir auch unbedingt mit euch sprechen. Herzlichen Dank,
dass es geklappt hat!
Zach: Sag mal, was ist hier eigentlich die Hauptsprache?
Brent: Bist du von hier?
MF: Deutsch ist die Hauptsprache, also man spricht hier
hauptsächlich Schweizerdeutsch...
Brent: Was sind die Unterschiede zwischen Deutsch und
Schweizerdeutsch? Verstehen die Deutschen die
Schweizer? Gibt es grosse Unterschiede in der Sprache?
MF: Ähm, hallo!? Ich glaube, ihr habt das prinzipielle
Vorgehen nicht ganz verstanden. ICH stelle hier die
Fragen!! (Grosses Gelächter!)
Zach: Wir sind halt brutal neugierig, wir wollen alles
wissen...
Brent: Gibt es Unterschiede im Akzent oder in der
Wortwahl? Wir können leider nur Englisch sprechen, das
ist alles. Wir fühlen uns wie Ignoranten. Immerhin sind
wir eine internationale Band, und es hat etwas mit
Respekt zu tun, mehrere Sprachen sprechen zu können und
sich mit den Leuten in unterschiedlichen Ländern in
deren Sprache unterhalten zu können. Es ist nicht
selbstverständlich, dass wir hier her kommen und du
sprichst automatisch Englisch mit uns.
Nachdem ich ausführlich aufgeklärt hatte, wie das so
ist mit der Sprache hier in der Schweiz, gaben sie dann
Ruhe und ich konnte endlich los legen.
MF: Die Show heute im Plaza ist restlos ausverkauft. War
das zu erwarten von eurer Seite her?
Brent: Um ehrlich zu sein, sind wir total aus dem
Häuschen, dass es ausverkauft ist. Wir wussten gar nicht,
was wir zu erwarten hatten. Das letzte Mal, als wir hier
gewesen sind, war im Jahre 2009. Ich denke, mit dem neuen
Album «Amaryllis» haben wir ein recht universelles Album
produziert, das von einem breitgefächerten Publikum
gehört werden kann. Das Ziel ist es, den europäischen
Markt zu knacken, und wir haben realisiert, dass wir viel
öfters hier her kommen müssen, um Konzerte zu spielen.
Das gehen wir jetzt an. Im Oktober diesen Jahres kommen
wir bereits wieder für ein paar Konzerte hier her, und
wie hoffen dann feststellen zu können, dass das Publikum
bei jeder Rückkehr nochmals zunehmen wird. Das wäre
wunderbar.
MF: So oft zu touren ist jedoch auch eine
Herausforderung und verlangt viel von einem ab. Die
meisten Bands spielen mittlerweile bis zu dreimal im Jahr
hier in der Schweiz, um Präsenz zu zeigen.
Brent: Das ist richtig, der Markt hat sich verändert, und
das Beste, was du machen kannst, ist einfach live spielen
und Kontakt zu den Fans halten. Aktuell fangen wir so zu
sagen wieder von vorne an mit «Amaryllis». Wir waren bei
Warner/Atlantic Records und sind mit dem aktuellen Album
zu Roadrunner Records gewechselt. Nach den Vorkommnissen
bei Roadrunner sind wir nun wieder bei Warner gelandet.
Mann kann sagen, dass wir das Album jetzt wieder wie neu
aufziehen und versuchen, es wieder von vorne zu
etablieren. Da steckt nun wieder neue Arbeit dahinter
und wirft uns ein bisschen zurück. Daher ist es gut für
uns, wenn wir Präsenz zeigen können und live spielen, so
oft es nur geht.
MF: Gibt es einen Gig in Europa, der euch sehr
beeindruckt hat?
Brent: Oh ja! Rock am Ring gestern. Wir haben auf der
Metallica Bühne gespielt und starteten als zweite Band an
diesem Tag. Es war unglaublich. Wir haben vor 25.000
Zuschauern gespielt, das war gigantisch!
MF: Dann ist das heute mit 600 Zuschauern eine nette
Abwechslung zu gestern. Kleine Konzerte haben aber auch ihren
Reiz.
Brent: Oh ja, nun, sie haben das Konzert heute mehr als
ausverkauft, wenn du weisst, was ich meine. Ich hoffe, dass
es nicht zu vollgestopft sein wird.
Zach: Ich hoffe, es wird nicht gefährlich (lacht). Nun
wir sind offen für alle möglichen Situationen, wir haben
keine Angst, egal was kommen wird. Weisst du, es war
schon immer unser Traum gewesen Musik zu machen. Bereits
als Kids haben wir darüber gesprochen wie grossartig es
wäre, wenn wir live spielen könnten. Natürlich ist es
auch harte Arbeit, aber wir stellen uns dieser
Herausforderung sehr gerne.
MF: Ich muss sagen, ich freue mich sehr, dass du, Brent,
mit dabei bist in diesem Interview. Für gewöhnlich
möchten die Sänger ihre Stimmen schonen und du bekommst
sie in Interviews deshalb eher selten zu Gesicht.
Brent: Wir hatten circa eineinhalb Wochen frei, bevor wir nach
Europa gekommen sind, und aktuell habe ich auch erst zwei
Shows hier hinter mir. Grundsätzlich passe ich ganz gut
auf meine Stimme auf, aber Zack und ich wollten
unbedingt mit dir sprechen. Wir haben gesehen, wie
bekannt Metal Factory ist und wie viele Leute das lesen
und fanden es wäre wichtig, dort ein Interview zu
platzieren.
MF: Das Kompliment kann ich zurück geben. Es ist mir ein
Vergnügen, das Interview zu führen. Eure Musik gefällt mir
sehr gut, da steckt viel Herzblut drin.
Brent: Oh vielen Dank! «Amaryllis» ist ein sehr
ehrliches Album, und wir haben recht viel Energie rein
gesteckt. Es repräsentiert uns, so wie wir wirklich sind,
und auch in unseren Texten verarbeiten wir Themen, die
uns sehr beschäftigen und auch sehr persönlich sind. Wir
philosophieren über das Leben und möchten aufzeigen,
dass gewisse Geschenke, die dir das Leben gibt, mit
Sorgfalt zu behandeln sind. Da ist viel davon auf dem
Album zu hören. Ich denke, es ist irgendwie ein einfaches
aber auch ein durchdachtes Album – musikalisch sowie
textlich. Wir haben keine Scheu davor, sehr persönliche
Themen zu verarbeiten.
MF: Das wäre meine nächste Frage gewesen, kannst du mir
mehr über die Inhalte der Themen erzählen?
Brent: Nun, wir schrecken einfach nicht vor den harten
Ereignissen zurück, die einem im Laufe des Lebens
widerfahren. (Brent Smith hat aktuell einen
Alkohol-Entzug hinter sich, auf den ich ihn aber nicht
ansprechen wollte)
Zach: Ich sag mal, je älter wir werden, desto ehrlicher
werden wir auch uns selbst gegenüber. Brent schreibt ja
bei uns die Texte und es ist spannend zu beobachten, wie
er sich entwickelt. Auf dem aktuellen Album sind die
Texte unglaublich ehrlich und offen, und ich denke daher
kann sich auch das Publikum unglaublich gut damit
identifizieren. Das macht uns darum als Band auch
erfolgreich. Das letzte Mal waren circa 200 Leute beim Gig,
jetzt sind es schon 600. Das ist der Beweis, dass wir
auf dem richtigen Weg sind und dass das Publikum unsere
Musik schätzt und versteht was wir machen. Das Publikum
schätzt die Ehrlichkeit und was Brent mit seinen Texten
sagen möchte. Und wenn du sagst, dass unsere Musik
Herzblut hat, dann ist das wohl das grösste Kompliment,
was du uns geben kannst.
Brent: Das Publikum spürt, dass wir eine ehrliche Band
sind. Mir ist es wichtig, der Musik die wir spielen, mit
den Texten eine persönliche Note zu verleihen. Wir haben
eine Vision und möchten individuell sein. Das schätzt
das Publikum sehr. Die Leute spüren, dass sie nicht angelogen
werden. Wir stehen am Morgen nicht auf und überlegen,
welches Thema gerade hip ist und schreiben darüber einen
Song, weil wir denken, dass uns das berühmt machen würde.
Der Promoter lässt verlauten, dass die Zeit eigentlich
nun vorbei sei. Brent bittet um fünf zusätzliche Minuten,
weil er die Unterhaltung so spannend findet – nicht
schlecht :-D
MF: Was war bisher der ergreifendste Text aus deiner
Sicht, den du je geschrieben hast?
Brent: Nun auf diesem Album ist es so gewesen, dass ich
das erste Mal die anderen Jungs um Hilfe gebeten hatte,
bzw. ihre Meinung eingefordert habe. Das hatte ich bis
anhin noch nie getan. Es gibt einen Song auf dem
aktuellen Album, der heisst «I'll Follow You». Dieses
Lied liegt mir sehr am Herzen. Viele denken, es sei ein
Liebeslied, aber das ist es nicht. Es geht um
Freundschaften und um Menschen, für die du einfach alles
machen würdest und die dich schon ein Leben lang
begleiten soweie wichtig für dich sind. Sie werden auch
immer da sein, und du bist sicher, dass sie bis ans
Lebensende an deiner Seite sein werden. Sie gehören zu
deinem engsten Kreis, und man geht durch dick und dünn
mit ihnen.
Zach: Ich kann mich 100% mit den Songs identifizieren
und höre sie auch selbst immer wieder an, manchmal den
selben Song immer wieder und wieder. Je mehr wir das
Album auch live spielen, um so stärker wird das Gefühl,
immer intensiver. Ich bin sehr stolz auf das, was wir
erreicht haben.
MF: Ihr habt für «Amaryllis» 33 Songs geschrieben, wer
hat die Lieder für das Album an Ende ausgesucht?
Brent: Für «Sound Of Madness» waren es sogar fast 60
Songs.
MF: Was passiert mit all den Songs?
Zach: Manchmal höre ich alte Sachen an und bin total
begeistert davon und versuche Brent zu überzeugen, dass
wir den einen oder anderen Song doch nochmals überdenken
sollten. Er möchte aber mit den alten Sachen
abschliessen uns sagt immer «Das war mal, jetzt kommt
was Neues».
(lacht)
Brent: Es gab Gründe, warum sie den Weg auf das Album nicht
geschafft haben. Warum sollten wir sie dann also wieder
aufwärmen? Ich sehe darin keinen Sinn. Wir haben so viel
Themen und entwickeln uns weiter. Themen verändern sich
und das Leben geht weiter. Es gibt immer wieder neue
Geschichten.
Zach: Vielleicht veröffentlichen wir ja mal eine extra
grosse Kollektion von B-Side Songs. Die grösste Auswahl,
die das Universum je gesehen hat! (lacht)
MF: Brent, du hast den Song «Not Strong Enough» für
Apocalyptica eingesungen und die Umsetzung ist
grossartig. Du hast eine sehr ausdrucksstarke Stimme und
ich hätte es gut gefunden, wenn du anstelle von Tipe
Johnson mit ihnen auf Tour gegangen wärst.
Brent: Nein! Leider wäre das zu dem Zeitpunkt nicht
möglich gewesen, aber es war für mich eine grosse Ehre,
dass sie mich gefragt haben, den Song einzusingen.
Vielleicht trifft man sich ja mal zusammen auf einem
Festival, und dann könnte ich als Gast den Song
vortragen. Das wäre noch toll, ja das wäre wirklich
genial.
MF: Danke für die Zeit und vielleicht bis bald mal
wieder.
Beide: Danke dir und wir hoffen, dir gefällt die Show.
Unsere Liane (mitte) mit Shinedown >>>
Live wurde dann alles geboten, was man versprochen hatte.
Auch wenn mit «Halestorm» eine unglaublich starke
Frontfrau allen zeigen konnte, wo der (Metal) Hammer
hängt! «Shinedown» haben auf ihre eigene Art und Weise
das Publikum überzeugen können und Brent Smith versteht
es, wie es so nur wenige beherrschen, das Publikum in seinen
Bann zu ziehen. Im Sekundentakt wechselte er die Position,
und man hat das Gefühl, er versuche jeden einzelnen
Zuschauer im Publikum persönlich zu unterhalten.
Blickkontakt mit dem Publikum war zu jeder Zeit
gewährleistet und auch der Kontakt überhaupt war ihm
extrem wichtig. Songs wie «Sound Of Madness», «The Crow
& The Butterfly» und «Devour» heizten dem eh schon
vollen Plaza gewaltig ein und auch neue Songs vom
aktuellen Album «Amaryllis» wie «Bully» oder «Enemies»
kamen beim Publikum sehr gut an. Live absolut
empfehlenswert und Brent überzeugte mit brillantem und
glasklarem Gesang!
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