Zusammenhalt durch Brüderlichkeit.
Stryper gingen in die metallischen
Geschichtsbücher mit drei Dingen ein.
Erstens die tolle Musik mit vielen
grossen Chören, zweitens durch die
gelb/schwarzen Bühnendesigns, inklusiv
den Klamotten dazu (nicht umsonst hiess
das Debütalbum «The Yellow And Black
Attack») und drittens durch ihr
christliches Image. Für das
Letztgenannte wurden die Amis immer
wieder verspottet, während die
Teufelsanbeter nichts dergleichen
abbekamen. Eine skurrile Welt in der wir
uns bewegen… Das Quartett hatte zudem
ein sehr stabiles Line-up, in welchem
nur der Bassist ging, wieder kam und definitiv ging. Heute
stehen wir kurz vor der Veröffentlichung
des dreizehnten Studioalbums, welches
auf den Namen «Even The Devil Believes»
getauft wurde und bei dem zum ersten Mal
der Firehouse-Bassist Perry Richardson
als neues Mitglied vorgestellt wird.
Sänger Michael Sweet wusste einiges zu
erzählen, aus dem Hier und Jetzt, sowie
natürlich aus dem Damals.
MF:
Was kannst du über das neue Werk sagen…
Michael: …ich bin sehr zufrieden
mit ihm und ich spreche auch im Namen
der anderen Bandmitglieder. Wir sind in
der glücklichen Lage, unseren kreativen
Output super gebündelt zu haben, und zum
richtigen Moment. Ich der festen
Überzeugung, dass es das beste Album von
uns geworden ist. Ich weiss, das sagen
alle Musiker. Der Unterschied zwischen
ihnen und mir ist jedoch, ich meine es sehr
ernst. Das hat nichts damit zu tun, dass
ich «Even The Devil Believes» bewerben
will. Oder dass ich etwas Aufbauen will,
damit die Leute darüber sprechen. Wir
haben die Gunst der Stunde genutzt, als
die Pandemie ausbrach. Kurz davor trafen
sich Perry, Robert (Sweet, Schlagzeug)
und Oz (Fox, Gitarre) in meinem Haus, um
an den neuen Songs
zu schreiben. Dabei lasen wir die News
über China und den Virus und konnten
kaum glauben, was da passierte. Der
Lockdown hat alles verändert. Dies
hatte aber auch was Gutes, nämlich dass ich
glücklicherweise meinen Gesang bei mir
zu Hause aufnehmen konnte. Zudem nahm
ich meine Gitarrensolos auf, und Oz seine
bei sich zu Hause. So wurden die ersten
Teile gemischt. Durch die modernen
Möglichkeiten wie Facetime, waren wir
immer in Kontakt und haben so das Album
produziert und komponiert. Es war
grossartig. Das Schöne war zudem, dass ich
keinen Druck spürte. In der
Vergangenheit war der um einiges
grösser. Der Zeitplan musste eingehalten
werden und man hatte die Plattenfirma im
Nacken, die einen neuen Hit wollte,
oder zumindest dass die Lieder und das
Werk besser in die Charts einsteigt.
Verkauften wir mit dem Vorgänger 500'000
Einheiten, war klar, wo die Messlatte
für seinen Nachfolger lag. Seit zehn
Jahren arbeiten wir drucklos und können
machen, was und wie wir wollen. Wir
verfolgen unseren eigenen Zeitplan, produzieren wenn die Zeit reif ist und
lassen uns vorher genügend Zeit zum
Komponieren. Der grosse Unterschied vom
neuen Werk zu den anderen ist, dass wir
einen neuen Bassisten in der Band haben.
Viele Leute wissen das nicht. Er hat
vieles zur neuen Scheibe beigetragen.
Die Art wie er Bass spielt und seine
grossartigen Gesangslinien (erinnert
Euch an Firehouse, dann wisst Ihr, was
Euch erwarten wird!). Das ist etwas
Neues in der Musik von Stryper und hat
uns sehr geholfen, einen anderen Level zu
erreichen.
MF: Wieso hat euch Timi
Gaines verlassen?
Michael: Wenn du die Geschichte
von Stryper kennst, war er immer wieder
in und aus der Band. Das ist in all den
Jahren einige Mal passiert. Wir waren
der Meinung, dass es besser ist
getrennte Wege zu gehen, mit einem neuen
Bassisten durch zu starten und nicht
plötzlich wieder ohne Basser da zu
stehen. Perry ist unser neuer Bassist,
und das macht uns sehr stolz! Ich hoffe,
dass diese Konstellation lange halten
wird. Es ist nicht einfach ein neues
Mitglied zu finden, das mit Gefühl und
Technik spielt, aber auch Persönlichkeit
hat und ein guter Performer auf der
Bühne ist. Meistens findet man einen
tollen Bassspieler, der aber menschlich
nicht zu uns passt. Oder dann funkt es
menschlich, aber sein Spiel ist
miserabel. Perry kann spielen, singen
und ist ein wundervoller Mensch. Er hat
immer ein Lächeln in seinem Gesicht, ist
immer am Grinsen und glücklich. Eine
solche Persönlichkeit in der Band zu
haben, ist sehr erfrischend. Zudem wirkt
sich seine gute Laune auf die komplette
Truppe aus.
MF: Neben Timi habt ihr
bei Stryper immer ein sehr stabiles
Line-up gehabt. Was ist das Geheimnis,
dass du, Robert und OZ immer
zusammengehalten habt?
Michael: Ganz einfach gesagt,
Brüderlichkeit. Wir sind wie Brüder
miteinander. Klar, Robert ist mein
Bruder (grinst). Wir sind Blutsbrüder
und zusammen aufgewachsen, und Oz ist wie
unser zweiter Bruder. Ihn habe ich
kennengelernt, da war ich elf Jahre alt.
Wir haben zusammen die High-School
besucht. Gemeinsam haben wir eine
Historie und ich denke, das ist das
Geheimnis von unserer langen Reise.
Perry ergänzt uns perfekt. Wir lieben es
mit ihm auch neben der Musik Dinge zu
tun und mögen seine Familie sehr. Es ist
nicht nur die Musik, sondern viel mehr,
das wir teilen und uns verbindet.
MF: Neben Stryper hast
du deine Solo-Karriere am Laufen und
bist bei Sweet/Lynch mit George Lynch
zusammen. Wie wichtig sind diese Bands
für dich?
Michael: Beide sind sehr
wichtig für mich. Bei meinen Solo-Songs
kann ich noch mehr meine Kreativität
ausleben. Dabei experimentiere ich ein
bisschen mehr. Das Sweet/Lynch-Projekt…
Ich liebe die Zusammenarbeit mir George
und ich hoffe, dass wir noch vieles
zusammen schreiben können. Wir sollten
uns für eine Tour verpflichten, so dass
wir wieder an einem neuen Album arbeiten
müssen. Es war schwer die ersten beiden
Scheiben zu veröffentlichen und sinnlos
solche Alben zu veröffentlichen, wenn
man nicht tourt. Das ist kein gutes
Zeichen für die Fans. Bei den Tracks
mache ich keinen grossen Unterschied,
was
kommt jetzt auf eine Stryper-Scheibe,
was wird solistisch verwendet und was
passt zu Sweet/Lynch (lacht). Logisch,
in der Regel weiss ich, was zu Stryper
passt und was nicht. Bei meinem letzten
Solo-Album «Ten» habe ich einige Songs
geschrieben, die auch gut zu Stryper
gepasst hätten, wie zum Beispiel «Shine»
oder «Son Of Man». Bin ich am
Komponieren, mache ich mir darüber aber
keine Gedanken. Wenn ich es fühle und
mag, dann lass ich dem Ganzen freien
Lauf. Im Moment gibt es Pläne mit meiner
Soloband zu touren. Dabei sollte Tony
Harnell (ehemals TNT) den Support
spielen. Das letzte Album war hier in
den Staaten recht erfolgreich, und ich
hoffe, dass es auch mit möglichen
Konzerten für Europa klappt. Mit
Sweet/Lynch würde ich sehr gerne
auftreten. Aber das liegt an George. Es
scheint schwierig zu sein, ihn für
Konzerte zu motivieren. Klar, im Moment
hat der Virus alles lahm gelegt. Mal
schauen, was realisiert werden kann. Ich
bin sehr dankbar, dass meine Stimme mich
nicht im Stich lässt. Je älter ich
werde, desto schwieriger ist es die
hohen Passagen hinzukriegen (grinst).
Ich versuche stets zu meiner Stimme zu schauen,
damit auf Tour alles klappt wenn ich auf
der Bühne stehe. Über all die Jahre hat
sich mein Gesang verändert. Er ist ein
bisschen tiefer geworden. Ich denke
nicht, dass dies ein schlechtes Zeichen
ist, sondern die pure Realität. Ich bin
dankbar, dass ich noch immer singen
kann oder besser gesagt noch immer mehr
oder weniger so singen kann, wie ich
will.
MF: Vermisst du die
grossen Bühnenproduktionen der achtziger
Jahre und all die Videos?
Michael: Ja, das tue ich! Wir
haben damals vieles mitbekommen und
waren ein Teil dieser Szene. Heute ist
alles kleiner geworden und wir spielen
vor 1'000 Leuten. Dies jeden Abend für
sechs Wochen macht noch immer sehr viel
Spass. Kommen wir nach Hause, gehts
dann zu den grossen Festivals mit 25'000
Besuchern. Stryper sind noch immer ein
Teil des Ganzen, während viele Truppen
von damals nicht mehr existieren. Klar
vermisse ich die Energie des Publikums,
wenn man in grossen Arenen spielt, das
war sehr aufregend. Aber heute kann mir
eine mittelgrosse Clubtour ein ähnliches
Gefühl vermitteln…
MF: In
der Vergangenheit wart ihr bekannt für
eure schwarz/gelben Kleider. Wo sind die
abgeblieben?
Michael: Wir sind noch immer
die Gelb/Schwarzen (lacht). Nicht mehr
so auffällig wie früher, sondern spielen
damit eher beim Drumkit oder den
Gitarren. Aber lass dich vom neuen Video
überraschen, es wird dir gefallen.
MF: Dann bin ich gespannt. Besten
Dank für das Interview, und bleibt zu
hoffen, dass ihr auch den Weg nach
Europa findet…
Michael: …ja, das letzte
Konzert mussten wir absagen, weil Robert
krank war. Wir lieben es bei euch zu
spielen, da die Schweiz ein sehr schönes
Land ist. Danke dir für deine Zeit und
ich verspreche dir, dass wir uns in der
Schweiz sehen werden! "God bless you!"
Stryper 2019
Stryper 1985
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