Jenseits von Gamma
Ray.
Gamma Ray liegen auf Eis. Dank der Helloween-Reunion
mit Michael Kiske und Kai Hansen. Was tun nun die
GR-Recken Henjo Richter (Gitarre) und Michael Ehré
(Schlagzeug), wenn sich Mister Hansen in seinem alten
Betätigungsfeld tummelt? Genau, sie erinnern sich ihrer
gemeinsamen Idole und gründen eine neue Band. Getauft
auf den Namen The Unity und als ergänzende
Bandmitglieder integrierten die Beiden die Musiker der
anderen Ehré-Truppe Love.Might.Kill. So ist The Unity
eigentlich nichts anderes als Love.Might.Kill. ohne
Gitarrist Christian Stöver oder das neue Gamma
Ray-Steckenpferd ohne Kai Hansen. Ob diese Aussage
stimmt oder wie so oft, eben doch alles ganz anders
ist, erzählt Michael im folgenden Interview.
MF:
Wie kam's zu The Unity?
Michael: 2012 bin ich bei Gamma Ray
eingestiegen. Von diesem Moment an hatte ich mit den
Vögeln öfters zu tun (lacht). Henjo kannte ich schon
länger. Ab und zu liefen wir uns im Hamburg über den
Weg. Wir stellten schnell fest, dass wir die gleichen
musikalischen Wurzeln haben. Deep Purple, Rainbow,
Whitesnake, Dio und Black Sabbath. So tauschten wir
unsere eigenen Songs aus. Die Lieder, welche bei The
Unity zu hören sind, hätten stilistisch nicht zu Gamma
Ray gepasst. Aus dem erwähnten Austausch entstand die
Idee, etwas mit diesen Liedern zu machen. Selbst wenn
man mit Gamma Ray gut beschäftigt ist und eine
erfolgreiche Band am Start hat, bleibt noch immer
genügend Zeit andere Dinge im Leben zu machen. Vor
zweieinhalb Jahren nahm das konkrete Formen an. Das war
der Ursprung von The Unity.
MF: Sind Love.Might.Kill. Geschichte,
denn ausser Christian spielen ja nun alle bei The Unity
mit?!
Michael: Wir haben unser Ende nie offiziell
verkündet. Aber nach 2012, als das zweite Album
veröffentlicht wurde und ich bei Gamma Ray eingestiegen
bin, fehlte mir die Zeit für Love.Might.Kill. Bei Gammay
Ray kam gleich die Tour zusammen mit Helloween, dann
folgten die EP und das letzte Album von Gamma Ray. Es
ging alles Schlag auf Schlag. Bei Love.Might.Kill. hat
uns Christian verlassen, weil er sich voll auf seinen
Job konzentrieren wollte. Als Henjo und ich uns
überlegten, wer denn nun The Unity komplettieren könnte,
war uns schnell klar, dass wir mit den
Love.Might.Kill.-Jungs zusammen arbeiten werden.
MF: Habt ihr nie geplant
Love.Might.Kill. weiterzuführen, einfach zusammen mit
Henjo?
Michael: Das wäre schlussendlich eine andere
Herangehensweise geworden. Wir wollten ganz bewusst
etwas Neues starten. Beziehungsweise war dies die Idee
von Henjo und mir. Ich glaube, dass es falsch gewesen
wäre, Love.Might.Kill. in einer anderen Besetzung
weiterzuführen. Das hätte sich nicht richtig angefühlt
und stand komischerweise auch nie zur Debatte (grinst).
MF: Wie kam's zum Namen The Unity?
Michael: Oh ja (lacht), das war ein sehr langer
Prozess. Versuch heute mal einen Bandnamen zu finden,
den es nicht schon gibt (lacht). Drei Monate intensives
Brainstorming benötigten wir für die Namensfindung. 95 %
der Ideen waren wirklich... scheisse (lacht)! Zudem sollte
der Name ein paar Kriterien erfüllen und zur Musik
passen. Es hätte in die Richtung der neuen Truppen gehen
können, wie Bring Me The Horizon. So ein ganzer Satz mit
einem Nebensatz. Wollten wir aber nicht, sondern was
Kurzes und was Prägnantes, am besten nur drei Silben.
Die Suche war wirklich enorm schwierig. Irgendwann
schrieb Stefan (Ellerhorst, Gitarre) in einer E-Mail, in
Englisch, da unser Sänger Italiener ist und wir uns auf
Englisch verständigen: «...what we doing now, feels like a
real unity». Da dachte ich mir: «Moment. Das klingt doch
geil. The Unity!» So haben wir uns für diesen Bandnamen
entschieden. Das ganze Brainstorming war umsonst
(lacht).
MF: Wie lange habt ihr an den neuen
Liedern gearbeitet?
Michael: Alles zusammen gerechnet waren es
zwei Jahre, wobei das Songwriting weniger als ein Jahr
dauerte. Es war uns wichtig, dass unsere Produktion mit
anderen grossen Produktionen mithalten kann. Du darfst
nicht vergessen, dass wir alles selber gemacht haben und
zu dem Zeitpunkt auch noch keine Plattenfirma am Start
hatten. Wir wussten gar nicht, ob unsere Musik überhaupt
jemanden interessiert. Ein Budget war schon mal gar
nicht vorhanden. Alles wurde von der Band selber
vorfinanziert. Darum liessen wir uns mit der Suche nach
der passenden Firma genügend Zeit und haben das Material
auch mal für zwei Wochen ruhen lassen, um genügend
Abstand zu bekommen. Das war auch gut so, denn sonst
wäre es wirklich ein Schnellschuss geworden (grinst).
MF: Wird The Unity etwas Längeres für
die Zukunft? Geht man davon aus, dass die
Helloween-Geschichte vielleicht länger dauert, als
geplant ist und somit Gamma Ray länger auf Eis liegen?
Michael: Ja... Ganz unabhängig was mit Gamma Ray
oder Helloween passiert, wird The Unity eine
langfristige Geschichte. Wir haben nicht umsonst zwei
Jahre lang hart gearbeitet, um ein Album zu kreieren
und uns dann wieder zu verabschieden. Das wäre absoluter
Blödsinn. Auch aus dem Grund, weil es momentan so gut
läuft. Schlussendlich findet sich immer noch genügend
Freiräume, den Zeitplan mit Gamma Ray zu koordinieren.
Das hat uns Kai ja über all die Jahre mit Unisonic, Iron
Savior oder mit Hansen And Friends bestens vorgelebt
(grinst). Somit können Henjo und ich The Unity genauso
bewerkstelligen.
MF: Wie kam's dazu, dass ihr «The
Wishing Well» von Crossroads gecovert habt?
Michael: Ha (lacht): Ich bin sehr
wahrscheinlich der grösste Crossroads-Fan auf Erden. Es
war 1988, als ich sechzehn Jahre alt war. Ein Bandkumpel von
meiner damaligen Truppe fragte mich, ob ich nicht Bock
hätte an diesem Abend im Jugendzentrum ein paar Bands
anzukucken. Es sein auch eine Heavy Metal Truppe dabei.
Ich war sofort begeistert und so fuhren wir am Abend ins
Jugendzentrum. Das war so GEIL! Wir haben nicht gewusst,
was uns erwartet. In unserem jugendlichen Leichtsinn,
waren wir auch ein bisschen arrogant. "Lass uns mal
gucken, was die da so machen". Nach dem Gig war alles
klar! Zu dem Zeitpunkt spielte ich noch Fussball. Als
Torwart hatte ich ständig Probleme mit meinen Händen.
Montags darauf ging ich zu meinem Trainer, hab' gesagt,
dass ich mit Fussball aufhöre und nur noch Schlagzeug
spielen werde. Was Crossroads an diesem Abend abzogen,
hat mich dermassen geflasht, das war unglaublich. Dieser
eine Abend... Wäre der nicht gewesen, würden wir hier
jetzt sehrwahrscheinlich auch nicht zusammen sprechen.
Das war der eine Grund für die Coverversion. Der andere,
dass Stefan, unser Gitarrist, auch ein Mitglied bei
Crossroads war. Bei den ersten Live-Shows von
Love.Might.Kill. füllten wir das Programm mit
Crossroads-Songs auf. Diese zwei Lieder, da war
Christian (Stöver, Gitarre) auch noch dabei (spielte
auch bei Crossroads), waren die Highlights des Konzerts
(kommt ins Schwärmen). Für das The Unity-Album wollten
wir viel Zusatzmaterial sammeln. Tatsächlich nahmen wir
zwei Crossroads-Nummern auf. Die eine war «The Wishing
Well», die hat uns dermassen geflasht, weil unser Sänger
da so geil abgeliefert hat, dass uns klar war, dass
dieses Stück kein Bonusmaterial ist, sondern regulär
aufs Album muss. Manche kannten den Song, andere nicht
(grinst). Viele wussten gar nicht, dass dies überhaupt
ein Cover ist, das mussten wir denen zuerst erklären
(grinst).
MF: Wie schwer ist es für eine neue
Truppe wie The Unity, im Business Fuss zu fassen?
Michael: Ich habe dies schon bei
Love.Might.Kill. gesehen, das ist sehr, sehr schwierig.
Momentan gibt es aber mit The Unity keinen Grund zur
Klage, auch weil wir mit SPV eine supergeile Plattenfirma im
Rücken haben. Mit Olly Hahn einen Mitarbeiter, der alles
in Bewegung setzt, die Band zu pushen. Dann hatten wir
das irre Glück, dass wir mit Sinner auf Tour gehen
konnten, was für uns enorm wichtig war. Damit die Leute
nicht das Gefühl haben, dass diese Combo nur ein
Projekt dieser beiden Gamma Ray-Jungs ist, weil sich
Helloween gerade mit Kai reformierten. The Unity haben mit
der Helloween-Geschichte überhaupt nichts zu tun. Wir
arbeiteten schon seit zweieinhalb Jahren an The Unity,
da wussten wir von der Helloween-Reunion noch gar
nichts. Bevor unser Album draussen war, wurden uns schon
zwei Festivals zugesagt. Das «Metal-Fest» und nun
demnächst das «Bang Your Head», was für uns supergeil
ist! Welche Truppe ohne Plattenvertrag wird schon auf
solche Festivals gebucht? Dann steht die Tour zusammen
mit Edguy vor der Türe. Ausserdem sind wir nominiert für
den «Metal Hammer Award» mit dem besten Debütalbum. Besser
(lacht) kann es wirklich nicht laufen. Was aber
letztendlich daraus wird, kann man nie wissen. Wir
müssen am Ball bleiben.
MF: Du kannst Gitarre und Bass spielen.
Wieso bist du schlussendlich beim Schlagzeug geblieben?
Michael: Weil ich immer Schlagzeuger war. Mit
meinem Onkel, der nur ein paar Jahre älter als ich bin,
habe ich Musik gemacht. Der hat mir immer gesagt, dass
ich Gitarre lernen muss. Da war ich zwölf oder dreizehn Jahre
alt. "Ian Paice von Deep Purple kann das auch", war sein
Kommentar. Ich bin meinem Onkel heute unendlich dankbar,
dass ich das gelernt habe. Bei all den Leuten, mit denen
ich gespielt habe, wie Kee Marcello (ehemals Europe),
Vinnie Moore (UFO) oder Uli Jon Roth, konnte ich
dadurch bei den Proben mitsprechen. Kannst du sagen:
"Spiel das "A" nochmals", kommt das viel besser rüber,
als wenn ich den Ton nur singen kann. "Oder probiere da
doch das "F" nochmals". So hast du in der Band ein völlig
anderes Standing, anstatt nur der Trommler zu sein. Zu
anderen hat es mir die Türe zum Komponieren geöffnet. So
kann ich heute meine eigenen Idee besser umsetzen.
MF: Wär es dir lieber gewesen nur in einer Band
zu spielen, anstelle in den von dir genannten oder
Metalium...
Michael: ...nein, wäre es mir nicht! Von nur einer
Band kannst du heute nicht leben. Hauptberuflich mache
ich Musik und gebe daneben auch noch
Schlagzeugunterricht. Im grossen Umfeld der Musik
verdiene ich mein Geld. Wären wir mit Gamma Ray noch
aktiver und nicht so planlos, wie wir immer sind
(lacht)... Das ist ja kein Geheimnis. Ich bin mir sicher,
dass Gamma Ray viel, viel grösser sein könnten, als sie
es sind. Sind sie nicht, und damit muss ich mich
abfinden. Sind wir auf Tour oder nehmen ein neues Album
auf, ist alles gut. Kommt aber eine Phase wie jetzt, bei
der wir auf unbestimmte Zeit nicht wissen, wie es weiter
geht, muss ich schauen wo ich bleibe und wie ich mein
Geld verdiene. Meine Situation, bevor ich bei Gamma Ray
eingestiegen bin, hat mir super gut gefallen. Da war ich
bei Uli Jon Roth, habe mit Gonzo (Böhse Onkelz) gespielt
und hatte so immer mit verschiedenen Leuten zu tun. Das
schützt vor Langeweile und Routine! Diese beiden Dinge
können zu Frust führen, und das setzt schnell mal eine
Band auf Spiel.
MF: Ist es schwer für dich, die Balance
zwischen Musik und Privatleben zu halten?
Michael: Wenn du meine Frau fragst, dann gibt
es da keine Balance. Gerade jetzt mit The Unity, wo wir
viel selber machen und weiterhin machen müssen. Im
Prinzip läuft alles bei mir zusammen. Ob dies Interviews
sind oder die Koordination von Proben und
Tourvorbereitungen. Ich kann froh sein, dass ich meine
Frau habe. Das würden nicht viele mitmachen. All dies
was ich mache, frisst unglaublich viel Zeit weg, ohne
dass es gross was abwirft. Momentan investieren wir
Zeit, Energie und Knete, um The Unity nach vorne zu
bringen. Das geht jedem Unternehmen so, dass es zuerst
investieren muss. Ich darf mich nicht beklagen, denn im
Moment läuft es sehr gut. Wir mussten uns nicht in
Schulden stürzen. Aber, die Zeit, die dafür drauf geht
ist heftig. Das können locker zwölf bis fünfzehn Stunden pro Tag
sein. Jetzt wirds ein bisschen weniger. Die Platte ist
draussen, die Edguy-Tour ist unter Dach und Fach, aber
es kommen noch immer viele Mails, die beantwortet werden
müssen wieauch auch T-Shirt-Bestellungen versendet
werden.
MF: Wenn du denn mal etwas Zeit übrig hast, was
machst du in deiner Freizeit?
Michael: Das war in letzter Zeit sehr, sehr
selten. Aber wenn, dann gehe ich gerne mit meinem Sohn
ins Kino, da er der genau gleiche Film-Freak ist wie
ich. Oder wir gehen gerne mal auf ein Konzert. Nicht als
Arbeit, sondern in der Freizeit. Das ist mein Ausgleich,
der leider viel zu selten stattfindet. Na ja, dann bleibt
es wenigstens was Besonderes (lacht).
MF: Du gehst zusammen mit Tim «Ripper»
Owens im Herbst auf Tour?!
Michael: Das wird eine Tour quer durch Europa
sein, bei der wir ein Querschnitt seines Schaffens
spielen werden. Starten wird dies im November. Daneben
will ich aber mit The Unity am Ball bleiben. Weiter so
viel Power investieren und hoffen, dass es weiter so gut
läuft. Der nächste Schritt ist die Edguy-Tour, und ich
bin mir sicher, dass uns dies nochmals ein paar Schritte
nach vorne bringt. Im Vergleich zur Sinner-Tour, bei der
wir vor 150 bis 200 Leuten spielten, werden Edguy locker
das sechs- bis siebenfache an Zuschauern haben. Das bei
fünfzehn Shows ist schon geil! Da kann man seine Duftmarke
setzen. Das nächste Album muss genau gleich gut werden,
wie das Debüt. Da bin ich mir aber sicher, dass wir dies
hinbekommen werden. Zudem hoffe ich, dass es irgendwann
mit Gamma Ray weitergehen wird. Wir hängen alle ein
bisschen in der Luft, weil es keine konkreten Angaben von
Kai gibt (grinst), wie lange die Helloween-Geschichte
dauern wird und wie lange wir deswegen mit Gamma Ray
ausser Gefecht gesetzt sind.
MF: Besten Dank fürs Interview...
Michael: ...sehr gerne!
MF: Viel
Glück mit The Unity und hoffentlich auf bald!
Michael: Ja, hoffe, ich sehe dich auf der
Edguy-Tour, danke für deine Zeit, das Interesse und
alles Gute!
MF: Das wünsche ich dir auch!
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