Auf der vergangenen CH-Tour von Gotthard mit insgesamt
fünf Konzerten spielten The Fire aus Italien als
Anheizer auf. Noch kurz vor dem zweiten Konzert hier in
Sursee erhielt ich deren neue CD «Abracadabra» zugesandt
und das Angebot, nebst mit Gotthard auch mit The Fire
ein Interview zu führen. Da mich die Musik auf dem
Tonträger schon schwer beeindruckt hatte, war das
Interesse am livehaftigen Auftritt als Support der
Schweizer Rocker auf jeden Fall geweckt und das zweite
Inti des Abends somit nur noch eine Formsache. Die
ursprünglich abgemachte Zeit konnte allerdings nicht
eingehalten werden, was aber "fast normal" ist, auf Tour
sowieso. Dann heisst es jeweilen einfach abwarten und
sich halt etwas in Geduld üben. Schliesslich liess sich
eine gute Viertelstunde kurz vor dem Konzert einrichten
und Gitarrist Luca "Lou" Castagnaro wurde erst noch auf
italienisch befragt! So here we go... (LC = Lou
Castagnaro)
MF: Es kann los gehen..., gestern war ja das erste
Konzert mit Gotthard zusammen. Wie ist es gelaufen und
seid ihr das erste Mal in der Schweiz?
LC: Nein, wir sind nicht das erste Mal in der Schweiz!
Wir haben schon einige Mal da gespielt, aber das erste
Mal mit Gotthard war in der Nähe von Bern, auf einem
Open-Air. (Moos Open-Air Walkringen, 14.8.08 - MF). Das
war natürlich anders, viel mehr Leute und das ganze Drum
Herum mit Zelten sowie generell anspruchsvolle Umstände
vor so vielen Leuten.
MF: Wer sind The Fire? Erzähl mal, wie ihr euch gefunden
habt!
LC: Nun..., The Fire wurden vor vier bis fünf Jahren
gegründet, hervorgegangen aus zwei italienischen Bands.
Erstere waren die Madbones, die es inzwischen nicht mehr
gibt und unter anderem, ausser dem Gesang, unser
Gitarrensound her kommt sowie Shandon, eine ziemlich
bekannte Truppe aus der Ska- und Punk-Ecke. Wir kamen
oft alle zusammen, wurden Freunde und liessen eine
professionelle Ausrichtung entstehen. Dann beschlossen
wir eines Tages, dieses Projekt steigen zu lassen.
Seither hatten wir im Lineup nur noch einen Wechsel
eines Gitarristen, der vor zwei Jahren ausstieg. Darauf
hatten wir einen Tour-Gitarristen, bevor vor einem Jahr
Filippo Dallinferno zu uns stiess.
MF: Wie habt ihr diese fünf Konzerte mit Gotthard an
Land ziehen können?
LC: Da müssen wir uns bei unserem Tour-Manager Tomas
Fisera bedanken! Dies nebst dem, dass er für die
Veröffentlichung unserer neuen, zweiten CD «Abracadabra»
gesorgt hat.
MF: Eure Musik klingt etwas nach Green Day, dann hat es
etwas von The Police (wie bei «Best Of The World»). Wie
würdest du den Stil von The Fire bezeichnen?
LC: Nun..., dazu kann ich sagen, dass wir hauptsächlich
alle aus der Punk-Ecke kommen, bis vor ein ein paar
Jahren und generell Rockmusik machen. Vom Punk lösen wir
uns zunehmend, um mehr in Richtung Rock zu gehen, der
auch an den Hardrock der 80er erinnnert. Dann hören wir
alle viel Musik und es gibt verschiedene Einflüsse wie
von The Police, die du erwähnt hast und sich, nebst in
anderen Songs, eben auch in «Best Of The World» findet.
Dann sind da AC/DC, Mötley Crüe..., es hat zwangläufig
diverse Einflüsse, aufgrund der vielfältigen Musik die
wir anhören. Es gibt eigentlich keine genaue Definition
unseres Stil..., uns gefällt bei unserer Arbeit, wie
beim letzten Album jetzt, dass sich jeder Song
voneinander unterscheidet und doch letztlich an The Fire
erinnert. Der Stil variert immer und hängt manchmal von
den Arrangements oder dem Rhythmus des Schagzeugs ab.
Das macht es aus.
MF: Welches sind eure musikalischen Vorbilder und welche
persönlichen Präferenzen habt ihr dabei?
LC: Wie ich gerade erwähnte, höre viel verschiedene
Musik. Das fängt bei Queen an, geht über The Police, die
isländische Band Sigur Ros, dann die grossen Bands der
70er wie The Beatles und Led Zeppelin. Jeff Buckley in
den 90ern..., bis zu Tom Waits..., einem sehr
theatralischen Songwriter. Es kommt auch auf den Moment,
also die Stimmung an.
MF: Könnt ihr von The Fire (über-) leben oder welche
Berufe übt ihr aus!
LC: (lacht) - Nun..., zur Zeit ist es nicht möglich,
davon zu leben. Also überleben ja, leben nein! Wir alle
arbeiten teilzeitmässig, zum Beispiel als Lagerist wie
ich, Olly (v) und Filippo (g) arbeiten in der Musikbranche
und realisieren mittelgrosse Projekte. So helfen wir
einander aus, so dass wir am Ende des Monats jeweils
durch kommen. Während der Woche sind wir im Moment stets
am Proben, während an den Wochenenden nur Konzerte
anstehen.
MF: Und wie empfindest du diese Situation?
LC: Als schwierig..., sehr schwierig! (lacht) - Ich zum
Beispiel musste zwei Jobs für die Band hingeben...,
einen als Buchhändler und noch was anderes, weil der
musikalische Aufwand imposante Ausmasse annahm.
MF: Aber ich denke, dass ihr jetzt mit dieser Musik
einen Schritt weiter kommen wollt...
LC: ..., absolut..., ja..., sicher! Wenn wir im Hinblick
auf unsere Jobs ein Auswahl treffen, dann weil wir das
so in unseren Leben tun wollen. Die Tatsache, dass wir
nun auf Tour sind, zusammen mit Gotthard..., in
Deutschland als Support von Alice Cooper, gibt uns die
Gewissheit, dass das, was wir hier tun, eine gute Sache
ist.
MF: Kommentiere die heutige Rock/MetaL-Szene in Italien.
Wie ist die Unterstützung im Allgemeinen?
LC: Die Unterstützung ist miserabel! Miserabel, weil es
in Italien keine Rock-Kultur gibt, dafür viel mehr in
Richtung Pop. Eros Ramazotti, Laura Pausini..., die
Sache verschlechtert sich, wenn du auf englisch singst.
Die Sprache also, die wir in unseren Songs verwenden.
Bei uns ist Englisch so zu sagen keine zweite Sprache,
der Stellenwert ist viel niedriger und man
kennt/beherrscht sie auch schlecht. Der
durchschnittliche Hörer will Popmusik auf italienisch
hören. Darum stehen wir vor grossen Problemen. So finden
wir im Ausland keine Auftrittsmöglichkeiten, so wie wir
das jetzt in der Schweiz, Deutschland und Belgien machen
konnten. Es ist halt anders, auch weil wir eine ganz
andere Rock-Kultur haben. Dann kommt noch der
Gesetzgeber, der es uns Musikern nicht gerade einfach
macht. Auch in den Städten haben wir nichts! Der
Durschnitttsbürger reisst sich kein Bein für neuere
Sachen aus, schon gar nicht in einer anderen Sprache,
mit harten, aggressiven Guitar-Sounds. Dafür aber
Gemässigteres oder sogar Cover-Bands. Er geht dorthin,
wo er die Sache kennt und nimmt sich keine Zeit, was
Neues anzuören. Deshalb ist das kein Zuckerschlecken!
MF: Aber es gibt doch Metal-Bands wie Rhapsody,
Labyrinth und Konsorten die bekannt sind! Was ist mit
dieser Szene los?
LC: Nun..., die erwähnten Gruppen kenne ich nicht so
gut, weil sie ausserhalb der Genres liegen, das wir uns
angehört haben. Sie haben sich ihr eigenes Publikum
erarbeitet und haben mit Sicherheit viel dafür getan und
zu meiner Wertschätzung gegenüber ihnen beigetragen.
Aber ich weiss, dass es schwierig ist..., nimm Lacuna
Coil zum Beispiel..., sie stammen aus Italien..., und
viele Leute in Amerika oder England meinen, dass wir
Fremde sind. Weil sie (Lacuna Coil) gingen zuerst nach
Amerika und hatten dort Erfolg, erst danach kehrten sie
nach Italien zurück. Und das ist das Problem, das wir
hier haben..., nicht nur mit der Musik, sondern auch in
anderen Bereichen. Wir nennen das "Geistes-Flucht" (ital.
"Fuga dei cervelli"), das heisst es gibt gute Sachen in
Italien, die sich aber nicht realisieren lassen. Darum
muss man ins Ausland gehen, um sich Gehör zu
verschaffen.
MF: Die Gruppe The Fire existiert seit 2005. Welche
Träume hegt ihr und was wollt ihr in Zukunft erreichen?
LC: Auf so einer Bühne wie heute zu stehen, aber mit uns
als Headliner! (kichert) - Nun..., sagen wir mal
konkret..., dank unserer Musik zu leben, weiterhin Songs
zu schreiben und Platten raus zu bringen. Herum zu
kommen und zu spielen, was wir sehr gerne tun. Wir
absolvieren ja jährlich zwischen 100 und 150
Auftritte..., in Italien und im Ausland. Wir stehen
gerne auf der Bühne und wollen zeigen, wie wir uns ins
Zeug legen.
MF: Der Song «Electro Cabaret» (feat. Roy Paci) ist
teils auf italienisch gesungen, der Rest der aber auf
englisch. Ist es für euch als Italiener schwierig, Texte
auf englisch zu schreiben?
LC: Nein, das ist nicht sehr schwierig. Englisch ist mit
Sicherheit die einfachere Sprache als Italienisch...,
viele Kurzwörter, auch der rhythmische Level vereinfacht
das Schreiben und klingt viel musikalischer. Das
Italienische hat schon auch was, aber wir haben die Wahl
zum Englischen hin getroffen, weil es so besser zum Rock
passt. Bei «Electro Cabaret» ist es eine Sache für
sich..., etwa dreiviertel des Songs konnten wir einfach
nicht fertig kriegen. Dank eines Freundes, der
Songwriter ist, klappte es dann und er war es auch, der
uns dann Roy Paci als Guest (Trompete und Vocals)
vorschlug. Dazu kommt, dass dieses Lied ein wenig
italienisch klingt und etwas napoletanische Vibes
enthält. Durch diese Hilfe entstand auch Text auf
italienisch, der ganz gut war und viel davon ausdrückt,
was die schwierige Situation in Italien ausmacht. Aus
diesem Grund musste man den Song so machen. Nur auf
Englisch hätte es keinen Sinn gemacht. (Auf der
gleichnamigen EP von 2009 ist «Electro Cabaret» in drei
Versionen vertreten, also Englisch mit italienischen
Parts, Italienisch und Spanisch! - MF)
MF: Was denkst du, gibt es etwas, dass ihr oder du
persönlich von dieser kurzen Tour zusammen mit Gotthard
von ihnen lernen könnt?
LC: Ganz sicher! Man kann immer lernen, sei es live auf
der Bühne oder im Studio, wenn man von solchen Leuten
umgeben ist. Aktuell finden wir uns in Situationen, die
grössere Ausmasse annehmen, als wir gewohnt sind. Aus
diesem Grund lernen wir aktiv zu sein, schnell und
präzise zu arbeiten sowie alles unter Kontrolle zu
haben. Alles geht zu unseren Lasten und wenn es diese
Grösse annimmt, steigern sich die Bedürfnisse um ein
Vielfaches.
MF: Ähh...
LC: ...entschuldige! Ich will noch anfügen, dass man
viel von Gotthard lernen kann..., wie man sich auf der
Bühne verhalten soll, der Kontakt zum Publikum. Dann
ihre Show vom Anfang bis zum Ende..., mit allen
Elementen und es gibt nie eine Pause dazwischen. Das ist
wie eine Schule für uns.
MF: Seid ihr es selber in Sachen Unterhalten/Pflegen
eurer MySpace-Site und im Speziellen der sehr
professionellen Band-Homepage www.thefiremusic.com?
LC: Ja! Also die graphischen Sachen haben wir von einem
Berufsmann machen lassen, aber sonst sind es wir selber,
die Hand anlegen. Ich bin zwar nicht vom Fach..., es ist
so..., The Fire sind wie eine grosse selbsttragend Farm
organsiert. Wir machen alles selber..., von der
Organisation her..., die Auftritts-Daten betreut unser
Sänger. Angelegenheiten in Sachen Tourmanagement mache
ich, die Netzauftritte pflegen wir selber und wir wollen
auf diese Weise weiter machen. Der entsprechende Beitrag
eines Majors ware natürlich toll und die
Booking-Agenturen dieser Grösse arbeiten sehr gut. Doch
wir wollen alles selbst unter Kontrolle haben..., wir
haben schon Anfragen von bekannten, italienischen
Booking-Agenturen erhalten, die wir abgelehnt haben,
weil es nicht so gewesen wäre, wie wir es wollen. Was
Hive (Label von The Fire - MF) angeht, weil wir viele
Konzerte machen wollen, so können wir es organsieren,
wie wir es vorziehen. Die vorherrschende Mentalität in
den Agenturen ist eine andere als die aus der Sicht des
Musikers, der mitten in seinen Projekten steckt. Somit
kontrollieren wir uns alle gegenseitig..., und um die
Buchhaltung zu schonen haben wir keinen Tourmanager,
keinen Fahrer und sind stets mit dem gleichen Mischer
und den Roadies unterwegs. Wir sind Leute, die viel
tun..., gestern beispielsweise, als wir die Bühne
abbauten, fragte ein Techniker von Gotthard nach, ob wir
da eigentllich alles selber machen. Die Antwort war ja!
Warum fragst du? Wir machen das immer schon so..., es
ermüdet zwar, aber wenn man auf dieser Welt weiter
kommen will, muss man das tun!
MF: Perfekt! Und nun zum Schluss: "Last famous words"
für die Leser von Metal Factory und die neu gewonnenen
Schweizer Fans von The Fire sind...
LC: ...ehm..., die sind..., kommt an unsere Konzerte...,
nachher werden es fast 300 sein..., und dass die Fans
mit unseren Live-Auftritten zufrieden sind. Da geht die
Post ab und es ist abwechslungsreich. Es freut uns, euch
vor der Bühne zu sehen und wenn euch gefällt, was ihr
gesehen habt, dann geht hin und kauft auch unsere CD!
MF: Luca..., besten Dank!
LC: Ich danke dir!
MF: Bis nachher..., ciao!
LC: Ciao!
Lou Castagnaro mit unserem Rockslave >>>
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