Unzucht – das ist wunderbar lyrischer und elektronischer Dark Rock
aus Niedersachsen. Mit “Todsünde 8“ reichen die Deutschen nach den
EPs “Engel der Vernichtung“ (2009) und “Deine Zeit läuft ab“ (2012)
endlich ihr langerwartetes erstes Full-Length-Album ein, das seither
ein Dauerbrenner in meiner Playlist ist. Am Samstag, 20.
Oktober 2012, kamen die unzüchtigen Jungs dann zusammen mit Mono
Inc. und der Letzten Instanz nach Pratteln und rockten das Z7. In
gemütlicher Runde vor ihrem Gig kamen wir dann ins Plaudern….
Metal Factory: Schön euch hier zu sehen und vor allem schön eine
Schweizer Premiere hier mit euch zu feiern - Der erste Auftritt von
Unzucht in der Schweiz! Ihr seid ja nun schon länger zusammen und
habt gerade erst euer erstes Full-Length-Album rausgebracht:
Todsünde 8. Wie seid ihr auf den Namen gekommen? Was ist denn die
Todsünde 8?
Der Schulz: Naja, die 7 Todsünden sind ja schon lange definiert
und einige davon finden wir auch nicht mehr so ganz zeitgemäss und
da haben wir uns gedacht es ist vielleicht Zeit für eine neue
Definition und eine 8. Todsünde. Wir benennen die aber nicht
wirklich, weil sich jeder selber einmal darüber Gedanken machen
soll, was die 8. Todsünde für ihn wäre. Die bedeutet selbst für uns
für jeden etwas anderes.
MF: Ihr habt euch ja ziemlich viel Zeit gelassen mit eurem ersten
Album. Ihr habt bereits zwei EPs rausgebracht, die erste 2009 die
letzte kam dieses Jahr. Warum hats so lange gedauert?
Fuhrmann: Die erste CD war ja eigentlich nur ein Demo und damit
haben wir uns dann gedacht wir spielen jetzt einfach schon mal
möglichst viele Auftritte und lernen ein paar Leute kennen. So lange
hat das denn tatsächlich gar nicht gedauert: Wir haben 2010 halt
gerackelt und 2011 dann den Plattenvertrag unterschrieben. Aber bis
die Platte dann fertig war und rausgekommen ist, hats halt noch ein
Jahr gedauert – deswegen kommts einem so vor als wäre lange nichts
passiert. Also eigentlich gings dann doch relativ fix, ich glaub da
würden sich manche anderen Bands freuen wenn das so schnell gehen
würde.
De Clercq: 9 Monate – eine glückliche Schwangerschaft! (lacht)
MF: Ihr seid mit vielen grossen Namen der Szene bereits auf Tour
gewesen: Mono Inc., Lord of the Lost.. Gibt es denn auch Bands von denen ihr euch explizit
distanzieren wollt?
Der Schulz: Also man kann ja sowieso nicht steuern mit wem man
verglichen wird, denn jeder assoziiert halt was anderes damit, grade
bei einer neuen Band. Also es gibt manchmal Vergleiche, das ist
unfassbar! Ne Stimme wie Jethro Tull?!? Da dacht ich erst mal so:
“Was?! Okay…..“ (lacht). Wir können eigentlich mit allen Vergleichen
leben, ausser es geht Richtung Rechts.
Blaschke: Grade in der Newcomer-Szene ist es ganz wichtig, dass man
Vergleiche darstellt. Damit Leute, die uns nicht kennen, auch wissen
auf was sie sich da einlassen. Natürlich gibt’s auch Vergleiche wo
wir sagen müssen: “Ach ja?! Da wären wir jetzt selbst nicht drauf
gekommen…“. Aber das muss ja nicht unbedingt negativ sein.
Fuhrmann: Oft ist es einfach nur lustig wenn mans liest!
De Clercq: Ist auch immer super cool mit Bands verglichen zu werden,
von denen man noch nie was gehört hat….
Fuhrmann: …Oder wenn halt definitiv auf gar keinen Fall eine
Beeinflussung stattgefunden hat, wie zum Beispiel bei Stahlmann -
hat ja neulich mal jemand geschrieben. Mit denen waren wir ja erst
letztes Jahr auf Tour, aber das kann ja gar nicht sein – weil die
Songs gabs ja schon BEVOR wir mit denen aufgetreten sind oder sie
überhaupt kannten!
MF: Mittlerweile hat ja fast jede Band ihre eigene
Genre-Beschreibung. Es ist schon fast Mode sich ein eigenes Genre
zuzulegen. Wie würdet ihr eure Musik beschreiben, wenn ihr sie jetzt
auf ein Genre runterbrechen müsstet?
Fuhrmann: Dunkle Rockmusik.
De Clercq: Boah, das ist gar nicht so einfach. Da fängt man ja grad
an sich selbst in so eine Schublade zu stopfen. Unsere Musik lebt ja
hauptsächlich von dieser kompletten Intensität dieser 4 Jungs, die
da auf der Bühne stehen, oder im Studio sind, oder die Songs
zusammenschrauben. Wir legen sehr viel Wert auf frische
elektronische Sounds und versuchen da auch sehr modern zu sein. Und
wir versuchen da natürlich auch im Gesangsbereich gute und
eingängige Melodien zu schreiben. Eigentlich ist die ganze
Kombination von dem was wir machen - Gesang, Elektronik, Schlagzeug,
Bass und Gitarre – das, was es dann ausmacht. Von daher kann man die
Schublade Unzucht aufmachen, uns reinstopfen und da fühlen wir uns
dann zu Hause.
Blaschke: Ja, weil wir haben superviele unterschiedliche
Musikeinflüsse und dann trotzdem auch einen grossen musikalischen
Nenner. Aber jeder hat dann auch so seine eigenen Vorlieben – und
das spiegelt sich in der Mukke halt einfach wieder. Deswegen hört
man ja auch Industrial raus, aber auch ein bisschen Gotisches….Ja,
Unzucht ist Unzucht ist Unzucht!
Fuhrmann: Ja, das stimmt. Aber ich kann schon auch nachvollziehen,
dass Leute grade am Anfang so Kategorien brauchen. Und ob man dann
tatsächlich so einen eigenen Stil für sich definieren kann wird sich
dann wohl im Laufe der Jahre zeigen. Da muss man erst halt rackeln
und ein wenig Substanz beweisen und dann nach ein paar Platten
akzeptieren die Leute das dann vielleicht, bei der ersten Platte
halt klar noch nicht.
De Clercq: Stell uns in ein paar Jahren nochmal die gleiche Frage!
(lacht)
MF: Werd ich tun! Also was ich speziell finde an eurer Musik – ihr
habt immer grossartige Texte. Das muss jetzt einfach mal gesagt
werden! Habt ihr denn einen Text oder Song der euch besonders nahe
geht, oder euch viel bedeutet?
De Clercq: Da hatten wir grade gestern ein besonderes Erlebnis
auf der Bühne, aber ich denke da sollte der Schulz was zu sagen.
Der Schulz: Ja. Gerade ist ein richtig guter Freund und Mitmusiker
bei meinem Soloprojekt gestorben und wurde gestern beigesetzt…Und
ja, es gibt unglaublich viele Texte von uns, die auf dieses Thema
eingehen: und zwar zu leben! Zu leben, dem Tod ins Gesicht zu sehen
und zu wissen: “Fuck, nutz deine Zeit hier!“ Und gestern haben wir
halt “Der letzte Tanz“ dem Hagen gewidmet, und da sind halt viele
Textelemente drin, die ich bereits bei früheren Gelegenheiten als
Gedicht geschrieben habe, wo auch Freunde gestorben sind. Das ist
natürlich unglaublich bewegend und erhebend. Es gibt noch einen
anderen Song der auch aus zwei Gedichten entstanden ist. Als ich
nämlich das letzte Mal hier war mit einer Band, als Support von Subway to Sally, bin ich krank geworden und 6 Konzerte konnten wir
nicht spielen. Aus dem Frust heraus, total krank zu Hause
rumzuhängen, hab ich dann diese 2 Gedichte geschrieben und aus denen
ist dann der Song “Während wir uns Verlieren“ entstanden. Den Song
hat sich Eric Fish ausgesucht, um auf unserer Online-Single ein
Duett mit mir zu singen und das ist natürlich ein unglaublicher
Kreis der sich da schliesst. Das sind so zwei der Songs, die sehr nahe
gehen. Aber es sind alles sehr persönliche Texte, die teilweise aber
auch wirklich von uns allen kommen. Wir sitzen dann um einen Tisch
herum, so wie jetzt hier, und hauen einfach alles in den Pool was
wir so an Phrasen und Gedichten haben und schreiben es zusammen. So
ist auch “Fleisch“ entstanden, wo wir einfach nachts so lange krasse
Phrasen ausgedacht haben und ich immer geschrieben habe, bis es
einfach nicht mehr ging – die Sonne ging auf und wir konnten nicht
mehr. Am nächsten Tag haben wir dann in mein Buch geguckt und von
den letzten 4 Zeilen haben wir bis heute keine Ahnung was wir uns da
geniales ausgedacht hatten, denn keiner konnte sich erinnern und ich
konnte meine eigene Schrift nicht mehr lesen….Das lag wohl am Hansen
Rum! (lacht)
MF: Habt ihr noch ein paar letzte Worte für unsere Leser?
Blaschke: Besucht uns doch auf unseren Social Networks – einfach
Unzucht eingeben, dann findet ihr uns!
Der Schulz: Wir sind inzwischen auch vor diesen ganzen “Wir ficken
mit Tieren“-Seiten und so…(lacht)
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