Ein hervorragend gelaunter Alex Beyrodt sass am anderen Ende der
Telefonleitung und erzählte voller Lebensfreude über das neue Voodoo
Circle-Album «More Than One Way Home», seine neue Liebe zur
Les Paul Gitarre, über Glenn Hughes, David Coverdale und David
Readman. Alex ist nicht nur einer der besten, talentiertesten und
virtuosesten Gitarristen, nein, er ist auch einer, der seine Hingabe
zur Musik im Interview auslebt.
Alex: Momentan läuft alles fantastisch! Das war in den letzten vier
Jahren nicht immer so (lachend)...
MF: Was war denn in den letzten vier Jahren anders?
Alex: Ich bin glücklich! Und in den letzten Jahren war das nicht
immer so! Scheidung, Auswanderung, alles Geld verloren und wieder
ganz, ganz, ganz bei Null anfangen. Richtig bei Null. Bei Null auf
dem Bankkonto (lautes Lachen) und bei allem andern auch. Die
schlimmste Zeit meines Lebens habe ich erlebt, dabei konnte ich gar
nichts dafür (lachend)! Dann habe ich diese Frau kennengelernt, die
mich aus diesem Sumpf heraus geholt und Glück und Happyness in mein
Leben zurück gebracht hat. Für sie habe ich einen Song geschrieben,
ist auf dem neuen Album (lachend) und heisst «Alissa». Zum ersten
Mal in meinem Leben habe ich die Lyrics zu einem Stück geschrieben,
und es ist das erste Mal, dass ich ein Interview damit beginne, über
einen neuen Song von mir zu sprechen (lacht).
MF: Wann findest du noch Zeit neues Material für Voodoo Circle zu
schreiben, neben all deinen Betätigungsfeldern?
Alex: Ach..., also, ich schreibe ja permanent und nehme das Ganze
auf, in jeder freien Minute. Allerdings muss ich zugeben, dass die
freien Minuten in der letzten Zeit rar geworden sind (lacht). Mit
dem Schreiben des Songmaterials für «More Than One Way Home»
startete ich schon kurz nach dem Release vom Vorgängerwerk «Broken
Heart Syndrom». Über ein Jahr sammelte und schrieb ich Ideen auf und
verfeinerte sie. Im Moment sammle ich schon wieder neue Songideen.
Mein iPhone ist voll und es sind über 200 Riffs da drauf (lacht).
Fällt mir etwas spontan ein, wird es auf dieses Gerät gepackt. Das
ist das Schöne an der heutigen Technik. Da wird alles Mögliche
aufgenommen, für all die Bands mit denen ich rund um den Planeten
unterwegs bin.
MF: Wie war für dich die Tour zusammen mit Voodoo Circle und Sinner?
Alex: Die war super (wie aus der Kanone geschossen)! Das war
zwar sauanstrengend, weil ich bei beiden Bands spielen musste
(lachend), aber..., das ist ein grosses Familienunternehmen und macht
unheimlichen Spass. Ich bin Musiker mit Leib und Seele und lebe fürs
Livespielen. Immer schon! Ich stehe lieber auf der Bühne, als dass
ich im stillen Kämmerlein sitze und im Studio arbeite. Je öfters,
desto besser. Darum gibt es von mir nur Daumen hoch (lacht)!
MF: Hast du, neben dem schon erwähnten Lied, noch ein weiteres,
welches dir sehr am Herzen liegt?
Alex: Am Herzen liegt mir «Alissa», das ist klar. Fragst du
mich, ob ich noch eine weitere Nummer habe..., klar! Dreizehn weitere
(lacht)..., und das sind alles meine Babies. Es gibt allerdings eine
Nummer, auf die ich einen ganz kleinen Tick stolzer bin. Das ist «Heart
Of Babylon»…
MF: …YESSSSSSSSSSSSSSSSS…
Alex: (lachend) …und diese Reaktion kriege ich jedes mal! Für mich
als alten Deep Purple-, Rainbow- und Whitesnake-Fan..., ich wollte
immer einen solchen Song mit einem solchen Feeling schreiben. In
meinen anderen Truppen gab es ab und zu ähnliche Parts, die in diese
Richtung gingen. Aber einen ganzen Song, der dann auch das Potenzial
hat, habe ich bis anhin nicht geschafft zu schreiben. Jetzt ist es
mir endlich gelungen und ich finde auch, dass David auf diesem Lied
wie von einem anderen Planeten singt...
MF: ...absolut, alleine der «Still Of The Night»-artige Schrei!!!
Alex: Auf dem ganzen Album ist die Gesangsleistung von David
wieder mal unglaublich! «Heart Of Babylon» hat etwas Besonderes.
Kein Mensch glaubt, wenn er Voodoo Circle hört, dass dies eine
deutsche Band ist. Jeder sagt, das muss eine amerikanische oder
englische Combo sein. Da bin ich auch ein bisschen stolz darauf.
Classic Rock, das ist nun mal zum grössten Teil englisch. Ich habe
überhaupt kein Problem damit, wenn Vergleiche mit Whitesnake oder
Purple gezogen werden. Das wollen wir auch! Wir sind uns dessen
bewusst und wollen darum auch ganz klar diese Musik spielen. Die
Leute sollen denken, das klingt wie die guten Deep Purple oder die
tollen alten Whitesnake. Leider machen diese Truppen nicht mehr
diese Alben, wie sie die Leute gerne hören wollen. Das war auch mit
ein Grund, wieso ich Voodoo Circle gegründet habe. Ich war
enttäuscht und dachte: «Keiner macht mehr die Musik, die ich hören
will (lachend), also mache ich sie selber». Mittlerweile gibt es
eine Renaissance dieses Rocks mit einigen guten Bands wie Rival Sons,
Black Country Communion, einer meiner absoluten Lieblingsbands. Ich
labere gerade wie ein Wasserfall, ich weiss.
Ich hatte die Ehre und
das Vergnügen zusammen mit Glenn Hughes als sein Gitarrist spielen
zu dürfen. Da sollte ich sein neuer Gitarrist in seiner Soloband
werden und es war schon eine Australien-, Japan- und Russland-Tour
geplant. Wir hatten schon geprobt und Gigs gespielt und dann
erreichte mich aber leider (lachend) kurz vor der Flugticketbuchung
nach Australien eine E-Mail. «Sorry Alex, Glenn macht jetzt Black
Country Communion» (lachend). Somit war die Soloband erstmal
unwichtig. Damit war ich natürlich raus aus der Nummer. Das war
schade! Als alter Purple-Fan zusammen mit Hughes auf der Bühne zu
stehen, war gigantisch. Den Job als seinen Sideman zu bekommen, hätte
mir natürlich unheimlich gut gefallen (lacht).
MF: Wobei wie man hört, ist der weitere Bestand dieser Truppe alles
andere als in trockenen Tüchern.
Alex: Ja, der Joe Bonamassa hat solo weitaus mehr Erfolg als mit
BCC. Ich war da selber Zeuge, als ich vor zwei Jahren in Frankfurt
bei einem Bonamassa-Konzert, ein Teil von sage und schreibe 2'500
Leuten war. Da spielen Black Country Communnion in einem schönen
Club vor 500 Nasen. Das ist ein Riesenunterschied. Der Typ spielt in
der Royal Albert Hall. HALLO!!! Und verkauft die aus! Der ist solo
dermassen erfolgreich, da spielen BBC die zweite Geige. Vom dritten
Album, das muss ich ganz ehrlich sagen, bin ich enttäuscht. Da
konnte ich die überschwänglichen Reviews nicht verstehen. Als ich
die gelesen habe, dachte ich nur: «Wow, da kommt etwas ganz
Grosses!». Vom zweiten Werk bin ich ein Riesenfan, die Scheibe nehme
ich mit auf eine einsame Insel. Da höre ich mir die dritte Platte an
und denke, was schreiben die alle für einen Kack? Bonamassa zeigt
sich auf dem Album gar nicht. Als ob er gar nicht mitgespielt hätte.
Das Songmaterial gibt nicht das her. Habe ich ein anderes Album
gekauft? Was haben die alle gehört? Ich konnte das nicht
nachvollziehen.
MF: Wo siehst du die Unterschiede vom neuen Werk zu den
Vorgän-geralben?
Alex: Das Album ist auf jeden Fall fetter und heavier und wir
haben noch mehr..., jetzt hätte ich fast gesagt unsere englischen
Wurzeln (lachend). Die Scheibe klingt noch mehr nach englischem
Hardrock, als jemals zuvor. Was ganz lustig ist, und das war so nicht
geplant. Ich habe, wie du sehr wahrscheinlich weisst, im Laufe
meiner Karriere immer Stratocaster gespielt und habe dies auch zu
meinem Markenzeichen und meinem Sound gemacht. Als ich begann das
Songmaterial zu schreiben und Riffs zu sammeln, habe ich das auf der
Strat gemacht. Merkte dann aber, dass alle Riffs, die ich geschrieben
hatte, Les Paul-Riffs waren. Habe somit auf der Strat,
Les Paul-Material gespielt. Darum wechselte ich zu einer Les Paul.
Gib dem Riff, was es verlangt. Von vierzehn Liedern habe ich elf mit der
Les Paul eingespielt. Das war für mich Neuland, das ich da betrat
und musste diese Gitarre erstmals für mich entdecken und mich
anfreunden, eine Riesenherausforderung. Damit habe ich mich neu
entdeckt und eine neue Seite an mir gefunden. Das macht gerade einen
unheimlichen Spass. In meinem Genre in meiner Musik habe ich etwas
Neues für mich (total begeistert!) und ein neues Instrument
gefunden, das ich kennen und lieben gelernt habe.
MF: Du hast mit Sinner zusammen mit Whitesnake in Bülach gespielt.
Alex: Richtig!
MF: Hattest du auch Kontakt zu David Coverdale?
Alex: Ne, leider nicht. Zu Doug Aldrich hatte ich Kontakt, den
ich immer wieder pflege. Ist er in Deutschland, treffen wir uns und
quatschen backstage. Wir sind lose befreundet, kennen und schätzen
uns. Anfang der Neunziger haben wir mit Sinner schon einmal zusammen
mit Whitesnake gespielt. Da gibt es eine interessante Geschichte
dazu. Die allererste Tournee, die Sinner jemals gespielt haben, da
hiessen die Jungs noch Shiva, dauerte ein oder zwei Wochen im
Vorprogramm von Whitesnake. Das war die erste Tour von Mat (Sinner).
Anfang der Neunziger spielten Sinner wieder zusammen mit Whitesnake.
Ich erinnere mich genau daran. Wir standen backstage nach dem
Soundcheck und da kam der Manager von Coverdale auf uns zu. Der
sagte zu Mat: «Du Mat, der David würde dich gerne in seiner
Garderobe sehen!» Mat hatte schon Angst und fragte, was denn jetzt
los sei? Ob wir irgendwas falsch gemacht hätten? Dann hat Coverdale,
und das fand ich total Klasse, sich an Mat erinnert und an die Zeit
damals. David hat eine ganze Stunde mit Mat gequatscht, hat ihm
Fotos gezeigt von seinen Kindern, hat Mat gefragt, wie es ihm
ergangen sei mit seiner Karriere. Das fand ich ganz gross! Wenn
alles klappt, werden wir dieses Jahr zwei Gigs mit Whitesnake
spielen.
MF: Was ist sonst noch geplant für eine Tour? Gibt es konkrete
Pläne?
Alex: Ja, die gibt es, wir gehen mit einer anderen Band auf
Deutschland-Tour. Das wird im Mai sein.
MF: Dann wünsche ich euch eine tolle Tour und dir weiterhin alles
Gute, musikalisch und auch privat!
Alex: Ich habe zu danken!
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