Doug Aldrich (DA), ein Gitarrist, der sich schon sehr
früh einen ausgezeichneten Namen als Musiker
erspielen konnte. Auch wenn sich nur die beinharten
Achtziger-Jahre-Freaks an Truppen wie Lion, Hurricane
oder Bad Moon Rising erinnern werden, als Saitenzupfer
bei Dio und nun auch bei Whitesnake hat sich Mister
Aldrich endgültig einen unsterblichen Namen erspielt. Da
David Coverdale keine Interviews am «Sonisphere Festival»
geben wollte, stand mir dafür ein äusserst netter und
auskunftsfreudiger Saiten-Künstler gegenüber, der sich mit
Warm-up Übungen schon mal auf die bevorstehende Show
einspielte und dabei aber das Beantworten der Fragen
nicht vernachlässigte.
MF: Doug, du hast mit Lion, Hurricane, Bad Moon Rising
und Dio gespielt und bist nun bei Whitesnake...
DA: ...das sind alles unterschiedliche Bands und
Persönlichkeiten. Mit Ronnie James Dio zusammen zu
arbeiten war unglaublich und trotzdem ganz normal.
Zwischen Dio, Lion und Whitesnake sind es deshalb nur
die unterschiedlichen Charakteren und die Chemie
innerhalb der Band mit den unterschiedlichen Musikern.
Das sind alles grossartige Mucker auf ihren
Instrumenten. Trotzdem ist, oder war es immer
unterschiedlich und trotzdem gut. Die grösste
Gemeinsamkeit ist, dass sie alle mich als Gitarristen in
ihrer Band hatten (lacht).
MF: Hast du noch Kontakt zu Karl Swan (Sänger von
Lion und Band Moon Rising) und Mark Edwards
(Schlagzeuger Lion)?
DA: Mehr mit Mark, als mit Karl. Karl ist immer sehr
beschäftigt. Er arbeitet nicht mehr im Musikbusiness,
hat einen verdammt guten Job und ist dabei immer auf
Reisen. Mark lebt in Dallas und ist ein sehr
erfolgreicher «money manager». Dem Grossvater von Mark
gehört ein Football-Team. Dort lernte er mit Geld
umzugehen. So hat sich bei ihm alles entwickelt, und er
ist heute sehr glücklich. Ab und zu fliegt er zu einer
unserer Shows, wir haben eine gute Zeit zusammen und er
fliegt wieder zurück nach Hause. Mark spielt aber nicht
mehr Schlagzeug, auch wenn er noch eins bei sich zu
Hause stehen hat. Ab und zu wird er vielleicht aus Spass
hinter die Kesseln sitzen, aber er ist viel zu
beschäftigt, um sich um die Musik zu kümmern.
MF: Was denkst du, wie wichtig bist du für den Sound
von Whitesnake, beziehungsweise beeinflusst du ihn
heute?
DA: Mein Teil bei Whitesnake ist, David (Coverdale) zu
inspirieren. Ihn mit neuen Ideen zu füttern, oder seine
auszuarbeiten. Dabei fokussiere und konzentriere ich
mich darauf was Whitesnake ist. Auch auf der Bühne. Da
bin ich ein Sechstel, der bei den Chorgesängen mithilft,
die Musik mitträgt oder mit den Soli versucht zu
begeistern. Wobei... Mein Job ist es eigentlich nur,
Gitarre zu spielen (lacht). Dabei versuche ich David zu
inspirieren, den Groove und das, was Whitesnake ausmacht
mitzutragen und voranzutreiben. Sei dies im Studio, oder
auf der Bühne. Hey, ich liebe diese Arbeit (lacht). Auch
wenn sich die Zeiten geändert haben und vieles nicht
einfacher wurde. Aber, ich bin ein Teil von Whitesnake!
MF: Woher habt ihr die Inspirationen für die neuen
Songs genommen?
DA: Zusammen mit meiner Frau und meinem kleinen Sohn
habe ich im Sommer 2009, nach der beendeten Tour, viel
Zeit verbracht. Nach dieser Phase traf ich mich mit
David und wir haben viele akustische Ideen ausgetauscht.
Das war eine sehr aufregende Zeit und wir tauschten sehr
viele Ideen und Vorstellungen aus. Vieles nahmen wir
zusammen auf. Als wir uns die Bänder anhörten war immer
wieder zu hören: «Hey man, that’s pretty cool!» Viele
dieser akustischen Teile spielte ich meinem kleinen
Sohn, kurz vor dem Einschlafen, zum Relaxen vor. Daraus
entstanden die Grundelemente für die folgenden Songs.
David begann im Studio dazu zu singen und es hörte sich
sehr unterschiedlich an, aber es war verdammt cool!
Stück für Stück änderten sich diese Parts und fügten
sich je länger je mehr zusammen. Das war der Ursprung
eines sehr starken und natürlichen Albums.
MF: Somit ist es nicht schwierig für dich, zusammen
mit David zu arbeiten?
DA: Absolut nicht! Definitiv, es ist ein Gefühl von
gegenseitigem Vertrauen. Er lässt mich dabei vieles
ausprobieren. Seine Ideen sind noch immer sehr spannend
und aufregend. Das ist eine sehr simple und natürliche
Zusammenarbeit. Wir konzentrieren uns auf die Dinge,
welche uns gefallen, nehmen ein Demo dazu auf und
verfeinern das Ganze. Als wir begannen zusammen zu
arbeiten, hatte ich keine Ahnung, auf was David Wert
legt. Er ist der Meister der Melodien. Aber! Er hat mich
nach meiner Meinung gefragt. Es ist sehr inspirierend,
wenn David Coverdale nach deiner Meinung fragt, wie
Melodien zu klingen haben. David hat mich immer wieder
gefragt, wie mir diese Gesangsmelodie, oder jene Strophe
gefallen würde. Diese klassischen Coverdale-Songs wie
sie auf «Good To Be Bad» zu hören sind, liebe ich. Ein
Hauptriff und der Gesang von David stellen mir noch
heute meine Haare auf (streicht dabei über seinen Arm).
«Hey DC, look at my arm, that’s cool man!» Bei der neuen
Scheibe «Forevermore» haben wir einfach zusammen gejammt
und eine verdammt geile Zeit miteinander erlebt. Wir
hatten 50 oder 100 Ideen, die wir zusammen
weiterverarbeitet haben. Da war in meinem Kopf wieder
ein neuer Drumgroove, oder ein neues Riff. Daraus haben
wir vieles zusammengestellt und David fragte immer
wieder: «Hey, was meinst du dazu?», und ich antwortete:
«Nein, ich denke mit dem Part klingt es besser.» So
entstanden sehr gute Diskussionen, bis wir beide der
Meinung waren, das Beste für den Song herausgeholt zu
haben. Dabei hört man nie auf, mit dem Schreiben. Sei es
im Studio oder vorher schon on the road. Zusammen haben
wir das Material in vier Monaten geschrieben...
MF: ...eine kurze Zeit!
DA: Ja, absolut. Was soll ich sagen. Beide hatten Ideen
und waren offen um sie auch wieder zu verwerfen, oder an
ihnen weiter zu arbeiten. Im März und April und auch im
Mai hatten wir die kreativste Phase. Die Demoversionen
haben wir noch sehr offen gehalten, da David alle
involvieren wollte in diese Platte. Da war der Vorgänger
«Good To Be Bad» schon eher nur David und mein Baby. Nun
wollte DC aber die ganze Truppe integrieren und die
Songs mit den Ideen von ihnen füttern und ergänzen. Alle
haben sich die Demos angehört und ihren Part dazu
beigetragen. Aus diesem Grund ist «Forevermore» auch ein
Album einer Band geworden, auf dem man die
Persönlichkeit jedes Musikers heraushört. Reb (Beach,
Gitarrist) und ich arbeiten äusserst harmonisch
zusammen. Brian Tichy am Schlagzeug... Er ist der beste
Schlagzeuger, mit dem ich jemals zusammengespielt habe.
Auch Michael Devin am Bass hat einen vorzüglichen Job
gemacht. Da hat sich eine sehr gute Chemie zwischen uns
entwickelt, und sie sind wie Brüder für mich geworden.
Das ist das Tolle an dieser Besetzung. Wir sitzen
zusammen, haben Spass, machen Witze und sind auf der
Bühne eine verschworene und tighte Einheit. Da haben
sich Persönlichkeiten gefunden.
MF: In der Vergangenheit war Adrian Vanderberg sehr
wichtig für David und Whitesnake. Hast du heute diesen
Part übernommen?
DA: Nun, Adrian war sehr wichtig für Whitesnake. Aber!
David ist Whitesnake und Adrian war ein Teil der Band,
als sie sehr, sehr erfolgreich waren. Aber es gab auch
eine Zeit, in der John Sykes, oder Bernie Marsden
mitverantwortlich für den Sound der Band waren. Alle
Musiker waren wichtig, für den Erfolg, und dafür wo die
Truppe heute steht. Meine Aufgabe ist es nun, diese
Vorgabe zu übernehmen, weiter mit David zu rocken und
ihn für neue Aufgaben zu inspirieren. Mit einem
Gitarrenriff kann ich etwas zur Band beisteuern, ABER,
David macht Whitesnake aus. Es ist seine Stimme, die
unverkennbar ist. Das ist das Gleiche, wenn Rob Halford
mit Judas Priest auf der Bühne steht.
MF: Du hast zusammen mit Karl Swan, Kelly Hansen (Hurricane),
oder Ronnie James Dio und nun mit David auf der Bühne,
oder im Studio gestanden. Vor welchem Sänger hast du den
grössten Respekt?
DA: Ich habe vor allen Respekt, wobei David und Ronnie,
anhand dessen, was sie alles in ihrer langen Karriere
erreicht haben, vorne liegen. Beide sind und waren so
lange im Business tätig. Kelly ist einmalig. Ein
Killer-Sänger. Karl, ohne ihn würde ich nicht bei
Whitesnake spielen. Du könntest mich auch nicht fragen,
ob ich mehr Respekt vor Reb Beach oder Jimmy Page habe.
Beide sind erstaunliche Gitarristen. Der entscheidende
Punkt ist, dass David und Ronnie... rest in peace
Ronnie! Er war schon zu Lebzeiten eine Legende. Alle
diese vier Sänger sind unterschiedliche Personen mit
unterschiedlichen Charakteren. Ronnie musste man einfach
gern haben, er war eine so liebeswerte Persönlichkeit.
David ist ein sehr warmherziger und charmanter Mensch.
Nur als Beispiel: Wir waren zusammen mit den Scorpions
auf Tour und überquerten die Grenze von den USA nach
Kanada. Das ist wirklich eine harte Grenze. Die
Scorpions waren noch auf der Bühne, als wir schon
unterwegs waren. David war im ersten Bus und wir folgten
im zweiten. David begrüsste die Grenzwächter sehr
freundlich und lachte mit ihnen. Die erste Person der
Grenzwächter, die den Bus betrat war eine Frau. Die
lächelte und war nur bester Worte über David, der ihr
Tee anbot und alle Papiere sofort zeigte und uns dann
sofort passieren liess. Als ein paar Stunden später der
Bus der Scorpions die Grenze überqueren wollte,
klingelte das Handy von David. Die Scorps konnten die
Grenze nicht überqueren, weil die Dame ihren Stempel bei
uns im Bus vergessen hatte (lacht). Aber es gibt auch
sehr viele Erinnerungen, die ich an Ronnie habe. War er
nicht auf der Bühne, war Ronnie ein absolut normaler
Mensch. Für mich ist und bleibt er der grösste
Metal-Sänger für alle Zeit. Auch wenn es viele begnadete
Sänger gibt, aber keiner kommt an Ronnie vorbei. Zudem
liebte er Sport über alles.
MF: Die Zeit ist leider um Doug. Besten Dank für das
Interview.
DA: Danke dir Martin, ich erinnere mich an dich, wir
hatten doch schon mal zusammen ein Interview?!
MF: Ja, damals hast du noch bei Dio gespielt und es
war im Z7.
DA: Wusste ich es doch (lacht). Hoffe, du schaust dir
heute die Show an und sie gefällt dir!
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