Within Temptation sorgen derzeit mit ihrem neuen
Album "An Acoustic Night At The Theatre" für Aufsehen,
welches sie auf einer Tour durch diverse Theaterhallen
aufgenommen haben. Zu Promotionszwecken kam Sharon Den
Adel nach Zürich, um sich den Fragen der Medienleute zu
stellen. Auch Metal Factory fand sich zu diesem Zweck in
einer gemütlichen Bar in der Zürcher City ein, um die
charmante Sängerin wieder einmal zu interviewen. Schon
zu Beginn wusste sie uns gut zu unterhalten, als sie mit
verstellter Stimme "Luke, ich bin dein Vater!!" ins
Aufnahmegerät brummelte. So abwechslungsreich und
spannend wie die von Sharon (SdA) zitierten Star Wars
gestaltete sich dann auch das Interview.
MF: Sharon, wir haben uns eine Weile nicht mehr gesehen.
Wie ist es dir in der Zwischenzeit ergangen?
SdA: Soweit ganz gut, danke! Wann haben wir uns zuletzt
gesehen? Vor zwei Jahren?
MF: Ja, ziemlich genau sogar.
SdA: Damals waren wir mit "The Heart Of Everything"
unterwegs und waren nach der Tour total fertig, mehr
noch als sonst, da wir auch noch in Amerika unterwegs
waren. Das stellte ein grosses Abenteuer für uns dar,
weil nur ein kleiner Teil des dortigen Publikums uns
kannte, während ein grosser Teil noch nie von uns gehört
hat. Es war eine grosse Herausforderung, aber es war
wirklich gut!
MF: Kannst du dich noch daran erinnern, in wievielen
amerikanischen Städten ihr gespielt habt?
SdA: Hmm, eine Zahl zu nennen wird schwierig. Wir haben
beide Küsten ganz abgespielt, Ost und West, und das
innert sehr kurzer Zeit. Dabei mussten wir immer grosse
Strecken bewältigen, was echt anstrengend war. Aber es
war cool und auch ein grosser Spass, deshalb will ich
mich lieber nicht beklagen! Wir waren ja eigentlich auf
Europa-Tour und sind dann zwischendurch zweimal in die
Staaten geflogen, was sehr erschöpfend war. Aber danach
hatten wir eine Pause eingelegt, damit jeder seinen
Nebenprojekten und seinem eigenen Leben nachgehen
konnte. Diese Auszeit war nötig, auch wenn die meinige
nur kurz war.
MF: Ja, denn du bist im Frühsommer zum zweiten Mal
Mutter geworden - gratuliere!
Sda: (lächelnd) Danke! Du ja ebenfalls! Hast du einen
Jungen oder ein Mädchen gekriegt?
MF: Einen Jungen!
SdA: (noch breiter lächelnd) Genau wie ich! Wundervoll!
MF: Hast du an dieser Stelle einen Ratschlag für all
die jungen Eltern da draussen?
SdA: Oh, einen Ratschlag? Hmm... Ich bin der Meinung,
dass man als Elternteil vor allem seinen Instinkten
folgen sollte. Wenn es um die eigenen Kinder geht, dann
kann man wahrscheinlich gar nicht genug lieben. Ich
weiss, es klingt abgedroschen, aber viele Eltern lassen
sich zu sehr von unserer schnelllebigen Zeit unter Druck
setzen, anstatt sich ausreichend um ihre Kinder zu
kümmern. Wenn man keine Kinder mag und keine Zeit mit
ihnen verbringen möchte, dann soll man auch keine Kinder
auf die Welt setzen. Man sollte sich total sicher sein,
ob man Mutter oder Vater werden möchte, denn Kinder
beanspruchen nun mal sehr, sehr viel Zeit.
MF: Gute Worte! Sprechen wir über das aktuelle Album.
Wie kam es zu dieser Acoustic Tour?
SdA: Wir haben mitgekriegt, dass die belgischen Theater
immer weniger Publikum haben und hatten dann die Idee,
mal ein völlig anderes Publikum in die Theaterhallen zu
locken. So haben wir dann an passenden Orten in Belgien
und Holland gespielt, was wundervoll war! Ich denke,
dass es auch für unsere Fans sicher eine gute
Abwechslung war, da man normalerweise keine akustischen
Klänge mit uns verbindet, sondern eher bombastische
Lieder. Es war eine enorm grosse Herausforderung, welche
wir meiner Meinung nach gut gemeistert haben.
MF: Die aktuelle Single "Utopia" ist hervorragend
geworden! Kannst du mit ein paar Worten beschreiben,
worum es in dem Song und dem Video geht?
SdA: Danke! In "Utopia" geht es darum, dass man manche
Dinge im Leben nicht erklären kann. Oft ist es im Leben
so, dass manche Menschen vor etwas bewahrt werden,
während andere in der genau gleichen Situation weniger
Glück haben. Da fragt man sich natürlich, warum das so
ist. Manch einer überlebt einen Autounfall ohne einen
Kratzer, während ein anderer die Treppe runterfällt und
sich das Genick bricht. Bei zwei solchen Extremen fragt
man sich doch, wie das möglich ist, und es wird einem
klar, wie verrückt das Leben manchmal spielt. Es sieht
ein wenig danach aus, als ob solche Dinge absichtlich
geschehen. Ich glaube nicht daran, dass uns alles schon
vorherbestimmt ist, es gibt sicher viele Situationen im
Leben, in denen wir eine Wahl haben, wenn auch nur
begrenzt.
MF: Interessante Ansicht!
SdA: Ja, irgendwie phi... philoph... Ach, wie heisst
dieses Wort auf Englisch?!? Phi... Hilf mir mal! Ich
kann dieses Wort nicht aussprechen!
MF: Philosophisch?
SdA: Jaaa, philosophisch, danke! Weisst du was ich
meine?
MF: Absolut! Über solche Fragen lässt sich gut
philosophieren.
SdA: Andererseits lässt der Song aber auch genug
Freiraum für Interpretationen. Im Grunde kann jeder den
Song so auslegen, wie es für ihn stimmt. Ich für meinen
Teil betrachte ihn gerne von einem ökologischen
Standpunkt heraus. Ich meine, wir haben diesen
wunderschönen Planeten und begegnen ihm ohne Respekt.
Oder stellen wir uns "Utopia" als ein Lied vor, in dem
es um zwischenmenschliche Beziehungen geht. Man kennt
das ja, wenn nach aussen hin alles prima läuft, aber in
einem drin läuft trotzdem irgendwas verkehrt. Auch um
solche Sachen könnte es in "Utopia" gehen, und es war
mir sehr wichtig, eben diesen Freiraum für
Interpretationen zu erschaffen.
MF: Du singst "Utopia" zusammen mit Chris Jones. Was
kannst du uns über ihn erzählen?
SdA: Ich habe mit Armin van Buuren, einem Dance-DJ, an
einem Song namens "In and Out of Love" gearbeitet. Ich
fragte ihn, mit wem er sonst noch zusammen arbeitet,
und... Oh, du hast einen wunderschönen Fingerring!
MF: Oh? Danke!
SdA: (grinst) ...also, mit welchen Künstlern er sonst
noch arbeitet, ausser mit mir, und dann hat er mir von
Chris Jones erzählt. Armin hat mir einen Song namens "Going
Wrong" vorgespielt, und ich war von Chris' Stimme gleich
überwältigt! Ich habe ihn dann schon bald kennen
gelernt, und er ist ein echt netter und schüchterner
Typ, erst 24 Jahre alt. Er stammt aus Liverpool, und ich
habe ihn Robert vorgestellt, also meinem Robert, sowie
Daniel, unserem Produzenten. Daraufhin haben sie
angefangen, zusammen Songs für das Debutalbum von Chris
zu schreiben. Auf www.sellaband.com/chrisjones kann man
sich bereits einen Song anhören, den Chris, Robert und
Daniel zusammen geschrieben haben. Übrigens, das muss
ich noch erwähnen: Die Leute halten Robert oft für
meinen Ehemann, dabei sind wir gar nicht verheiratet.
Ich frage dann immer "Seht ihr einen Ring an meinem
Finger? Da ist keiner!" Ich warte immer noch auf einen
Ring...
MF: Ich hoffe mit dir, liebe Sharon!
SdA: (lächelnd) Danke!
MF: In Chris Jones hast du ein echtes Juwel gefunden!
Seine Stimme ist grossartig!
SdA: Ja, nicht wahr?
MF: Hat er schon viele Stunden Gesangsunterricht
hinter sich, oder ist er einfach ein Naturtalent?
SdA: Letzteres, würde ich sagen, denn er hat gerade erst
mit Gesangsunterricht angefangen. Seien wir mal
gespannt, was aus dieser Stimme noch wird!
MF: Eine Acoustic Tour durch Europa wird logistisch
kaum möglich sein, aber wie sieht es mit einem Video für
einen der Acoustic Songs aus?
SdA: So etwas haben wir nicht geplant, da dieses Album
für uns eher eine Art Zwischenstation ist. Für "Utopia"
haben wir das Video gemacht, weil es ein völlig neuer
Song ist. Wir konzentrieren uns derzeit lieber auf unser
neues Studioalbum, welches in ungefähr einem Jahr
erscheinen wird. Im April haben wir noch achtzehn
Theaterkonzerte in Belgien und Holland, was wirklich
mehr als genug ist...
MF: Vor allem wenn man Mutter ist...
SdA: Da hast du recht! Aber wir spielen ja in der
näheren Umgebung, somit können wir immer wieder nach
Hause fahren.
MF: Wie laufen denn die Arbeiten zum neuen
Studioalbum? Bist du soweit zufrieden?
SdA: Wir experimentieren derzeit ein bisschen herum und
gehen neue Wege. Wir haben musikalisch alles Erreichbare
schon erreicht, deshalb möchten wir jetzt mal etwas
anderes machen. Die Produktion wird anders werden, es
wird sich wie etwas zwischen "Enter" und "Mother Earth"
anhören. Wir möchten wieder die Richtung einschlagen,
die wir zu Beginn hatten, als Bands wie Nine Inch Nails,
The Cure oder auch Nirvana uns beeinflusst hatten.
Andererseits aber soll das alles in einem neuen und
modernen Gewand daher kommen.
MF: Seien wir gespannt! Als Abschluss möchte ich zwei
Fragen loswerden, die nichts mit Musik zu tun haben.
SdA: Oh? Finde ich gut! Was möchtest du wissen?
MF: Auf der DVD "Black Symphony" gibt es eine Szene
aus dem Backstage-Bereich, wo du fragst, wo dein Wein
geblieben sei...
SdA: (dezenter Lachanfall) Jaaa...
MF: Du trinkst gerne guten Wein. Welchen Wein magst
du besonders?
SdA: Ich mag vor allem Wein aus Chile. Meiner Meinung
nach kommt der derzeit beste Wein aus Chile. Vielleicht
liegt es daran, dass... Hmm, also die Trauben werden aus
Frankreich importiert und in Chile zu Wein verarbeitet.
Wahrscheinlich ist es gerade diese Kombination, die den
Wein so köstlich macht.
MF: Du bist auch ein grosser Fan von Tee...
SdA: Ja, Tee ist gut für meine Stimme. Ich trinke auch
gerne Tee in stressigen Zeiten, weil er mich entspannt.
Kamillentee ist mein Wundertee!
MF: Die letzte Frage lautet wie immer, ob du eine
Botschaft für deine Fans in der Schweiz hast.
SdA: Ich komme immer gerne in die Schweiz, weil es ein
sehr schönes Land ist. Ihr habt eine Menge Festivals
hier! Komischerweise läuft es für uns in der Schweiz
sehr gut, während wir im benachbarten Österreich weniger
erfolgreich sind. Vielleicht liegt es ja an den
verschiedenen Kulturen, die ihr in der Schweiz habt,
denn hier werden gewissermassen Italien, Frankreich und
Deutschland vereint. In Österreich läuft es zwar schon
auch gut, aber nicht so gut wie hier bei euch. Auch
unsere CDs verkaufen sich in der Schweiz hervorragend
und wir kommen oft hier her, deshalb spüre ich eine
starke verbindung zur Schweiz.
MF: Euer erstes vollständig ausverkauftes Konzert war
ja in Zürich, oder?
SdA: Stimmt! Daran erinnere ich mich gut! Danke Schweiz!
MF: Und Metal Factory dankt dir für das Interview!
SdA: Gleichfalls! Es war schön, dich wieder mal zu
sehen!
Das Mädchen-Metal-Trio: Fotografin Patrizia (l.) und
Maiya mit Sharon Den Adel. Süss, nicht wahr? >
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