Obwohl die Freude über dieses schöne und beileibe nicht
selbstverständliche Jubiläum überwiegt, wird man gleichermassen
daran erinnert, wie die Zeit vergeht, respektive vergangen ist. Und
wenn man (wie ich) das Glück hat, in der Gegend zu wohnen, wo sich
der Outsider-Shop schon immer befunden hat, weiss man das umso mehr
zu schätzen.
Holy hell..., wieviel Kohle habe ich dem Tyrant alias René "Fribi"
Freiburghaus in all den Jahren schon in die Kasse befördert? Ich
will es gar nicht wissen, obwohl es natürlich noch ein paar Freaks
mehr gibt, die dem kahlköpfigen Metalhead und glühenden Jag Panzer
Verehrer bereits die halbe Rente vermacht haben. Doch wir wollen
hier jetzt nicht herum jammern, sondern gemeinsam auf dieses
bemer-kenswerte Ereignis anstossen und die Fäuste in den Himmel
recken. Nach der 20%-Rabatt Aktion im Laden mit spendiertem Freibier
vom Chef, stieg dann am Abend die offizielle Party im Restaurant Coq
d'Or in Olten, gleich hinter dem Bahnhof. Nebst viel Live-Sound im
Keller, legten oben Dj Suri und Dj Mumme eine Lärmscheibe nach der
andern auf.
The Order
Eigentlich standen Gianni Pontillo und seine Jungs ursprünglich gar
nicht im Lineup! Weil die Black Angels (ja, genau die Rockband aus
Schaffhausen!) jedoch kurzfristig absagten, musste das OK rasch für
einen adäquaten Ersatz sorgen. Dass schliesslich The Order in die
Kränze kamen, respektive sich bereit erklärten kurzfristig
einzuspringen, kann eigentlich getrost als glückliche Fügung des
Schicksals bezeichnet werden. Im Wissen um die unbestreitbaren
Live-Qualitäten dieser geilen Combo war abzusehen, dass der Start
für die offizielle "Outsider-Shop"-Party nicht besser hätte
ausfallen können. Im Kellergewölbe des Coq, wo mittlerweile eine
brauchbare, eigene Haus-PA rein gestellt wurde, ging es vor einer
bereits ordentlichen Schar an Fans gleich zur Sache, als The Order
die Bühne enterten und mit «Madman With Loaded Guns» von ihrem
ersten Longplayer «Son Of Armageddon», gefolgt von «As One Tonight»
das Untergeschoss rockten. Die Band spielte von Anfang an tight auf
und Shouter Gianni war bestens bei Stimme. «Sex, Drugs & Rock'n'Roll»
schlug dann als Opener des Albums «Rockwolf» die Brücke zum
aktuellen Release. Doch im Grunde spielte es keine Rolle, welcher
Song gerade dran war, denn eigentlich gehen alle ziemlich flott ab.
Sei es als Hardrock-Perle wie «In The Heat Of The Lonely Night» oder
der groovige Rocker «Burning Bridges», dessen catchy Refrain noch
lange in den Gehirnwindungen haften bleibt. Nach gut 50 Minuten
hatten The Order ihren Job als erste Anheizer des Abends mit Bravour
hinter sich bringen können.
Setliste: «Madmen With Loaded Guns» - «As One Tonight» - «Sex Drugs
& Rock'n'Roll» - «On The Radio» - «Love Ain't A Game To Play» -
«Mama, I Love Rock'n'Roll» - «Satisfaction» - «In The Heat Of The
Lonely Night» - «Let The Good Times Roll» - «Burning Bridges» - «Son
Of Armageddon».
Contorsion
Da die Umbaupausen generell mit etwa 15 Minuten veranschlagt wurden,
ging es schon bald wieder weiter auf der kleinen, aber feinen Bühne
des Coq d'Or. Stilistisch gab es nun eine Kehrtwende in Richtung
härteres Gebräu, denn die Band um Frontmann Marc Torretti (Ex-Lunatica,
dort aber als Gitarrist tätig) schlug andere Töne an. Thrash Metal
im Fahrwasser von Exodus, Heathen, Testament und Konsorten stand
jetzt auf dem Menü-Plan. Letztes Jahr kam das gelungene Debüt «Solace
Through Lies» auf den Markt und davon wurden nach dem Intro gleich
die ersten drei Songs des Albums energiereich runter geholzt. «In
Shadows They Hide» schloss nahtlos an und lieferte mit den zwei
Gitarristen Luca Rossi und Sime Freiburghaus das volle Brett. Dazu
konnte man vor der Bühne natürlich nicht einfach untätig davor
stehen und so kreisten bald einige lange Matten um die Wette. Was
sich schon bei The Order ansatzweise zeigte, wurde bei den Aargauer
Thrashern weiter gefördert, nämlich das kontinuierliche Ansteigen
der Temperatur im Konzertstollen unten. Marc war bald
schweiss-gebadet und der Sauerstoff fehlte zunehmend nicht nur dem
Publikum. Allerdings kam der geforderte Mosh-Pit nicht zu Stande,
was aber die Freude am Gezeigten nicht minderte, im Gegenteil!
Contorsion machten keine Gefangenen, liessen nicht locker und
hängten hinten, wie zu Beginn ihrer Show, wiederum drei neue Songs
an. Zusammen mit dem bereits gespielten Brecher «Audit Terror» (mit
geilen Slayer- und Metallica Zitaten) wurden dem Publikum nicht
weniger als sieben der total elf Songs von «Solace Through Lies»
live vorgestellt. Thrash 'til death!!
Setliste: «Intro» - «Insane» - «Highway To The Doom» - «The Contract»
- «In Shadows They Hide» - «Audit Terror» - «Betrayal» - «Kick That
Dirt» - «Cold-Blooded» - «Thrash Metal Domination».
Killer
Wenn man Fribi das vor 25 Jahren gesagt hätte, dass die neben Krokus
wohl bekannteste Rockband aus dem Kanton Solothurn zum Jubiläum, zu
seinem Jubiläum aufspielen würde, hätte er jedem einsamen Rufer in
der Wüste in seiner unnachahmlichen Art glatt ins Gesicht gelacht.
Tja, wer hätte im Ernst wohl daran gedacht, dass Mastermind Crown
Kocher nochmals der Gruft des Vergessens entsteigt und mit frischem
Blut alte Klassiker wie neues Material einem zahlenden Publikum
darbieten würde?!! Mittlerweile wissen wir es besser und nach den
ersten Gigs im Frühling und Frühsommer stiegen neben dem
Oberindianer aus Luterbach noch Andy
Lickford (v), Urs "Noisy"
Müller (b), Rob Strangler (g) und Andy Schumacher (d) auf die Bühne
in Olten. Nachdem der letzte Auftritt Ende Mai in Balsthal,
respektive dem ich beiwohnte, aus mehreren Gründen zum Vergessen
war, musste heute Abend zwingend eine Steigerung her. Das gut
gelaunte und ziemlich aufgewärmte Publikum bekam zu meiner
persönlichen Freude nicht nur dies vorgesetzt, sondern kam auch in
den Genuss von insgesamt vier neuen Songs ab dem kommenden
Longplayer, der nächstens mal in die Läden kommen sollte! Den Anfang
machte mit «Get Up Get Down» zuerst aber ein standes-gemässer, alter
Kracher aus vergan-genen Zeiten, respektive es war gleichzeitig der
Opener des berühmten Debüts «Ladykiller», das heuer satte 30 Jahre
auf dem Buckel hat! Nach «Come Along», einem weiteren Track aus
dieser Zeit, folgte mit «Rock The Nation» der erste Happen
Frischfleisch ohne Ablaufdatum. Andy Lickford liess stimmlich nichts
anbrennen heute Abend und überhaupt war dies klar der beste
Auftritt, den ich bisher von Killer gesehen hatte. «Man With A Gun»,
«Rock The Fire» und «Girls In Leather» hiessen die drei weiteren
Appetizer zum bevorstehenden Langeisen mit dem Jahrgang 2011. Crown
und seine Jungs hielten mit ihrer agilen Rock-Show die abnormale
Bruthitze weiterhin oben, so dass der Chef vor den Zugaben backstage
kurz vor dem Umkippen stand und nach eigener Aussage bereits
"Sternchen" leuchten sah. Wer selber dort unten zugegen war, kann
das sicher nachvollziehen, denn das Atmen fiel auch mir immer
schwerer, doch es sollte noch "schlimmer" kommen!
Setliste: «Get Up Get Down» - «Come Along» - «Rock The Nation» -
«Man With A Gun» - «Never Touch A Tiger» - «Rock The Fire» - «Take
Me Break Me» - «Girls In Leather» - «Break My Chains» - «Pure
Dynamite» - «Crazy Daisy» -- «Ladykiller (ausgelassen!)» - «Sell
Your Soul (ausgelassen!)».
GurD
Was nun folgte, und dies mit einer mittlerweile ordentlichen
Verspätung auf die offizielle Running Order, hätte ich so nicht
gedacht und noch weniger auf dem Plan gehabt. Mir ist wirklich
schleierhaft, wie ich dieses längst etablierte Schweizer
Aushängeschild metallener Groove-Klänge so lange kaum wirklich
beachtet habe, Schande über mein Haupt! Doch ich bekam schon bald
die Gelegenheit, diese Scharte gebührend auszuwetzen! V.O. Pulver (lead
v/g), Pat (g/v), Franky (b/v) und Steve (d) hatten rund zwanzig
Minuten vor der Geisterstunde kaum angefangen zu spielen, als das
finale Inferno des «25 Jahre Outsider-Shop» Jubiläums seinen Anfang
nahm. Wenn man diesen, um es gleich vorab zu erwähnen, absolut kultigen Auftritt kürzest möglich zusam-men fassen müsste, dann bleibt
nur ein Wort übrig: Wahnsinn!! Der thrashig gehaltene Groove-Metal
mit Metalcore Zitaten (mir kommen hierzu vor allem die alten
Merauder in den Sinn) war sowas von oberfett und auf den Punkt
gespielt, dass der Pogo mit Circle-Pit nicht lange auf sich warten
liess. Was Contorsion zuvor leider nicht gelang, wurde von GurD
innert Minutenfrist entfacht. Mit «Never Fail» und «Terminate»
fanden darüber hinaus noch zwei brandneue Tracks des im Oktober
erscheinenden Silberlings «Never Fail» Einzug in die Setliste.
Daneben gab es einen guten Querschnitt des bisherigen Backkataloges
zu geniessen. Spätestens beim mörderischen Groove-Monster «What Do
You Live For» brachen beim Rezen-senten die letzten Dämme und ich
ging über in wüstestes Headbangen wie schon lange nicht mehr. Obwohl
ich genau wusste, was mir danach blühte, gab ich alles, was ich (in
meinem Alter) noch geben konnte. Selbst der Jubilar liess es sich
nicht nehmen, kam auch dazu und liess seinen kahlen Schädel im Takt
kreisen. Die Hitze und Feuchtigkeit spitzte sich derweil weiter zu
und ich denke jetzt mal, dass es mindestens 35 Grad wenn nicht noch
mehr waren. Das Resultat dieses beherzten Körpereinsatzes nebst den
zu Brei gewordenen Nackenwirbeln waren natürlich klitschnasse
Kleider. Die Glücksgefühle gab es aber kostenlos und sowas ist
einfach unbezahlbar. Davon hatten die Fans offensichtlich noch nicht
genug und so wurden die lauten Zugaberufe mit zwei zusätzlichen
Songs belohnt, wovon das abschliessende Kiss-Cover «War Machine»
nochmals alles in Grund und Boden walzte. Diese insgesamt 60 Minuten
hatten es definitiv in sich und nebst der wieder entdeckten 97er CD
«Infect», die jetzt jahrelang in meinem Regal stand und Staub
angesetzt hatte, sind über eBay bereits drei ältere Scherben in
Best-Qualität aufgespürt und an Land gezogen worden.
Setliste: «Learn» - «Your Drug Of Choice» - «Never Fail» - «What Do
You Live For» - «Bang!» - «I.O.U. Nothing» - «Rule The Pit» - «Seducer»
- «Get Up» - «Terminate» - «Skin Up» -- «We Will Resist» - «War Machine».
Blutmond
Nach dem ultrabrachialen Auftritt von GurD lichteten sich die Reihen
merklich, da alle zuerst mal einen kräftigen Happen frische Luft
holen mussten und anschliessend überwiegend oben blieben oder von
dannen zogen. Nichtsdestotrotz bauten die Musiker von Blutmond ihr
Set in aller Ruhe auf, respektive um. Um etwa 1.20 Uhr war die
fünfte und letzte Band bereit, ihren schwarzmetallischen Sound auf
das verbliebene Häufchen los zu lassen. Was gleich auffiel, da so
vorher noch nie gesehen, war Marc mit seinem Saxophon!! Black Metal
mit einem Big-Band Instrument!? Ob sowas funktionieren
kann?? Ich
glaubte es zuvor auch nicht, aber ich musste mich dann bald eines
Besseren belehren lassen. Nach ersten Karriere-Schritten im Jahr
2004 (und anderem Lineup) kam dann zwei Jahre später das Debüt
«Endzeit» heraus. Es folgten viele Auftritte und die Fanbase wuchs
stetig. Im Herbst 2010 wurde «Thirteen Urban Ways 4 Groovy B» als
Nachfolger auf die Menschheit losgelassen. Der typischen
Genre-Attribute überdrüssig beschlossen Blutmond fortan einen
anderen Weg zu gehen. Dass dem wirklich so ist, hörte man bald, denn
der Sound war sehr vielschichtig, mitunter fast progressiv aufgebaut
und wechselte oft zwischen laut und leise hin und her. Den Gesang
teilten sich Gitarrist John und Bassist Jerry, wobei Letzterer sich
voll ins Zeug reinlegte und seine sehr lange Haarpracht entsprechend
zur Geltung brachte. Vom Optischen her wurde mit blau und weiss
gehaltenem Licht plus Trockeneis eine teilweise wahrlich
apokalyptische Stimmung erzeugt. Dazu eben immer wieder auch
Saxophon-Töne, die schon ziemlich gewöhnungsbedürftig waren.
Zusammen ergab das jedoch wirklich was Einzigartiges, obwohl diese
Chose gar nicht mein Ding war. Blutmond sind wahrlich nicht leichte
Kost und sprechen daher ein spezielles Publikum an. Diejenigen, die
noch da waren und bis zum Schluss ausharrten, fanden es mehrheitlich
gut bis genial. Unter dem Strich war an diesem denkwürdigen Jubiläum
zumindest für jeden Fan von harter Musik was Passendes dabei, und
wer dann immer noch nicht genug hatte, konnte sich im Restaurant
oben noch bis etwa 3.30 Uhr von Suri und Mumme den Rest geben
lassen. Mein edles Haupt fiel schliesslich erst um 4.30 Uhr völlig
geplättet ins Kissen und ein paar Stunden später stellte ich dann
(in meinem Kopf) fest, wie wild dieser Abend war. Danke
"Outsider-Shop", danke Fribi und mögen uns noch viele Jahre mit viel
guter Musik und Freunden gegönnt sein! Metal is forever..., forever!
Setliste: «Friday» - «Good Morning» - «Workin' Poor» - «De Neui» - «Crysys»
- «You» - «De Krass Neui» - «Suburbs».
|
|