Reitermania in
Luzern? Ja sicher, gerne! Nachdem ich die Apokalyptischen Reiter vor gut eineinhalb Jahren
zum ersten Mal in Wacken gesehen habe, nahm es mich wunder, wie sie sich dann so in der
Schweiz gebärden würden. Und eines schon vorweg, ich wurde trotz der kurzen
Auftrittszeit nicht enttäuscht.
Turisas
Zuerst enterten die verrückten Finnen von Turisas die ABC-Bühne. Und die stellten sofort
klar, dass sie alles geben wollen. In Fellen gekleidet und mit Kriegsmalereien auf Armen,
Beinen und Gesichtern und vor allem mit dem fiesen Grinsen eroberten sie die Bühne und
spielten ihren Battle Metal. Eine wuchtige Mischung aus derben Gitarren, Freedom
Call-artigen Keyboards, wuchtigem Death Metal-lastigem Gesang und Achtung: Mit E-Geige und
Handorgel! Die wuchtige Energie der Band sprang dabei schnell auf's Publikum über. Und
bald befanden sich die ersten Reihen in einem Headbanger Wettbewerb mit Turisas.
Zwischendurch spielte der junge Teufels-Geiger ein Solo, das für staunen sorgte. Nach
einer knappen halben Stunde war dann der Auftritt leider schon beendet und vergebliche
Rufe nach einer Zugabe wurden laut. Ich kannte die Finnen vorher nicht, doch was ich da
gesehen hatte, war von der Bühnen-Aktivität für eine Vorgruppe schon extrem beachtlich.
Und so hegte ich schon Zweifel, ob dies die Apokalyptischen Reiter überhaupt noch
schlagen könnten.
Die Apokalyptischen Reiter
Nach einer sehr kurzen Umbaupause ging es dann bereits um 20.45 Uhr weiter. Ich selber
konnte mir in dieser Zeit noch nicht mal ein Bier holen und fertig trinken. Das Intro
erklang und Dr. Pest vom Keyboard stellte einen Tanz (Kampf?) gegen den Tod nach. Wie
schon auf der letzten Tour, hatte er den ganzen Auftritt über eine Leder-Gesichts-Maske
auf. Tja, manche mögen's so. Nach dem Intro starteten sie mit "Wahnsinn" vom
neuen Album, leider weit weniger fulminant wie Turisas. Und ich dachte schon, dass Turisas
wohl die Sieger vom Tag sein würden. Tja, Anfangsschwierigkeiten sagt man dem wohl. Weil
spätestens während dem dritten Lied "We will never die" der Wahnsinn auf der
Bühne regierte und sich endlich auch auf's Publikum übertrug. Und wieder wurde gebangt,
was das Zeug hielt und neu wurde, wenn auch im kleinem Rahmen, etwas gepogt. Sänger Fuchs
bewegte sich die ganze Zeit von Bühnenrand zu Bühnenrand und wirkte in seinem
chinesischen Fummel, dem Bärtchen und seiner Frisur wie ein gutmütiger Chinese,
der einfach Spass am Rumhüpfen und Singen hat. Aber auch Pitrone, der jetzt neu als
festes Bandmitglied die Gitarre bedient, zeigte körperlichen Einsatz und traf dabei die
Melodien punktgenau. Überhaupt war die Band nach den Anfangsschwierigkeiten top.
"Die Sonne scheint" offenbarte dann aber Textschwierigkeiten beim Publikum, da
die Refrains, die eigentlich vom Publikum hätten kommen sollen, zwar viel Lärm waren,
aber nicht der Text. Tja, Publikum, da dürft ihr noch üben. Nicht mehr zu üben brauchte
dagegen Schlagzeuger Sir G., der uns ein Musterbeispiel von einem kurzen Schlagzeug-Solo
zu hören und sehen gab. Weiter ging es mit "Per aspera ad astra", "Terra
Nola" und "Unter die Asche". Hauptgewicht wurde vor allem auf die drei
letzten Outputs "Samurai", "Have a nice trip" und "All you need
is love" gelegt. Dabei merkte man dem Publikum an, dass wohl die "All you need
is love"-Scheibe die Beliebteste ist. "Alles hat ein Ende, und so auch dieses
Konzert", sagte Sänger Fuchs gegen Ende und holte(n) den Teufels-Geiger von Turisas
auf die Bühne, der Pitrone bei "Sehnsucht" unterstütze. Danach griff man in
die Mottenkiste und holte zuerst "Metal will never die" vom ersten Album
"Soft and stronger" und danach "Dschinghis Khan" vom Zweiten
("Allegro barbaro") raus. Bei Dschinghis Khan wurden sie per Schreigesang von
Turisa's Bassist unterstützt. Überhaupt scheint die Chemie zwischen den beiden Gruppen
zu stimmen. Turisas und die Reiter benutzten auch das gleiche Keyboard und Schlagzeug und
so sah man sie am Schluss auch gemeinsam beim Räumen der Bühne. Das Publikum war aber
nach Dschingis Khan noch nicht zufrieden und wollte noch mehr. Dies wurde nach zwei
Liedern ab Band und ehrgeizigem Lärmen vom Publikum auch gegönnt. "Paradies"
hiess der Song und sollte, laut Fuchs, die Gemüter wieder auf den Boden bringen. Mir
wäre "Warum?" oder "Vier Reiter stehen bereit" lieber gewesen, aber
auch so nutzten die ewig Kopfschüttelnden die letzten bangbaren Melodien bei
"Paradies" nochmals. Danach waren alle beruhigt und das Konzert zu Ende.
Erstaunt stellte ich fest, dass es erst 22.00 Uhr war. Was war los? Tja, ab dieser Zeit
war im selben Raum eine Surf- und Boarder-Party angesagt!?? Und so musste sich Luzern mit
fünfzehn Minuten weniger zufrieden geben, als Chur am Sonntag darauf. Was bei dieser
energiegeladenen Show und bei immerhin siebzehn Liedern aber nicht viel ausmachte.
Ausserdem mischten sich einige Bandmitglieder anschliessend noch ins Publikum und
unterschrieben bereitwillig, was zu unterschreiben war. Wir selber zogen nach einem kurzen
Abstecher am Merchandising-Stand ab ins unmetallische Luzerner Nachtleben. Noch etwas zu
den Preisen: Fr. 25.- für ein T-Shirt, Fr. 25.- für eine CD und der Eintritt ebenfalls
Fr. 25.- an der Abendkasse gehen schwer in Ordnung und dies sollte möglichst schnell
Nachahmer finden, denn sowas macht Freude.
Set-Liste: "Intro", "Wahnsinn", "Gone", "We will never
die", "Du kleiner Wicht", "Iron fist", "Rock'n'Roll",
"Reitermania", "Die Sonne scheint", Drum-Solo, "Per aspera ad
astra", "Terra Nola", "Unter der Asche", "Silence of
sorrow", "Erhelle meine Seele", (Keyboard Intro), "Sehnsucht"
(mit Geige), "Metal will never die", "Dschinghis Khan" (mit Turisas
Basser am Schreigesang), (Zwei Lieder ab Band), (Keyboard Intro), "Paradies".
|
|