Livereview: Accept - Hell
15. April 2012, Pratteln - Z7
By Rockslave
Obwohl der Sommer '12 erst noch bevor steht, kann man den konzertmässigen Frühling bereits als heiss, ja sehr heiss bezeichnen! Dazu beigetragen haben nebst den höchst unterhaltsamen Steel Panther natürlich auch Accept, die wohl eines der furiosesten Comebacks einer altgedienten Metal-Band der letzten Jahre überhaupt hingelegt haben! Sogar die Band selber wurde von der Resonanz zum phänomenalen Album «Blood Of The Nations» überrascht. Ich gehörte zu Beginn auch zu den Skeptikern, die nicht daran geglaubt haben, dass ein gewisser Mark Tornillo (Ex-TT Quick) wirklich das Zeug dazu hat, eines der tonnenschwersten Flagschiffe des Heavy Metals wieder auf Kurs zu bringen. Aber manchmal geschehen noch Zeichen und Wunder und wer seit 2010 die Gelegenheit fand, ein Konzert unter der alten Flagge erleben zu dürfen, wurde angenehmst überrascht. Und nun schickt sich «Stalingrad» als würdiger Langrillen-Nachfolger der Neuzeit an, dass die Erfolgsstory weiter geschrieben wird. Dass als Support dann noch die göttlichen Hell aufliefen, liess dieses Konzert für mich zu einem absoluten Pflichtanlass werden. Das sahen viele Fans auch so und liessen das Z7 hauchdünn an einem "Sold out" vorbei schlittern.

Hell

Ich gebe es ja zu, dass, wenn es um die Band Hell geht, meine Wahrnehmung klar subjektive Züge trägt und ich immun gegen jegliche Kritik bin. «Human Remains» war letztes Jahr die bei mir mit Abstand meistgespielte Scheibe und packt mich jedes Mal wieder von Neuem. Beim letztjährigen "Metalfest" spielten Hell ja das erste Mal in der Schweiz, aber weil mich persönlich sonst kaum was von diesem Billing wirklich interessierte, liess ich das Ding halt ganz sausen. In diesem Rahmen wie heute Abend war die Ausgangslage aber um Längen besser. Im Vorfeld hatte ich mir über Youtube schon ein paar Live-Songs ansehen können und war nun mächtig gespannt darauf, wie es sich eins zu eins anhören würde. Dass die Orchestrierung und die Arrangements der CD dabei wohl fast ausschliesslich eingespielt werden, war jedoch absehbar. Dennoch erblickte ich ein Keyboard auf der Bühne, das dann ab und an von Gitarrist Kevin Bower bedient wurde. Den Anfang machte aber erstmal das flotte «Let Battle Commence», das bereits für ordentlich Dampf sorgte. Das Bühnenbild sah für Support-Band Verhältnisse dahin gehend ziemlich üppig aus, als dass hinten zum einen ein grosses und fettes Backdrop mit dem Bandnamen hing und zum anderen durch zwei kirchenfensterartige Banner links und rechts ergänzt wurde. Dazu trugen einzelne Musiker wie zum Beispiel Drummer Tim Bowler und auch Gitarrero/Producer-Legende Andy Sneap etwas morbid anmutende Gesichtsschminke, die bestens zum ganzen Paket passte. Derweil trug Sänger David Bower eine Dornenkrone und ein Gesichtsmikro. Letzteres erlaubte ihm eine ziemlich agile Bühnenshow. "Leider" stand ich zum Knaller «On Earth As It Is In Hell» immer noch schön brav im Fotograben und schoss wie irre ein Bild nach dem anderen. Viel lieber wäre ich da aber bereits inmitten der Fans gestanden und hätte mich mitten unter die Headbanger der ersten Reihen gemischt. Spätestens bei «The Quest» wurde dann mein Eindruck bestätigt, den ich vorne schon hatte, nämlich dass man Hell trotz Andy Sneap (der ja auch die beiden Accept-Alben produziert hat!) einen ziemlich bescheidenen Sound zugestand. Gemessen an dem, was nachher folgte, war das natürlich schade, denn die geilen Songs von «Human Remains» hätten bei Weitem mehr knallen dürfen, ja müssen! So fehlte halt einiges an Punch und ich freue mich jetzt schon darauf, wenn die Briten dereinst mal (und freilich werden sie das!) als Headliner zurück kehren werden. Nichtsdestotrotz hinterliessen die 45 Minuten zumindest bei mir mehr als nur eitel Freude. Das Pratteler Publikum verhielt sich allerdings insgesamt eher passiv, was teils in der Theatralik des Gesangs begründet liegt, der halt Geschmackssache ist. Für mich passt es so hingegen perfekt, da immer wieder mal Zitate in Richtung der grandiosen Mercyful Fate wie den Meister King Diamond himself abgesetzt werden. Fehlen tat eigentlich nur mein absoluter Lieblingsstrack "The Devil's Deadly Weapon", aber dann hätte das Konzert fast eine Stunde gedauert. Trotzdem, es war auch so einfach nur schweinegeil!

Setliste: «Let Battle Commence» - «On Earth As It Is In Hell» - «Plague And Fyre» - «The Quest» - «The Oppressors» - «Blasphemy And The Master» - «Macbeth» - «Save Us From Those Who Would Save Us».

Accept
Ich glaube, dass die kritischen Stimmen zur fabelhaften Reunion der deutschen Metal-Institution schlechthin mittlerweile stark abgenommen haben, bis ganz veschwunden sind. Udo Dirkschneider und seine ohne jeden Zweifel zu würdigenden Verdienste für Accept in Ehren, aber wer hier in Pratteln letztes Jahr, an der gleichen Stelle, dabei war, wird den Ur-Sänger kaum bis gar nicht vermisst haben. Sein Nachfolger Mark Tornillo ist bestimmt keine Kopie seines Vorgängers, macht seine Sache aber verdammt gut und inzwischen hat sich das Ganze optimal eingeschliffen. Die wiederbelebte Band sprüht nur so vor Spielfreude und glänzt neben den unsterblichen Kult-Schoten mit neuen Hammer-Songs, die, wenn ich zum Beispiel an «Pandemic» oder «Stalingrad» denke, jetzt schon als künftige Klassiker gelten. Das, was 2010 mit dem brillanten Comeback «Blood Of The Nations» los getreten wurde, hat sich längst zum unaufhaltsamen Selbstläufer entwickelt und mit dem aktuellen Release «Stalingrad» neues, adäquates Kraftfutter erhalten. Das zumindest optisch klar ausverkaufte Z7 war bereit für eine weitere Metal-Schlacht seiner Helden und pünktlich um 21.30 Uhr liess man die Horde unter dem riesigen Jubel des Publikums von der Leine. Vor einem wiederum riesigen Backdrop, wo diesmal statt der kriegerisch anmutenden und thematisch eigentlich besser zu «Stalingrad» passenden Raketen und Lenkwaffen vom letzten Mal nun eine Art Adler unter dem Schriftzug zu sehen war, legten Accept mit dem Opener «Hellfire», gefolgt vom Titeltrack, gleich volle Pulle los. Und jetzt war er natürlich umgehend da, der hammergeile Sound, der vorher nicht mal im Ansatz zu hören war. Besonders Peter Baltes' Bass donnerte sowas von geil daher, was man in dieser Weise selten bis gar nicht zu hören kriegt. Spätestens bei «Restless And Wild», dem ersten Oldie des Abends, ging die ganze Halle steil ab. Mit «Son Of A Bitch» kam ein weiterer Vertreter der guten alten Zeit zu Ehren, und dies, wenn man die Setlisten anderer besuchter Städte auf der Tour heran zieht, auf Kosten eines neuen Songs! Da schwang vielleicht noch der letztjährige Auftritt etwas mit, als gleich die ganze «Restless And Wild» Scheibe durchgespielt wurde und dies ja tourexklusiv!

Während sich die Gitarren-Front mit Wolf Hoffmann (g), Peter Baltes (b) und Herman Frank immer wieder in zig Posen warf, schwitzte Schlagzeuger Stefan Schwarzmann derweil wie ein Tier hinter seinen Kesseln. Die Truppe lieferte unablässig einen fetten Groove-Teppich ab, den ihr Sänger Mark Tornillo zur persönlichen Höchstleistung antrieb. Schon auf der CD war zu hören, dass der ehemalige Shouter von TT Quick vor allem oben weg noch ein paar Briketts nachgelegt hat. Dies setzte er dann live auch weitestgehend um. Die ohnehin schon tolle Stimmung wurde dann durch das etwas gar lange Bass-Solo von Herrn Baltes zwar nicht gedämpft, aber sagen wir mal mindestens etwas weniger wäre unter dem Strich mehr gewesen. Wie gesagt tat das der anhaltenden, tollen Konzertstimmung im Z7 keinen Abbruch, im Gegenteil. Eines der untrüglichen Markenzeichen von Accept ist ja nicht nur temporeiches Gebolze wie «No Shelter» oder die frühere Speed Metal Blaupause «Fast As A Shark», sondern vor allem auch Songs mit diesem unnachahmlichen Mördergroove der Sorte «Restless And Wild» oder «Pandemic». Wen zudem beim eben genannten Kracher der mitreissende Rhythmus nicht bei den Eiern packte, respektive andersweitig in Verzückung fallen liess, war definitiv beim falschen Anlass zugegen. Doch diesen Eindruck bekam man nicht, wenn der Blick von vorne bis ganz nach hinten schweifte. Überall flogen die Matten, wurden Fäuste gereckt und lauthals mitgesungen. So sollte eigentlich jede ordentliche Metal-Party abgefeiert werden und dafür gaben die Protagonisten des Abends alles, was sie zu bieten hatten. Ich habe Accept 1986 mal in Lausanne live gesehen und danach glaube ich erst wieder um 1996 herum. Danach setzte sich Udo mit seiner eigenen Band sehr erfolgreich in Szene und kaum einer sprach bandmässig gesprochen noch von der ruhmreichen Vergangenheit. Der Höhe- oder besser Tiefpunkt war dann der total lustlose (Reunion-) Festival-Auftritt in Wacken von 2005. So gesehen war es damals die einzig richtige Entscheidung, den Stecker zu ziehen. Heuer werden die Karten jedoch neu gemischt und während U.D.O. mehr und mehr im Mittelmass zu versinken drohen, passiert mit Accept genau das Gegenteil. Ein neuerliches, rasches Ende ist somit erfreulicherweise in weite Ferne gerückt. Als sich die ausgepowerte Band nach 120 schweisstreibenden Minuten vom Schweizer Publikum verabschiedete, wussten und hofften alle gleichzeitig, dass diese Erfolgs-Geschichte noch eine ganze Weile weiter fortgeschrieben werden muss!

Setliste: «Hellfire» - «Stalingrad» - «Restless And Wild» - «Living For Tonite» - «Breaker» - «Son Of A Bitch» - «Bucket Full Of Hate» - «Monsterman» - «Shadow Soldiers» - «Neon Nights» - «Bulletproof» - «Losers And Winners» - «Aiming High» - «Princess Of The Dawn (inkl. Bass-Solo)» - «Up To The Limit» - «No Shelter» - «Pandemic» - «Fast As A Shark» -- «Metal Heart» - «Teutonic Terror» - «Balls To The Wall».