Obwohl der Sommer '12 erst noch bevor steht, kann man den
konzertmässigen Frühling bereits als heiss, ja sehr heiss
bezeichnen! Dazu beigetragen haben nebst den höchst unterhaltsamen
Steel Panther natürlich auch Accept, die wohl eines der furiosesten
Comebacks einer altgedienten Metal-Band der letzten Jahre überhaupt
hingelegt haben! Sogar die Band selber wurde von der Resonanz zum
phänomenalen Album «Blood Of The Nations» überrascht. Ich gehörte zu
Beginn auch zu den Skeptikern, die nicht daran geglaubt haben, dass
ein gewisser Mark Tornillo (Ex-TT Quick) wirklich das Zeug dazu hat,
eines der tonnenschwersten Flagschiffe des Heavy Metals wieder auf
Kurs zu bringen. Aber manchmal geschehen noch Zeichen und Wunder und
wer seit 2010 die Gelegenheit fand, ein Konzert unter der alten
Flagge erleben zu dürfen, wurde angenehmst überrascht. Und nun
schickt sich «Stalingrad» als würdiger Langrillen-Nachfolger der
Neuzeit an, dass die Erfolgsstory weiter geschrieben wird. Dass als
Support dann noch die göttlichen Hell aufliefen, liess dieses
Konzert für mich zu einem absoluten Pflichtanlass werden. Das sahen
viele Fans auch so und liessen das Z7 hauchdünn an einem "Sold out"
vorbei schlittern.
Hell
Ich gebe es ja zu, dass, wenn es um die Band Hell geht, meine
Wahrnehmung klar subjektive Züge trägt und ich immun gegen jegliche
Kritik bin. «Human Remains» war letztes Jahr die bei mir mit Abstand
meistgespielte Scheibe und packt mich jedes Mal wieder von Neuem.
Beim letztjährigen "Metalfest" spielten Hell ja das erste Mal in der
Schweiz, aber weil mich persönlich sonst kaum was von diesem Billing
wirklich interessierte, liess ich das Ding halt ganz sausen. In
diesem Rahmen wie heute Abend war die Ausgangslage aber um Längen
besser. Im Vorfeld hatte ich mir über Youtube schon ein paar
Live-Songs ansehen können und war nun mächtig gespannt darauf, wie
es sich eins zu eins anhören würde. Dass die Orchestrierung und die
Arrangements der CD dabei wohl fast ausschliesslich eingespielt
werden, war jedoch absehbar. Dennoch erblickte ich ein Keyboard auf
der Bühne, das dann ab und an von Gitarrist Kevin Bower bedient
wurde. Den Anfang machte aber erstmal das flotte «Let Battle
Commence», das bereits für ordentlich Dampf sorgte. Das Bühnenbild
sah für Support-Band Verhältnisse dahin gehend ziemlich üppig aus,
als dass hinten zum einen ein grosses und fettes Backdrop mit dem
Bandnamen hing und zum anderen durch zwei kirchenfensterartige
Banner links und rechts ergänzt wurde. Dazu trugen einzelne Musiker
wie zum Beispiel Drummer Tim Bowler und auch Gitarrero/Producer-Legende
Andy Sneap etwas morbid anmutende Gesichtsschminke, die bestens zum
ganzen Paket passte. Derweil trug Sänger David Bower eine
Dornenkrone und ein Gesichtsmikro. Letzteres erlaubte ihm eine
ziemlich agile
Bühnenshow. "Leider" stand ich zum Knaller «On Earth
As It Is In Hell» immer noch schön brav im Fotograben und schoss wie
irre ein Bild nach dem anderen. Viel lieber wäre ich da aber bereits
inmitten der Fans gestanden und hätte mich mitten unter die
Headbanger der ersten Reihen gemischt. Spätestens bei «The Quest»
wurde dann mein Eindruck bestätigt, den ich vorne schon hatte,
nämlich dass man Hell trotz Andy Sneap (der ja auch die beiden
Accept-Alben produziert hat!) einen ziemlich bescheidenen Sound
zugestand. Gemessen an dem, was nachher folgte, war das natürlich
schade, denn die geilen Songs von «Human Remains» hätten bei Weitem
mehr knallen dürfen, ja müssen! So fehlte halt einiges an Punch und
ich freue mich jetzt schon darauf, wenn die Briten dereinst mal (und
freilich werden sie das!) als Headliner zurück kehren werden.
Nichtsdestotrotz hinterliessen die 45 Minuten zumindest bei mir mehr
als nur eitel Freude. Das Pratteler Publikum verhielt sich
allerdings insgesamt eher passiv, was teils in der Theatralik des
Gesangs begründet liegt, der halt Geschmackssache ist. Für mich
passt es so hingegen perfekt, da immer wieder mal Zitate in Richtung
der grandiosen Mercyful Fate wie den Meister King Diamond himself
abgesetzt werden. Fehlen tat eigentlich nur mein absoluter
Lieblingsstrack "The Devil's Deadly Weapon", aber dann hätte das
Konzert fast eine Stunde gedauert. Trotzdem, es war auch so einfach
nur schweinegeil!
Setliste: «Let Battle Commence» - «On Earth As It Is In Hell» - «Plague
And Fyre» - «The Quest» - «The Oppressors» - «Blasphemy And The
Master» - «Macbeth» - «Save Us From Those Who Would Save Us».
Accept
Ich glaube, dass die kritischen Stimmen zur fabelhaften Reunion der
deutschen Metal-Institution schlechthin mittlerweile stark
abgenommen haben, bis ganz veschwunden sind. Udo Dirkschneider und
seine ohne jeden Zweifel zu würdigenden Verdienste für Accept in
Ehren, aber wer hier in Pratteln letztes Jahr, an der gleichen
Stelle, dabei war, wird den Ur-Sänger kaum bis gar nicht vermisst
haben. Sein Nachfolger Mark Tornillo ist bestimmt keine Kopie seines
Vorgängers, macht seine Sache aber verdammt gut und inzwischen hat
sich das Ganze optimal eingeschliffen. Die wiederbelebte Band sprüht
nur so vor Spielfreude und glänzt neben den unsterblichen
Kult-Schoten mit neuen Hammer-Songs, die, wenn ich zum Beispiel an «Pandemic»
oder «Stalingrad» denke, jetzt schon als künftige Klassiker gelten.
Das, was 2010 mit dem brillanten Comeback «Blood Of The Nations» los
getreten wurde, hat sich längst zum unaufhaltsamen Selbstläufer
entwickelt und mit dem aktuellen Release «Stalingrad» neues,
adäquates Kraftfutter erhalten. Das zumindest optisch klar
ausverkaufte Z7 war bereit für eine weitere Metal-Schlacht seiner
Helden und pünktlich um 21.30 Uhr liess man die Horde unter dem
riesigen Jubel des Publikums von der Leine. Vor einem wiederum
riesigen Backdrop, wo diesmal statt der kriegerisch anmutenden und
thematisch eigentlich besser zu «Stalingrad» passenden Raketen und
Lenkwaffen vom letzten Mal nun eine Art Adler unter dem Schriftzug
zu sehen war, legten Accept mit dem Opener «Hellfire», gefolgt vom
Titeltrack, gleich volle Pulle los. Und jetzt war er natürlich
umgehend da, der hammergeile Sound, der vorher nicht mal im Ansatz
zu hören war. Besonders
Peter Baltes' Bass donnerte sowas von geil
daher, was man in dieser Weise selten bis gar nicht zu hören kriegt.
Spätestens bei «Restless And Wild», dem ersten Oldie des Abends,
ging die ganze Halle steil ab. Mit «Son Of A Bitch» kam ein weiterer
Vertreter der guten alten Zeit zu Ehren, und dies, wenn man die
Setlisten anderer besuchter Städte auf der Tour heran zieht, auf
Kosten eines neuen Songs! Da schwang vielleicht noch der
letztjährige Auftritt etwas mit, als gleich die ganze «Restless And
Wild» Scheibe durchgespielt wurde und dies ja tourexklusiv!
Während sich die Gitarren-Front mit Wolf Hoffmann (g), Peter Baltes
(b) und Herman Frank immer wieder in zig Posen warf, schwitzte
Schlagzeuger Stefan Schwarzmann derweil wie ein Tier hinter seinen
Kesseln. Die Truppe lieferte unablässig einen fetten Groove-Teppich
ab, den ihr Sänger Mark Tornillo zur persönlichen Höchstleistung
antrieb. Schon auf der CD war zu hören, dass der ehemalige Shouter
von TT Quick vor allem oben weg noch ein paar Briketts nachgelegt
hat. Dies setzte er dann live auch weitestgehend um. Die ohnehin
schon tolle Stimmung wurde dann durch das etwas gar lange Bass-Solo
von Herrn Baltes zwar nicht gedämpft, aber sagen wir mal mindestens
etwas weniger wäre unter dem Strich mehr gewesen. Wie gesagt tat das
der anhaltenden, tollen Konzertstimmung im Z7 keinen Abbruch, im
Gegenteil. Eines der untrüglichen Markenzeichen von Accept ist ja
nicht nur temporeiches Gebolze wie «No Shelter» oder die frühere
Speed Metal Blaupause «Fast As A Shark», sondern vor allem auch
Songs mit diesem unnachahmlichen Mördergroove der Sorte «Restless
And Wild» oder «Pandemic». Wen zudem beim eben genannten Kracher der
mitreissende Rhythmus nicht bei den Eiern packte, respektive
andersweitig in Verzückung fallen liess, war definitiv beim falschen
Anlass zugegen. Doch diesen Eindruck bekam man nicht, wenn der Blick
von vorne bis ganz nach hinten schweifte. Überall flogen die Matten,
wurden Fäuste gereckt und lauthals mitgesungen. So sollte eigentlich
jede ordentliche Metal-Party abgefeiert werden und dafür gaben die
Protagonisten des Abends alles, was sie zu bieten hatten. Ich habe
Accept 1986 mal in Lausanne live gesehen und danach glaube ich erst
wieder um 1996 herum. Danach setzte sich Udo mit seiner eigenen Band
sehr erfolgreich in Szene und kaum einer sprach bandmässig
gesprochen noch von der ruhmreichen Vergangenheit. Der Höhe- oder
besser Tiefpunkt war dann der total lustlose (Reunion-)
Festival-Auftritt in Wacken von 2005. So gesehen war es damals die
einzig richtige Entscheidung, den Stecker zu ziehen. Heuer werden
die Karten jedoch neu gemischt und während U.D.O. mehr und mehr im
Mittelmass zu versinken drohen, passiert mit Accept genau das
Gegenteil. Ein neuerliches, rasches Ende ist somit erfreulicherweise
in weite Ferne gerückt. Als sich die ausgepowerte Band nach 120
schweisstreibenden Minuten vom Schweizer Publikum verabschiedete,
wussten und hofften alle gleichzeitig, dass diese Erfolgs-Geschichte
noch eine ganze Weile weiter fortgeschrieben werden muss!
Setliste: «Hellfire» - «Stalingrad» - «Restless And Wild» - «Living
For Tonite» - «Breaker» - «Son Of A Bitch» - «Bucket Full Of Hate» -
«Monsterman» - «Shadow Soldiers» - «Neon Nights» - «Bulletproof» - «Losers
And Winners» - «Aiming High» - «Princess Of The Dawn (inkl.
Bass-Solo)» - «Up To The Limit» - «No Shelter» - «Pandemic» - «Fast
As A Shark» -- «Metal Heart» - «Teutonic Terror» - «Balls To The
Wall».
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