Livereview: Accept - Damnations Day - Circle II Circle

28. Oktober 2014, Pratteln – Z7
By Rockslave
 
“Was lange währt, wird endlich gut” – Auf kaum eine andere Heavy Metal Band trifft dieses bekannte Sprichwort besser als auf Accept zu! Obwohl die Charts von damals und heute bezüglich der relevanten Verkaufsmengen nicht mehr zu vergleichen sind, ist dessen Bedeutung mindestens psychologisch nicht unerheblich. In der Heimat wurde das Höchste der Gefühle 1986 mit dem Album «Russian Roulette» erzielt, als immerhin Platz #5 ergattert werden konnte. Kurz darauf war dann aber Schicht im Schacht mit Udo Dirkschneider als Frontmann, der erst wieder in den 90ern zurück kehrte. Musikalisch war diese Zeit dem weiteren Erfolg allerdings nicht förderlich und es sollten danach viele Jahre vergehen, ehe 2010 mit «Blood Of The Nations» das aktuelle Kapitel der Bildgeschichte wieder in die Gänge kam. Dies jedoch ohne Herr Dirkschneider, der sich fortan lieber auf seine Solo-Karriere konzentrierte. Sein Ersatz Mark Tornillo (Ex-TT Quick) stopfte darauf allen Kritikern das Maul ziemlich schnell und gemeinsam schaffte man heuer die Sensation: «Blind Rage» erklomm tatsächlich den Thron: #1! Das werden Damnations Day und leider auch Circle II Circle nicht (mehr) schaffen.


Circle II Circle
Seit den Solo-Anfängen des ehemaligen Savatage-Frontmanns Zak Stevens sind mittlerweile auch schon über zehn Jahre vergangen und die ersten gemeinsamen «Edge Of Thorns» Zeiten mit Mastermind Jon Oliva liegen mehr als zwei Dekaden zurück. Letzterer war (zusammen mit Sava-Gitarrero Chris Caffery) mindestens zu Beginn von Circle II Circle der unüberhörbare Mentor und veredelte mit seinen Beiträgen die ersten beiden Meisterwerke «Watching In Silence» (2003) und «The Middle Of Nowhere» (2005). Obwohl die späteren Alben immer noch annähernd gut waren, lebte die Band vor allem vom sackstarken Lineup, das im Wesentlichen von der Saitenfront mit Andy Lee (g), Evan Christopher (g) und Paul Stewart (b) getragen wurde. Dieser Zustand dauerte bis 2009, bis zuerst Evan die Band verliess und nachher leider auch Andy, Letzterer um 2011 nochmals ein kurzes Gastspiel zu geben. Seither ging es eigentlich laufend bergab, wenn auch nur langsam. Die nachfolgenden Formationen von Circle II Circle erreichten den früheren Glanz nicht mehr und das färbte sich zunehmend auch auf die weiteren Alben ab. Immerhin entstanden in zehn Jahren sieben Studio-Alben und «Seasons Will Fall» (2013) als erstes Album, das nicht mehr über AFM-Records erschien, zeigte wieder etwas Aufwärtstrend. Dieses Aufbäumen kommt aber irgendwie zu spät, denn trotz der akzeptablen Mini-Z7 Headliner-Show sechs Tage zuvor, war heute Abend rein gar nichts los. Die Halle war längst nicht ausverkauft, aber zu Beginn waren doch einige Hundertschaften anwesend. Sämtliche Bemühungen von Zak Stevens und seinen Jungs versandeten und es kam eigentlich nichts von den Fans zurück. Das tat zumindest mir im Wissen um das verlorene Potenzial schon weh auf der Seele. An gleicher Stelle war der gute Zachary (mit Savatage) auch schon vor ausverkauftem Haus aufgetreten und es war die Hölle los! Heute Abend zündete rein gar nichts mehr und selbst der Klassiker «Edge Of Thorns» konnte absolut nichts reissen. Zudem war nicht zu überhören, dass die jetzige Besetzung, wo nur noch Bassist Paul alias Mitch Stewart (neuerdings mit Bart) von früher übrig geblieben ist, ebenso keine Glanzpunkte setzen konnte. Nach etwa 35 Minuten fand das Leiden schliesslich ein Ende und ob sowas noch Zukunft hat, wird sich weisen.


Damnations Day
Aus Down Under ist man ja eigentlich eher Erdigeres gewohnt, aber reine Metal Bands gibt es dennoch einige, wenn nicht sogar einen ganzen Haufen davon. Allerdings sind diese ausserhalb der Landesgrenzen kaum bekannt. Was Damnations Day aus Geelong angeht, so hatte ich bisher noch keine Notiz von diesem Quartett genommen. Das Debüt-Album «Invisible, The Dead» kam im letzten Herbst über Nightmare Records heraus. Stilistisch werden die Aussies dem Melodic Heavy Metal zugerechnet, was zumindest auf dem Papier ja schon mal was her gibt. Ein Ausflug in die Studio-Versionen offenbart dabei durchaus auch eine progressive Note. Des Weiteren werden ebenso thrashige Parts ausgemacht und damit wären wir eigentlich mitten in der doch etwas diffusen Darbietung von Mark Kennedy (v/rhythm g), Jon King (g), Luke Vinken (b) und Dean Kennedy (d) gelandet. Was zu Beginn ja noch irgendwie ganz ok war, liess in der Folge den roten Faden fortlaufend vermissen und schon bald machte sich bei meiner Wenigkeit akute Langeweile breit. Zunehmend fehlte mir auch das melodische Element und was bald einmal und dann gehörig auf den Senkel ging, waren die recht häufigen wie sirenenartigen Screams von Frontgaul Mark. Diese klangen zwar laut und klar, passten jedoch nicht wirklich zur Musik von Damnations Day. Der jedoch tatsächlich etwas besseren Stimmung als zuvor tat dies allerdings keinen Abbruch. Das lag wohl zum einen auch daran, dass die Jungs grundsätzlich sympathisch rüber kamen und zum anderen, dass sie ihre Instrumente untrüglich zu bedienen wussten. Dennoch war ich wohl nicht der einzige Besucher, der nach knappen dreissig Minuten zur Erkenntnis gelangte, dass dieser Support-Slot nicht viel getaugt hat. Mag ja sein, dass die Chose ab Konserve mehr taugt, doch mich holte dieser Auftritt letztlich kaum aus der Lethargie heraus. Zudem wäre es wohl gescheiter gewesen, wenn in der umgekehrten Reihenfolge aufgespielt worden wäre, doch das Management wird für diese Running Order wohl seine triftigen Gründe gehabt haben. Der Band selber, die vermutlich zu ersten Mal überhaupt in der Schweiz aufspielte, dürfte dies ziemlich schnuppe gewesen sein. Früher war das halt noch anders, als mindestens teilweise Headliner aufpassen mussten, dass ihnen aufstrebende Newcomer nicht die Show stahlen. Heutzutage wird das geflissentlich vermieden und nur die allerwenigsten Gruppen bringen es fertig, sowas überhaupt noch zu bewerkstelligen.


Accept
Ich muss gestehen, dass ich nach dem Reunion-Höhenflug eher etwas skeptisch war, denn die Phase des so zu sagen „zweiten“ Comeback-Albums «Stalingrad» liess neben insgesamt leicht schwächerem Songmaterial vor allem durch die massive Live-Präsenz eine gewisse Routine aufkommen. Augenscheinlich war das, für die Schweiz gesprochen, beim letztjährigen Auftritt in der Stadthalle von Dietikon (ZH). Obwohl von der Performance her immer noch Lichtjahre besser als viele andere Bands, wollte der Funke nie richtig überspringen. Mag auch sein, dass der unübersehbare Abmarsch einiger Fans nach Sabaton (etwa ein Drittel fehlte danach!) grundsätzlich auf die Stimmung in der Halle schlug. Vielleicht sollte es einfach an diesem Abend halt nicht so sein, wie sonst. Wer hier allerdings allfällige Ermüdungserscheinungen ortete, wurde in diesem Sommer eines Besseren belehrt. Das vierzehnte Studioalbum «Blind Rage» zeigte abermals, dass der Tank bei Accept noch lange nicht leer ist, im Gegenteil! Der Wendepunkt in der Wahrnehmung folgte dann spätestens in Wacken, wo die deutsche Metal-Ikone einen gnadenlos guten Auftritt hinlegte! Das nährte meine Hoffnung, dass es in Pratteln ähnlich gut werden möge. Nach den unter dem Strich enttäuschenden Vorgruppen musste es nun einfach knallen, und das tat es dann erfreulicherweise auch. Bereits der bärenstarke Opener «Stampede» ab dem neuen Album machte keine Gefangenen, ging ab wie Schmidt’s Katze und brach das Eis gleich in den ersten Minuten. Obwohl nicht ausverkauft, war das Z7 ordentlich bevölkert und die Stimmung einem Metal-Konzert würdig. Mit «Stalingrad» und «Hellfire», zwei der besseren Songs der Vorgängerscheibe, wurde die richtige Betriebstemperatur auf und vor der Bühne erreicht.

Was anschliessend folgte, war einfach nur weltklasse und zeigte keinerlei Nachlassen. Natürlich warfen sich die Buddies Baltes/Hoffmann wieder in die fotogensten Posen, agierte Herman Frank eher im Hintergrund, floss der Schweiss bei Stefan Schwarzmann in Strömen und Mark Tornillo schrie sich die Seele aus dem Leib. Die zunehmend noch schwieriger werdende Bestückung der Setliste durfte als ausgewogen bezeichnet werden. Neben dem neueren Material wurde auch einigen alten Klassikern der Marke «London Leatherboys», «Ahead Of The Pack» oder «Princess Of The Dawn» genug Platz eingeräumt. Mit «Starlight» fand sich dann gar noch ein Track ab der «Breaker»-Scheibe von 1981. Wer eine Setliste von 2012 oder 2013 behändigt, wird feststellen, dass dann halt einige Kracher geopfert werden mussten, was angesichts des weiter angewachsenen Backkataloges nicht weiter verwunderlich ist. Je länger das Konzert andauerte, desto mehr schälte sich heraus, wie gut Accept auch 2014, also über 43 Jahre (!!!) nach der Namenfestlegung, klingen und bestimmt auch im nächsten Jahr nicht nachlassen werden. Es gilt zudem den Platz an der Sonne, der mit dem diesjährigen Chart-Knaller (#1 für «Blind Rage») erklommen wurde, weiterhin zu bestätigen. Der nach wie vor unkaputtbare Kult-Speedster «Fast As A Shark» beendete vorerst den regulären Set, doch einer der Übersongs fehlte selbstverständlich noch und der wird, so lange die Deutschen auf eine Bühne steigen, niemals fehlen: «Balls To The Wall»! Mit diesem Metal-Monument der Sonderklasse ging der aktuelle und hoffentlich nicht letzte Besuch in Pratteln zu Ende. Der heutige Headliner war ein würdiger Gast und zog alle nötigen Register in Sachen Performance, Neuheiten, Klassikern und Hits. Mehr geht nicht!

Setliste: «Stampede» - «Stalingrad» - «Hellfire» - «200 Years» - «Losers And Winners» - «London Leatherboys» - «Starlight» - «Dying Breed» - «Final Journey» - «Shadow Soldiers» - «From The Ashes We Rise» - «Restless And Wild» - «Ahead Of The Pack» - «No Shelter» - «Princess Of The Dawn» - «Dark Side Of My Heart» - «Pandemic» - «Fast As A Shark» -- «Metal Heart» - «Teutonic Terror» - «Balls To The Wall» - «Bound To Fail (Outro)».