“Was lange währt, wird endlich gut” – Auf kaum eine andere
Heavy Metal Band trifft dieses bekannte Sprichwort besser als auf
Accept zu! Obwohl die Charts von damals und heute bezüglich der
relevanten Verkaufsmengen nicht mehr zu vergleichen sind, ist dessen
Bedeutung mindestens psychologisch nicht unerheblich. In der Heimat
wurde das Höchste der Gefühle 1986 mit dem Album «Russian Roulette»
erzielt, als immerhin Platz #5 ergattert werden konnte. Kurz darauf
war dann aber Schicht im Schacht mit Udo Dirkschneider als
Frontmann, der erst wieder in den 90ern zurück kehrte. Musikalisch
war diese Zeit dem weiteren Erfolg allerdings nicht förderlich und
es sollten danach viele Jahre vergehen, ehe 2010 mit «Blood Of The
Nations» das aktuelle Kapitel der Bildgeschichte wieder in die Gänge
kam. Dies jedoch ohne Herr Dirkschneider, der sich fortan lieber auf
seine Solo-Karriere konzentrierte. Sein Ersatz Mark Tornillo (Ex-TT
Quick) stopfte darauf allen Kritikern das Maul ziemlich schnell und
gemeinsam schaffte man heuer die Sensation: «Blind Rage» erklomm
tatsächlich den Thron: #1! Das werden Damnations Day und leider auch
Circle II Circle nicht (mehr) schaffen.
Circle II Circle
Seit den Solo-Anfängen des ehemaligen Savatage-Frontmanns
Zak Stevens sind mittlerweile auch schon über zehn Jahre vergangen
und die ersten gemeinsamen «Edge Of Thorns» Zeiten mit Mastermind
Jon Oliva liegen mehr als zwei Dekaden zurück. Letzterer war
(zusammen mit Sava-Gitarrero Chris Caffery) mindestens zu Beginn von
Circle II Circle der unüberhörbare Mentor und veredelte mit seinen
Beiträgen die ersten beiden Meisterwerke «Watching In Silence»
(2003) und «The Middle Of Nowhere» (2005). Obwohl die späteren Alben
immer noch annähernd gut waren, lebte die Band vor allem vom
sackstarken Lineup, das im Wesentlichen von der Saitenfront mit Andy
Lee (g), Evan Christopher (g) und Paul Stewart (b) getragen wurde.
Dieser Zustand dauerte bis 2009, bis zuerst Evan die Band verliess
und nachher leider auch Andy, Letzterer um 2011 nochmals ein kurzes
Gastspiel zu geben. Seither ging es eigentlich laufend bergab, wenn
auch nur langsam. Die
nachfolgenden
Formationen von Circle II Circle erreichten den früheren Glanz nicht
mehr und das färbte sich zunehmend auch auf die weiteren Alben ab.
Immerhin entstanden in zehn Jahren sieben Studio-Alben und «Seasons
Will Fall» (2013) als erstes Album, das nicht mehr über AFM-Records
erschien, zeigte wieder etwas Aufwärtstrend. Dieses Aufbäumen kommt
aber irgendwie zu spät, denn trotz der akzeptablen Mini-Z7
Headliner-Show sechs Tage zuvor, war heute Abend rein gar nichts
los. Die Halle war längst nicht ausverkauft, aber zu Beginn waren
doch einige Hundertschaften anwesend. Sämtliche Bemühungen von Zak
Stevens und seinen Jungs versandeten und es kam eigentlich nichts
von den Fans zurück. Das tat zumindest mir im Wissen um das
verlorene Potenzial schon weh auf der Seele. An gleicher Stelle war
der gute Zachary (mit Savatage) auch schon vor ausverkauftem Haus
aufgetreten und es war die Hölle los! Heute Abend zündete rein gar
nichts mehr und selbst der Klassiker «Edge Of Thorns» konnte absolut
nichts reissen. Zudem war nicht zu überhören, dass die jetzige
Besetzung, wo nur noch Bassist Paul alias Mitch Stewart (neuerdings
mit Bart) von früher übrig geblieben ist, ebenso keine Glanzpunkte
setzen konnte. Nach etwa 35 Minuten fand das Leiden schliesslich ein
Ende und ob sowas noch Zukunft hat, wird sich weisen.
Damnations Day
Aus Down Under ist man ja eigentlich eher Erdigeres gewohnt, aber
reine Metal Bands gibt es dennoch einige, wenn nicht sogar einen
ganzen Haufen davon. Allerdings sind diese ausserhalb der
Landesgrenzen kaum bekannt. Was Damnations Day aus Geelong angeht,
so hatte ich bisher noch keine Notiz von diesem Quartett genommen.
Das Debüt-Album «Invisible, The Dead» kam im letzten Herbst über
Nightmare Records heraus. Stilistisch werden die Aussies dem Melodic
Heavy Metal zugerechnet, was zumindest auf dem Papier ja schon mal
was her gibt. Ein Ausflug in die Studio-Versionen offenbart dabei
durchaus auch eine progressive Note. Des Weiteren werden ebenso
thrashige Parts ausgemacht und damit wären wir eigentlich mitten in
der doch etwas diffusen Darbietung von Mark Kennedy (v/rhythm g),
Jon King (g), Luke Vinken (b) und Dean Kennedy (d) gelandet. Was zu
Beginn ja noch irgendwie ganz ok war, liess in der Folge den roten
Faden fortlaufend vermissen und schon bald machte sich bei meiner
Wenigkeit akute Langeweile breit. Zunehmend fehlte mir auch das
melodische Element und was bald einmal und dann gehörig auf den
Senkel ging,
waren
die recht häufigen wie sirenenartigen Screams von Frontgaul Mark.
Diese klangen zwar laut und klar, passten jedoch nicht wirklich zur
Musik von Damnations Day. Der jedoch tatsächlich etwas besseren
Stimmung als zuvor tat dies allerdings keinen Abbruch. Das lag wohl
zum einen auch daran, dass die Jungs grundsätzlich sympathisch rüber
kamen und zum anderen, dass sie ihre Instrumente untrüglich zu
bedienen wussten. Dennoch war ich wohl nicht der einzige Besucher,
der nach knappen dreissig Minuten zur Erkenntnis gelangte, dass
dieser Support-Slot nicht viel getaugt hat. Mag ja sein, dass die
Chose ab Konserve mehr taugt, doch mich holte dieser Auftritt
letztlich kaum aus der Lethargie heraus. Zudem wäre es wohl
gescheiter gewesen, wenn in der umgekehrten Reihenfolge aufgespielt
worden wäre, doch das Management wird für diese Running Order wohl
seine triftigen Gründe gehabt haben. Der Band selber, die vermutlich
zu ersten Mal überhaupt in der Schweiz aufspielte, dürfte dies
ziemlich schnuppe gewesen sein. Früher war das halt noch anders, als
mindestens teilweise Headliner aufpassen mussten, dass ihnen
aufstrebende Newcomer nicht die Show stahlen. Heutzutage wird das
geflissentlich vermieden und nur die allerwenigsten Gruppen bringen
es fertig, sowas überhaupt noch zu bewerkstelligen.
Accept
Ich muss gestehen, dass ich nach dem Reunion-Höhenflug eher etwas
skeptisch war, denn die Phase des so zu sagen „zweiten“
Comeback-Albums «Stalingrad» liess neben insgesamt leicht
schwächerem Songmaterial vor allem durch die massive Live-Präsenz
eine gewisse Routine aufkommen. Augenscheinlich war das, für die
Schweiz gesprochen, beim letztjährigen Auftritt in der Stadthalle
von Dietikon (ZH). Obwohl von der Performance her immer noch
Lichtjahre besser als viele andere Bands, wollte der Funke nie
richtig überspringen. Mag auch sein, dass der unübersehbare Abmarsch
einiger Fans nach Sabaton (etwa ein Drittel fehlte danach!)
grundsätzlich auf die Stimmung in der Halle schlug. Vielleicht
sollte es einfach an diesem Abend halt nicht so sein, wie sonst. Wer
hier allerdings allfällige Ermüdungserscheinungen ortete, wurde in
diesem Sommer eines Besseren belehrt. Das vierzehnte Studioalbum
«Blind Rage» zeigte abermals, dass der Tank bei Accept noch lange
nicht leer ist, im Gegenteil! Der Wendepunkt in der Wahrnehmung
folgte dann spätestens in Wacken, wo die deutsche Metal-Ikone einen
gnadenlos guten Auftritt hinlegte! Das nährte meine Hoffnung, dass
es in Pratteln ähnlich gut werden
möge.
Nach den unter dem Strich enttäuschenden Vorgruppen musste es nun
einfach knallen, und das tat es dann erfreulicherweise auch. Bereits
der bärenstarke Opener «Stampede» ab dem neuen Album machte keine
Gefangenen, ging ab wie Schmidt’s Katze und brach das Eis gleich in
den ersten Minuten. Obwohl nicht ausverkauft, war das Z7 ordentlich
bevölkert und die Stimmung einem Metal-Konzert würdig. Mit
«Stalingrad» und «Hellfire», zwei der besseren Songs der
Vorgängerscheibe, wurde die richtige Betriebstemperatur auf und vor
der Bühne erreicht.
Was anschliessend folgte, war einfach nur
weltklasse und zeigte keinerlei Nachlassen. Natürlich warfen sich
die Buddies Baltes/Hoffmann wieder in die fotogensten Posen, agierte
Herman Frank eher im Hintergrund, floss der Schweiss bei Stefan
Schwarzmann in Strömen und Mark Tornillo schrie sich die Seele aus
dem Leib. Die zunehmend noch schwieriger werdende Bestückung der
Setliste durfte als ausgewogen bezeichnet werden. Neben dem neueren
Material
wurde auch einigen alten Klassikern der Marke «London Leatherboys»,
«Ahead Of The Pack» oder «Princess Of The Dawn» genug Platz
eingeräumt. Mit «Starlight» fand sich dann gar noch ein Track ab der
«Breaker»-Scheibe von 1981. Wer eine Setliste von 2012 oder 2013
behändigt, wird feststellen, dass dann halt einige Kracher geopfert
werden mussten, was angesichts des weiter angewachsenen
Backkataloges nicht weiter verwunderlich ist. Je länger das Konzert
andauerte, desto mehr schälte sich heraus, wie gut Accept auch 2014,
also über 43 Jahre (!!!) nach der Namenfestlegung, klingen und
bestimmt auch im nächsten Jahr nicht nachlassen werden. Es gilt
zudem den Platz an der Sonne, der mit dem diesjährigen Chart-Knaller
(#1 für «Blind Rage») erklommen wurde, weiterhin zu bestätigen. Der
nach wie vor unkaputtbare Kult-Speedster «Fast As A Shark» beendete
vorerst den regulären Set, doch einer der Übersongs fehlte
selbstverständlich noch und der wird, so lange die Deutschen auf
eine Bühne steigen, niemals fehlen: «Balls To The Wall»! Mit diesem
Metal-Monument der Sonderklasse ging der aktuelle und hoffentlich
nicht letzte Besuch in Pratteln zu Ende. Der heutige Headliner war
ein würdiger Gast und zog alle nötigen Register in Sachen
Performance, Neuheiten, Klassikern und Hits. Mehr geht nicht!
Setliste: «Stampede» - «Stalingrad» - «Hellfire» - «200 Years» -
«Losers And Winners» - «London Leatherboys» - «Starlight» - «Dying
Breed» - «Final Journey» - «Shadow Soldiers» - «From The Ashes We
Rise» - «Restless And Wild» - «Ahead Of The Pack» - «No Shelter» -
«Princess Of The Dawn» - «Dark Side Of My Heart» - «Pandemic» -
«Fast As A Shark» -- «Metal Heart» - «Teutonic Terror» - «Balls To
The Wall» - «Bound To Fail (Outro)».
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