Livereview: Adorned Brood - Abinchova - Andhimnir - Castleway
20. März 2010, Luzern Sedel
By André G.
Als Rauhnacht werden, dem Brauchtum und der Mythologie nach, die zwölf Nächte zwischen Weihnachten und dem 6. Januar genannt. Diese Tage und Nächte stehen in enger Verbindung mit Ritualen rund um die Tierwelt oder auch Verwandlungen von Menschen zu Tieren. In wie weit sich das mit der von Abinchova organisierten, Rauhnacht verbinden lässt, ist schwer zu sagen. Aber es kann durchaus vorkommen, dass die Besucher sich durch die Musik zu wilden Tieren, die ihre Haare schütteln und laut mitsingen, tanzen und feiern, verwandeln. Freunde des gepflegten Death/Pagan/Folk Metals wussten, was sie erwartete: Mit den Headlinern aus Germanien, sie hören auf den Namen Adorned Brood, war ein Urgestein des Pagan Metals auf der Bühne. Sie verstehen es seit 1993, die Bühnen der Welt zum Beben und Zittern zu bringen. Mit den Organisatoren des Events Abinchova, den relativ unbekannten Andhrimnir und der Combo aus den welschen Bergen Castleway wurde der Reigen komplett gemacht. Die 4 Combos gaben alles, um die Zuschauer zu wilden (positiv gemeint) Tieren mutieren zu lassen. Ein Abend voller rauer Death- und Pagan-Mucke und einem oder auch mehreren Hörnern mit gutem Gerstensaft, was konnte da schon schiefgehen? Man feierte, bis die Sonne einem ins Gesicht schien. In diesem Sinne: horns up!

Castleway

Die Jungs aus dem welschen Landteil spielten ihren ersten Gig etwas weiter weg von zu Hause. Mit acht Bandmitgliedern kam die kleine Stage im Sedel fast an ihre Belastungsgrenze, vom Platz her gesehen sowieso. Mit zehnminütiger Verspätung legte die Band los, und ab dem ersten Akkord stiegen sie voll ein. Da sie sehr viele verschiedene Instrumente mit einbezogen, war sehr schwer, diese in Einklang zu bringen, damit die Songs auch flüssig blieben. Dieses Vorhaben misslang der Combo. Was die Gitarrenarbeit oder auch das Drumming betraf, war es wirklich hammerhart und fett, auch beim Gesang, welcher sehr Death/Black Metal-lastig und richtig schön böse tief war, gab es absolut nichts zu meckern. Leider begann es schon hier, was sich dann wie ein roter Faden durch den Abend zog, nämlich die Tatsache, dass der Sound nicht sehr gut abgemischt aus den Boxen kam. Zeitweise war es ziemlich matschig. Wenn die Jungs die Violine und Flöten beiseite legen und sich vermehrt auf den Death Metal-Bereich in ihren Songs konzentrieren würden, käme das ungeheuer fett rüber. Gerade mit den zwei Sängern konnten sie punkten, der Sound im Allgemeinen konnte einen schon gut zum Bangen animieren. Das sah man auch an den doch ziemlich zahlreich erschienen Zuschauern an, die gut mitmachten. Nach ca. 40 Minuten wurde der letzte von 10 Tracks angespielt, und da holten sie nochmals die ganz tiefen, dunklen Riffs aus den Saiten. Auch die Stimme growlte und sang nochmals auf Teufel komm raus. Es war sicherlich ein guter Gig gewesen, aber wie schon mal erwähnt sollten sie sich mehr auf die harten Elemente konzentrieren.

Andhimnir
Vor ziemlich genau einem Jahr spielten die Jungs und Mädels ihr erstes Konzert, und jetzt, 12 Monate später, war es leider schon an der Zeit, den letzten Gig zu beginnen. „The last supper“, sozusagen. ‚Unser’ Tristan und der Rest der Combo stiegen wirklich fett ein. Ramona stand böse blickend mit Kriegsbemalung hinterm Mikro. Die Überraschung hierbei aber war perfekt, als Ramona ihr gewaltiges Stimmorgan auspackte. Wow, so eine zierliche, eher kleine Frau, und dann das! Das mähte einen einfach nur um. So böse, tiefe Growls, da kann sich manch männlicher Gesangskollege eine Scheibe von abschneiden. Was bei den Vorgängern nicht funktionierte, hatten Andhimnir voll drauf. Die Violine und die Drehleier waren hier absolut im Einklang mit dem Rest der Instrumente. Die Gitarre ergänzte die anderen gut und riffte, was das Zeug hielt. Dazu die Geige, das ergab eine klasse Mischung. Das Drumming knallte seine Beats in den Gehörgang, das es einem in den Nackenmuskeln zu zucken begann. Die Band wusste es, ihre Songs zum Leben zu erwecken. Was auffiel: Sie setzten in ihren Tracks auf wenige Lyrics, dafür umso mehr auf Instrumentalparts. Da zeigten sie ihr harmonisches Zusammenspiel, richtig fett und aufeinander eingespielten jagten sie Song um Song aus den Lautsprechern. Was sicher hier auch besser war, rein auch Memberanzahl-mässig, war das Stage Acting. Mit 5 Personen gab es da auch mehr Platz, der genutzt werden konnte. Auch diese Band wurde gut abgefeiert, und die Haare flogen. Leider hatten auch diese Combo mit dem nicht so prickelnden Sound zu kämpfen, aber auch sonst hatten sie diverse Probleme, speziell mit dem Monitorsound. Mich hatte die Band voll überzeugt, sehr schade, dass es ihr letzter Auftritt gewesen ist. Instrumental wie auch gesanglich einfach ein wirklich satter Gig, mit viel Spielfreude und Energie wurde da zu Werke gegangen. Das war der perfekte Anheizer für die nächsten zwei Bands, welche die Stage noch rocken sollten.

Abinchova
Jetzt kam der Moment, worauf sich der Schreiber dieser Zeilen seit langem gefreut hatte. Die Organisatoren des Abends, Abinchova, machten sich bereit, die Bühne zu stürmen. Ihre Debut-EP hatte mich voll und ganz überzeugt, jetzt war es an der Zeit, zu sehen und zu hören, ob sie das, was auf CD so hammergeil geklungen hat, auch live bringen. Leider auch hier das alte Problem: Der Mix war nicht besonders gut. Man merkte von Beginn weg, dass die Band ein Heimspiel hatte. Der Platz vor der Bühne wurde eng, zahlreiche Headbanger liessen ihre Haare rotieren. Fäuste reckten gen Decke, und die Band zockte ihre 9 Tracks mit viel Freude und liess sich von den Fans anstecken. Die Saiten-Instrumente konnten ihr Spiel, welches auf CD schon sehr überzeugt hatte, auch live voll darbieten. Da war einfach eine Harmonie, die rockte. Das Schlagzeug wurde mit viel Wucht traktiert, man hielt es einfach nicht aus, ohne die Haare zu schütteln. Es kam vor der Bühne sogar zu einem kleinen Circle Pit. Die Tracks der Lokalmatadore kamen live noch härter und brutaler als auf Silberling rüber, die Stimmung wurde von Song zu Song besser und kam dem Siedepunkt schon sehr nahe. Einziger Punkt, der negativ ins Gewicht fiel, war der Gesang. Aber das lag am Mischer: Nora hat sich wohl gar nicht oder nur spärlich gehört, dazu kam, dass ihr Gesang zu weit nach hinten gemischt worden war. Somit war sie zeitweise gar nicht hörbar, und das bei ihrem Hammer Organ, da fehlte dann einfach etwas bei den Songs. Arnaud, der männliche Teil des Gesangs, gab alles, was eventuell auch daran lag, das er vor dem Konzert wohl schon das eine oder andere Glas Gerstensaft genossen hatte. Er brüllte, sang und growlte sich die Seele aus dem Leib. Leider verschluckte er einzelne Zeilen, auch gewisse Wechselspiele mit Nora kamen nicht so tight wie auf Silberling rüber. Aber die Fehlpässe wurden durch wildes Stage Acting und Spass wettgemacht. Wer mit so viel Spass an der Sache rockt, darf sich live auch mal einen Patzer erlauben, das fiel nicht ins Gewicht.

Adorned Brood
Dann war es leider auch schon Zeit für den letzten Act des Abends, sprich den Headliner. Für diese Position konnte niemand Geringerer als die Pagan-Urgesteine aus dem deutschen Nachbarland, Adorned Brood, gewonnen werden. Leider waren die Jungs wohl nicht allen geläufig oder die meisten Zuschauer waren nach den drei ersten Bands schon so ausgepowert, dass sie den Heimweg antraten. Denn als die Germanen auf die Bühne kamen, konnte man die Zuschauer vor der Bühne fast an zwei Händen abzählen. Davon liessen sich so liveerprobte Jungs nicht aus der Fassung bringen und prügelten gleich mit voller Wucht los, was ihnen von den paar verbliebenen Bangern vor der Bühne mit wildem Gebaren und Gebange gedankt wurde. Ihr Sound war nicht so verspielt wie bei den Vorgänger-Bands, aber dafür prügelten sie brutaler und straighter, ohne Rücksicht auf Verluste. Da wurden keine Gefangenen gemacht bei Adorned Brood, man könnte sie beinahe schon näher dem Death Metal-Quartier zuordnen als zum Pagan. Auch sie hatten wieder mit dem Mix zu kämpfen, aber das fiel bei ihrer Musik etwas weniger ins Gewicht. Insbesondere das Drumming gab mit unheimlicher Wucht die Marsch-geschwindigkeit vor, da liessen sich Jan und Thorsten an den sechssaitigen Äxten nicht lumpen und jagten sägende und harte Riffs aus den Boxen. Frontmann Frost mit seinem Bass konnte da ohne Probleme mithalten, mit seinem Instrument half er dem Drumming, den Boden zu zementieren. Sein Gesang war rau und passte hervorragend zum Rest. Keine unnötigen melodischen Ausflüge, sondern straightes Schreien und Brüllen waren die dominierenden Parts. Niklas an den Tasten und Anne, welche die Querflöte bediente, waren eher im Hintergrund als Unterstützung tätig. Die Band motivierte die Zuschauer immer zum Mitmachen, das gelang echt nicht schlecht. Spätestens, als sie Stücke wie „7 Tage“ anstimmte, war der Raum voll dabei. Bei solchen Versionen bekamen so alte Trink-Schlager-Songs doch noch ein Gewand, welches zu gefallen wusste. Bei genanntem Song kam Arnaud von Abinchova auf die Bühne und verteilte den doch ziemlich durstigen Headbangern Bier in rauen Mengen. Das Fazit des Abends kann mit ‚gelungen’ umschrieben werden, auch wenn der gute Herr hinter dem Mischpult definitiv nochmals über die Bücher gehen muss. Vielen Dank nochmals an Arnaud und den Rest von Abinchova für diese Einladung!