Als Rauhnacht werden, dem Brauchtum und der Mythologie nach, die
zwölf Nächte zwischen Weihnachten und dem 6. Januar genannt. Diese
Tage und Nächte stehen in enger Verbindung mit Ritualen rund um die
Tierwelt oder auch Verwandlungen von Menschen zu Tieren. In wie weit
sich das mit der von Abinchova organisierten, Rauhnacht verbinden
lässt, ist schwer zu sagen. Aber es kann durchaus vorkommen, dass
die Besucher sich durch die Musik zu wilden Tieren, die ihre Haare
schütteln und laut mitsingen, tanzen und feiern, verwandeln. Freunde
des gepflegten Death/Pagan/Folk Metals wussten, was sie erwartete:
Mit den Headlinern aus Germanien, sie hören auf den Namen Adorned
Brood, war ein Urgestein des Pagan Metals auf der Bühne. Sie
verstehen es seit 1993, die Bühnen der Welt zum Beben und Zittern zu
bringen. Mit den Organisatoren des Events Abinchova, den relativ
unbekannten Andhrimnir und der Combo aus den welschen Bergen
Castleway wurde der Reigen komplett gemacht. Die 4 Combos gaben
alles, um die Zuschauer zu wilden (positiv gemeint) Tieren mutieren
zu lassen. Ein Abend voller rauer Death- und Pagan-Mucke und einem
oder auch mehreren Hörnern mit gutem Gerstensaft, was konnte da
schon schiefgehen? Man feierte, bis die Sonne einem ins Gesicht
schien. In diesem Sinne: horns up!
Castleway
Die Jungs aus dem welschen Landteil spielten ihren ersten Gig etwas
weiter weg von zu Hause. Mit acht Bandmitgliedern kam die kleine
Stage im Sedel fast an ihre Belastungsgrenze, vom Platz her gesehen
sowieso. Mit zehnminütiger Verspätung legte die Band los, und ab dem
ersten Akkord stiegen sie voll ein. Da sie sehr viele verschiedene
Instrumente mit einbezogen, war sehr schwer, diese in Einklang zu
bringen, damit die Songs auch flüssig blieben. Dieses Vorhaben
misslang der Combo. Was die Gitarrenarbeit oder auch das Drumming
betraf, war es wirklich hammerhart und fett, auch beim Gesang,
welcher sehr Death/Black Metal-lastig und richtig schön böse tief
war, gab es absolut nichts zu meckern. Leider begann es schon hier,
was sich dann wie ein roter Faden durch den Abend zog, nämlich die
Tatsache, dass der Sound nicht sehr gut abgemischt aus den Boxen
kam. Zeitweise war es ziemlich matschig. Wenn die Jungs die Violine
und Flöten beiseite legen und sich vermehrt auf den Death
Metal-Bereich in ihren Songs konzentrieren würden, käme das
ungeheuer fett rüber. Gerade mit den zwei Sängern konnten sie
punkten, der Sound im Allgemeinen konnte einen schon gut zum Bangen
animieren. Das sah man auch an den doch ziemlich zahlreich
erschienen Zuschauern an, die gut mitmachten. Nach ca. 40 Minuten
wurde der letzte von 10 Tracks angespielt, und da holten sie
nochmals die ganz tiefen, dunklen Riffs aus den Saiten. Auch die
Stimme growlte und sang nochmals auf Teufel komm raus. Es war
sicherlich ein guter Gig gewesen, aber wie schon mal erwähnt sollten
sie sich mehr auf die harten Elemente konzentrieren.
Andhimnir
Vor ziemlich genau einem Jahr spielten die Jungs und Mädels ihr
erstes Konzert, und jetzt, 12 Monate später, war es leider schon an
der Zeit, den letzten Gig zu beginnen. „The last supper“, sozusagen.
‚Unser’ Tristan und der Rest der Combo stiegen wirklich fett ein.
Ramona stand böse blickend mit Kriegsbemalung hinterm Mikro. Die
Überraschung hierbei aber war perfekt, als Ramona ihr gewaltiges
Stimmorgan auspackte. Wow, so eine
zierliche, eher kleine Frau, und
dann das! Das mähte einen einfach nur um. So böse, tiefe Growls, da
kann sich manch männlicher Gesangskollege eine Scheibe von
abschneiden. Was bei den Vorgängern nicht funktionierte, hatten
Andhimnir voll drauf. Die Violine und die Drehleier waren hier
absolut im Einklang mit dem Rest der Instrumente. Die Gitarre
ergänzte die anderen gut und riffte, was das Zeug hielt. Dazu die
Geige, das ergab eine klasse Mischung. Das Drumming knallte seine
Beats in den Gehörgang, das es einem in den Nackenmuskeln zu zucken
begann. Die Band wusste es, ihre Songs zum Leben zu erwecken. Was
auffiel: Sie setzten in ihren Tracks auf wenige Lyrics, dafür umso
mehr auf Instrumentalparts. Da zeigten sie ihr harmonisches
Zusammenspiel, richtig fett und aufeinander eingespielten jagten sie
Song um Song aus den Lautsprechern. Was sicher hier auch besser war,
rein auch Memberanzahl-mässig, war das Stage Acting. Mit 5 Personen
gab es da auch mehr Platz, der genutzt werden konnte. Auch diese
Band wurde gut abgefeiert, und die Haare flogen. Leider hatten auch
diese Combo mit dem nicht so prickelnden Sound zu kämpfen, aber auch
sonst hatten sie diverse Probleme, speziell mit dem Monitorsound.
Mich hatte die Band voll überzeugt, sehr schade, dass es ihr letzter
Auftritt gewesen ist. Instrumental wie auch gesanglich einfach ein
wirklich satter Gig, mit viel Spielfreude und Energie wurde da zu
Werke gegangen. Das war der perfekte Anheizer für die nächsten zwei
Bands, welche die Stage noch rocken sollten.
Abinchova
Jetzt kam der Moment, worauf sich der Schreiber dieser Zeilen seit
langem gefreut hatte. Die Organisatoren des Abends, Abinchova,
machten sich bereit, die Bühne zu stürmen. Ihre Debut-EP hatte mich
voll und ganz überzeugt, jetzt war es an der Zeit, zu sehen und zu
hören, ob sie das, was auf CD so hammergeil geklungen hat, auch live
bringen. Leider auch hier das alte Problem: Der Mix war nicht
besonders gut. Man merkte von Beginn weg, dass die Band ein
Heimspiel hatte. Der Platz vor der Bühne wurde eng, zahlreiche Headbanger liessen ihre Haare rotieren. Fäuste reckten gen Decke,
und die Band zockte ihre 9 Tracks mit viel Freude und liess sich von
den Fans anstecken. Die Saiten-Instrumente konnten ihr Spiel,
welches auf CD schon sehr überzeugt hatte, auch live voll darbieten.
Da war einfach eine Harmonie, die rockte. Das Schlagzeug wurde mit
viel Wucht traktiert, man hielt es einfach nicht aus, ohne die Haare
zu schütteln. Es kam vor der Bühne sogar zu einem kleinen Circle Pit.
Die Tracks der Lokalmatadore kamen live noch härter und brutaler als
auf Silberling rüber, die Stimmung wurde von Song zu Song besser und
kam dem Siedepunkt schon sehr nahe. Einziger Punkt, der negativ ins
Gewicht fiel, war der Gesang. Aber das lag am Mischer: Nora hat sich
wohl gar nicht oder nur spärlich gehört, dazu kam, dass ihr Gesang
zu weit nach hinten gemischt worden war. Somit war sie zeitweise gar
nicht hörbar, und das bei ihrem Hammer Organ, da fehlte dann einfach
etwas bei den Songs. Arnaud, der männliche Teil des Gesangs, gab
alles, was eventuell auch daran lag, das er vor dem Konzert wohl
schon das eine oder andere Glas Gerstensaft genossen hatte. Er
brüllte, sang und growlte sich die Seele aus dem Leib. Leider
verschluckte er einzelne Zeilen, auch gewisse Wechselspiele mit Nora
kamen nicht so tight wie auf Silberling rüber. Aber die Fehlpässe
wurden durch wildes Stage Acting und Spass wettgemacht. Wer mit so
viel Spass an der Sache rockt, darf sich live auch mal einen Patzer
erlauben, das fiel nicht ins Gewicht.
Adorned Brood
Dann war es leider auch schon Zeit für den letzten Act des Abends,
sprich den Headliner. Für diese Position konnte niemand Geringerer
als die Pagan-Urgesteine aus dem deutschen Nachbarland, Adorned
Brood, gewonnen werden. Leider waren die Jungs wohl nicht allen
geläufig oder die meisten Zuschauer waren nach den drei ersten Bands
schon so ausgepowert, dass sie den Heimweg antraten. Denn als die
Germanen auf die Bühne kamen, konnte man die Zuschauer vor der Bühne
fast an zwei Händen abzählen. Davon liessen sich so liveerprobte
Jungs nicht aus der Fassung bringen und prügelten gleich mit voller
Wucht los, was ihnen von den paar verbliebenen Bangern vor
der Bühne
mit wildem Gebaren und Gebange gedankt wurde. Ihr Sound war nicht so
verspielt wie bei den Vorgänger-Bands, aber dafür prügelten sie
brutaler und straighter, ohne Rücksicht auf Verluste. Da wurden
keine Gefangenen gemacht bei Adorned Brood, man könnte sie beinahe
schon näher dem Death Metal-Quartier zuordnen als zum Pagan. Auch
sie hatten wieder mit dem Mix zu kämpfen, aber das fiel bei ihrer
Musik etwas weniger ins Gewicht. Insbesondere das Drumming gab mit
unheimlicher Wucht die Marsch-geschwindigkeit vor, da liessen sich
Jan und Thorsten an den sechssaitigen Äxten nicht lumpen und jagten
sägende und harte Riffs aus den Boxen. Frontmann Frost mit seinem
Bass konnte da ohne Probleme mithalten, mit seinem Instrument half
er dem Drumming, den Boden zu zementieren. Sein Gesang war rau und
passte hervorragend zum Rest. Keine unnötigen melodischen Ausflüge,
sondern straightes Schreien und Brüllen waren die dominierenden
Parts. Niklas an den Tasten und Anne, welche die Querflöte bediente,
waren eher im Hintergrund als Unterstützung tätig. Die Band
motivierte die Zuschauer immer zum Mitmachen, das gelang echt nicht
schlecht. Spätestens, als sie Stücke wie „7 Tage“ anstimmte, war der
Raum voll dabei. Bei solchen Versionen bekamen so alte
Trink-Schlager-Songs doch noch ein Gewand, welches zu gefallen
wusste. Bei genanntem Song kam Arnaud von Abinchova auf die Bühne
und verteilte den doch ziemlich durstigen Headbangern Bier in rauen
Mengen. Das Fazit des Abends kann mit ‚gelungen’ umschrieben werden,
auch wenn der gute Herr hinter dem Mischpult definitiv nochmals über
die Bücher gehen muss. Vielen Dank nochmals an Arnaud und den Rest
von Abinchova für diese Einladung!
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