Es ist eine gefährliche Sache, gleich mit der ersten Scheibe
internationalen Erfolg zu haben und von gestern auf heute zum
inoffiziellen Nachkommen einer Legende wie AC/DC ernannt zu werden.
Grosse Erwartungen kommen mit solchen Lobeshymnen einher. Zwar ist
es erst das dritte Album, welches bekanntlich über Ruhm oder Tod
einer Band bestimmt, doch schon Airbourne's Zweitling «No Guts. No
Glory.» wurde mit Spannung erwartet und konnte dabei für viele das
Niveau des gefeierten Debüts «Runnin' Wild» (2007) nicht wirklich
halten. Dennoch war das Volkshaus zu Zürich praktisch ausverkauft,
als das australische Quartett um Gitarrist und Schreihals Joel
O'Keeffe im Rahmen ihrer Weltrundreise Halt machte, um auch den
Schweizern zu zeigen, was man unter der Bezeichnung «Rock mit Eiern»
zu verstehen hat. Mit etwas Schweiss, Alkohol und reichlich
Testosteron wirkten dann auch die neuen Songs alles andere als
substanzlos und Airbourne gaben dem Fan genau das, was er erwartete.
Bevor man sich davon aber überzeugen konnte, galt es zuerst noch
übersteigertes Selbstbewusstsein "Made in Las Vegas" zu überstehen.
(kis)
Taking Dawn
Es ist immer wieder sehr interessant, wenn nach einer CD-Review
einer mir (und anderen) zuvor unbekannten Band auch gleich dessen
Live-Debüt in unserem Land ansteht. So geschehen bei den vier
Burschen aus der Spielerstadt Las Vegas, die heute Abend für
Airbourne eröffnen durften. Die soweit ansprechende Vorlage des
Tonträgers schraubte die Erwartungen schon mal in schwindelerregende
Höhen. Ich fragte mich echt, ob die Jungspunde fähig sind, diesen
glatt polierten Super-Sound ihres Erstlings auch nur annähernd auf
die Bühne zu bringen, denn zu Szene-Grössen wie Nickelback besteht
noch ein ziemlich grosser Abstand. Dass dem wirklich so ist, wurde
einem schon bald einmal klar, denn trotz der rotzfrechen Attitüde
wurde mit ziemlich aufgesetztem Gebaren agiert. Vor allem
Sänger/Gitarrist Chris Babbitt schien wie auf Crack zu sein und
glaubte allen Ernstes, er sei mindestens so cool wie Ex-Skid Row
Frontsau Sebastian Bach. Doch dieser Schuss ging gewaltig nach
hinten los! Der Rest der Truppe kam zwar deutlich sympathi- scher
rüber, aber erstaunlicherweise offenbarte vor allem Leadgitarrist
Mikey Cross einige Mühe, seine Licks fehlerfrei runter zu zocken.
Die Rhythmus-Abteilung mit Bassist Andrew Cushing und Drummer Alan Doucette gefiel da schon besser und wenn mindestens etwas
Lobenswertes zu erwähnen ist, dann waren es die töften
Backing-Vocals aller Musiker, die bereits auf dem Tonträger positiv
auffielen. Des Weiteren wirkten die Songs halt ziemlich gleichförmig
und mangels griffiger Melody-Lines blieb kaum was hängen. Ein
Umstand, der die Spreu sofort vom Weizen trennt. Das Publikum machte
eher gute Miene zum bösen Spiel, doch das nervöse Getue und
Rumgehample von Frontkasper Babbitt wirkte je länger, je
lächerlicher. Die meisten Ansagen und Sing-a-longs verpufften im
Nichts. Die Amis verkauften sich in Anbetracht der zumindest
aufnahmetechnisch brillanten CD «Time To Burn» unter dem Strich
ziemlich schlecht. Darum war auch kaum jemand traurig, als sich der
überwiegend dürftige Support des Abends nach gut einer halben Stunde
wieder vom Acker machte. (rsl)
Airbourne
Hatte man den plastikschillernden Las Vegas Strip endlich hinter
sich gelassen, dauerte es die übliche halbe Stunde, gefüllt mit im
Volkshaus eben so lange dauerndem Bierholen, bis das Licht unter
Johlen und begleitet vom wohlbekannten «Terminator»-Intro diesmal in
Australien wieder anging. Erinnert man sich zurück an den letzten,
schweisstreibenden Auftritt der Aussies in der Schweiz im
Rohstofflager, so war das Erste, was einem auffiel, die
vergleichsweise grosse Bühne. Bestückt mit der obligatorischen
Marshall-Verstärker-Wand und einem Banner mit ausscherenden Trucks
drauf war die perfekte Kulisse gegeben für eine solide Rock-Show,
welche mit «Raise The Flag» vom neuen Album «No Guts. No Glory.»
eingeleitet. Ob es daran lag, dass der Bandzweitling gerade mal seit
zwei Wochen über den Ladentisch ging oder der Song eher nur von
durchschnittlicher Qualität ist, für das Publikum schien die Show
erst mit dem nachfolgenden «Hellfire» richtig loszugehen. Ob bei
neuen Nummern wie «Chewin' The Fat» oder schon bekannten Songs der
Marke «Diamond In The Rust», Airbourne machten keine Gefangenen und
boten auf der Bühne genau dasjenige Bild, welches die Fans sehen
wollten: Basser Justin Street bangend am linken, als Pendant
Klampfer David Roads am rechten Bühnenrand, beide angetrieben vom
strammen Drumming Ryan O'Keeffe's und dazu natürlich Front-Pilot
Joel mit feuchtem Brusthaar und einem solchen Überschuss an
Testosteron, dass die Girlies in der ersten Reihe (mutmasslich)
Gefahr liefen, geschlechtsumgewandelt zu werden. Vier Jungs vom Pub
um die Ecke, welche gerade
so gut auch im Publikum hätten stehen
können; das ist der Charme, den Airbourne ausmacht und der trotz
eindrücklicher Lightshow und wechselnder Banner auch an diesem Abend
wieder rüberkam.
«Blonde, Black And Beautiful» oder auch «Get Busy Livin'» machten
indes klar, dass auch das Album Nr. 2 seine Hits aufweisen kann,
welche zukünftig wohl in keinem Live-Set mehr fehlen werden, auch
wenn Smasher wie «What's Eatin' You», «Cheap Wine & Cheaper Women» und
«Girls In Black» deutlich stürmischer mitgesungen und -geklatscht
wurden. Bei Letzterem war dann für Joel auch die Zeit wieder
gekommen während dem Solo zu verschwinden, um plötzlich auf dem
Mischpult wieder aufzutauchen und dann in bester Angus Young-Manier
solierend durchs Publikum zu rennen. Ist zwar nicht mehr neu der Gag,
aber immer wieder sympathisch, was auch die euphorischen Reaktionen
der Fans bezeugten. Die Verschnaufpause in Form der etwas lockereren
aktuellen Single «No Way But The Hard Way» mit seinem eingängigen
Refrain kam gerade recht. Mit «Heartbreaker» wurde aber gleich wieder
angezogen und es war der fulminante Gröhl-Stampfer «Too Much, Too
Young, Too Fast», welcher das reguläre Set unter tosendem Applaus
beendete. Die «Airbourne»-Chöre, welche darauf folgten, waren
vorprogrammiert, genauso wie das baldige Wiedererscheinen des
Quartetts. «Runnin' Wild», der Titel der ersten Zugabe, wurde dabei
wortwörtlich in die Tat umgesetzt: vier Durchgeknallte von Down Under auf der Bühne vor einem tobenden Mob, allesamt zusammen gleich
verschwitzt. Die Gitarren kreischen, die Drums knallen zusammen mit
dem Bass, das ist Rock'n'Roll, für welchen man gerne aufsteht.
«Stand Up For Rock'n'Roll» muss so von Joel O'Keeffe gar nicht erst
gefordert werden, auch so werden Hände in die Höhe gerückt was das
Zeug hält, ob nun der Herr O'Keeffe einem mit Bier aus der
aufgeschlagenen Dose noch stärker durchnässt als man sowieso schon
ist. Damit dann letzten Endes gar kein mehr Gras bzw. keine Häärchen
mehr in den Gehörgängen wachsen, gab es zum Ende hin noch eine
Abrissbirne in Form des schnellen «Blackjack» und fertig war eine
homogene, vor Kraft strotzende Rock-Show, wie man sie von
international erfolgreichen Bands nur noch selten zu Gesicht, bzw.
Ohren bekommt. Vielleicht ist es nicht nur das dritte Album, welches
darüber entscheidet, wie die Zukunft einer Band aussehen wird,
sondern auch der Moment, in welchem eine Truppe vom kleinen,
heimeligen Club in eine grössere Location wechselt. Wäre dem so,
dann hätten Airbourne mit ihrer straighten Show im Volkshaus diesen
Prüfstein auf jeden Fall bestanden, auch wenn O'Keeffe nach wie vor
nur selten mehr als zwei Sätze zum Publikum schrie. Die
Warm-up-Party zum Sonisphere-Festival, an welchem Airbourne den
Headliner geben werden, ist als Pflichttermin jedenfalls schon dick
angestrichen im Kalender. (kis)
Setlist: «Raise The Flag» - «Hellfire» - «Chewin' The Fat» -
«Diamond In The Rough» - «Blonde, Bad and Beautiful» - «Get Busy
Livin'» - «Girls In Black» - «What's Eatin' You» - «Born To Kill» -
«Cheap Wine & Cheaper Women» - «No Way But The Hard Way» - «Heartbreaker»
- «Too Much, Too Young, Too Fast» -- «Runnin' Wild» - «Stand Up For
Rock'n'Roll» - «Blackjack».
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