Für den Otto-Normalverbraucher sind AC/DC ohne Zweifel Australier
und werden es auch immer bleiben. Fakt ist aber, dass die
Young-Brüder und auch Bon Scott gebürtige Schotten und die anderen
zwei, also die Herren Williams und Johnson, Briten
sind. Der einzige echte Aussie ist
Schlagzeuger Phil Rudd.
Solche historischen Begebenheiten gehen den vier Rabauken von
Airbourne aus der Hafenstadt Warrnambool am Allerwertesten vorbei,
denn sie sind beheimatete und nicht eingewanderte Australier.
Dennoch transportieren sie den Sound ihrer musikalischen Überväter
seit ein paar Jahren in ihrer eigentümlichen wie ungestümen Weise in
die Welt hinaus und das recht erfolgreich. Bedingt durch exzessive
Tourneen war man bald einmal in aller Munde und die überaus
energetische Form ihrer Auftritte ist längst zum Markenzeichen
geworden. Im Vordergrund steht dabei Leadsänger und Gitarrist Joel
O'Keeffe, dessen schrilles Organ und das wilde Spiel das
Aushängeschild von Airbourne geworden sind. Seit 2007 sind drei Alben
erschienen, die nebst einigen Singles auch ein paar kultige Videos
abgeworfen haben. Die aktuelle Tournee stand im Zeichen des neuen
Album «Black Dog Barking», das die Linie des Debüts etwas verlassen
hat, aber immer noch unverkennbaren Sound liefert. Mit im
Tour-Billing standen die Briten namens Black Spiders und Corroded
aus Schweden.
Corroded
Bald ist eine Dekade verstrichen, seit sich die vier Schweden
nach gemeinsamem Jammen dachten, dass es nun Zeit sei, eine Band zu
gründen. Inspiriert vom Rock der 70er wollte man dem Ganzen noch
einen leicht modernen Touch verpassen, und so wurden Corroded aus der
Taufe gehoben. In den ersten Jahren wurde vor allem die Heimat mit
vielen Konzerten abgegrast, wodurch man sie in unseren Breitengraden
nicht wirklich wahr genommen hat. Support-Slots für Avenged
Sevenfold und Stone Sour steigerten darauf den Bekanntheitsgrad. Mir
waren sie zuvor kein Begriff und so liess ich mich zuerst einmal von
der Optik her leiten, die von den Kutten und den zahlreichen Tattoos
her eher was von einer Biker-Band ausstrahlte. Sänger/Gitarrist Jens
Westin trug dazu noch einen Bart und sah, wie weitere seiner
Kollegen, schon ein wenig verwegen aus. Soundmässig ging es dann als
Opener ab 19.45 Uhr jedoch in eine andere Richtung. Grundsätzlich
spielte das Quintett in der Tat den selbst definierten Stil Heavy
Aggressive Rock. Interessant war dabei die
Tatsache, dass die Liveversionen um einiges ruppiger und sperriger klangen als das, was
studiomässig auf den bisher drei veröffentlichten Longplayern
verbraten wurde. Hier regiert ein gleichzeitig wuchtiger wie etwas
polierter Rocksound, der sich im Fahrwasser von Disturbed, den alten
harten Nickelback und P.O.D. bewegt. Vor allem der Gesang von Jens
Westin erinnert stark an Nickelback-Fronter Chad Kroeger. Dazu
kommen dezente Synthiesprengsel, die heute Abend ab Band gespielt,
wenn überhaupt, nicht zur Geltung kamen. Dadurch wirkten die Songs
rauer als ab Konserve. Dies auch, weil die an sich zahlreichen
melodischen Arrangements ebenso unter gingen. So blieb unter dem
Strich zwar eine bemüht aufspielende Truppe, die das Publikum aber
nicht sonderlich hinter dem Ofen hervor zu locken vermochte. Hier
lohnt es sich wirklich, sich eingehend mit den Tonträgern zu
befassen, denn diese zeigen deutlich mehr, als Corroded in der Rolle
als erster Anheizer während vierzig Minuten imstande waren zu
zeigen.
Black Spiders
Die Briten aus Sheffield waren da mit ihrem Kick Ass Rock'n'Roll
aus ganz anderem Holz geschnitzt und eigentlich bereits ab dem
ersten Riff ging die Post ordentlich ab. Schon nach kürzester Zeit
hatte Frontmann und Gitarrist Pete Spiby die Meute im Sack und
dirigierte sie spielend durch den zweiten Support-Gig. Obwohl erst
2008 gegründet, existieren bereits sechs Longplayer (!) der
schwarzen Spinnen, wovon man für die maximal zur Verfügung stehende
Zeit von einer Dreiviertelstunde eine entsprechende Wahl treffen
musste. Diese fiel auf jeden Fall gut aus, denn es groovte an allen
Ecken und Enden wie Anton. Die Band wirkte um einiges spritziger als
ihre Vorgänger und entfachte einen überaus passablen Flächenbrand,
der allerdings durch in meinen Augen zu langfädiges Rumsülzen auch
ohne den gedanklich eingesetzten Feuerlöscher immer wieder ein- oder
besser ausgebremst wurde. Dazwischen wurde jedoch heftig gerockt,
und wie! Für mich war das allerdings nicht das erste
Aufeinandertreffen, da sie sich 2008 im Zürcher
Rohstofflager als Anheizer des heutigen Headliners bereits keine Blösse gaben. Im
Stoner Rock Schmelztiegel der Szene-Grössen wie Black Sabbath,
Motörhead und den Gunners verfügten die schwarzen Spinnen über
genügend Rotz und Power, um die Chose richtig anzuschieben. Dazu
standen Mr. Spiby einsatzfreudige Kollegen wie Andrew Lister und
Mark Thomas an den sechssaitigen Klampfen, sowie das
Rhythmus-Gespann Adam Irwin (b) und Si Atkinson (d) zur Seite. Die
Songs waren eingängiger, so zu sagen tanzbarer als zuvor und genau
das wollte man ja mit dem gut gelaunten Publikum veranstalten,
nämlich eine richtige Rock'n'Roll-Party. Dieses liess sich, wie
gesagt, voll darauf ein und veranstaltete ein veritables
Durcheinander. Das war offenbar ganz nach dem Geschmack der Band,
die deswegen ihre Linie konsequent durchzog und keinen Millimeter
davon abwich. So hatte ich als etwas weiter hinten stehender
Beobachter dennoch das Gefühl, ein aktiver Teil dieser
Rock'n'Roll-Party zu sein. Besser konnten die Fans für den Headliner
nicht aufgeheizt werden. Leider war dann nach 45 anregenden Minuten
plötzlich Schicht im Schacht, doch angesichts der Menge an
getragenen Tour-Shirts der noch ausstehenden Aussies war klar, wer
heute Abend das Rennen machen wird.
Airbourne
Nachdem Joel O'Keeffe (v/g), Justin Street (b/v), David Roads
(g/v) und Ryan O'Keeffe (d) sich im Vorfeld des neuen Albums gefühlt
länger nicht mehr wirklich auf den Bühnen der Welt bemerkbar gemacht
hatten, lag es nun an ihnen, der erwarteten Rolle gerecht zu werden.
Dies hätte eigentlich bei ausverkauftem Haus notabene ein Leichtes
sein müssen und so kam es denn auch. Kaum stürmten Airbourne um
21.45 Uhr die Bühne, brannte der Laden schon! Joels Stimmbänder
waren gut geölt und die Riffs kamen ohne Unterbruch. Dazu fetzte er
wie von der Tarantel gestochen unentwegt über die ganze Bühne, was
man ja schon seit einiger Zeit so gesehen hatte. Als Opener wurde
gleich «Ready To Rock» vom neuen Longplayer gewählt, wo der
auffällige hymnische Mitsingpart schon das Zeug zu einem Klassiker
für die Zukunft offenbarte. Es folgten dann umgehend auf dem Fusse «Too
Much, Too Young, Too Fast» und «Girls In Black» vom legendären
Debüt. Bereits jetzt waren die Protagonisten schon ordentlich
durchgeschwitzt und halbwegs auf Betriebstemperatur. Was in diesem
Zusammenhang immer wieder überrascht, ist das stets heftige Windmühlen-Headbangen
von Bassist Justin Street! Ich habe keine Ahnung, wie der Junge
das auf jeweils einer ganzen Tour konstant so
durchziehen kann. Vielleicht sollte er sich einmal mit Ex-Metallica
Tieftöner Jason Newsted treffen, denn der würde ihm dann schon
berichten, wie der Körper, sprich die Halswirbel diese Tortur eines
Tages nicht mehr mitmachen. Doch was solls, der Kerl ist noch jung
und steckt voll im Saft. Dies kann man weitgehend von den neuen
Songs auch sagen, doch es gibt auch einige Stimmen, die bereits das
kreative Ende der Australier ausmachen wollen. Insgesamt fügt sich
das frische Material jedoch recht gut zum alten hin. Wer schon ein paar
Shows von Airbourne gesehen hat, wird das gegen den Kopf schlagen
von einigen (präparierten) Bierdosen mittlerweile als eher langsam
peinlich und aufgesetzt empfinden. Der guten Stimmung tat das
natürlich keinen Abbruch, im Gegenteil, und so kam es denn auch
wieder, dass Joel, dazu wild solierend und auf den Schultern eines
Roadies sitzend, seine Runden im Publikum drehte. Das tat er dann
unten im Foyer, wie oben auf dem Balkon. Mitten im Set, im Gegensatz
zu anderen Konzerten dieser Tour, gelangte in Zürich auf das Zurufen
eines Fans hin der Video-Song «Blonde, Bad And Beautiful» zur
Aufführung. Damit wurde der Set auf erfreuliche neunzig Minuten
ausgedehnt, was im Falle der schweisstreibenden Show nicht zwingend
erwartet werden konnte. Insgesamt war das Ganze früher schon noch
einen Zacken heftiger, aber die Zeit wird es zeigen, wer das Rennen
machen wird. Die Konkurrenz ist zahlreich und äusserst aktiv zur
Zeit.
Setliste: «Ready To Rock» - «Too Much, Too Young, Too Fast» - «Girls
In Black» - «Back In The Game» - «Diamond In The Rough» - «Blonde,
Bad And Beautiful (wished by someone from the audience) » - «Black
Dog Barking» - «Cheap Wine & Cheaper Women» - «No Way But The Hard
Way» - «Stand Up For Rock'n'Roll» -- «Live It Up» - «Guitar Solo
Joel» - «Raise The Flag» - «Runnin' Wild».
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