Der Welt grösster, respektive bekanntester Schockrocker im
Zürcher Volkshaus? Das gab es mindestens schon einmal und zwar im
Sommer 1997, als Alice Cooper allerdings ohne jegliches
Bühnenzubehör nach Zürich kam und der Auftritt deswegen ganz im
Zeichen der Musik stand. Es war mitunter eines der mitreissendsten
Konzerte, das jemals dort stattgefunden hat. Meine Erinnerungen
daran sind seither begleitet von purer Freude und Begeisterung. Das
war freilich vor dreizehn Jahren (!) und seither ist wieder viel
Wasser die Limmat runter geflossen. In dieser Zeit entstanden einige
Alben, die mehrheitlich ganz ordentlich bis gut ausgefallen sind.
Der aktuelle Release heisst «Along Came A Spider» und ist 2008
erschienen. Auch wenn die glorreiche Zeit der kommerziell
erfolgreichen Hits wie «Poison» vorbei ist, kann Pfarrerssohn
Vincent Furnier immer noch überzeugen und auf Tour nach wie vor aus
dem Vollen schöpfen. Ob das die Schweizer Vorband Kharma auch tat,
konnte an diesen Abend zweifelsfrei festgestellt werden. Das letzte
Mal sah ich sie als Support von Whitesnake. (rsl)
Kharma
"Man müsse sich längst nichts mehr beweisen" ist auf der Homepage
der Ostschweizer Melodic Power Rocker nachzulesen und damit sind im
Wesentlichen die alten Zeiten von Satrox gemeint, also mit der Band,
wo Sänger Werner Schweizer und Keyboarder Dani Schärz vor zwei
Dekaden zumindest in der Heimat einen beachtlichen Erfolg einfahren
konnten. Seit 2004 segelt man unter dem Namen Kharma und hat 2008
mit «Between The Lines» ein töftes, aktuell bei Cede.ch bereits
vergriffenes Album veröffentlicht. Im Publikum waren Zuschauer aller
erdenklichen Altersklassen auszumachen. Alice mobilisiert sie
einfach alle, aber der Name des Supports war wohl längst nicht allen
Leuten ein Begriff. Ich wurde vor dem Konzert auch von jemandem
gefragt, wer denn der Anheizer sei. Als ich den Namen der Combo
nannte, kam nur ein "Aha, kenn ich nicht" zurück. Na ja, Kharma aus
dem Rheintal sind allesamt gestandene und erfahrene Musiker, die
einfach dem Spass wegen miteinander musizieren und damit ihrer
Leidenschaft frönen. Von der musikalischen Ausrichtung her hat sich
zu damals eher wenig verändert. Sehr melodische, klassische Hardrock
Songs werden einem von der Band geboten. Auch an diesem Abend
zeigten sie
eine solide, sattelfeste Show. Mit viel Freude agierten
sie auf der doch sehr begrenzt Platz bietenden Bühne. Sie zockten
einen Melodic Rocker nach den anderen runter. Werner versuchte dabei
immer wieder, die Zuschauer zum Mitmachen zu animieren, doch ausser
höflichem Applaus kam da nicht viel zurück. Klar, erstens waren ihre
Songs den Wenigsten geläufig und zweitens warteten eh alle nur auf
den Altmeister Alice Cooper. Da konnten Kharma nicht viel anderes
tun als routiniert zu rocken und damit die Lauscher der Leute im
ausverkauften Volkshaus aufzuwärmen. Der Lautstärke Pegel war meiner
Meinung nach auch etwas zu hoch, was dem Klang der Stücke nicht
wirklich dienlich war. Zeitweise wummerte die Mucke mehr als dass
sie klang. Auch das Mikro hatte hin und wieder mal ganz kurze
Aussetzer. Fazit des Auftritts der Rheintaler: Sicher, solide aber
nicht wirklich weltbewegend. (and)
Alice Cooper
Auch wenn der Horror-Altmeister an anderer Stelle in der gleichen
Stadt das Hallenstadion nicht mehr auszuverkaufen imstande ist, so
zeugte heute Abend aber ein ausverkauftes Volkshaus davon, dass das
grundsätzliche Interesse immer noch da ist. Zudem gibt es ja frische
und junge Fans, die Alice Cooper noch nie zuvor gesehen haben und
schon alleine dieser Umstand führte dazu, dass das aktuelle Publikum
altersmässig ziemlich bunt gemischt ist. Der letzte Besuch in dieser
Schweizer Konzert-Kultstätte liegt, wie im Vorspann erwähnt, schon
eine Weile zurück. Heuer, im Gegensatz zu damals, hat Mr. Cooper
aber wieder einen guten Teil seiner legendären Bühnenshow mit dabei.
Er würde somit wieder "ein paar Tode erleiden", wie man das (als
Altfan) ja mittlerweile bestens kennt. Dazu gehören mit Sicherheit
die weisse Zwangsjacke und die Guillotine, ergänzt um ein paar
weitere Gimmicks sowie eine zusätzliche, entsprechend eingekleidete
Bühnen-Crew. Zum Auftakt fiel Alice gleich mal mit der Tür ins Haus
und zelebrierte mit kräftigem Gedöns just einen seinen grössten Hits
als Opener: «School's Out»! Somit stand die Hütte schon Kopf und
kaum jemand dürfte sich zu diesem Zeitpunkt noch an Kharma erinnert
haben, womit umgehend der Kern der Sache angesprochen wird...,
nämlich Hits! Davon hatte Alice Cooper heute Abend natürlich eine
ganze Latte am Start. Es folgten «No More Mr. Nice Guy» und I'm
Eighteen», die vom Zürcher Publikum bereits frenetisch mitgesungen
wurden. Der Sound war dabei ganz
ordentlich und die Musiker, nämlich Keri Kelly (g), Damon Johnson (g), Chuck Garric (b) und Jimmy
DeGrasso (g) sehr druckvoll und agil in ihrem Spiel. Des Weiteren
war stets Betrieb auf der Bühne, weil ja diverse Leute dem armen
Alice ständig nach dem Leben trachteten. Zum einen war da eine
übereifrige wie gleichermassen durchgeknallte Krankenschwester
laufend am Werk und sonst noch ein paar verwegene, dunkle Gestalten.
Die Tour heisst ja sinngemäss «Theatre Of Death», wovon es ja
bereits einen offiziellen Live-Release (CD & DVD) gibt. Die
gespielten Songs sind bis auf wenige Ausnahmen wie «Wicked Young
Man» von «Brutal Planet» (2000), «Dirty Diamonds» vom gleichnamigen
2005er Album oder «Vengeance Is Mine» von «Along Came A Spider»
(2008) vor allem aus den 70ern. Die 80er werden dabei eigentlich
geflissentlich ausgeklammert und aus den 90ern stammen eben die
Überhits «Poison» sowie «Feed My Frankenstein». Einmal mehr wurde
das Publikum daran erinnert, welche Klasse Alice Cooper selber
besitzt und diejenigen Songschreiber-Genies/Produzenten wie Bob
Ezrin oder Desmond Child, die ihm das richtige Material zur
Verfügung stellten, respektive zur passenden Interpretation
ablieferten. Darum wurde der mitreissende Hitreigen lautstark
abgefeiert und der Sohn eines Pfarrers zeigte sich sichtlich erfreut
über diese Reaktionen. Wenn es denn einen Punkt zur Kritik gegeben
hat, dann höchstens der, dass die zahlreichen Theatereinlagen mit
den entsprechenden Requisiten im Galopp vorgeführt wurden. Etwas
mehr Musse und Theatralik hätte dem Ganzen noch das Sahnehäubchen
verliehen. Insgesamt war es aber eine ansprechende, temporeiche Show
und die Songs standen eh für sich. Gesanglich wusste Herr Furnier
während gut 85 Minuten auf jeden Fall zu glänzen, auch wenn der eine
oder andere, wacklige (Gesangs-) Ton mit dabei war. Dass die letzte
Zugabe schliesslich dem Opener entsprach, sieht/hört man auch nicht
alle Tage, doch die Kurzversion zu Beginn wurde mit einer furiosen,
"extended" Version im infernalischen Jubel der Fans pulverisiert!
Mir persönlich fehlte an diesem geilen Konzertabend bloss «Welcome
To My Nightmare». Wie nun ganz aktuell vermeldet wurde, wird das
«Theatre Of Death» beim nächstjährigen «Sonisphere Festival» in
Basel (24.06.11) zu einer weiteren Aufführung gelangen. Wer also
heuer in Zürich nicht dabei war, kriegt 2011 die nächste Chance, die
man sich nicht entgehen lassen sollte! (rsl)
Setliste: «Intro/School's Out» - «No More Mr. Nice Guy» - «I'm
Eighteen» - «Wicked Young Man» - «Ballad Of Dwight Fry» - «Go To
Hell» - «Cold Ethyl» - «Poison» - «From The Inside» - «Nurse Rozetta»
- «Be My Lover» - «Only Women Bleed» - «I Never Cry» - «Black Widow
Jam» - «Vengeance Is Mine» - «Dirty Diamonds» - «Billion Dollar
Babies» - «Killer» - «I Love The Dead» - «Feed My Frankenstein» - «Under
My Wheels» -- «Elected» - «School's Out».
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