Livereview: Alice Cooper - Kharma
17. November 2010, Zürich - Volkshaus
By André G. (and) & Rockslave (rsl) - All Pics by André G.
Der Welt grösster, respektive bekanntester Schockrocker im Zürcher Volkshaus? Das gab es mindestens schon einmal und zwar im Sommer 1997, als Alice Cooper allerdings ohne jegliches Bühnenzubehör nach Zürich kam und der Auftritt deswegen ganz im Zeichen der Musik stand. Es war mitunter eines der mitreissendsten Konzerte, das jemals dort stattgefunden hat. Meine Erinnerungen daran sind seither begleitet von purer Freude und Begeisterung. Das war freilich vor dreizehn Jahren (!) und seither ist wieder viel Wasser die Limmat runter geflossen. In dieser Zeit entstanden einige Alben, die mehrheitlich ganz ordentlich bis gut ausgefallen sind. Der aktuelle Release heisst «Along Came A Spider» und ist 2008 erschienen. Auch wenn die glorreiche Zeit der kommerziell erfolgreichen Hits wie «Poison» vorbei ist, kann Pfarrerssohn Vincent Furnier immer noch überzeugen und auf Tour nach wie vor aus dem Vollen schöpfen. Ob das die Schweizer Vorband Kharma auch tat, konnte an diesen Abend zweifelsfrei festgestellt werden. Das letzte Mal sah ich sie als Support von Whitesnake. (rsl)

Kharma

"Man müsse sich längst nichts mehr beweisen" ist auf der Homepage der Ostschweizer Melodic Power Rocker nachzulesen und damit sind im Wesentlichen die alten Zeiten von Satrox gemeint, also mit der Band, wo Sänger Werner Schweizer und Keyboarder Dani Schärz vor zwei Dekaden zumindest in der Heimat einen beachtlichen Erfolg einfahren konnten. Seit 2004 segelt man unter dem Namen Kharma und hat 2008 mit «Between The Lines» ein töftes, aktuell bei Cede.ch bereits vergriffenes Album veröffentlicht. Im Publikum waren Zuschauer aller erdenklichen Altersklassen auszumachen. Alice mobilisiert sie einfach alle, aber der Name des Supports war wohl längst nicht allen Leuten ein Begriff. Ich wurde vor dem Konzert auch von jemandem gefragt, wer denn der Anheizer sei. Als ich den Namen der Combo nannte, kam nur ein "Aha, kenn ich nicht" zurück. Na ja, Kharma aus dem Rheintal sind allesamt gestandene und erfahrene Musiker, die einfach dem Spass wegen miteinander musizieren und damit ihrer Leidenschaft frönen. Von der musikalischen Ausrichtung her hat sich zu damals eher wenig verändert. Sehr melodische, klassische Hardrock Songs werden einem von der Band geboten. Auch an diesem Abend zeigten sie eine solide, sattelfeste Show. Mit viel Freude agierten sie auf der doch sehr begrenzt Platz bietenden Bühne. Sie zockten einen Melodic Rocker nach den anderen runter. Werner versuchte dabei immer wieder, die Zuschauer zum Mitmachen zu animieren, doch ausser höflichem Applaus kam da nicht viel zurück. Klar, erstens waren ihre Songs den Wenigsten geläufig und zweitens warteten eh alle nur auf den Altmeister Alice Cooper. Da konnten Kharma nicht viel anderes tun als routiniert zu rocken und damit die Lauscher der Leute im ausverkauften Volkshaus aufzuwärmen. Der Lautstärke Pegel war meiner Meinung nach auch etwas zu hoch, was dem Klang der Stücke nicht wirklich dienlich war. Zeitweise wummerte die Mucke mehr als dass sie klang. Auch das Mikro hatte hin und wieder mal ganz kurze Aussetzer. Fazit des Auftritts der Rheintaler: Sicher, solide aber nicht wirklich weltbewegend. (and)


Alice Cooper
Auch wenn der Horror-Altmeister an anderer Stelle in der gleichen Stadt das Hallenstadion nicht mehr auszuverkaufen imstande ist, so zeugte heute Abend aber ein ausverkauftes Volkshaus davon, dass das grundsätzliche Interesse immer noch da ist. Zudem gibt es ja frische und junge Fans, die Alice Cooper noch nie zuvor gesehen haben und schon alleine dieser Umstand führte dazu, dass das aktuelle Publikum altersmässig ziemlich bunt gemischt ist. Der letzte Besuch in dieser Schweizer Konzert-Kultstätte liegt, wie im Vorspann erwähnt, schon eine Weile zurück. Heuer, im Gegensatz zu damals, hat Mr. Cooper aber wieder einen guten Teil seiner legendären Bühnenshow mit dabei. Er würde somit wieder "ein paar Tode erleiden", wie man das (als Altfan) ja mittlerweile bestens kennt. Dazu gehören mit Sicherheit die weisse Zwangsjacke und die Guillotine, ergänzt um ein paar weitere Gimmicks sowie eine zusätzliche, entsprechend eingekleidete Bühnen-Crew. Zum Auftakt fiel Alice gleich mal mit der Tür ins Haus und zelebrierte mit kräftigem Gedöns just einen seinen grössten Hits als Opener: «School's Out»! Somit stand die Hütte schon Kopf und kaum jemand dürfte sich zu diesem Zeitpunkt noch an Kharma erinnert haben, womit umgehend der Kern der Sache angesprochen wird..., nämlich Hits! Davon hatte Alice Cooper heute Abend natürlich eine ganze Latte am Start. Es folgten «No More Mr. Nice Guy» und I'm Eighteen», die vom Zürcher Publikum bereits frenetisch mitgesungen wurden. Der Sound war dabei ganz ordentlich und die Musiker, nämlich Keri Kelly (g), Damon Johnson (g), Chuck Garric (b) und Jimmy DeGrasso (g) sehr druckvoll und agil in ihrem Spiel. Des Weiteren war stets Betrieb auf der Bühne, weil ja diverse Leute dem armen Alice ständig nach dem Leben trachteten. Zum einen war da eine übereifrige wie gleichermassen durchgeknallte Krankenschwester laufend am Werk und sonst noch ein paar verwegene, dunkle Gestalten.

Die Tour heisst ja sinngemäss «Theatre Of Death», wovon es ja bereits einen offiziellen Live-Release (CD & DVD) gibt. Die gespielten Songs sind bis auf wenige Ausnahmen wie «Wicked Young Man» von «Brutal Planet» (2000), «Dirty Diamonds» vom gleichnamigen 2005er Album oder «Vengeance Is Mine» von «Along Came A Spider» (2008) vor allem aus den 70ern. Die 80er werden dabei eigentlich geflissentlich ausgeklammert und aus den 90ern stammen eben die Überhits «Poison» sowie «Feed My Frankenstein». Einmal mehr wurde das Publikum daran erinnert, welche Klasse Alice Cooper selber besitzt und diejenigen Songschreiber-Genies/Produzenten wie Bob Ezrin oder Desmond Child, die ihm das richtige Material zur Verfügung stellten, respektive zur passenden Interpretation ablieferten. Darum wurde der mitreissende Hitreigen lautstark abgefeiert und der Sohn eines Pfarrers zeigte sich sichtlich erfreut über diese Reaktionen. Wenn es denn einen Punkt zur Kritik gegeben hat, dann höchstens der, dass die zahlreichen Theatereinlagen mit den entsprechenden Requisiten im Galopp vorgeführt wurden. Etwas mehr Musse und Theatralik hätte dem Ganzen noch das Sahnehäubchen verliehen. Insgesamt war es aber eine ansprechende, temporeiche Show und die Songs standen eh für sich. Gesanglich wusste Herr Furnier während gut 85 Minuten auf jeden Fall zu glänzen, auch wenn der eine oder andere, wacklige (Gesangs-) Ton mit dabei war. Dass die letzte Zugabe schliesslich dem Opener entsprach, sieht/hört man auch nicht alle Tage, doch die Kurzversion zu Beginn wurde mit einer furiosen, "extended" Version im infernalischen Jubel der Fans pulverisiert! Mir persönlich fehlte an diesem geilen Konzertabend bloss «Welcome To My Nightmare». Wie nun ganz aktuell vermeldet wurde, wird das «Theatre Of Death» beim nächstjährigen «Sonisphere Festival» in Basel (24.06.11) zu einer weiteren Aufführung gelangen. Wer also heuer in Zürich nicht dabei war, kriegt 2011 die nächste Chance, die man sich nicht entgehen lassen sollte! (rsl)

Setliste: «Intro/School's Out» - «No More Mr. Nice Guy» - «I'm Eighteen» - «Wicked Young Man» - «Ballad Of Dwight Fry» - «Go To Hell» - «Cold Ethyl» - «Poison» - «From The Inside» - «Nurse Rozetta» - «Be My Lover» - «Only Women Bleed» - «I Never Cry» - «Black Widow Jam» - «Vengeance Is Mine» - «Dirty Diamonds» - «Billion Dollar Babies» - «Killer» - «I Love The Dead» - «Feed My Frankenstein» - «Under My Wheels» -- «Elected» - «School's Out».