Livereview: All That Remains - The haunted - Deadlock
11. Februar 2009, Salzhaus Winterthur
By El Muerte    Pics by: PartyGuide.ch   Jan Lindner
Co-Headline-Touren sind immer ein zweischneidiges Schwert: Ok, die beiden Headliner-Bands kriegen die selbe Spielzeit, sie werden beide gleich fair behandelt, aber trotzdem - Für die Fans geht die Rechnung nicht wirklich auf, denn nur die letzte Band kann noch Zugaben dranhängen. Dass zudem letzthin die Industrie überraschend strikte Zeitpläne durchzuringen versucht, fühlt sich dementsprechend auch ziemlich deplaziert an - Türöffnung um 19h00 Uhr, Opener um 19h30 Uhr, zweite Band um 20h15 Uhr, Headliner um 21h30 Uhr, Konzertende um 22h50 Uhr… Als weitreisender Konzertbesucher macht das Sinn, aber so richtig Partystimmung will bei solchen Uhrzeiten definitiv nicht aufkommen.

Als Deadlock auf die Bühne stiegen war das Salzhaus nichtsdesto trotz bereits gut gefüllt - Das elektronisch pumpende Intro ab Band sorgte zwar für einige hochgezogene Augenbrauen, aber die für die Tour zum Sextett angewachsene Combo vertrieb glücklicherweise mit dem ersten Akkord die Zweifel aus dem Saal. Deadlock bauen grundsätzlich auf die Dynamik zwischen der melodischen Stimme von Sängerin Sabine Weniger und den gegrunzten Vocals von Sänger Johannes Prem - Mit 'nem gut ausbalancierten Mix hätte die Rechnung auch aufgehen können, blöderweise benötigte der Mischer aber beinahe die halbe Showzeit, um auf ein brauchbares Resultat zu kommen. Das junge Publikum zeigte sich indes überraschend überzeugt von der Leistung, auch wenn unter'm Strich nicht viel mehr als eine Mischung aus Killswitch Engage und Lacuna Coil dabei rauskam. Was allerdings gar nicht ging, sind die zwischendurch wiederkehrenden Techno-Samples – Im Intro war's noch ok, aber als dominierendes Breakdown-Element… Nein Danke! Wirkliche Stimmung würde theoretisch allerdings auch anders aussehen, und so können Deadlock leider nicht mehr als einen dynamischen Start verbuchen.

The Haunted machten da einiges besser - Was man von einer Band mit mittlerweile knapp dreizehn Jahren auf dem Buckel auch erwarten kann. Mit 'Little Cage' wurde als Opener gleich ein vertrakter Song des aktuellen Albums gewählt, während beim zweitling 'The Drowning' auch beim Publikum der Groschen fällt. Von da an wird, von Fronter Peter Dolving und der restlichen Mannschaft immer wieder auf's neue angetrieben, abenteuerlich Gemosht und Mitgeschrien – Glücklicherweise haben The Haunted mit der aktuellen Scheibe 'Versus' noch mal ordentlich an Boden gut gemacht, und konnten somit auf ein überraschend textsicheres Publikum zählen. Die Holzpfeiler im Saal und auf der Bühne waren zwar den Tätigkeiten nicht gerade zuträglich, doch das Publium nahm sich die Mühe, den Dingern so gut wie möglich auszuweichen, während Klampfer Anders Björer oftmals hinter seinem Pfosten komplett verschwand. Fronter Peter frönte wie schon oftmals zuvor seiner Liebe zu absurden Ansprachen, und referierte unter anderem vor 'In Vein' über die Problematik sexueller Aktivitäten am Strand. Aus versehen kündete er dabei noch den falschen Song an («This is 'Trenches'!»), und erklärte mit einem Augenzwinkern in Richtung Gitarrist Patrik Jensen «This Song is about fucking in Jensen's Garden!» – Desweiteren folgten noch einige unterhaltsame Tiraden in Richtung der weiblichen Konzertbesucher, sowie einige Weisheiten aus seinem Leben. Glücklicherweise vermochte er es, mit seiner Gesangsperformance und der darin investierten Intensität, seine Ansprachen noch zu überstrahlen - Der Kerl bretterte über die Bühne, strotzte nur so von manischer Konzentration, und wirkte so, als ob er jeden Moment in pure Energie ausbrechen könnte. Die Björler-Zwillinge (Gitarre und Bass) gingen da schon um einiges introvertierter an den Start, und Drummer Per Möller Jensen schien sowieso mental etwas abwesend zu sein - Was man von seinem Spiel allerdings nicht im Ansatz behaupten konnte. Überhaupt haben The Haunted wohl als einzige Thrashband da draussen den Zusammenhang zwischen Geschwindigkeit, Wucht und Groove komplett begriffen, und walzten deswegen ohne Probleme bei jedem nur denkbaren Tempo einfach alles nieder. Dem Publikum ging irgendwann im Lauf der 60 Minuten die Puste für schnelle Songs aus, aber bei Stücken wie 'Moronic Colossus' und '99' regierte nichts desto trotz der Mosh. Für den abschliessenden Klassiker 'Hate Song' wurden noch mal sämtliche Reserven geleert, und im Zwischenteil aus alle Kehlen 'Hate, Hate, Hate!' gegröhlt - Ein denkwürdiger Abschluss dieses ehrwürdigen Gigs. Die Band bedankte sich dafür noch Lange beim Pubklikum, und schüttelte Reihenweise Hände.

Setlist The Haunted: Little Cage, The Drowning, Trespass, The Premonition, The Flood, The Medication, Moronic Colossus, D.O.A., All Against All, In Vein, Trenches, Dark Intentions, Bury Your Dead, Faultline, 99, Hate Song

All That Remains hatten demzufolge kein leichtes Spiel - Zwar war der Saal aufgeheizt und bereit für mehr, aber ein grosser Teil des Abends hatte gleichfalls 'seinen' Headliner bereits gesehen, und lungerte nur noch umher, um zu kucken, ob noch was Schlaues geboten würde. Dementsprechend sank der Altersdurchschnitt vor der Bühne rapide auf knapp achtzehn Jahr, die etwas älteren Semester beachteten das gebotene Treiben lieber aus Distanz. Die Band gab sich indes tight und solide, allen voran Fronter Phil Labonte und Lead-Klampfer Oli Herbert brillierten mit ihrem technischen Können. Aber während Oli Herbert dabei über einen kapputen Rücken zu verfügen schien (schräger kann man nicht posieren), hätte Phil Labonte ruhig mal die Mütze abnehmen können - Als Besucher möchte ich den Muckern eigentlich schon gerne ins Gesicht sehen können. Das Publikum ging unterdessen ordentlich ab, aber der bewegungstechnische Höhepunkt war klar bereits vorbei - Irgendwann im Laufe des Sets versiegten die Aktivitäten auf ein knappes Mittelmass. All That Remains spielten sich indes in einen ziemlichen Rausch und wussten zwar damit zu überzeugen - Aber die Tatsache, dass es sie ohne Bands wie The Haunted & Konsorten überhaupt nicht geben würde, verpasste ihrer Performance einen schalen Beigeschmack. Mittelmässige Zutaten ergeben auch trotz des besten Willens nur mittelmässige Resultate, das sollte eigentlich mittlerweile durchgesickert sein…

Setlist All That Remains: Air That I Breathe, Undone, Catalyst, Not Alone, Weak Willed, Chiron, It Dwells, Before The Damned, Indictment, Six, Salvation, We Stand, Two Weeks, This Calling