Man mag von Globalisierung halten und denken
was man will, dem Metal tut's gut! Wie sonst könnte man an einem
einzigen Abend Bands aus Brasilien, Griechenland und Grossbritannien
erleben, und dies nicht an einem Festival, sondern auf einer
regulären Konzertreise? Dass sich die Inselbewohner Power Quest, die
Mediterraner Firewind und die Südamerikaner Angra zu einer
Europa-Tour zusammentun, macht dabei wirklich Sinn, gehören doch
zumindest die zwei letztgenannten Bands zur ersten Garde des Melodic
Metals, nicht zuletzt durch ihre letzten, hervorragenden
Veröffentlichungen. Epische Hymnen, filigrane Gitarren-Soli und
eingängige Gesangsmelodien zogen sich so den ganzen Abend hindurch,
wobei der rote Faden eindeutig vom Band kam, denn der Auftritt
dieses Packages wird mir nicht minder als "Abend der bombastischen
Intros" in Erinnerung bleiben, geizte doch keine der Kappellen mit
reichlich Orchestrierung zur dramatischen Untermalung. Dass ich
nicht als Einziger von diesem Gastspiel angetan war, bewies
letztlich die Anwesenheit von wenigstens 140 Leuten, die gut gelaunt
souveränen Musikern und Songwritern zuschauen und -hören durften,
die sich von der kleinen Anzahl der Zuschauer nicht entmutigen
liessen.
Power Quest
Nach dem schon erwähnten, an diesem Abend obligatorischen
Bombast-Intro eröffnen die britischen Helloween-Verehrer Power Quest
mit dem fröhlichen Happy Metal Song "Find My Heaven" von ihrer
neuesten, nun auch schon zwei Jahre alten Scheibe "Magic Never
Dies". Dabei wird dem Up-Tempo Schunkel-Sound, der von einem etwas
dröhnenden Bass unter- oder besser übermalt wird, Europe-Keys
beigemischt, was den ganzen Sound noch etwas poppiger, soll heissen
computerspielartiger machte. Dabei hielt einzig die
Queensrÿche-verdächtige Nummer "Edge Of Time", gleichfalls vom schon
genannten Album (daneben veröffentlichten die Briten 2004 noch "Neverworld")
das Niveau der an sich souveränen Rock-Show, bestehend aus massig
Gepose und Gebange. Im Mittelpunkt stand dabei immer Sänger und
Saitendrücker Alessio Garavello, dessen weinerliche Stimme zwar
nicht jedem gepasst haben dürfte. Dafür versuchte der Frontmann
während "Magic Never Dies" oder der Zugabe "Temple Of Shadows"
stetig das Publikum zu animieren, sichtlich erfreut über ihr erstes
Gastspiel in der Schweiz, was mit wohlwollendem Kopfnicken und
Anstandsmitsingen von den ersten paar Reihen quittiert wurde. Zwar
nicht wirklich die neue Metalsensation, wie sie sich selbst promoten,
für Englands spärliche Metalszene aber sicherlich nicht allzu
schlecht. Da könnten die Jungs um Bandkopf und Tastenmann Steve
Williams sicherlich vom momentanen Hype, der um ihre Genre-Genossen
DragonForce gemacht wird, profitieren.
Setlist: "Find My Heaven" - "Sacred Land" - "Edge Of Time" - "Magic
Never Dies" - "Neverworld" - "Temple of Fire".
Firewind
Auf einem ganz anderen Niveau bewegte sich da Griechenlands
Metalband Nummer 1, Firewind. Nachdem man ein weiteres Mal die
Klassik-Kassette durch die Lautsprecher laufen liess, hiess es
dann
Bühne frei für die äusserst agilen Jungs um Guitar-Hero Gus G.. Mit
ihrer aktuellen, letztes Jahr erschienenen Hammer-Scheibe "Allegiance"
im Gepäck und durch die Herbsttournee im Vorprogramm von DragonForce
um einige Fans reicher, zeigte die Truppe, wie anständiger Melodic
Metal anno 2007 zu klingen hat. Während Sänger Apollo Papanthanasio
im schwarzen Knitterhemd den südländischen Charmeur raushängen
liess, war es vor allem Gus, der durch 80ies-Posen und dem dazu
passenden Outfit (knallrote Lederhose!) die Aufmerksamkeit auf sich
zog und ein Killerlick nach dem anderen vom Stapel liess, immer
angetrieben vom Dampfhammer-Drumming von Mark Cross (das
überflüssige Drum-Solo sei ihm verziehen), seines Zeichens
Ex-Helloween und Ex-Metalium Mitglied. Doch auch Rhythmus-Gitarrist
und Keyboarder Bob Katsionis und Tieftöner Petros Christo wieselten
zu Stimmungsgaranten wie "Insanity", "I Am The Anger" oder "Between
Heaven And Hell"
ununterbrochen über die Bühne. Bei solch einer sympathischen Band
konnte dann auch der etwas undifferenzierte Sound aufbrandende "Firewind"-Chöre
aus dem ziemlich euphorischen Publikum nicht verhindern, was
schlicht mit Grinsen und noch mehr Bewegung seitens der Musiker
erwidert wurde. Egal ob schon etwas älter wie "Brother's Keeper" von
"Burning Earth" (2003) oder neuem Material ("Till The End Of Time"
oder das semiballadeske "Deliverance"), Zuschauer und Band hatten
mächtig Spass, dessen Höhepunkt natürlich das von einem Gitarren vs.
Keyboard Duell eingeleitete, in Griechenland zur Hitsingle gewordene
"Falling To Pieces" markierte. Fleissig wurde mitgeklatscht und
mitgesungen, bevor zu "Tyranny" noch einmal heftig der Kopf
geschüttelt wurde. Leider war das auch schon die letzte Gelegenheit,
da sich der hellenische Fünfer bereits nach diesem 45-Minuten Set
endgültig verabschiedete. Das führte dazu, dass "My Number One", der
Bonustrack der letzten Dream Evil Scheibe "United" (und auf welchem
Gus zu hören ist) trotz Wunsch eines Fans ungehört blieb, ebenso wie
das auf der Scheibe im Duett mit Sängerin Tara vorgetragene "Breaking
The Silence", auf welches der Rezensent wohl nicht alleine
vergeblich gewartet hatte. Firewind, verdammt noch mal, wann kommt
ihr endlich als Headliner in die Schweiz?
Setlist: "Allegiance" - "Insanity" - "I am the Anger" - "The Fire
and the Fury" - Drum Solo - "Between Heaven and Hell" - "Brother's
Keeper" - "Till the End of Time" - "Deliverance" - "Falling to
Pieces" - - "Tyranny".
Angra
Dass Angra, wenn auch musikalisch top, das dynamisch straighte
Feeling von Firewind nachfolgend nicht ganz aufrecht zu halten
vermochten, sei an dieser Stelle gleich erwähnt, was aber angesichts
der schon komplexeren Songs nicht wirklich überraschte. Doch erst
hiess es: Bombastisches Intro Teil 3. Völlig in Gelb getaucht
präsentierte sich darauf die Bühne zu den Intro-Klängen des 93er
Angra-Albums
"Angel's Cry", mit welchem die Brasilianer das erste Mal von sich
Reden machten. Das an die im letzten Herbst erschiene "Aurora
Consurgens"-Scheibe angelehnte Stage-Design, bestehend aus riesigem
(wirklich, es war riesig!) Backdrop und dazu gehörigen
Verstärkerverschlägen, liess die Bühne äusserst hell und weit
scheinen, was dem ganzen Auftritt sogleich ein südländisches und
positives Flair verlieh. Ein Flair, welches sich ja auch durch
Angra's Musik zieht, beispielhaft dafür der Opener "Carry On",
ebenfalls von "Angel's Cry", gefolgt von "Nova Era" von der 2001
erschienenen "Rebirth"-Scheibe, wo sogleich die spielerische
Perfektion dieser Band zu Tage trat. Auf den Hundertstel genau
schrubben und trommelten sich die Brasilianer durch ihre Songs.
Diesem Pluspunkt musste leider die Bewegungsfreudigkeit zum Opfer
fallen, da das Quintett im Vergleich zu den vorherigen,
springlebendigen Firewind schon etwas statisch wirkte. Das machten
Angra jedoch zum einen durch einen glasklaren Sound wett, der sowohl
alte Nummern wie "Waiting Silence" oder neueste Tracks der Marke "Voice
Commanding You" oder "Ego Painted Black" in bestem Licht erstrahlen
liess. Auf der anderen Seite konnten die Jungs um Sympathie-Bolzen
und Goldkehlchen Edu Falaschi, der sich schon nach wenigen Minuten
rührend beim Publikum für's Kommen bedankt hatte und an diesem Abend
wie gewohnt bei bester Stimme war (sogar Bruce Dickinson dürfte auf
solche Screams, wie Edu sie bei "Angels and Deamons" bringt,
neidisch sein), natürlich durch die intelligent gestalteten,
mitreissenden Songs punkten, wie sie von Angra ja in rauen Mengen
produziert werden (einzig die grosse Masse muss das noch erkennen).
Wie ein Deja-vù wirkte dann die Trommeleinlage, bei welcher sich die
ganze Band, die sich bis auf Falaschi sonst eher im hinteren
Bühnenteil herumdrückte, an den vorderen Rand, um mit ihren
brasilianischen Ethno-Rhythmen das Publikum zu einem Sing-Along
anzufeuern, ähnlich der Einlage Therion's ein paar Tage zuvor. Etwas
gehemmt wirkte dagegen die Angewohnheit nicht spielender
Bandmitglieder, sich sogleich hinter die Verstärker-Verschläge zu
begeben, man kann doch auch ruhig 'ne Minute nutzlos auf der Bühne
stehen oder das Publikum animieren, etwas das Angra sowieso eher
vernachlässigten. Mit fortschreitender Performance bemerkte der
geneigte Zuschauer immer deutlicher, dass Angra von Song zu Song
lockerer wurden und wenn man von Anfang an so losgelegt hätte, wie
es bei den letzten Programmpunkten, bestehend aus den "Aurora
Consurgens"-Krachern "Salvation Suicide" und "Course of Nature", zu
welchem Drummer Aquiles Priester sich mit roter Maske präsentierte
und Edu Falaschi Unmengen Wasser in die Luft prustete. Alle wirkten
plötzlich unglaublich entspannt, so hätte das die ganze Zeit laufen
müssen, Jungs. Mit "Spread Your Fire" vom zweitletzten Silberling "Temple
Of Shadows" wurde dann nach einem der vielen Intros, welche immer
wieder während der Show eingespielt wurden, ordentlich losgerockt,
um mit einem fünfminütigen Outro die nach mehr dürstenden Fans etwas
zu früh zurück zu lassen. Dennoch ist sich wohl jeder der etwas über
hundert anwesenden Melodic Metal Gourmets sicher, einem Package wie
Angra und Firewind immer wieder zusehen und zuhören zu können,
Top-Musiker mit mehr als einem Goldhändchen in Sachen Melodie und
(schlussendlich) energiegeladenem Auftritt sind Grund genug dafür.
Setlist Angra: "Carry On" - "Nova Era" - "Voice Commanding" - "Waiting
Silence" - "Wings of Reality" - "Z.I.T.O." - "Ego Painted Grey" -
Percussion - "Nothing to Say" - "Angels and Demons" - "Salvation
Suicide" - "Rebirth" - "Course of Nature" - - "Spread Your Fire".
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