Es war äusserst bescheiden, wie viele oder besser wenig Leute sich
an diesem Samstagabend im Z7 eingefunden hatten. Etwas, das einer
Truppe wie Angra einfach nicht gerecht wird. Seit Jahren überzeugen die
Brasilianer nicht nur durch tolles, neues Songmaterial, sondern auch
durch tighte Bühnenauftritte. Davon durften sich die Anwesenden auch
an diesem Abend wieder überzeugen lassen.
Kattah
Als Support hatten Angra ihre Landsleute von Kattah im Gepäck. Eine
mir bis anhin völlig unbekannte Combo, die sich aber mit diesem Gig
nachhaltig bei mir festkrallte. Speziell Sänger Roni Sauaf trug das
Seinige dazu bei, dass man die Band so schnell nicht vergessen wird.
Der gelernte Schlagzeuger,
das Drumsolo spielte er, war der absolute
Mittelpunkt der Newcomer. Das lag an seiner energischen Präsentation
und seinem Gesang, der immer wieder an eine Mischung aus dem jungen
Bruce Dickinson, Geoff Tate und Tobias Sammet erinnerte. Musikalisch
lag das Ganze zwischen Angra und Iron Maiden, und speziell die Soli
der beiden Gitarristen hoben sich immer wieder aus dem Gesamtsound
hervor. Dieser wurde durch arabische und portugiesische Elemente
gewürzt. Technisch wurde alles bestens vorgetragen und lag dabei
immer schön in einem verständlichen Beet, sprich die progressiven
Elemente wurden sehr dezent eingepackt. Trotzdem müssen die Herren
an ihrem Material noch arbeiten. Auch wenn alles interessant klingt,
blieb am Schluss zu wenig hängen. Kattah müsste man nun aufbauen und
ich bin mir sicher, dass dann das Quintett seinen Weg gehen wird.
Die Jungs kamen beim Publikum gut an und der Applaus sprach Bände.
Fazit: Ein einzigartiger Sänger, mit einer versierten, aber noch
etwas hüftsteifen Band, der das nächste Mal hoffentlich mehr Licht
zur Verfügung gestellt wird…
Angra betraten siegessicher die Bühne. Mit einer unheimlichen
Sicherheit und einer gewaltigen Performance überzeugte das Quintett
von der ersten Sekunde an. Das Zusammenspiel zwischen der
Rhythmusabteilung, Bassist Felipe Andreoli und Schlagzeuger Ricardo
Confessori, sowie den beiden Wundergitarristen Kiko Loureiro und
Rafael Bittencourt ist ganz einfach phänomenal. Speziell was die
beiden Saiten-derwische boten, war eine Liga für sich. Wieso die
Beiden nicht schon lange mit dem Evangelium in Sachen
Gitarrenarbeit, nämlich den Judas Priest-Heroes K.K. Downing und Glenn Tipton
in einem Atemzug genannt werden, ist mir schleierhaft. - Oder den
Duos Adrian Smith und Dave Murray, sowie Jeff Watson und Brad Gillis.
- Alleine von der Bühnenpräsentation her wirken die Brasilianer
bedeutend frischer, wilder und agiler. Bei einer solchen Performance
dann noch dermassen sicher und filigran zu spielen, ist ganz einfach
Weltklasse. Zwischen den Beiden stand Sänger Eduardo Falaschi, der
schlicht der perfekte Mann für Angra ist. Textsicher und mit den
entsprechenden Emotionen verfeinerte er die genialen Kompositionen
mit seinen begnadeten Sangeskünsten. Dabei legten die Jungs dieses
Mal klar den Schwerpunkt auf das neue Album, von welchem gleich vier
neue Stücke gespielt wurden. Dazwischen gesellten sich viele
alte Hits, aus denen besonders das von Rafael gesungene «The Voice
Commanding You» (mit Hammer Doppelsolo), «Lisbon», «Heroes Of Sand»
und natürlich «Nothing To Say» heraus ragten. Die jeweiligen
Falaschi-Alben wurden mit je zwei Songs berücksichtigt und die
Matos-Alben mit je einem Track.
Die ansonsten stark in den Vordergrund gedrückten brasilianischen
Wurzeln wurden an diesem Abend eher in der Garderobe gelassen. So
wurde auch die fantastische Percussion-Solodarbietung aller Musiker
nicht vorgetragen. Dafür stand der Metal im Mittelpunkt wie auch
ein unter die Haut gehendes Solo von Rafael bei «The Voice
Commanding You», der, in fantas-tisches Licht gehüllt, seine Finger
gefühlvoll über die Saiten spazieren liess. Der mehr-stimmige
Chorgesang bei «Waiting Silence» stammte definitiv nicht vom Band,
war aber ein weiterer Gänsehaut-Moment, wie auch der eher tiefer
angelegte Gesang bei «Lease Of Life». Es war einer dieser Abende,
der von der stimmlichen Sicherheit lebte. Was Edu an diesem Abend
bot, war sensationell und klopfte an die Türe der grossen Metal-Tenöre.
Der Wiedereinstieg von Ricardo verpasste den Jungs
einen zusätzlichen Kick. Er ist einfach der Trommler, der die Lieder
am besten interpretieren kann und die schon angetönte Gitarrenfront
überbot sich dann beim Killer-Riff von «Rage Of The Waters». Eine
Premiere kündigte Edu bei «Rebirth» an. Mit dem Worten: «The first
time we play that song, because it's a very special song to us!»,
entsprach ganz einfach der Tatsache, dass mit diesem Album damals
die Band zeigte, dass es auch ohne André Matos weitergehen konnte.
Auch hier war der Chorgesang wieder phänomenal und überzeugte auf
der ganzen Linie. Mit dem Hit «Nothing To Say» wurde der offizielle
Set abgeschlossen. Als Zugabe spielte Angra ein Medley aus «Carry
On» und «Nova Era» und beendeten damit diesen in meinen Augen
sensationellen Abend. Die Südamerikaner sind noch immer eine der
besten Truppen und überzeugen mit einer unglaublichen Hingabe zum
Detail, ohne sich darin zu verstricken. Edu und seine Mannschaft
sind meilenweit von irgendwelchem Stargehabe entfernt, sondern
zeigten sich nach dem Konzert ihren Fans, unterschrieben alles, was
ihnen vor die Nase gehalten wurde und posierten für unzählige Fotos.
Solche Truppen wie Angra gibt es nur noch sehr wenige. Dass leider
nur Einzelne dem Flair dieser Band erlegen sind, ist eine Tatsache,
wie der einzige Schwachpunkt an diesem Konzertabend auch. Der Sound
war nämlich für diese Art von Musik eine Frechheit. Ansonsten war
alles eine Offenbarung!
Setliste: «Arising Thunder» - «Angels Cry» - «The Course Of Nature» -
«Awake The Darkness» - «Lisbon» - «The Voice Commanding You» - «Drumsolo» -
«Spread Your Fire» - «Waiting Silence» - «Lease Of Life» - «Guitarsolo
Kiko Loureiro» - «Heroes Of Sand» - «Rage Of The Waters» - «Rebirth» -
«Nothing To Say» -- «Carry On/Nova Era».
|
|