Mit den Brasilianern von Angra (und einem italienischen
Sänger), Geoff Tate und seinem Ensemble sowie zwei Support-Bands
sollten an diesem Samstagabend die Massen eigentlich in Scharen
angezogen werden. Vielleicht kam es zu spät ans Tageslicht, dass
Mister Tate das komplette «Operation: Mindcrime»-Werk von seiner
alten Abend Queensrÿche spielen sollte, aber das Z7 und speziell
die Bands hätten durchaus mehr Publikum verdient gehabt…
Ravenscry Die italienischen Ravenscry eröffneten
den Abend mit ihrem (sorry) austauschbaren Sound, denn mit
zunehmender Spielzeit verstrickte sich der Fünfer in kaum
interessanten Songs, die auch nicht durch die eigentlich tolle
Stimme von Giulia Stefani spannender wurden. Logisch war die
Shouterin eine sehr sympathische Performerin, die immer wieder
versuchte, die Besucher auf ihre Seite zu ziehen. Aber am Ende des
Konzertes blieb sehr wenig hängen, weder optisch noch musikalisch.
Der Sound bewegte sich irgendwo zwischen alternativem Metal und
traditionell angehauchten Elementen. Sicher ein musikalischer
Farbtupfer neben Angra und Geoff Tate, aber leider keiner, der sich
nachhaltig in den Gedankengängen der Konzertbesucher niederlegte.
Eigentlich schade, denn die angesprochene sympathische Performance
hätte auf mehr hingedeutet. So blieb aber nach dem letzten Ton nur
der Gang nach draussen und die Vorfreude auf das, was noch kommen
sollte.
Halcyon
Way Das waren zuerst die Amis von Halcyon Way. Die Jungs
aus den Staaten um Sänger Steve Braun sitzen musikalisch irgendwo
zwischen Stuhl und Bank. Auf der einen Seite überzeugen sie mit
tollen Doppel-Leads wie kräftigen Riffs, und auf der anderen Seite
versuchen sie mit Bassist Skyler Moore und seinen Growls einen sehr
modernen Touch zu integrieren. Dieser regiert ab und zu auch bei den
Sounds, was dem Ganzen sicherlich einen etwas anderen Anstrich
verleiht, die Jungs aber auch ohne einen roten Faden erklingen
lässt. Steve überzeugte mit tollen Screams und liess es sich selbst
beim Singen nicht nehmen zu bangen. Der Bang-Faktor war bei den
Jungs auf einem sehr hohen Level und mit Gitarrist Jon Bodan hat die
Truppe einen optischen Hingucker, dank seines Iro-Haarschnitts. Ich
gebe ehrlich zu, dass ich Halcyon Way auf die eine Seite sehr
spannend finde, aber auf der anderen Seite gleichermassen
langweilig. Auch wenn der Stimmungspegel im Z7 anstieg, selbst die
Amis konnten die Euphorie nicht in die Höhe schiessen lassen. Jungs
überlegt euch, welchen Sound ihr spielen wollt und glaubt mir,
plötzlich wird das Interesse der Besucher um einiges grösser sein.
Geoff Tate's Operation Mindcrime Mit
einer runderneuerten Truppe stand der ehemalige Queensrÿche-Sänger
Geoff Tate wenig später auf der Bühne. Mit den drei Gitarristen
Scott Moughton, Kieran Robertson und Bruno Sa, der auch die
Keyboardtasten drückte, sowie Bassist Jack Ross, Trommler Josh Watts
und Geoffs Tochter Emily Tate als Sister Mary, hatte der Shouter eine
sehr junge Truppe um sich geschart. Und diese Band besass verdammt
viel Spielfreude in den Sitzbacken. Auch wenn sie musikalisch nicht
an die Souveränität der Queensrÿche-Jungs heran reichten und weder
die Rhythmus- noch die Saitenfront das Flair der Ur-Rÿcher auf die
Bühne zauberte, es war ein wirklich tolles Konzerterlebnis. Dies lag
auch an Geoff, der noch immer verdammt toll singt und durch seine
theatralische Bühnenpräsenz den Songs noch mehr Leben einhauchte.
Dass man nichts falsch macht, wenn man das komplette «Operation:
Mindcrime»-Album spielt, ist so sicher wie das Amen in der Kirche.
So frassen die Fans Mister Tate von der ersten Sekunde an aus der
Hand, sofern sie die Songs kannten… Es waren packende Momente, als
«Speak», «Spreading The Disease», «The Needle Lies», «I Don't
Believe In Love» oder «Eyes Of A Stranger» erklangen. Und als bei
«Suite Sister Mary» noch Emily auf der Bühne erschien, gab es kaum
mehr ein Halten in den lichten Reihen des Z7, zu diesem gesanglichen
Duett. Ja, Mister Tate kann es noch immer, auch wenn man seinen
neusten Studio-Ergüssen skeptisch gegenüber stehen kann. Aber er hat
nun mal mit seiner alten Truppe Musikgeschichte geschrieben und sehr
wahrscheinlich mit «Operation: Mindcrime» die Mutter aller
Konzeptalben veröffentlicht und komponiert. Der tosende Applaus nach
dem letzten Ton stellte jedenfalls sicher, dass Geoff an diesem
Abend alles richtig gemacht hatte. Auch wenn gewisse Gesangsparts
nicht mehr so erhaben erklingen wie früher, so ist er noch immer
einer, der seine Schreie sehr klar und rein raus haut und dabei
das ein oder andere verdutzte Gesicht zurück liess.
Setliste:
«I Remember Now», «Anarchy-X», «Revolution Calling»,
«Operation: Mindcrime», «Speak», «Spreading
The Disease», «The Mission», «Suite Sister Mary», «The Needle Lies»,
«Electric Requiem», «Breaking The Silence», «I Don't Believe In
Love», «Waiting For 22», «My Empty Room», «Eyes Of A Stranger»
Angra
Konnten die Brasilianer nach dem Tate-Auftritt noch einen
drauf legen? Die Grundvoraussetzungen dafür schienen schwierig,
verliess doch mit Kiko Loureiro 50% des begnadeten Gitarrenduos das
Schiff in Richtung Megadeth. Mit Marcello Barbosa wurde dafür ein für die
Frauenwelt wahrer Hingucker und für die Männerfront ein sehr
talentierter Gitarrist als Ersatz gefunden. Trotzdem fehlt dem Gitarrenduo
Bittencourt/Barbosa das Flair, welches Bittencourt/Loureiro immer
auszeichnete. Diese spielerische Note und dieses "wir bauen kurz
einen kleinen Flamenco-Jam ein", kam an diesem Abend nicht mehr zum
Tragen. Zudem hat die Truppe mit dem 27-jährigen Bruno Valverde
einen Trommler in den Reihen, der zu den Besten gehört, die ich bis
anhin sehen und hören durfte. Dass er das gleiche Alter wie das
Bestehen von Angra hat, verkündete Raffael beim Vorstellen der Band
mit den Worten: «…er wurde für Angra geboren!» Dass Fabio Lione das
Mikrofon seit dem Ausstieg von Edu Falashi bedient, ist, wie es ist…
Fabio, der Shouter von Rhapsody, besitzt mit seiner italienischen Art in
meinen Augen zu viel Theatralik in seiner Stimme und der
Performance. Da waren mir der Schalk von Edu und dem Ur-Shouter
Andre Matos um einiges lieber. Allerdings muss man Fabio zugestehen,
dass er seinen Job als Sänger mit viel Bravour meistert. Wie auch
Rafael Bittencourt, der einmal mehr mit seiner Präsenz und seiner
virtuosen Art der grosse Meister auf der Bühne war.
Musikalisch boten Angra eine guten Querschnitt aus ihrer musikalischen
Schaffensphase, die mit schnellen Parts «Carry On/Nova Era»,
verspielten Elementen «Acid Rain» und ab und zu schon fast Dream
Theater-liken Elementen zu gefallen wusste. Dabei kamen ruhigere
Momente, wie bei «Rebirth», ebenso zum Tragen wie auch ein kurzes,
aber extrem tolles Drumsolo. Das Zusammenspiel der beiden
Gitarristen liess immer wieder aufhorchen, und wenn man ehrlich ist,
trumpften Angra dermassen gross auf, dass sie zu Recht der Headliner
dieses Abends waren. Die Dankbarkeit von Raffael ans Publikum und
seiner Band kam vor der ersten Zugabe mit viel Emotionen und
Ehrlichkeit rüber. Wieso aber genau eine solche Band wie Angra mit
ihrem sympathischen Auftreten und dieser musikalischen Vielfalt und
Virtuosität nie den grossen Durchbruch schaffte, bleibt wohl für
immer und ewig ein Geheimnis. Einmal mehr hätte ein Konzertabend,
zumal an einem Samstag, mehr Besucher verdient gehabt. Die, welche
da waren bekamen aber mit den beiden letzten Bands verdammt viel
Gutes und Interessantes geboten, und ich wünsche Angra auf ihrem Weg
den Erfolg, den sie eigentlich schon lange geniessen sollten.
Setliste «Dr. Tyrell's Death (Intro)», «Nothing To Say»,
«Travelers Of Time», «Angels And Demons», «War Horns», «Acid Rain»,
«Final Light», «Drum Solo Bruno Valverde», «Insania», «Lisbon»,
«Magic Mirror» - «Rebirth», «Silent Lucidity (with Geoff Tate)»,
«Carry On/Nova Era»
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