Livereview: Annihilator - Sworn Amongst - Svölk
01.11.2010 – Z,7 Pratteln
by Kissi
Fussballtrainer wissen: Zu viele Wechsel schaden der Mannschaft. Auch Bands sollten zu häufige Rochaden vermeiden, wollen sie nicht einerseits ihren eigenen Stil, andererseits ihre Schlagkraft gefährden. Mit konstanter Aufstellung tun sich Annihilator und der Mann hinter diesem Namen, Gitarrenmeister Jeff Waters schon seit Anfangstagen, also seit vollen 25 Jahren. Was Alben und Songs anbelangt haben sich die Kanadier in den letzten Jahren wieder gefangen: «Schizo Deluxe», «Metal» und vor allem die letzte, schlicht «Annihilator» betitelte Platte zeugen vom Wiedererstarken der Band. Live hingegen haperte es bis anhin immer noch. Zu lasch, zu unkonzentriert und holprig muteten etwa die Supportgigs für Trivium oder Iced Earth an. Skeptisch gings also ins Z7, wo Jeff «das Shreddwunder» Waters Anfang November zum Headbangen aufspielte. Am Ende des Abends aber war klar: Annihilator fegen in der Direktbegegnung endlich wieder alle vom Platz, wobei auch die beiden Support-Acts durchaus punkten konnten.

Svölk

Den Anfang machten dabei Svölk aus Norwegen, deren Aussehen schon vor dem ersten Gitarrenriff verriet, was geboten werden würde. Reichlich Gesichtsbehaarung, verwaschene Jeans und dezente Bierbäuche: Stoner Rock war angesagt. Oder Bären-Metal, mit den Worten der Band gesprochen. Ruppig rau zockte sich das Quartett dabei zu gutem Sound durch die mal groovenden, mal brachialen Nummern, welche natürlich von den Gründervätern Black Sabbath inspiriert wurden, hin und wieder auch Assoziationen zu aktuellen Truppen wie Fu Manchu, Mustasch oder The Sword aufwiesen. Das noch nicht gerade vollzählige und dabei eher auf Thrash ausgerichtete Publikum bedankte sich mit etwas Applaus zwar höflich für Wucht und Inbrünstigkeit, interessiert sich dann aber nicht weiter für die zugegeben etwas verzettelten, gleichzeitig nicht besonderen Nummern wie etwa «Sweet Agony», «Overload» oder «52» vom letztes Jahr veröffentlichten, selbstbetitelten Debüt.

Sworn Amongst
Schon mehr dem Gusto der langsam eintrudelnden Zuschauer passten da Sworn Amongst. Die Yongsters aus England überzeugten mit einer wenn auch klanglich etwas scheppernden, dafür technisch umso versierteren Ladung Thrash. Insbesondere der blutjung wirkende Klampfer Jonny Barker überraschte vom eröffnenden «The Storm» an mit pfeilschneller und exakter Fingergymnastik, während Drummer Jonny Harper wie ein Berserker auf seine Felle und Bleche eindrosch. Zwar konnte man die Tightness vom überragend starken, diesen Sommer veröffentlichten Zweitling «Severance» live nicht ganz halten und auch die Stimme von Liam Lidell verlor etwas an Druck. Mit an Testament, Slayer oder Onslaught erinnernden Genickbrechern wie «Denounces», «Darkness» oder «Useless» und einer beherzten, von Agilität angetriebenen Performance empfahl sich das sympathische Quartett aber definitiv für eine Empfehlung der heissesten Newcomer des Abends. Umso bedauerlicher waren somit die immer noch verhaltenen Publikumsreaktionen, die sich auch während «Rules of Engagement» und dem abschliessenden «Severance» leider immer noch in Grenzen hielten. Gut möglich, dass die ungewöhnlich helle Bühnenbeleuchtung ihr Schärflein dazu beitrug.


Annihilator
Ob Licht, Sound, Tightness oder Setlist, bei Annihilator stimmte darauf einfach alles. Nur schon «Ambush» vom selbstbetitelten Platte, zeigte sich als perfekten Auftakt. Kaum hat die Show begonnen wird einem dabei klar: Den alljährlichen Blockwechseln zum Trotz erleben die Kanadier gerade ihren zweiten Frühling. Die beiden neuen Tourmitglieder, Drummer Carlos und Tieftöner Al Campuzano, harmonieren perfekt und verleihen auch neueren Nummern wie «Clown Parade» und «Plasma Zombies» vom sträflich unterbewerteten «Schizo Deluxe» von 2005 den notwendigen Druck. Doch nicht nur die Neuen, auch Dave Padden, immerhin schon acht Jahre an Bord, präsentiert sich an diesem Abend tighter und versierter als noch vor einigen Jahren und Vergleiche mit singenden Leadgitarristen wie James Hetfield sind nicht fehl am Platz, sodass Padden sogar die Kult-Nummer «King of the Kill» shouten darf, welche Jeff Waters seinerzeit selbst eingesungen hatte und noch auf der Triviumtour aus seiner Kehle klang. Überhaupt lässt Waters seinem Mitstreiter endlich mehr Raum, sodass Annihilator endlich wieder als Band erlebt werden können. Natürlich immer noch mit den flinken Fingern und den dazugehörenden Grimassen Waters im Zentrum, doch nicht mehr nur durch seine Fähigkeiten getragen. Dem Publikum gefällts, sodass nicht nur Klassiker wie «Set the World on Fire» (kompromisslos!) und «W.T.Y.D.» (Nackenprobe!), sondern auch aktuelles Material wie «Betrayed» und «The Trend» ordentlich abgefeiert werden. Neben «Annihilator» steht dabei setlisttechnisch «King Of The Kill» im Zentrum und es war auch wirklich längste Zeit, «Hell is War» oder «The Box» wieder einmal live erleben zu können. Nach einer einnehmenden Version von «The Fun Palace» warten Annihilator dann auch noch mit einer Überraschung auf. Akustisch und sitzend werden «Phoenix Rising» und «Sounds Good to Me» zum Besten gegeben, was nicht nur eine willkommene Erholung für den thrash-getroffenen Nacken bedeutet, sondern auch zeigt, welch begnadeter Songschreiber der Herr aus Vancouver ist. Mit «21» und dem zumindest für mich ungeschlagenen «Phantasmagoria» zeigt sich dies auch auf der harten Seite, sodass die Zugabe-Rufe nicht lange auf sich warten lassen. So zeigt Waters in der Griffbrettpoesie «Crystal Ann» noch einmal, weswegen er auch heute noch von Junggitarristen als grossen Einfluss genannt wird und mit dem obligatorischen «Alison Hell» findet ein überraschend fokussierter und belebter Gig seinen Abschluss, der Annihilator von einer Albummaschine endlich wieder in den Status einer vollen Band befördern sollte. So ist nur zu hoffen, dass Waters sich dieses Mal besser mit seinen Mitstreitern versteht als auch schon. Der Kampfwille und das Mannschaftsgefühl scheint zumindest aktuell da zu sein bei Annihilator.

Setlist Annihilator:
«Ambush» - «Clown Parade» - «Plasma Zombies» - «King of the Kill» - «Betrayed» - «The Box» - «Hell is War» - «Ultra-Motion» - «Set the World on Fire» - «W.T.Y.D.» - «The Trend» - «The Fun Palace» - «Tricks and Traps» - «Phoenix Rising» / «Sounds Good to Me» - «21» - «Phantasmagoria»
- - - - - - -
«Crystal Ann» - «Alison Hell»