Fussballtrainer wissen: Zu viele Wechsel schaden der Mannschaft.
Auch Bands sollten zu häufige Rochaden vermeiden, wollen sie nicht
einerseits ihren eigenen Stil, andererseits ihre Schlagkraft
gefährden. Mit konstanter Aufstellung tun sich Annihilator und der
Mann hinter diesem Namen, Gitarrenmeister Jeff Waters schon seit
Anfangstagen, also seit vollen 25 Jahren. Was Alben und Songs
anbelangt haben sich die Kanadier in den letzten Jahren wieder
gefangen: «Schizo Deluxe», «Metal» und vor allem die letzte,
schlicht «Annihilator» betitelte Platte zeugen vom Wiedererstarken
der Band. Live hingegen haperte es bis anhin immer noch. Zu lasch,
zu unkonzentriert und holprig muteten etwa die Supportgigs für
Trivium oder Iced Earth an. Skeptisch gings also ins Z7, wo Jeff
«das Shreddwunder» Waters Anfang November zum Headbangen aufspielte.
Am Ende des Abends aber war klar: Annihilator fegen in der
Direktbegegnung endlich wieder alle vom Platz, wobei auch die beiden
Support-Acts durchaus punkten konnten.
Svölk
Den Anfang machten dabei Svölk aus Norwegen, deren Aussehen schon
vor dem ersten Gitarrenriff verriet, was geboten werden würde.
Reichlich Gesichtsbehaarung, verwaschene Jeans und dezente
Bierbäuche: Stoner Rock war angesagt. Oder Bären-Metal, mit den
Worten der Band gesprochen. Ruppig rau zockte sich das Quartett
dabei zu gutem Sound durch die mal groovenden, mal brachialen
Nummern, welche natürlich von den Gründervätern Black Sabbath
inspiriert wurden, hin und wieder auch Assoziationen zu aktuellen
Truppen wie Fu Manchu, Mustasch oder The Sword aufwiesen. Das noch
nicht gerade vollzählige und dabei eher auf Thrash ausgerichtete
Publikum bedankte sich mit etwas Applaus zwar höflich für Wucht und
Inbrünstigkeit, interessiert sich dann aber nicht weiter für die
zugegeben etwas verzettelten, gleichzeitig nicht besonderen Nummern
wie etwa «Sweet Agony», «Overload» oder «52» vom letztes Jahr
veröffentlichten, selbstbetitelten Debüt.
Sworn Amongst
Schon mehr dem Gusto der langsam eintrudelnden Zuschauer passten da
Sworn Amongst. Die Yongsters
aus England überzeugten mit einer wenn
auch klanglich etwas scheppernden, dafür technisch umso versierteren
Ladung Thrash. Insbesondere der blutjung wirkende Klampfer Jonny
Barker überraschte vom eröffnenden «The Storm» an mit pfeilschneller
und exakter Fingergymnastik, während Drummer Jonny Harper wie ein
Berserker auf seine Felle und Bleche eindrosch. Zwar konnte man die
Tightness vom überragend starken, diesen Sommer veröffentlichten
Zweitling «Severance» live nicht ganz halten und auch die Stimme von
Liam Lidell verlor etwas an Druck. Mit an Testament, Slayer oder
Onslaught erinnernden Genickbrechern wie «Denounces», «Darkness»
oder «Useless» und einer beherzten, von Agilität angetriebenen
Performance empfahl sich das sympathische Quartett aber definitiv
für eine Empfehlung der heissesten Newcomer des Abends. Umso
bedauerlicher waren somit die immer noch verhaltenen
Publikumsreaktionen, die sich auch während «Rules of Engagement» und
dem abschliessenden «Severance» leider immer noch in Grenzen
hielten. Gut möglich, dass die ungewöhnlich helle Bühnenbeleuchtung
ihr Schärflein dazu beitrug.
Annihilator
Ob Licht, Sound, Tightness oder Setlist, bei Annihilator stimmte
darauf einfach alles. Nur schon «Ambush» vom selbstbetitelten
Platte, zeigte sich als perfekten Auftakt. Kaum hat die Show
begonnen wird einem dabei klar: Den alljährlichen Blockwechseln zum
Trotz erleben die Kanadier gerade ihren zweiten Frühling. Die beiden
neuen Tourmitglieder, Drummer Carlos und Tieftöner Al Campuzano,
harmonieren perfekt und verleihen auch neueren Nummern wie «Clown
Parade» und «Plasma Zombies» vom sträflich unterbewerteten «Schizo
Deluxe» von 2005 den notwendigen Druck. Doch nicht nur die Neuen,
auch Dave Padden, immerhin schon acht Jahre an Bord, präsentiert
sich an diesem Abend tighter und versierter als noch vor einigen
Jahren und Vergleiche mit singenden Leadgitarristen wie James
Hetfield sind nicht fehl am Platz, sodass Padden sogar die
Kult-Nummer «King of the Kill» shouten darf, welche Jeff Waters
seinerzeit selbst eingesungen hatte und noch auf der Triviumtour aus
seiner Kehle klang. Überhaupt lässt Waters seinem Mitstreiter
endlich mehr Raum, sodass Annihilator endlich wieder als Band erlebt
werden können. Natürlich immer noch mit den flinken Fingern und den
dazugehörenden Grimassen Waters im Zentrum, doch nicht mehr nur
durch seine Fähigkeiten getragen. Dem Publikum gefällts, sodass
nicht nur Klassiker wie «Set the World on Fire» (kompromisslos!) und
«W.T.Y.D.» (Nackenprobe!), sondern auch aktuelles Material wie «Betrayed»
und «The Trend» ordentlich abgefeiert werden. Neben «Annihilator»
steht dabei setlisttechnisch «King Of The Kill» im Zentrum und es
war auch wirklich längste Zeit, «Hell is War» oder «The Box» wieder
einmal live erleben zu können.
Nach einer einnehmenden Version von «The
Fun Palace» warten Annihilator dann auch noch mit einer Überraschung
auf. Akustisch und sitzend werden «Phoenix Rising» und «Sounds Good
to Me» zum Besten gegeben, was nicht nur eine willkommene Erholung
für den thrash-getroffenen Nacken bedeutet, sondern auch zeigt,
welch begnadeter Songschreiber der Herr aus Vancouver ist. Mit «21»
und dem zumindest für mich ungeschlagenen «Phantasmagoria» zeigt
sich dies auch auf der harten Seite, sodass die Zugabe-Rufe nicht
lange auf sich warten lassen. So zeigt Waters in der
Griffbrettpoesie «Crystal Ann» noch einmal, weswegen er auch heute
noch von Junggitarristen als grossen Einfluss genannt wird und mit
dem obligatorischen «Alison Hell» findet ein überraschend
fokussierter und belebter Gig seinen Abschluss, der Annihilator von
einer Albummaschine endlich wieder in den Status einer vollen Band
befördern sollte. So ist nur zu hoffen, dass Waters sich dieses Mal
besser mit seinen Mitstreitern versteht als auch schon. Der
Kampfwille und das Mannschaftsgefühl scheint zumindest aktuell da zu
sein bei Annihilator.
Setlist Annihilator:
«Ambush» - «Clown Parade» - «Plasma Zombies» - «King of the Kill» -
«Betrayed» - «The Box» - «Hell is War» - «Ultra-Motion» - «Set the
World on Fire» - «W.T.Y.D.» - «The Trend» - «The Fun Palace» -
«Tricks and Traps» - «Phoenix Rising» / «Sounds Good to Me» - «21» -
«Phantasmagoria»
- - - - - - -
«Crystal Ann» - «Alison Hell»
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