Es gibt wohl kaum einen Anhänger
von thrashig ausgerichtetem Sound, der keine Scheibe von Annihilator
sein Eigen nennt. Am gnadenlos geilen 89er-Debüt «Alice In Hell» kommt
man keinesfalls vorbei und auch die folgenden zwei Scheiben «Never, Neverland»
(1990) und «Set The World On Fire» (1993) sind auch heute noch von
Bedeutung. In den Wirren der Grunge-Zeit und den generell sehr
instabilen Lineups ging der phänomenale Schwung der Anfangszeit dann
etwas flöten, aber Mastermind Jeff Waters (g/v) hat als einziges
Gründungsmitglied durchgehalten und in der jüngeren Vergangenheit
musikalisch wieder viel Boden gut gemacht. Mit Dave Padden (v/g) fand
sich 2003 nebst einem fähigen Frontmann auch ein kongenialer Partner an
der zweiten Gitarre. Die aktuelle Besetzung besteht heuer noch aus
Bassist Alberto Campuzano, der immerhin schon seit 2009 dabei ist und
dem letztjährigen Neuzuzug Mike Harshaw. Speziell Schlagzeuger gaben
sich einige die Stöcke in die Hand, darunter zweimal auch Mike Mangini,
der bekanntlich noch nicht so lange bei Dream Theater in Lohn und Brot
steht. The Generals als Tour-Support aus Schweden waren zuvor für die
allermeisten Beuscher wohl ein unbeschriebenes Blatt und an dem dürfte
sich danach wohl auch nichts gross geändert haben.
The Generals
Bei meinem letztjährigen Besuch im Gaswerk spielten Astral Doors als
Headliner vor einer enttäuschend kleinen Kulisse von weniger als der
Hälfte dessen, was heute Abend aufmarschierte. Das hiess dann
natürlich, dass heute Abend die grosse Bühne im Saal oben hergerichtet
wurde. Wobei wirklich gross war diese dann doch nicht wirklich, denn
der Bewegungsradius von The Generals, deren ganzes Equipment vor dem des
Headliners stand, war doch arg eingeschränkt. Punkt 20.30 Uhr bestiegen
die vier Schweden die Bühne und legten gleich heftig mit ihrem Death n'
Roll los. Optisch präsentierte sich die Band nicht gerade einheitlich.
Leadsänger und Bassist Hednar sowie der zweite Gitarrist Dick
verkörperten mehr Sleaziges, während der glatzköpfige Drummer Metal
Martin und Leadgitarrist Rickard…, wobei halt…, der spielte ja gar
nicht auf der ganzen Tour mit und wurde für ein paar Gigs von Marius
Tömte (Tinkerhell) vertreten. Dessen Kurzhaar-Frisur passte derweil
auch nicht wirklich gut ins Gesamtbild, aber das tat dem Spielerischen
keinen Abbruch. Mit einem durchaus thrashigen Unterbau holzten sich The
Generals mehrheitlich polternd durch ihre Songs hindurch, die alsbald
ziemlich gleichförmig daher kamen. Eine gewisse stilistische Nähe zu
Amon Amarth war dabei nicht von der Hand zu weisen, das heisst Johan
Hegg und seine Jungs kamen mir hierbei einfach spontan in Sinn. Was mir
auch noch blieb, war das aktiv filigrane Spiel von Metal Martin am
Schlagzeug sowie der lange Bart und die eigentümliche Spielweise von
Dick, der sich mehrfach stark vorab beugte und seine Gitarre dabei fast
am Boden unten aufstützend bearbeitete. Was für das Publikum einen
gewissen Unterhaltungswert bot, hätte einen Chiropraktiker, wenn denn
einer dagewesen wäre, die Hände freudig aneinander reiben lassen! Nach
gut vierzig Minuten beendeten die Nordländer ihren an sich
schwungvollen Set, dem man die mittlerweile über dreihundert gespielten
Gigs handwerklich durchaus anhörte, doch unter dem Strich resultierte
ein überwiegend langweiliger Auftritt.
Setliste: «Dig Two Graves» - «Stand Up Straight» - «Blood For Blood» -
«Shotgun Serenade» - «Hunger» - «My Own Demise» - «Consulting With The
Sinner» - «The Illusionist» - «Blessing In Disguise» - «Evil
Transcends».
Annihilator
Soweit unserem Live-Archiv entnommen werden konnte, lag die letzte
Begegnung mit Jeff Waters & Co. (Support für Iced Earth) bereits
beachtliche sechs Jahr zurück und der Anheizer-Job für Judas Priest
(Frauenfeld, 06.06.2004) schon fast eine Dekade! Grund genug also, sich
den Headliner-Gig im Gaswerk keinesfalls entgehen zu lassen! Das
dachten sich zum Glück eine beachtliche Anzahl Fans (circa 300 plus)
auch und füllten den Saalbereich ziemlich ordentlich. Die Kanadier
präsentierten mit dem neuen Langeisen «Feast» das
vierzehnte Studiowerk, das wieder ganz auf der bewährten Linie fährt
und einen definitiv gereiften und vollends angekommenen Dave Padden
auffährt. Der begleitet seinen Chef nun schon seit zehn Jahren, bringt
neben den Lead-Vocals auch ein sattes Rhythm-Guitar Brett ein und
soliert ausserdem auf beachtlichem Niveau. Weniger gut war allerdings
sein Gesundheitszustand, was man zu Beginn des Konzertes nicht
unmittelbar bemerkte, es aber schon zum Voraus hätte wissen können,
denn dies war auf der offiziellen Facebook-Bandseite bereits erwähnt
worden. Normalerweise spart man sich die Höhepunkte ja für den Schluss
auf, aber heute Abend in Winterthur lief die Sache ab 21.45 Uhr anders
ab als gewohnt. Der Opener war nämlich, man konnte es wirklich kaum
glauben…, «Alison Hell»! Doch damit nicht genug, stand als Gastsänger
plötzlich die Destruction-Ikone Schmier auf der Bühne und performte
zusammen mit der Band diesen Kultklassiker mit vollster Hingabe. Die
sofort antizipierenden Fans hatten ebenso ihre helle Freude daran und
obwohl damit eigentlich der geschichtsträchtige Setlisten-Joker schon
ausgespielt war, ging es ab jetzt erst richtig los!
Mit einem breiten Grinsen im Gesicht schredderte Mr. Waters
anschliessend Tonnen an Mörder-Riffs herunter und brillierte einmal
mehr mit seinen unnachahmlichen Hammer-Soli, die einfach immer noch
klar zum Besten gehören, was es in dieser Stilecke seit Jahren zu hören
gibt. Zu diesem Audio-Massaker gehört natürlich auch der Oberbrecher
«W.T.Y.D.» («Welcome To Your Death»), der auch auf dem zeitlosen Debüt
verewigt ist. Mit «Set The World On Fire», «Refresh The Demon» und
«Never, Neverland» folgte mitunter eine hammerharte Triplette, die die
Annihilator-Manicas zur
schieren Raserei brachte und die inzwischen grandiose Stimmung weiter
anheizte. «No Way Out» war der erste neue Song, unmittelbar gefolgt von
«Smear Campaign». Den Abschluss des regulären Sets bestritt
schliesslich der Album-Opener «Deadlock», der sich nach Ansage von Jeff
sichtlich vor Metallicas Alt-Kracher «Whiplash» verneigte und
gleichzeitig dieser Ära huldigte. Dave Padden lief zu diesem Zeitpunkt
absolut auf der letzten Rille und hatte sich tapfer bis hierher
durchgebissen. Da es ihm aber wirklich hundeelend ging, führte dazu,
dass er einzelne Textpassagen ausliess, was ihm aber niemand übel nahm.
Davor ging er einmal gar kurz hinter die Bühne, wo er sich sogar
übergeben musste. Blass wie ein Leichentuch im Gesicht erschien er
darauf wieder, doch für eine Zugabe ging es dann leider nicht mehr.
Jeff, Alberto und Mike kamen aber nochmals auf die Bühne zurück,
erklärten die Situation mit Dave, entschuldigten sich dafür und zockten
darauf eine Mörder-Version von «King Of The Kill» runter.
«Ultra-Motion» und vor allem «Phantasmagoria» blieben leider auf der
Strecke. Nach diesen energetischen hundert Minuten bestand für
jedermann trotzdem die freudige Gewissheit, dass Annihilator voll da
sind und nächstes Jahr (nach 2007) unter anderem auch wieder am «Sweden
Rock» in Sölvesborg die Thrash-Keule heftig schwingen werden.
Setliste: «Alison Hell (mit Schmier von Destruction)» - «W.T.Y.D.» -
«Knight Jumps Queen» - «Reduced To Ash» - «Set The World On Fire» -
«Refresh The Demon» - «Never, Neverland» - «Nozone» - «Carnival
Diablos» - «Fiasco» - «Bliss» - «Second To None» - «I Am In
Command/Drum Solo» - «No Way Out» - «Smear Campaign» - «Time Bomb» -
«Ambush» - «Deadlock» -- «King Of The Kill (ohne Dave Padden)».
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