Livereview: Annihilator - The Generals

22. Oktober 2013, Gaswerk - Winterthur
By Rockslave
Es gibt wohl kaum einen Anhänger von thrashig ausgerichtetem Sound, der keine Scheibe von Annihilator sein Eigen nennt. Am gnadenlos geilen 89er-Debüt «Alice In Hell» kommt man keinesfalls vorbei und auch die folgenden zwei Scheiben «Never, Neverland» (1990) und «Set The World On Fire» (1993) sind auch heute noch von Bedeutung. In den Wirren der Grunge-Zeit und den generell sehr instabilen Lineups ging der phänomenale Schwung der Anfangszeit dann etwas flöten, aber Mastermind Jeff Waters (g/v) hat als einziges Gründungsmitglied durchgehalten und in der jüngeren Vergangenheit musikalisch wieder viel Boden gut gemacht. Mit Dave Padden (v/g) fand sich 2003 nebst einem fähigen Frontmann auch ein kongenialer Partner an der zweiten Gitarre. Die aktuelle Besetzung besteht heuer noch aus Bassist Alberto Campuzano, der immerhin schon seit 2009 dabei ist und dem letztjährigen Neuzuzug Mike Harshaw. Speziell Schlagzeuger gaben sich einige die Stöcke in die Hand, darunter zweimal auch Mike Mangini, der bekanntlich noch nicht so lange bei Dream Theater in Lohn und Brot steht. The Generals als Tour-Support aus Schweden waren zuvor für die allermeisten Beuscher wohl ein unbeschriebenes Blatt und an dem dürfte sich danach wohl auch nichts gross geändert haben.

The Generals

Bei meinem letztjährigen Besuch im Gaswerk spielten Astral Doors als Headliner vor einer enttäuschend kleinen Kulisse von weniger als der Hälfte dessen, was heute Abend aufmarschierte. Das hiess dann natürlich, dass heute Abend die grosse Bühne im Saal oben hergerichtet wurde. Wobei wirklich gross war diese dann doch nicht wirklich, denn der Bewegungsradius von The Generals, deren ganzes Equipment vor dem des Headliners stand, war doch arg eingeschränkt. Punkt 20.30 Uhr bestiegen die vier Schweden die Bühne und legten gleich heftig mit ihrem Death n' Roll los. Optisch präsentierte sich die Band nicht gerade einheitlich. Leadsänger und Bassist Hednar sowie der zweite Gitarrist Dick verkörperten mehr Sleaziges, während der glatzköpfige Drummer Metal Martin und Leadgitarrist Rickard…, wobei halt…, der spielte ja gar nicht auf der ganzen Tour mit und wurde für ein paar Gigs von Marius Tömte (Tinkerhell) vertreten. Dessen Kurzhaar-Frisur passte derweil auch nicht wirklich gut ins Gesamtbild, aber das tat dem Spielerischen keinen Abbruch. Mit einem durchaus thrashigen Unterbau holzten sich The Generals mehrheitlich polternd durch ihre Songs hindurch, die alsbald ziemlich gleichförmig daher kamen. Eine gewisse stilistische Nähe zu Amon Amarth war dabei nicht von der Hand zu weisen, das heisst Johan Hegg und seine Jungs kamen mir hierbei einfach spontan in Sinn. Was mir auch noch blieb, war das aktiv filigrane Spiel von Metal Martin am Schlagzeug sowie der lange Bart und die eigentümliche Spielweise von Dick, der sich mehrfach stark vorab beugte und seine Gitarre dabei fast am Boden unten aufstützend bearbeitete. Was für das Publikum einen gewissen Unterhaltungswert bot, hätte einen Chiropraktiker, wenn denn einer dagewesen wäre, die Hände freudig aneinander reiben lassen! Nach gut vierzig Minuten beendeten die Nordländer ihren an sich schwungvollen Set, dem man die mittlerweile über dreihundert gespielten Gigs handwerklich durchaus anhörte, doch unter dem Strich resultierte ein überwiegend langweiliger Auftritt.

Setliste: «Dig Two Graves» - «Stand Up Straight» - «Blood For Blood» - «Shotgun Serenade» - «Hunger» - «My Own Demise» - «Consulting With The Sinner» - «The Illusionist» - «Blessing In Disguise» - «Evil Transcends».


Annihilator
Soweit unserem Live-Archiv entnommen werden konnte, lag die letzte Begegnung mit Jeff Waters & Co. (Support für Iced Earth) bereits beachtliche sechs Jahr zurück und der Anheizer-Job für Judas Priest (Frauenfeld, 06.06.2004) schon fast eine Dekade! Grund genug also, sich den Headliner-Gig im Gaswerk keinesfalls entgehen zu lassen! Das dachten sich zum Glück eine beachtliche Anzahl Fans (circa 300 plus) auch und füllten den Saalbereich ziemlich ordentlich. Die Kanadier präsentierten mit dem neuen Langeisen «Feast» das vierzehnte Studiowerk, das wieder ganz auf der bewährten Linie fährt und einen definitiv gereiften und vollends angekommenen Dave Padden auffährt. Der begleitet seinen Chef nun schon seit zehn Jahren, bringt neben den Lead-Vocals auch ein sattes Rhythm-Guitar Brett ein und soliert ausserdem auf beachtlichem Niveau. Weniger gut war allerdings sein Gesundheitszustand, was man zu Beginn des Konzertes nicht unmittelbar bemerkte, es aber schon zum Voraus hätte wissen können, denn dies war auf der offiziellen Facebook-Bandseite bereits erwähnt worden. Normalerweise spart man sich die Höhepunkte ja für den Schluss auf, aber heute Abend in Winterthur lief die Sache ab 21.45 Uhr anders ab als gewohnt. Der Opener war nämlich, man konnte es wirklich kaum glauben…, «Alison Hell»! Doch damit nicht genug, stand als Gastsänger plötzlich die Destruction-Ikone Schmier auf der Bühne und performte zusammen mit der Band diesen Kultklassiker mit vollster Hingabe. Die sofort antizipierenden Fans hatten ebenso ihre helle Freude daran und obwohl damit eigentlich der geschichtsträchtige Setlisten-Joker schon ausgespielt war, ging es ab jetzt erst richtig los!

Mit einem breiten Grinsen im Gesicht schredderte Mr. Waters anschliessend Tonnen an Mörder-Riffs herunter und brillierte einmal mehr mit seinen unnachahmlichen Hammer-Soli, die einfach immer noch klar zum Besten gehören, was es in dieser Stilecke seit Jahren zu hören gibt. Zu diesem Audio-Massaker gehört natürlich auch der Oberbrecher «W.T.Y.D.» («Welcome To Your Death»), der auch auf dem zeitlosen Debüt verewigt ist. Mit «Set The World On Fire», «Refresh The Demon» und «Never, Neverland» folgte mitunter eine hammerharte Triplette, die die Annihilator-Manicas zur schieren Raserei brachte und die inzwischen grandiose Stimmung weiter anheizte. «No Way Out» war der erste neue Song, unmittelbar gefolgt von «Smear Campaign». Den Abschluss des regulären Sets bestritt schliesslich der Album-Opener «Deadlock», der sich nach Ansage von Jeff sichtlich vor Metallicas Alt-Kracher «Whiplash» verneigte und gleichzeitig dieser Ära huldigte. Dave Padden lief zu diesem Zeitpunkt absolut auf der letzten Rille und hatte sich tapfer bis hierher durchgebissen. Da es ihm aber wirklich hundeelend ging, führte dazu, dass er einzelne Textpassagen ausliess, was ihm aber niemand übel nahm. Davor ging er einmal gar kurz hinter die Bühne, wo er sich sogar übergeben musste. Blass wie ein Leichentuch im Gesicht erschien er darauf wieder, doch für eine Zugabe ging es dann leider nicht mehr. Jeff, Alberto und Mike kamen aber nochmals auf die Bühne zurück, erklärten die Situation mit Dave, entschuldigten sich dafür und zockten darauf eine Mörder-Version von «King Of The Kill» runter. «Ultra-Motion» und vor allem «Phantasmagoria» blieben leider auf der Strecke. Nach diesen energetischen hundert Minuten bestand für jedermann trotzdem die freudige Gewissheit, dass Annihilator voll da sind und nächstes Jahr (nach 2007) unter anderem auch wieder am «Sweden Rock» in Sölvesborg die Thrash-Keule heftig schwingen werden.

Setliste: «Alison Hell (mit Schmier von Destruction)» - «W.T.Y.D.» - «Knight Jumps Queen» - «Reduced To Ash» - «Set The World On Fire» - «Refresh The Demon» - «Never, Neverland» - «Nozone» - «Carnival Diablos» - «Fiasco» - «Bliss» - «Second To None» - «I Am In Command/Drum Solo» - «No Way Out» - «Smear Campaign» - «Time Bomb» - «Ambush» - «Deadlock» -- «King Of The Kill (ohne Dave Padden)».