Livereview: Anthrax - Skindred - Fozzy
05. Juli 2011, Luzern – Schüür
By Tinu

Die Schüür mausert sich immer mehr zum neuen Mekka der harten Gitarrenklänge. Spielte eine Woche vorher Dio’s Disciples hier und wenige Tage später Black Label Society, standen an diesem warmen Dienstagabend die Mosh-Könige aus New York Anthrax auf der Bühne. Allerdings zu einem verhältnismässig hohen Eintrittspreis von 62.- helvetischen Talern. Genaugenommen ein Taler pro Spielminute... Was für eine Truppe wie Anthrax eigentlich eine bodenlose Frechheit ist. Der Gipfel setzt dem Ganzen aber die überteuerten Shirtpreise auf. Auch wenn die Motive sehr gelungen und absolut geil auf dem schwarzen Laken posierten, aber 50.- Franken für ein T-Shirt, das schlägt dem Fass, den Boden raus.



< Fozzy
Zuerst starteten Fozzy ihren kleinen Kreuzzug. Auch wenn Mastermind Chris Jericho stetig bemüht war, das Publikum auf seine Seite zu ziehen, bekundete der ehemalige Wrestler seine liebe Mühe. Am Schluss konnte er sich als knapper Punktsieger von den Fans verabschieden, allerdings war dieser Sieg sehr hart erarbeitet. Das Songmaterial schwebte irgendwo zwischen der Schwerfälligkeit und Düsternis von Black Sabbath, der Frechheit von Mötley Crüe und der Härte von Judas Priest. Frech war auch die Ansage von Chris, der Luzern als «most beautiful place in the world» bezeichnete, dabei aber wohl eher die Bikini-Mädels der Stadt am Vierwaldstättersee meinte. Nach dem letzten Ton erklangen laute «Fozzy, Fozzy»-Töne, die aber recht schnell verstummten.



Skindred >
«Are you ready to rock with me and my friends? Hello, I'm the chocolate man!» Mit solchen Ansagen versuchte Benji Webbe die Leute auf seine Seite zu ziehen, was ihm mit schwarzem Zylinder, schwarzem Hemd und ausgewaschenen roten Shorts auch sehr gut gelang. Die Mischung aus Reggea, Hip Hop und Hardcore traf den Nerv der Anwesenden. Unterstützt durch die wilde Bühnenperformance heizte die Band der Schüür kräftig ein. Die Chaoten aus England trafen sicherlich nicht bei allen den richtigen Nerv, zumal «…my friends, do you have balls? Ladys, do you have titts and pussys?» nicht bei allen auf eine gleich grosse Resonanz stiessen. Trotzdem hinterliessen die Jungs nur verbrannte Erde und ein aufgepeitschtes Publikum, das nun endlich Anthrax sehen durfte.


Anthrax
Die Mosh-Könige wurden schon vor dem ersten Ton mit lauten Anthrax-Rufen begrüsst. Bassist Frank hüpfte agil wie immer über die Bühne, Charlie zerdepperte wie immer sein Schlagzeug und die Bassdrum litt Qualen ohne Ende, Rob spielte seine Leads und Riffs unspektakulär aber souverän und mit viel Charisma und Ersatzgitarrist Andreas Kisser von Sepultura erwies sich als echter Glücksgriff. Als wäre er schon seit Jahrzehnten festes Bandmitglied, brillierte er an seinen Saiten und schüttelte wie ein Derwisch sein kräftiges Haar. Zwischen all dem dominierte Joey mit seinem bekannten, kurzen Mikrofonständer das Geschehen, puschte das Publikum zu neuen Höchstleistungen an und dirigierte ohne Fehl und Tadel. Mister Belladonna sang besser denn je, seine Schreie klangen kraftvoll und erschütterten die Luzerner Grundmauern. Schon zu den ersten Tönen von «Caught In A Mosh» gab es kein Halten mehr und mit «Got The Time» und «Madhouse» liefen die Amis einem klaren K.O.-Sieg entgegen. Dass sich «Antisocial» als Hymne des Abends entpuppen würde, war ebenso klar, wie dass mit «Indians» und «Metal Thrashing Mad» vergangene Glanzlichter der Metal-Geschichte gespielt wurden. Allerdings, und das war eine absolute Frechheit, ist einen Spielzeit von etwas mehr als einer Stunde, für eine Truppe wie Anthrax pure Verarschung. Okay, fairerweise muss man sagen, dass sie in dieser Zeit wirklich alle glücklich machten. Der neue Track «Fight'em Till You Can't» wurde mit einem langgezogenen Schrei von Joey eingeläutet und entpuppte sich als vorzüglicher Appetizer für das kommende Album «Worship Music», das im September das Licht der Welt erblicken wird. Mit dem einzigen John-Bush-Track «Only» wurde der offizielle Teil des Sets beendet. Die Zugaben mit «Deathrider» und dem Medley aus dem Sepultura-Song «Refuse/Resist» und «I Am The Law» beendeten die New Yorker ihren Gig. Anthrax haben alles richtig gemacht und hoffentlich sieht man die Jungs bald wieder. Dann aber mit mindestens 90 Minuten Spielzeit.

Setliste Anthrax: «Caught In A Mosh» - «Got The Time» - «Madhouse» - «A.I.R.» - «Antisocial» - «Indians» - «Fight'em Till You Can't» - «Medusa» - «Metal Thrashing Mad» - «Only» - «Deathrider» - «Refuse/Resist/I Am The Law»