Die Schüür mausert sich immer mehr zum neuen Mekka der harten
Gitarrenklänge. Spielte eine Woche vorher Dio’s Disciples hier und
wenige Tage später Black Label Society, standen an diesem warmen
Dienstagabend die Mosh-Könige aus New York Anthrax auf der Bühne.
Allerdings zu einem verhältnismässig hohen Eintrittspreis von 62.-
helvetischen Talern. Genaugenommen ein Taler pro Spielminute... Was
für eine Truppe wie Anthrax eigentlich eine bodenlose Frechheit ist.
Der Gipfel setzt dem Ganzen aber die überteuerten Shirtpreise auf.
Auch wenn die Motive sehr gelungen und absolut geil auf dem
schwarzen Laken posierten, aber 50.- Franken für ein T-Shirt, das
schlägt dem Fass, den Boden raus.
< Fozzy
Zuerst starteten Fozzy ihren kleinen Kreuzzug. Auch wenn Mastermind
Chris Jericho stetig bemüht war, das Publikum auf seine Seite zu
ziehen, bekundete der ehemalige Wrestler seine liebe Mühe. Am
Schluss konnte er sich als knapper Punktsieger von den Fans
verabschieden, allerdings war dieser Sieg sehr hart erarbeitet. Das
Songmaterial schwebte irgendwo zwischen der Schwerfälligkeit und
Düsternis von Black Sabbath, der Frechheit von Mötley Crüe und der
Härte von Judas Priest. Frech war auch die Ansage von Chris, der
Luzern als «most beautiful place in the world» bezeichnete, dabei
aber wohl eher die Bikini-Mädels der Stadt am Vierwaldstättersee
meinte. Nach dem letzten Ton erklangen laute «Fozzy, Fozzy»-Töne,
die aber recht schnell verstummten.
Skindred >
«Are you ready to rock with me and my friends? Hello, I'm the
chocolate man!» Mit solchen Ansagen versuchte Benji Webbe die Leute
auf seine Seite zu ziehen, was ihm mit schwarzem Zylinder, schwarzem
Hemd und ausgewaschenen roten Shorts auch sehr gut gelang. Die
Mischung aus Reggea, Hip Hop und Hardcore traf den Nerv der
Anwesenden. Unterstützt durch die wilde Bühnenperformance heizte die
Band der Schüür kräftig ein. Die Chaoten aus England trafen
sicherlich nicht bei allen den richtigen Nerv, zumal «…my friends,
do you have balls? Ladys, do you have titts and pussys?» nicht bei
allen auf eine gleich grosse Resonanz stiessen. Trotzdem
hinterliessen die Jungs nur verbrannte Erde und ein aufgepeitschtes
Publikum, das nun endlich Anthrax sehen durfte.
Anthrax
Die Mosh-Könige wurden schon vor dem ersten Ton mit lauten
Anthrax-Rufen begrüsst. Bassist Frank hüpfte agil wie immer über die
Bühne, Charlie zerdepperte wie immer sein Schlagzeug und die
Bassdrum litt Qualen ohne Ende, Rob spielte seine Leads und Riffs
unspektakulär aber souverän und mit viel Charisma und
Ersatzgitarrist Andreas Kisser von Sepultura erwies sich als echter
Glücksgriff. Als wäre er schon seit Jahrzehnten festes Bandmitglied,
brillierte er an seinen Saiten und schüttelte wie ein Derwisch sein
kräftiges Haar. Zwischen all dem dominierte Joey mit seinem
bekannten, kurzen Mikrofonständer das Geschehen, puschte das
Publikum zu neuen Höchstleistungen an und dirigierte ohne Fehl und
Tadel. Mister Belladonna sang besser denn je, seine Schreie klangen
kraftvoll und erschütterten die Luzerner Grundmauern. Schon zu den
ersten Tönen von «Caught In A Mosh» gab es kein Halten mehr und mit
«Got The Time» und «Madhouse» liefen die Amis einem klaren K.O.-Sieg
entgegen. Dass sich «Antisocial» als Hymne des Abends entpuppen
würde, war ebenso klar, wie dass mit «Indians» und «Metal Thrashing
Mad» vergangene Glanzlichter der Metal-Geschichte gespielt wurden.
Allerdings, und das war eine absolute Frechheit, ist einen Spielzeit
von etwas mehr als einer Stunde, für eine Truppe wie Anthrax pure
Verarschung. Okay, fairerweise muss man sagen, dass sie in dieser
Zeit wirklich alle glücklich machten. Der neue Track «Fight'em Till
You Can't» wurde mit einem langgezogenen Schrei von Joey eingeläutet
und entpuppte sich als vorzüglicher Appetizer für das kommende Album
«Worship Music», das im September das Licht der Welt erblicken wird.
Mit dem einzigen John-Bush-Track «Only» wurde der offizielle Teil
des Sets beendet. Die Zugaben mit «Deathrider» und dem Medley aus
dem Sepultura-Song «Refuse/Resist» und «I Am The Law» beendeten die
New Yorker ihren Gig. Anthrax haben alles richtig gemacht und
hoffentlich sieht man die Jungs bald wieder. Dann aber mit
mindestens 90 Minuten Spielzeit.
Setliste Anthrax: «Caught In A Mosh» - «Got The Time» - «Madhouse» -
«A.I.R.» - «Antisocial» - «Indians» - «Fight'em Till You Can't» - «Medusa»
- «Metal Thrashing Mad» - «Only» - «Deathrider» - «Refuse/Resist/I
Am The Law»
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