Als vor etwa vier
Monaten Apocalyptica für's Zürcher X-Tra angekündigt wurden, habe ich mir so schnell
wie nur irgend möglich mein Ticket geholt. Schliesslich habe ich die Jungs schon mal live
gesehen (Rock am Ring 03) und mir damals vor lauter Staunen beinahe den Kiefer
ausgehängt. Klar, als Metallica Fan war mir der Name durchaus ein Begriff, auch fanden
sich bereits einige Tonträger in meiner Sammlung, aber dass sowas auch live dermassen
reinhaut, hätte ich bis dahin nie gedacht. Nun, während des Konzertes wurde ich dann
eines Besseren belehrt. Bangen, Crowdsurfen, und das bei Cello-Sound - das warf ein
völlig neues Licht auf die ganze Klassik-Abteilung der Platten-Sammlung meiner Eltern.
Ich war also gespannt, ob ich damals nur zu viel Festival-Luft geschnuppert hatte, oder ob
die fünf Finnen (drei feste Miglieder plus zwei Mit-Musiker) immer noch zu einem
Konzerterlebnis der Extraklasse beitragen konnten. Interessanterweise lief der
Ticket-Verkauf bis zur Veröffentlichung der neuen Scheibe nur moderat, kurz nachdem der
Clip "Bittersweet" (mit den beiden schnuckligen Him- und The Rasmus-Sängern)
auf Rotation ging, war dann aber rasch ausverkauft. Ich hätte wirklich gerne gewusst, wie
viele Mädels in Erwartung eines Ville Valo ihre beste Unterwäsche aus dem Schrank geholt
haben und nach Zürich gepilgert sind...
Angelzoom
Tatsächlich schien das Frauenvolk für einmal in der Überzahl zu sein. Praktischerweise
hatte die Mehrheit davon die 170-Zentimeter-Grenze noch nicht erreicht, weswegen ich
während des gesamten Abends freies Blickfeld auf die Bühne garantiert hatte. So konnte
ich meinen Blick während der Vorgruppe Angelzoom auch mal schweifen lassen, denn
Spannendes wurde da eh nicht geboten. Einmal Keyboard, E-Geige, E-Cello, plus trällernde
Frontfrau, das hätte ich mir spannender vorgestellt. Viel Dynamik konnte ich in keinem
der sechs dargebotenen Songs (inkl. Linkin Park-Cover..., wer covert schon Linkin Park???)
ausmachen, einzig die beiden Streicher erregten meine Aufmerksamkeit, zurecht, wie sich
hinterher herausstellte: Die Zwei betätigen sich nämlich hauptsächlich bei Die Letzte
Instanz. Nach etwas mehr als dreissig Minuten dann der finale Applaus, und das Gefühl im
Magen, dass ich ruhig etwas später hätte auftauchen können.
Apocalyptica
Während der Umbaupause lief dann angenehm uninteressanter Pop und ich verbrachte die
dreissig Minuten damit, einigen deplaziert wirkenden Mädels beim belanglosen
Hüfteschwingen zuzusehen. Als um circa 21:15 Uhr dann endlich das Licht im Saale ausging,
wurde mir sofort klar, dass ich diesmal doch besser hätte Gehörschutz mitnehmen sollen,
denn innerhalb eines Bruchteils einer Sekunde wandelte sich das passive Pausen-Geschwätz
der Damen-Fraktion in trommelfellzerreissendes Gekreische der Marke "Bosch
2000". Meine Damen und Herren, live für sie aus dem kalten Norden (hohoho) die sexy
Apo-Boys! Und siehe da: Fehlalarm! Was für eine Freude, als die Jungs ihre Riesenstühle
mit Totenschädel-Deko bestiegen und direkt mit "Path" begannen. Ein erster
Bass-Drum-Schlag in die Magengegend und fort waren jegliche Zweifel! Nach "Master of
Puppets" folgte gleich "Fight fire with fire", womit wir bereits zwei der
obligaten Metallica-Covers hinter uns hätten. Wahnsinn, wie präzise die Cellos sägen,
Gitarren hätten es nicht besser gekonnt. Nach einer ersten Ansage stürzte sich die Band
in einen bunten Reigen aus Covers (Sepultura markieren hier neben Metallica die Ausnahme)
und Eigenkompositionen. Ab und zu verliess der Drummer (er schrottete nebenbei noch zwei
Becken) sein Kit, um der Originalbesetzung die Bühne zu überlassen. Klar, dass dann bei
den Heavy-Nummern gleich was fehlte, aber dafür kamen die Balladen stimmungsvoll rüber.
Von Bangen konnte allgemein nicht allzusehr die Rede sein (dazu war ich mittlerweile zu
fest eingekeilt), aber dafür spielten wir lustig Kollektiv-Hüpfen und Schweissbaden - als ob ich denn eine Wahl hätte. Als
nach ungefähr eindreiviertel Stunden die Gassenhauer "Seek and destroy" und
"Creeping death" vorgetragen wurden, war mir klar, dass wir uns bereits dem Ende
des Abends näherten. Die Band verliess die Bühne, kam nach ohrenbetäubendem Applaus
wieder zurück, bedankte sich artig, Eicca erkundete sich sichtlich erfreut über die
Publikums-Stimmung, und kündete darauf mit den Worten "This is Classical Music"
den letzten Song an. Es kam, was kommen musste, und so erschallte schliesslich "Hall
of the mountain king" von Edward Grieg. Ein letztes Mal Cello-Overdrive, Headbangen,
Grimassen schneiden und Drums verhauen, dann war Schluss. Noch einmal kam die Band zurück
(zuerst die Gastmusiker, dann der "Kern") und bedankte sich unter frenetischem
Applaus, um definitiv die Bühne zu verlassen. Zurück blieb ein überwältigtes Publikum
und ein nicht minder grinsender El Muerte, mit der Gewissheit, dass Apocalyptica definitv
kein One-Hit-Wonder waren/sind. Ich weiss ja nicht, wie's mit Euch steht, aber ich bin
nächstes Mal definitiv wieder dabei!
|
|