Welch spezielle Lokalisation das doch ist! 1839 erbaut treffen
sich hier Senioren zum Tanz-Tee, selbstverständlich verbindet man
das Schützenhaus auch mit dem traditionellen Knabenschiessen und dem
Polit-Anlass der SVP. Am heutigen Abend gab es jedoch mal zur
Abwechslung was auf die Löffel - ein richtiges Kontrastprogramm! Die
finnischen Höllen-Cellisten Apocalyptica kamen, sahen und siegten.
Im Schlepptau selbstverständlich das neue Album „ 7th Symphony“ für
das sie mächtig die Werbetrommel schlugen und nicht oft genug
erwähnen konnten, dass es doch zum Pflichtprogramm für jeden im Saal
gehöre, den Silberling zu besitzen. Als Untermalung des Abends gab
es mit Livingston aus London einen unterhaltsamen Support. Der Saal
war voll, die Meute in guter Stimmung, es konnte also los gehen! „Perkele!!!“
Livingston - eine Rock-Band aus London - stimmte den Abend
ein. Tatsächlich aber liegt der Ursprung in Süd Afrika, Pretoria.
Dort haben sich Gitarrist Chris van Niekerk und Frontman Beukes
Willemse getroffen und sind dann nach Grossbritannien ausgewandert,
um sich dort den Traum einer Musikkarriere zu erfüllen. 2002 wurde
Livingston geboren. Vom ganz grossen Kuchen jedoch etwas
abzubekommen ist bekanntlich nicht ganz einfach. Das haben auch
Livingston verstanden und flehen regelrecht das Publikum an, die
aktuelle Scheibe „Sign Language“ zu kaufen, welche am Merchendising
Stand erhältlich gewesen ist und 2009 über Universal veröffentlicht
wurde. Sie warben auch mehrmals damit, noch nach der Show für
Fan-Gespräche zur Verfügung zu stehen. Dabei haben sie schon einige
Erfolge vorzuweisen. Ihr Song „Go“ war Olympiasong des Zweiten
Deutschen Fernsehens, auch konnten sie in diversen Serien in
Deutschland als Band mitspielen und diverse namhafte Künstler als
Support auf Tour begleiten. Ich empfand den Auftritt an dem Abend
wie die kleinen Nüsse die man separat zum Aperitif in Hotelbars
bekommt. Ganz nett, man isst es nebenbei, amüsiert sich gut, kann
aber kaum abwarten bis endlich der Hauptgang serviert wird. So
sympathisch die Jungs auch rüber kamen, die Performance war für mich
leider nur durchschnittlich. Eingängiger Mainstream Rock der so vor
sich hin plätschert. Die Jungs hatten sich mächtig ins Zeug gelegt
und die unterschiedlichen Einflüsse der internationalen Musiker –
die anderen Jungs kommen aus Italien, Deutschland und Engalnd – sind
nicht schwer erkennbar. Wer eine leichte Rock-Kost gerne hat, dem
wird Livingston grosse Freude bereiten.
Apocalyptica
Ohne lange auf sich warten zu lassen kamen danach Apocalyptica auf
die Bühne. Richtig aufgebrezelt sahen sie aus, frisch frisiert und
geschminkt, richtig rausgeputzt. Optisch mal ein wirklicher
Leckerbissen, da schluckt man schon mal recht schwer als Frau im
Fotograben. Auch wenn man sich das
Booklet und das Cover des neuen
Album anschaut, riecht es schwer nach „Hallo, wir haben ein neues
Outfit und waren bei der Stilberatung“ - was ich nicht schlecht
finde. Das Auge isst ja schliesslich mit. Das Bühnenlicht war recht
abwechslungsreich und stellte eine grössere Herausforderung an meine
Kamera und mich. Zum Opener „On the Rooftop With Quasimodo“ war
zunächst alles in Blau gehalten, wobei man die Musiker vom
Bühnenhintergrund aus anstrahlte, was die Finnen und ihre Celli als
Schattenriss erschienen lies. Ein perfekter Einstieg! Es dauerte
nicht lange bis dann auch schon das erste Metallica cover
vorgetragen wurde: „Master Of Puppets“ - die Menge rastete völlig
aus! Ich finde es wurde Zeit, dass sich Apocalyptica offen die Frage
gestellt haben „Wäre ein Sänger nicht doch mal ein neuer Reiz den
wir ausprobieren sollten?“ Mit Tipe Johnson, ursprünglich Mitglied
der lustigen Truppe Leningrad Cowboys, hat man für die laufende Tour
eine gesangliche Unterstützung gefunden. Mal im silbernen Anzug mit
Brille und mal im traditionellen schwarzen Outfit trug er Songs wie
zum Beispiel das im Original von Gavin Rosedale (Bush) gesungene
„End Of Me“ vor und ich muss sagen, meine Meinung hat sich nicht
geändert.
Der Limited Edition von „7th Symphony“ liegt eine DVD bei, welche
einen Live-Mitschnitt der Performance an der Sibelius Akademie in
Helsinki zeigt, wo Tipe bereits mitgesungen hat und für mich war die
Stimme sofort ein „Fremdkörper“. Ich kann dem Gesang leider gar
nichts abgewinnen und auch live passte er für mich überhaupt nicht
ins Bild. Es war eher enttäuschend, da er in keinster Weise Gavin
Rosedale noch Brent Smith (Shinedown) das Wasser reichen konnte. Zum
Glück blieb mir mein Favorit vom neuen Album „Not Strong Enough“
live erspart. Dafür hat mich die Speed in der vor allem Eikka
Toppinen, Paavo Lötjönen und Perttu Kivilaakso ihr Celli spielen
schwer beeindruckt. Bestückt mit Räucherstäbchen (soweit ich das
beurteilen kann, vielleicht hat es ja doch gebrannt das gute Stück)
oder auch mal mit einer Art von „Leselampe“ befestigt, fegten die
Jungs über die Bühne als gebe es kein Morgen. Die kennen nichts, da
wird auch mal das Cello über Kopf gequält. Ich verneige mich hiermit
vor dieser Kunst! Glaubt man den hochgeladenen Setlists im Internet,
sind die Herren jedoch nicht gerade sehr flexibel was das spontane
Austauschen der Lieder betrifft. Die Reihenfolge und Auswahl blieb
soweit immer gleich, was einem nicht gerade dazu motiviert, das
Konzert noch einmal auf der gleichen Tour zu besuchen. Zum Ende der
Show hin wankte Perttu nicht schlecht durch die Gegend und rief
immer wieder mal „Perkele!“ vor sich her, was so viel bedeutet wie
„verdammt“ auf Finnisch - wenn man es freundlich übersetzt. Hatte
wohl ein Schlückchen über den Durst getrunken. Fragt sich dann mit
was die Wasserflaschen am Bühnenrand wohl wirklich gefühlt waren?!
Grundsätzlich war der Abend sehr gelungen und das Konzert inklusive
dem lebendigen Publikum eine Bereicherung. Apocalyptica sind
definitiv live beeindruckender als auf „Platte“!
Setlist Apocalyptica: On The Rooftop With Quasimodo, 2010, Grace,
Master of Puppets (Metallica cover), End Of Me, Refuse/Resist (Sepultura
cover), Beautiful, Sacra, Bittersweet, Broken Pieces, Last Hope,
Bring Them To Light, Seek And Destroy (Metallica Cover), Inquisition
Symphony (Sepultura Cover) Zugabe: At The Gates Of Manala, I Don`t
Care, Hall of The Mountain King
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